Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 54

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 54 (NJ DDR 1990, S. 54); 54 Neue Justiz 2/90 eine universelle Strafhoheit zuzulässen. Es gab wenig Bereitschaft, die Gültigkeit fremder Strafurteile anzuerkennen und allgemeine Auslieferungspflichten für bestimmte Verbrechen zu akzeptieren. Bis heute wird die Auslieferung eigener Staatsbürger in der Regel abgelehnt, und zwar auch dann, wenn es sich eindeutig um Verbrechen handelt, die internationalen Charakter haben. Im allgemeinen behalten sich die Staaten die Bestrafung ihrer Staatsbürger sowie die Verfolgung von Straftaten, die auf ihrem Territorium begangen wurden, vor.8 Zeugnis dafür sind die mühseligen und im Grunde nicht erfolgreichen Versuche, international das Verbot der Doppelbestrafung („ne bis in idem“) durchzusetzen. Selbst Abkommen im Rahmen der (West-)Europäischen Gemeinschaften, die dieses Ziel verfolgten, sind im Grunde nicht wirksam geworden.9 Zusammenarbeit der Staaten Grundlage internationaler Strafverfolgung Ein wirksamer Durchsetzungsmechanismus für einen Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit muß auf der Zusammenarbeit der Staaten aufbauen. Das bedeutet: Die Staaten müssen im-Kodex nicht nur eine Vereinbarung über die einzelnen Verbrechenstatbestände herbeiführen, die der internationalen Strafverfolgung unterliegen, sondern sie müssen auch im Zusammenhang damit die notwendigen Regeln für eine effektive Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung festlegen. Das betrifft sowohl die Pflichten der Staaten zur Durchsetzung der Bestimmungen des Kodex im Landesrecht, die gegenseitigen Rechte und Pflichten bei der Strafverfolgung, der Beweissicherung und Auslieferung, als auch vor allem die Gewährleistung einer objektiven und gerechten Bestrafung der Täter. Das heißt, die Souveränität der Staaten muß für die Verwirklichung dieser dringlichen Aufgabe eingesetzt, nicht aber ihr entgegengesetzt werden. Dafür gibt es heute wesentlich bessere Voraussetzungen als vor 45 Jahren. Das Bewußtsein der Existenz universeller Werte, deren Anerkennung und zentrale Bedeutung für friedliche internationale Beziehungen zwischen den Völkern, ist heute unvergleichlich viel weiter entwickelt als damals. Das findet seinen Ausdruck auch in der Anerkennung von Jus-cogens-Normen, in der Unterscheidung zwischen internationalen Delikten und internationalen Verbrechen bei der Verantwortlichkeit der Staaten und in einer Rüdebesinnung auf die Bedeutung des Sicherheitssystems der UNO. Man darf auch nicht übersehen, daß der Grundsatz „strafrechtliche Verfolgung oder Auslieferung“, der die Grundlage für die universelle Strafverfolgung von Kriegsverbrechen ist und 1949 für die Strafverfolgung schwerer Verletzungen der Genfer Konventionen übernommen wurde10 11 12, in etwas abgewandelter Form heute in‘allen universellen Verträgen über die Strafverfolgung von internationalen Verbrechen angewandt wird, gleich, ob es sich um Flugzeugentführung, Geiselnahme, Folter, Angriffe auf Diplomaten usw. handelt. Was 1948 bei der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes noch nicht möglich war, ist inzwischen ständige internationale Praxis. Immer länger wird auch die Liste von Verbrechen, die für Auslieferungszwecke nicht mehr als politische Verbrechen betrachtet werden, d. h. die von der Pflicht zur Auslieferung erfaßt werden. Das gilt selbst für die USA.1' Wenn die internationale Praxis den Weg der Anerkennung universeller Strafhoheit kombiniert mit einer Verpflichtung zur Zusammenarbeit bei der Beweissicherung und Strafverfolgung geht, so nicht deshalb, weil das die optimale, sondern, weil es eine praktikable Variante ist. Die Strafhoheit der Staaten existiert. Ihre Ausweitung über die traditionellen Anknüpfungspunkte Territorium und Staatsbürgerschaft hinaus ist zur Praxis und Notwendigkeit geworden, wenn es sich um Verbrechen gegen die Existenz des Staates oder um internationale Kriminalität handelt. Sie wird in diesen Fällen vereinbart oder anerkannt, weil daran alle Staaten ein Interesse haben. Das zunehmende Bewußtsein der globalen Probleme fördert auch die Erkenntnis, daß es notwendig ist, internationale Kriminalität, die alle gefährdet, durch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit der Staaten zu bekämpfen. Dabei ist man sich darüber klar, daß auf dem Weg der Ausweitung der universellen Strafhoheit der nationalen Gerichte nicht alle Probleme zu lösen sind. Es bleiben Fragen der Objektivität und der Einheitlichkeit der Strafverfolgung sowie der Harmonisierung der Rechtsprechung zwischen den Staaten offen. Auf der 44. Tagung der UN-Vollversammlung hat deshalb Trinidad und Tobago im Zusammenhang mit der Verfolgung des internationalen Drogenhandels als eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit die Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofes gefordert. Die ILC wurde beauftragt, diese Frage zu prüfen. Vereinbarkeit von universeller Strafhoheit der Staaten und internationaler Strafgerichtsbarkeit Offensichtlich wird die Frage nach einer möglichst effektiven Durchsetzung des Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit von vielen Staaten im Hinblick auf die internationale Entwicklung der letzten Jahre erneut sorgfältig erwogen.13 14 Dabei scheint es mir wichtig, daß man von der sterilen und gänzlich unproduktiven Gegenüberstellung von universeller Strafhoheit nationaler Gerichte und der Strafhoheit eines Internationalen Strafgerichtshofs abkommt. Es gibt keinen ernsthaften Grund, das System der universellen Strafhoheit und die Kompetenz des Internationalen Strafgerichtshofs als Alternativen zu sehen, die sich gegenseitig ausschließen. Schon 1983 hatte der sowjetische Völkerrechtler N. A. Uschakow erklärt, die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs als Ergänzung zur universellen Strafhoheit sei vorstellbar.v‘ Eine Reihe von Staaten15 16 darunter auch die UdSSR und die USA10 hat inzwischen darauf hingewiesen, daß die Frage nach universeller Strafhoheit der Staaten und internationaler Strafgerichtsbarkeit nicht alternativ gestellt werden muß, sondern daß man sich durchaus komplementäre Lösungen vorstellen könne. Tatsächlich sind die meisten Entwürfe für einen Internationalen Strafgerichtshof nicht davon ausgegangen, daß dieser Gerichtshof für bestimmte Verbrechen eine ausschließliche Strafhoheit haben soll. Die Vorstellung, daß die Staaten bereit wären, ihre Strafhoheit in bezug auf Verbrechen, die auf ihrem Territorium, ihnen gegenüber oder von ihren Staatsbürgern begangen wurden, an ein internationales Strafgericht abzutreten, ist so weit weg von der Wirklichkeit, daß sie kaum ernsthaft vertreten worden ist. Auch unter den gegenwärtigen internationalen Bedingungen würde der Versuch, eine ausschließliche Gerichtsbarkeit für einen Internationalen Strafgerichtshof zu begründen, auf nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen: Eine solche Konstruktion würde den bestehenden Souveränitätsverhältnissen nicht gerecht. Sie könnte auch die berechtigten Sicherheitsinteressen der Staaten nicht befriedigen; sie würde einen Verzicht der Staaten auf ihre Strafhoheit in denjenigen Fällen verlangen, die den Kern ihrer Souveränität, die politische Unabhängigkeit, die Territorial-und Personalhoheit betreffen. Darüber hinaus würde eine solche Variante neben dem Internationalen Strafgerichtshof die Schaffung einer selbständigen Anklagebehörde, einer Strafvollzugseinrichtung, die Beschäftigung von Polizei und Vollzugspersonal, die Begründung von Auslieferungs- oder Überstellungsverpflichtungen der Staaten an den Gerichtshof notwendig machen. 8 Vgl. z. B. die Vorbehalte Schwedens und Norwegens zum Europäischen Übereinkommen über die internationale Geltung von Strafurteilen vom 28. Mai 1970 (Bundesgesetzblatt ''für die Republik Österreich 1980, 101. Stück, Nr. 249, s. 1990). 9 Vgl. dazu B. Graefrath, a. a. O.; M, Herdegen, „Die Achtung fremder Hoheitsrechte als Schranke nationaler Strafgewalt“, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Stuttgart), Bd. 47 (1987), Heft 2, S. 221; H. G. Schermers, „Non bis in idem“, in: C. D. Capotorti/J. Ehlermann u. a. (Hrsg.), Du droit international au droit de l’intögration (Liber Amicorum Pierre Pescatore), Baden-Baden 1987, S. 601; D. Paridaens, „Negative effects of foreign criminal judgments in Europe“, Nether-lands Quarterly of Human Rights 1988, Heft 3, S. 35 ff.; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der BRD vom 31. März 1987 - 2 BvM 2/36 - (BVerfGE Bd. 75, S. 1 f.). 10 Vgl. z. B. Art. 146 und 147 des IV. Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12.'August 1949 (in: Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, Berlin 1980, S. 310 ff.) sowie Commentary on the Additional Protocols of 8 June 1977 to the Geneva Conventions of 12 August 1949, Genf 1987, S. 973 f. 11 Vgl. z. B. die Aufzählung zum Auslieferungsvertrag zwischen den USA und der BRD in: American Journal of International Law (AJIL), Bd. 81 (1987), Heft 4, S. 935. 12 Vgl. A/44 195; A/44/770; Resolution 44/32 vom 4. Dezember 1989. 13 Vgl. N. A. Uschakow in: YBILC 1983. Bd. 1. S. 21, pa. 30; Kanada, A/C.6 43 SR.33, pa.19; Polen, A/C.6/43 SR.32, pa.76; Brasilien, A C.6/42 SR.43, pa.33, DDR, A/C.6/43/SR.34, pa.74; Ukraine A C.6/43 SR.35, pa.93. 14 Vgl. N. A, Uschakow, a. a. O.; neuerdings auch J. G. Barsegow, in: A/CN.4/3R.2054, S. 21 f. 15 Kuba, A/C.6/J6/SR.62, pa.34; Sudan, A/C.6'36/SR.54, pa.72; Guate- mala, A/C.6/43/SR.35. pa.43; DDR, A/C.6 43/SR.34, pa.74; Ägypten, A'C.6/43 SR.36, pa.32; Nigeria, A/C.6/42/SR.44, pa.27; Venezuela, A/C.6 42 SR.46, pa.5; Marokko, A'C.6/42 SR.42, pa.29; Jamaika, A C.6/42/SR.39, pa.7. 16 UdSSR, A/43/525, Add. 1, pa.6; USA, A/C.6/41/3R.42, pa.69.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

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