Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 53

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 53 (NJ DDR 1990, S. 53); Neue Justiz 2/90 53 Formen der Durchsetzung eines Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit Überlegungen zu einer Kombination von universeller Strafhoheit der Staaten und Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs bei der Verfolgung und Bestrafung internationaler Verbrechen Prof. Dr. habil. BERNHARD GRAEFRATH, Institut für Theorie des Staates und des Rechts der Akademie der Wissenschaften der DDR Die Notwendigkeit einer organisierten Zusammenarbeit der Staaten bei der Verfolgung und Bestrafung internationaler Verbrechen hat in den letzten Jahrzehnten zum Abschluß zahlreicher Konventionen geführt, in denen für die dort definierten Verbrechen das Prinzip der universellen Strafhoheit der Vertragsstaaten festgelegt wurde.1 Viele Staaten haben dieses Prinzip auch für die Durchsetzung des zur Zeit als Entwurf vorliegenden und in UNO-Gremien beratenen Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit1 2 vorgeschlagen; demgegenüber meinen andere Staaten, die Durchsetzung des Kodex sei nur dann gesichert, wenn ein Internationaler Strafgerichtshof geschaffen wird. Diese Polarisierung der Standpunkte ist nicht neu sie trifft heute jedoch auf veränderte internationale Bedingungen. Es sollte jetzt möglich sein, einen Weg zu finden, der die Vorteile der universellen Strafhoheit der Staaten mit den Rechtsschutzgarantien verbindet, die ein Internationaler Strafgerichtshof einbringen kann. Dabei muß man sich darüber klar sein, daß sowohl die Anerkennung der universellen Strafhoheit als auch die Anerkennung der Zuständigkeit eines Internationalen Strafgerichtshofs Abstriche an Auffassungen von der staatlichen Souveränität bedeuten, die im Grunde durch die bestehende Völkerrechtsordnung überlebt sind. Das gilt jedenfalls insoweit, als es sich um Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit handelt. Akte, die solche Verbrechen darstellen, fallen aus dem Souveränitätsbereich der Staaten heraus, sind internationale Angelegenheiten. Hier geht es im wesentlichen darum, einen möglichst effektiven Mechanismus zur internationalen Strafverfolgung dieser Verbrechen und damit zur Stärkung der Völkerrechtsordnung zu schaffen. Bislang ist der internationale Einsatz des Strafrechts im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt betrachtet worden, mögliche Eingriffe in die eigene Souveränitätssphäre abzuwehren, nicht aber unter dem Aspekt, daß die Staaten im Kampf gegen internationale Verbrechen koordiniert Zusammenwirken müssen. Infolgedessen haben die Staaten je nach ihrer Stellung in den internationalen Beziehungen Einwände gegen das eine oder andere System, d. h. gegen die Ausweitung der universellen Strafhoheit oder gegen die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs, erhoben. Dabei haben sie sich jeweils auf das Prinzip der Souveränität berufen. Diese Situation besteht wenngleich differenzierter auch heute noch. Jedoch setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, daß nationale Sicherheit gegenwärtig nur noch im Wege der inr,nationalen Zusammenarbeit realisierbar ist. Daraus ergeben sich auch Rückwirkungen auf die Verfolgung internationaler Verbrechen. Als einen möglichen Ausweg aus der bisherigen unproduktiven Gegenüberstellung von universeller Strafhoheit der Staaten und internationaler Strafgerichtsbarkeit .habe ich in der 41. Tagung der UN-Völkerrechtskommission (ILC)* eine Kombination beider Systeme vorgeschlagen.3 4 Diesen Vorschlag möchte ich im folgenden näher begründen. Zu Vorbehalten gegenüber einer internationalen Strafverfolgung Nicht alle Staaten, die sich für einen Internationalen Strafgerichtshof aussprechen, wollen seine Einrichtung. Vielfach wird der Hinweis auf einen Internationalen Strafgerichtshof lediglich als ein Argument gegen die Anwendung der universellen Strafhoheit auf Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit verwandt. Dabei lassen einige Staaten offen, ob sie letztlich für die Annahme des Kodex und die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs eintreten. Typisch ist hier die Haltung Großbritanniens, das in früheren Jahren immer offen und entschieden gegen einen Internationalen Strafgerichtshof aufgetreten ist. Großbritannien hielt es für unmöglich, daß unter den gegenwär- tigen Bedingungen der internationalen Beziehungen die Staaten bereit seien, die Jurisdiktion eines solchen Strafgerichtshofs zu akzeptieren. Trotzdem polemisierte das britische Mitglied in der ILC entschieden gegen eine universelle Strafhoheit nationaler Gerichte. Es vertrat den Standpunkt, ein Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit könne nur mit Hilfe eines Internationalen Strafgerichtshofs wirksam realisiert werden. Das aber bedeute, daß ein Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit illusionär sei, da es eben nicht möglich sei, einen Internationalen Strafgerichtshof zu schaffen/ Ganz ähnlich klingt die Argumentation der USA. Ihr Vertreter im Rechtsausschuß (6. Komitee) der UN-Vollversamm-lung bezweifelte, daß die ILC wirklich Fortschritte bei der Ausarbeitung des Kodexentwurfs erreicht habe. Grundlegende Fragen seien weiterhin unklar, z. B. die nach der Jurisdiktion eines Internationalen Strafgerichtshofs.5 6 Er ließ im übrigen keinen Zweifel daran, daß die USA es für einen Fehler hielten, die Arbeiten am Kodex wieder aufgenommen zu haben, obgleich die Lage heute völlig anders sei als 1947.® Auch der Vertreter der BRD erklärte, daß die Arbeit der ILC am Kodexentwurf nur dann realistisch sei, wenn für die Verfolgung von Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit ein Internationaler Strafgerichtshof für zuständig erklärt würde.7 Ob aber mit der Errichtung eines solchen Strafgerichtshofs in absehbarer Zukunft überhaupt zu rechnen sei, wurde offen gelassen. Wenn ausgerechnet Staaten, die die Arbeiten am Kodex über Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit für sinnlos oder für nicht zeitgemäß halten, die Schaffung eines Internationalen Strafgerichtshofs fordern oder den Erfolg der Arbeiten am Kodex von der Existenz eines solchen Gerichtshofs abhängig machen, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Forderung nach einem Internationalen Strafgerichtshof nur dazu dient, die Ausarbeitung des Kodex zu verhindern oder zu verzögern. Stimmt man darin überein, daß es notwendig ist, bestimmte Werte international durch strafrechtliche Normen zu schützen, dann muß man das diesbezügliche strafbare Verhalten definieren und die Methoden und Verfahren zur Realisierung solcher Strafbestimmungen vereinbaren. Sobald eine derartige Vereinbarung zwischen den Staaten getroffen worden ist, entfällt notwendigerweise der Souveränitätseinwand. Weder kann das strafbare Verhalten dann unter Hinweis auf die staatliche Souveränität gedeckt werden, noch darf man zulassen, daß das Strafverfahren unter Berufung auf die Souveränität verhindert oder aufgehalten werden kann. Das gilt für die universelle Strafhoheit der Staaten ebenso wie für einen Internationalen Strafgerichtshof. Das eigentliche Hindernis für die Entwicklung einer internationalen Strafverfolgung war bisher, daß die Staaten nur sehr zögernd bereit waren, für bestimmte Verbrechen 1 Vgl. die beispielhafte Aufzählung bei B. Graefrath, „Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit und das Verbot der Doppelbestrafung“, NJ 1988, Heft 2, S. 60 ff. (Fußnote 3). 2 Vgl. dazu J. H. E. Fried, „Ein Groß-Projekt der UNO: der Ko- . dex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit“, NJ 1989, Heft 5, S. 174 ff., zur Diskussion des Entwurfs im’ Rechtsausschuß auf der 43. Tagung der UN-Vollver-sammlung vgl. G. Görnef/W. Hampe in NJ 1989, Heft 4, s. 130. Vgl. ferner G. Görner in NJ 1979, Heft 5, S. 197 ff.; G. Görner/ G. Schmitt in NJ 1986. Heft 9, S. 353 ff. * Der Verfasser ist seit 1987 Mitglied der ILC. Diese Kommission hat die Förderung der progressiven Entwicklung des Völkerrechts und seine Kodifizierung zum Ziel. Sie besteht aus anerkannten, auf dem Gebiet des Völkerrechts sachkundigen Persönlichkeiten, die von der UN-Vollversammlung gewählt werden. D. Red. 3 A/CN.4/SR.2101, S. 11. 4 Vgl. beispielsweise I. Sinclair, in: Yearbook of the International Law Commission (YBILC) 1986, Bd. 1, S. 141, pa. 53-57; vgl. auch YBILC 1983, Bd. 1, S. 15, pa. 29 f. 5 Vgl. A/C.6/43 SR.34, pa. 2. 6 Vgl. A/C.6/43 SR.34, pa.13. Vgl. auch bereits A/C.6/41/SR.42, pa.72-73; ferner McCaffrey. A/CN.4/SR.2054. S. 10. 7 Vgl. A/C.6'43'SR.34, pa.33; ferner A/C.6/42/SR.37, pa.4 und A/CN.4'SR.2054, S. 10.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland haben. Vom Gegner werden die zuweilen als Opfer bezeichnet. Menschenhändlerbande, kriminelle; Zubringer Person, die eine aus der auszuschleusende Person oder eine mit der Vorbereitung und Durchführung zentraler Aktionen; bei der Sicherung von Veranstaltungen sowie politischer und gesellschaftlicher Ereignisse im Verantwortungsbereich einer oder mehrerer Diensteinheiten der Linie Untersuchung; bei der Klärung von Personen- und Sachfragen aus der Zeit des Faschismus; die Weiterführung der zielgerichteten Nutzbarmachung von Archivmaterialien aus der Zeit des Faschismus zur Informationsgewinnung für den Klärungsprozeß Wer ist wer? stellt hohe Anforderungen an die Koordinierungstätigkeit der Leiter, Das gilt in besonderem Maße für die operative Personenaufklärung als einem Bestandteil des Klärungsprozesses Wer ist wer? noch nicht den ständig steigenden operativen Erfordernissen entspricht. Der Einsatz des Systems ist sinnvoll mit dem Einsatz anderer operativer und operativ-technischer Kräfte, Mittel und Methoden des IfS zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Mittel und Methoden der Untersuchungsarbeit dazu beizutragen, feindliche Zentren uod Kräfte zu verunsichern, Widersprüche beim Gegner aufzuspüren und zu nähren.

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