Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 547

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 547 (NJ DDR 1990, S. 547); Neue Justiz 12/90 547 Berichte Internationales Kolloquium der IALANA Prof. Dr. MANFRED MOHR. Institut für Rechtswissenschaft. Berlin Die Internationale Juristenvereinigung gegen Kernwaffen (IALANA = International Association of Lawyers Against Nuclear Arms) veranstaltete unter dem Thema Atomwaffen in einer Welt im Wandel - Juristische und politische Aspekte der Abschreckungsdoktrin“ vom 2. bis 4. November 1990 ein Internationales Kolloquium in Berlin. Nach der Gründungsversammlung 1988 in Stockholm1 und dem I. Weltkongreß im September vergangenen Jahres in Den Haag war dies die dritte größere Veranstaltung der weltweiten Bewegung, in der sich - nach dem Vorbild der Ärzte und anderer Berufsgruppen -Juristen im Streben nach Beseitigung von Kern- und anderen Massen-vemichtungswaffen zusammengeschlossen haben. Mittlerweile gibt es nationale Sektionen der IALANA in rund 20 Ländern innerhalb und außerhalb Europas. Dazu gehört die deutsche IALANA-Sektion, die die Ausrichtung des Kolloquiums übernommen hatte.1 2 3 Am Kolloquium nahmen zahlreiche Vertreter einzelner nationaler Sektionen und der internationalen IALANA. einschließlich ihrer drei Ko-Priisidenten (Peter Weiss/USA, Alexander Sucharew/UdSSR, Stig Gustavsson/Schweden) sowie weitere Interessierte aus Kreisen von Juristen bzw. der Friedensbewegung teil. Bedauerlich war die fast völlig fehlende Repräsentanz der Dritten Welt“ und Osteuropas (außer UdSSR). Neben Richtern. Staats- und Rechtsanwälten beteiligten sich Völkerrechtler und Konfliktforscher, hochrangige Militärs und Politiker an der Diskussion, die mit großer Intensität und z.T. auch kontrovers geführt wurde. Übereinstimmender Eindruck der Teilnehmer war. daß die Kernwaffen- und Abschreckungsthematik keineswegs unzeitgemäß, sondern leider immer noch von großer Aktualität ist. Ausgangspunkt der Diskussion waren die tiefgreifenden weltpolitischen Veränderungen der jüngsten Vergangenheit: das Ende des Ost-West-Konflikts. Mit dem Zusammenbruch des „real-sozialistischen“ Systems in Osteuropa und der Auflösung der Militärorganisation des Warschauer Vertrages gibt es praktisch für die NATO keinen Gegner mehr. Das wechselseitigen Feindbildern verhaftete Block- und Abschreckungsdenken ist damit seiner Grundlage beraubt. Hieran anknüpfend wurde der Sinn einer Fortexistenz der NATO in Frage gestellt und verlangt, daß sie sich ebenfalls auflösen solle. Auf jeden Fall ist eine völlig neue Lage entstanden, die ein angemessenes Reagieren erfordert. Inwieweit sich das schon abzeichnet, war in der Kolloquiumsdiskussion sowohl mit Blick auf die NATO als auch mit Blick auf die Friedensbewegung strittig. Letzterer wurde vorgeworfen, daß sie noch dem konfrontativen Denken verhaftet sei und keinerlei neue Ideen hervorgebracht hätte. Dagegen wäre auf seiten der NATO - wie man insbesondere in der „Londoner Erklärung“ vom 5./6. Juli 1990 nachlesen könne2 - einiges in Bewegung gekommen. So gäbe es für die Organisation z.Z. eigentlich kein Abschreckungskonzept bzw. keine klare Strategie mehr und, nach einem Durchbruch im konventionellen Abrüstungsbereich, sei ein Aufgeben der nuklearen Ersteinsatzoption möglich. Dem wurde entgegengehalten, daß die in der Londoner Erklärung verwendete Formel von den Nuklearwaffen als „wahrhaft Waffen des letzten Rückgriffs“ eigentlich nichts Neues bringen würde. Die Aussage, wonach die NATO eine Lage verhindern müsse, in der nicht mehr mit nuklearer Vergeltung als Reaktion auf „militärisches Vorgehen“ zu rechnen ist, deute auf ein Festhalten an der bekannten Abschreckungsdoktrin hin. In der Nuklearzielliste („Single Integrated Operation Plan“) seien weiterhin sowjetische und osteuropäische Ziele (incl. „kommunistischer Parteizentralen“!) enthalten, gegen die im Falle eines, u.U. auch nur zufälligen, „Versagens“ der Abschreckung Kernwaffen zum Einsatz kämen. Sehr kritisch war auch die Reaktion auf die von NATO-Militärs geäußerte Überlegung, gerade in Zeiten sich abzeichnender Instabilität (z.B. in der Sowjetunion) auf Abschreckung und Nuklearmittel nicht verzichten zu können. Ein solcher Ansatz wurde als höchst gefährlich und völkerrechtswidrig bezeichnet: schließlich sei eine NATO-Eingreiftruppe nicht für Bürgerkriegssituationen in der UdSSR zuständig. Einmütigkeit herrschte darüber, daß man die vor allem durch die Politik Gorbatschows hervorgebrachte einzigartige Chance zur Überwindung der Abschreckung und der Blöcke nicht verspielen dürfe. Die Hauptgefahr bestehe gegenwärtig darin, daß der Ost-West- durch den Nord-Süd-Konfiikt ersetzt und eine entsprechende „Umorientierung“ von NATO und nuklearer Abschreckung erfolgen wird. Das zeigt sich besonders deutlich am Golfkonflikt, der eine große Rolle in der Diskussion gespielt hat. In einer hierzu formulierten Erklärung wird die irakische Invasion in Kuwait als Verletzung von Art. 2/4 UN-Charta ebenso verurteilt wie die von dem Vorhandensein von Nuklearwaffen in der Golfregion ausgehende völkerrechtswidrige Gewaltandrohung. IALANA verlangt die Entfernung aller Massenvernichtungswaffen aus dem Gebiet, die Respektierung der Rechte aller vom Konflikt betroffenen Zivilpersonen sowie die unbedingte Einhaltung sämtlicher, auch den Nahostkonflikt insgesamt betreffender Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Trotz seiner enormen Gefährlichkeit und der moralisch-rechtlichen Fragwürdigkeit des Vorgehens der USA ist der Golfkonflikt auch in positiver Hinsicht von einer gewissen Symptomatik: Erstmalig ist es gelungen, das kollektive Sicherheitssystem der UN in Gestalt des Sicherheitsratshandelns gern. Kap. VII UN-Charta relativ schnell und umfassend zur Anwendung zu bringen. Ob das schon in ausreichender und befriedigender Weise geschehen ist. war in der Kolloquiumsdiskussion umstritten. Klar schien zu sein, daß Zeit und Gelegenheit vorhanden sind, um das Abschreckungssystem der Vergangenheit durch ein funktionierendes Sicherheits- und Zusammenarbeitssystem der Vereinten Nationen abzulösen. Nicht eine einzelne Macht, sondern die UNO soll „Weltpolizist" sein bzw. werden. Das alles setzt jedoch voraus, unbedingt eine Weiterverbreitung von Kem-und anderen Massenvemichtungswaffen zu verhindern und deren vollständige Liquidierung anzustreben. Ein Impuls in Richtung auf eine ABC-waffenfreie Welt und die Überwindung der Abschreckungsdoktrin kann von der deutschen Einigung und beispielsweise den Regelungen des „2 + 4“-Vertrages ausgehen. In diesem Sinne wurde vorgeschlagen, den Tagungsort Berlin symbolhaft-deklaratorisch zum kernwaffenfreien Gebiet und darüber hinaus die Kemwaffenfreiheit ganz Deutschlands als Ziel zu proklamieren. Damit sollte ein Zeichen für Europa gesetzt werden. Auf sich herausbildender einheitlicher, rechtsstaatlicher Grundlage besteht für Europa die großartige Möglichkeit, ein allumspannendes Sicherheits- und Zusammenarbeitssystem auszuprägen, in dem der militärische Faktor zugunsten von Kooperation und Integration -insbesondere zur Überwindung eines West-Ost-Wirtschaftsgefälles -zurückgedrängt wird. In einem solchen System ist kein Platz mehr für Kernwaffen und Abschreckung, nicht einmal in der als Zwischenlösung angebotenen Variante „nuklearer Minimalabschreckung". Doch selbst um diese zu erreichen, müßten radikale, rasch aufeinanderfolgende nukleare Abrüstungsschritte erfolgen, die über ein START(-I-)Abkommen hinausgehen und sich unbedingt auch auf die britischen und französischen Potentiale erstrecken. Das vom Kolloquium verabschiedete Abschlußdokument skizziert einzelne, auf dem Wege zur Schaffung eines gemeinsamen Sicherheits- und Zusammenarbeitssystems zu bewältigende Aufgaben. Dies erfolgt - unter der Überschrift „Lösung des Abschreckungsdilemmas" - sowohl für die globale als auch für die europäische Ebene. Zu jenen Aufgabenstellungen gehören beispielsweise der Rückzug aller Kernwaffen aus Nichtkemwaffenstaaten bis zum Jahre 1992 und die Beseitigung aller Kernwaffen bis zum Jahre 2000 wie auch der Ausbau des UN-Systems und die Institutionalisierung des KSZE-Pro-zesses, speziell auf dem Gebiet friedlicher Streitbeilegung. 1 Vgl. hierzu NJ 1988, Heft 6, S. 227. 2 Vorsitzender der deutschen IALANA ist Dr. Peter Becker (Postfach 1168, 3550 Marburg). An ihn oder auch an den Autor des Berichts können sich deutsche Juristenkolleginnen wenden, die an einer Mitarbeit in der IALANA-Sektion bzw. -Bewegung interessiert sind. 3 Vgl. Text in: Europa-Archiv, 45 (1990) 17, D 456 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 547 (NJ DDR 1990, S. 547) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 547 (NJ DDR 1990, S. 547)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Der Leiter der Hauptabteilung hat dafür Sorge zu tragen und die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit und die Untersuchung damit im Zusammenhang stehender feindlich-negativer Handlungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung zur einheitlichen Ordnung über das Betreten der Dienstobjekte Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit . Anweisung zur Verstärkung der politisch-operativen Arbeit in Operativ-Gruppen Objektdienststellen Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers für die Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anlage Oll. Die Instrukteure überprüfen und analysieren in den Abteilungen den Stand der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit, insbesondere: Die schöpferische Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Ministers und des Leiters der Bezirksverwaltung. Er hat die Grundrichtung und die Schwerpunktauf-gaben festzulegen, die Planung der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung des dienen und die Bindungen an Staatssicherheit vertiefen, in seiner Erfüllung weitgehend überprüfbar und zur ständigen Überprüfung der nutzbar sein. Der muß bei Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens. Die weitere Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung ist entscheidend mit davon abhängig, wie es gelingt, die Arbeiter-und-Bauern-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik zu schaffen und auszubauen. In diesem Zusammenhang spielt auch die fortgesetzte Einmischung der Ständigen Vertretung der sowie akkreditierter Journalisten in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die noch gründlichere Aufklärung und operative Kontrolle der Zuziehenden und der Rückkehrer, die noch gründlicher unter die Lupe zu nehmen sind.

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