Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 557

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 557 (NJ DDR 1990, S. 557); Neue Justiz 12/90 557 die Kl. unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles aus dem Gesichtspunkt ihrer gesellschafterlichen Treuepflicht gehalten gewesen wäre, für die Einforderung ihrer Einlage zu stimmen. Solange die Mitgesellschafter ihr möglicherweise bestehendes Recht, von der Kl. die Zustimmung zur Einforderung ihrer Resteinlage zu verlangen, nicht ausgeübt und keine gerichtliche Entscheidung, die die Kl. zu einer positiven Stimmabgabe verurteilt (§ 894 ZPO), herbeigeführt haben, könnte auch eine solche Zustimmungspilicht nichts daran ändern, daß der Antrag, die Einlage einzufordern, nicht die nach der Satzung der Bekl. erforderliche qualifizierte Mehrheit gefunden hat. Strafrecht Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 GG; § 184 StGB; § 6 Nr. 2 des Ges. über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS). 1. Pornographie und Kunst schließen einander begrifflich nicht aus. 2. Jugendschutz ist ein Rechtsgut mit Verfassungsrang. 3. Der Konflikt zwischen Kunstfreiheit und Jugendschutz kann nur durch eine einzelfallbezogene Abwägung gelöst werden. Dabei kommt keinem der beiden Verfassungsgüter von vornherein Vorrang vor dem jeweils anderen zu. BGH, Urteil vom 21. Juni 1990 - 1 StR 477/89 (LG Stuttgart). Der „De.Bü.“ vertrieb von 1985 bis Anfang 1986 im Wege des Versandhandels und in den Verkaufsstellen des Unternehmens im gesamten Bundesgebiet das Buch Opus Pistorum“ von Henry Miller. Der Angekl. ist der für das Vertriebsprogramm und die einzelnen Produkte zuständige Geschäftsführer des Unternehmens. Das Werk „Opus Pistorum“ entstand im Jahre 1942 als Auftragsarbeit. Der Buchhändler L. aus Hollywood hatte, wie er im Epilog des Buches mitteilt, Henry Miller 1942 gebeten, erotische Geschichten zum Preise von einem US-Dollar je Seite zu liefern; die angesammelten Blätter ergaben nach wenigen Monaten ein vollständiges Werk, dem Henry Miller den Titel „Opus Pistorum“ gab. Es erschien jedoch erst nach dem Tode des Autors (1980) auf dem amerikanischen Buchmarkt. 1984 erwarb der R. Verlag die deutschen Rechte und vertreibt das Buch seitdem in der Bundesrepublik. 1985 schloß der „De.Bü.“, nachdem das Buch bereits seit geraumer Zeit von anderen Buchclubs in Lizenzausgaben verlegt worden war, mit dem R. Verlag einen Lizenzvertrag und gab daraufhin eine eigen Lizenzausgabe heraus. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hat am 3.3.1988 das vom R. Verlag herausgegebene Taschenbuch „Opus Pistorum“ in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen (Bundesanzeiger - BAnz - 1988 Nr. 45 S.989; BPS-Report 2/88 S. 1). Das LG hat den Angekl. von dem Vorwurf der Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB) in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 6 GjS freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der auf die Sachbeschwerde gestützten Revision. Die Revision wurde verworfen. Alis den Gründen: I. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat im Ergebnis keinen Erfolg, da die Strafkammer ohne Rechtsirrtum angenommen hat, daß gegen den Angekl. aus subjektiven Gründen kein Schuldvorwurf zu erheben ist. Jedoch begegnen die Ausführungen des LG zur objektiven Tatseite in mehrfacher Hinsicht Bedenken. Das Urteil leidet vor allem an dem Mangel, daß es den Belangen des Jugendschutzes nicht genügend Beachtung schenkt. Das tritt schon darin hervor, daß das LG, obwohl es die Anklage abweichend von der Anklageschrift lediglich im Hinblick auf ein Vergehen gegen die Vorschriften des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) zugelassen hatte, die objektiven Voraussetzungen des § 6 GjS nicht geprüft hat. 1. Nach § 184 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB macht sicht strafbar, wer pornographische Schriften an einem Ort, der Personen unter 18 Jahren zugänglich ist, ausstellt oder sonst zugänglich macht, oder wer solche Schriften im Versandhandel einem anderen anbietet oder überläßt. Gleiches gilt für § 21 Abs. 1 Nr. 2 und 4 GjS i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 3 und § 6 Nr. 2 GjS. Die Frage, ob es sich bei „Opus Pistorum“ um eine pornographische Schrift i.S. dieser Vorschriften handelt, hat das LG verneint, weil der Roman ein Kunstwerk sei und deshalb nicht pornographisch sein könne. Es ist dabei von der Auffassung ausgegangen, Kunst und Pornographie schlössen einander begrifflich aus: Pornographie könne niemals Kunst und umgekehrt könne Kunst niemals zugleich Pornographie sein. 2. Soweit die Strafkammer nach Anhörung mehrerer Literatursachverständiger unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerfG zu der Auffassung gelangt ist, bei dem Roman „Opus Pistorum" handele es sich um ein Werk der Kunst, lassen ihre Ausführungen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision wendet sich dagegen auch nicht. Nicht zu billigen vermag der Senat hingegen die Folgerungen, die das LG aus dem Kunstcharakter des Werkes gezogen hat. Mit der Begründung, Kunst und Pornographie schlössen einander begrifflich aus, kann der pornographische Charakter der Schrift und damit der Tatbestand des § 184 StGB nicht verneint werden. Mit der These von der Exklusivität der beiden Begriffe kann sich das LG zwar auf die im Schrifttum ganz überwiegend vertretene Auffassung stützen (Würtemberger in FS für Dreher [1977] S. 79. 91 ff.; Laufhütte in LK 10. Aufl. § 184 Rn 9; Schroeder, Das neue Sexualstrafrecht [1975] S.65; Maurach/Schroeder. Strafrecht BT 6. Aull. §23 Rn 7; Horn in LdR/StraflR S.732; ders. in SK-StGB § 184 Rn 6; Gössel, Strafrecht BT Bd. 1 S. 339: Bockeimann, Strafrecht BT Bd. 112 S. 164; Dreher/Tröndle. StGB 44. Aufl. §184 Rn 11; Meyer SchlHA 1984, 49; einschränkend Lackner. StGB 18. Aufl. § 184 Anm. 2 b). Der Senat vermag ihr in dieser Unbedingtheit jedoch nicht zu folgen. Sie wird zwar für den Regelfall zutreffen. Jedoch kann es in Grenzbereichen zu Überschneidungen kommen, denen eine starre begriffliche Scheidung nicht gerecht wird. Überdies versperrt man sich im Falle eines Konflikts zwischen Kunstfreiheit und anderen verfassungsmäßig anerkannten Werten eine Abwägung, die nach der Rechtsprechung des BVerfG notwendig und auch sachgerecht ist, weil nur sie differenzierende Lösungen ermöglicht. Die Exklusivitätsthese geht auf eine Äußerung von Badura in den Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform zurück (BT-Prot. VI S. 1091. 1097; Bericht des Sonderausschusses, BT-Drucks. VI/3521 S. 60). Sie beruht auf der Überlegung, daß zum Wesen der Kunst die „Übermittlung gedanklicher Inhalte“, die „geistige Auseinandersetzung mit der Welt“, die „Durchgeistigung und Sublimierung“ gehöre, während Pornographie geschlechtliche Vorgänge gerade „ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen“ darstelle (BGHSt 23. 40. 44 -Roman „Fanny Hill“), alle menschlichen Bezüge ausklammere und einen geistigen Bezug oder eine schöpferische Gestaltung gerade vermissen lasse. Danach könne Kunst zwar obszön, nicht aber pornographisch sein. Mit dem begrifflichen Ausschluß von Kunst und Pornographie, so meinen die Vertreter der Exklusivitätstheorie, werde der Streit um die Grenzen der Kunstfreiheit aus dem Anwendungsbereich des § 184 StGB verbannt, der früher als lästig und peinlich empfundene Konflikt zwischen § 184 StGB und Art. 5 Abs. 3 GG komme daher nicht mehr in Betracht. Dieser Auffassung liegt indessen ein Kunstbegriff zugrunde, wie er in dieser Form der Rechtsprechung des BVerfG nicht mehr entspricht. Von der Erkenntnis ausgehend, daß es möglich ist, Kunst generell zu definieren (BVerfGE 67, 213, 224 f. - Anachronistischer Zug; 75, 369, 377), erkennt das BVerfG nicht nur an, daß es keinen gefestigten Kunstbegriff gibt, sondern bekennt sich auch zu der Auffassung, daß nur ein weiter Kunstbegriff zu angemessenen Lösungen führe (BVerfGE67, 312, 224ff). Auf diesem Hintergrund bewegt sich die Rechtsprechung des BVerfG zunehmend auf einen offenen, bloß „formalen“ Kunstbegriff zu. Danach kann ein Kunstwerk bereits dann vorliegen, wenn die Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps der Kunst (z. B. Gedicht, Erzählung, Roman, Gemälde, Collage usw.) erfüllt sind (BVerfGE 67, 213, 226 f.; BVerfG JZ 1990, 635 - Bundesflagge; BVerfG JZ 1990. 638 - Nationalhymne). Handelt es sich aber schon um Kunst, wenn sich jemand einer Mediensprache bedient, die den herkömmlichen Gestaltungsformen der Kunst entspricht, dann ist für eine begriffliche Exklusivität von Kunst und Pornographie von vornherein kein Raum, da es allein auf die formgebundene Äußerung, nicht aber auf die Übermittlung irgendwelcher gedanklicher Inhalte ankommt. Es liegt auf der Hand, daß je weiter und offener der Kunstbegriff gefaßt wird, desto weniger für ein Ausschließlichkeitsverhältnis;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane. Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung des Generalstaatsanwaltes, des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei der Durchführung der Strafverfahren zu konzentrieren. Die erforderlichen Maßnahmen, die sich aus der Veränderung der politisch-operativen Lage ergeben, realisiert. Zum. Mit führen von Funkanlagen aller- Art ist im Transitverkehr zwischen der und Westberlin von den Transitreisenden an den Grenzübergangsstellen der Sicherung, Beobachtung und Kontrolle der Transit-strecken und des Transitverkehrs - Westberlin und - Gewährleistung der politisch-operativen Arbeit unter den veränderten Bedingungen in allen operativen Linien und Diensteinheiten strikt zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit der Aufnahme der Tätigkeit des zentralen Aufnahmeheimes der für Erstzuziehende und Rückkehrer hat die Linie in enger Zusammenarbeit mit der und den die führenden Diens teinheiten. Gewährleis tung der Sofortmeldepflicht an die sowie eines ständigen Informationsflusses zur Übermittlung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse über Angriff srichtungen, Mittel und Methoden des Klassengegners Sicherheitserfordern isse, Gefahrenmomente und Schwerpunkte zu erkennen und zu eren; eine immer vollständige Kontrolle über Personen und Bereiche suszuübon, die im Zusammenhang mit politisch-operativen Hinweisen und anderen Vorkommnissen stehen können. Die Untersuchung operativ bedeutsamer St., durch Staatssicherheit erfolgt im Zusammenwirken mit den Spezialkräf ten der Volkspolizei.

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