Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 526

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 526 (NJ DDR 1990, S. 526); 526 Neue Justiz 12/90 Dem Verfasser ist nur eine einzige deutsche Gerichtsentscheidung bekannt30, die sich mit Art. 23 IV IPBPR auseinandersetzt, nämlich die des OLG Bamberg von 1988. Das Gericht bezeichncte ausdrücklich diese Rechtsnorm als Bundesrecht und befand, daß der dort verlangte nötige Schutz der Kinder auch Schutz vor dem unnötigen Verlust eines Elterntcils“ bedeute.31 Problematisch wird es. wenn solche zu Bundesrecht gewordenen Menschenrechtsnormen in Widerspruch zu BGB-Vorschriften stehen. Über die Anwendung der lex-posterior-Regel schreibt dazu Rebmann: Unmittelbar geltendes Bundesrecht ist nach hM auch die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sic hat als lex posterior entgegenstehendes Landesrecht (auch Landesverfassungsrecht) und entgegenstchendes Gesetzes- und Verordnungsrecht des Bundes aufgehoben und verhindert neues widersprechendes Bundes- und Landesrecht, hat aber keinen Verfassungsrang". Was nach Rebmann für die EMRK gilt, muß auch für alle übrigen über den Weg des Art. 59 11 GG in Bundesrecht transformierten Konventionen gelten, da sie sich von der EMRK dem Range nach nicht unterscheiden. Es liegen mehrere BVerfG-Entscheidungen vor. die den Richter zur Prüfung und Anwendung der Menschenrechtsnonnen veranlassen: „Auch Gesetze - hier die Strafprozeßordnung - sind im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland auszulegen und anzuwenden, selbst wenn sie zeitlich später erlassen worden sind als ein geltender völkerrechtlicher Vertrag: denn es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber, sofern er dies nicht klar bekundet hat. von völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland abweichen oder die Verletzung solcher Verpflichtungen ermöglichen will."32 Daneben befand das höchste deutsche Gericht, daß es dahinstehen kann, „ob die Europäische Sozialcharta unmittelbar geltendes Bundesrecht ist oder ob sie lediglich den Gesetzgeber und den rechtsfortbildenden Richter bindet oder wenigstens Auslegungsmittel für das nationale Recht ist“.33 Wenn die nach hM nur sog. soft law darstellende Europäische Sozialcharta vom 18.10.1981 (ESC) den rechtsfortbildenden Richter bindet, dann muß dies doch viel mehr für den UN-Zivilpakt gelten, denn „dessen Bestimmungen sind unmittelbar anwendbar. Sie bedürfen keines weiteren Rechtsaktes, damit der einzelne sich auf sic berufen kann“.34 Rebmann weist aber auch darauf hin, „einzelne Vorschriften in den Abkommen können allgemeine Regeln des Völkerrechts enthalten oder zu solchen erstarken und daher gern. Art. 25 S. 2 GG den einfachen Gesetzen vorgehen”. - Nach dem amtlichen Leitsatz des BVerfG ist „eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 11 GG bereits dann geboten, wenn das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, und nicht nur dann, wenn das Gericht selbst Zweifel hat. Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht abweichen würde von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft".35 Zur völkerrechtlichen Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik im Familienrecht Das durch den Einigungsvertrag nach 2 Tagen Gültigkeit aufgehobene 1. FÄG der DDR stimmte in den hier untersuchten Fragen weitestgehend mit den durch die Menschenrechtskonventionen garantierten Rechten überein. Es verdient, nicht nur wegen der Kürze seiner Geltungsdauer in das Guiness-Buch der Rekorde aufgenommen. sondern auch - auf dem untersuchten familienrechtlichem Gebiet - als das erste menschenrechtskonforme Gesetz auf deutschem Boden bezeichnet zu werden. Es dürfte ein völkerrechtliches Unikum darstellen, wenn ein solches Gesetz, welches den in beiden Staaten geltenden multilateralen Konventionen entspricht, durch einen bilateralen Völkerrechtsvertrag außer Kraft gesetzt wird. Der Gesetzgeber hat bisher trotz mehrfacher Aufforderung das Fakultativprotokoll zum IPBPR nicht ratifiziert, welches seinen Bürgern die Individualbeschwerde zum UN-Menschcnrechtsausschuß einräumen würde.36 Ebenso läßt die Ratifizierung und damit Transformation des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK seit Jahren auf sich warten, welches auf der europäischen Ebene den menschenrechtlichen Schutz des Art. 8 EMRK auf den Standard des Art. 23 IV IPBPR anhebt.37 (Hierzu nur der Hinweis: Unser engstes europäisches Partnerland Frankreich ist beiden Protokollen beigetreten38 39.) Der in der abgelaufenen 11. Legislaturperiode vorgelegte und nicht verabschiedete Entwurf eines Nichtehelichen-Umgangsgeset-zes30 will dem Vater jede Möglichkeit des Sorgerechts für sein nichteheliches Kind weiterhin vorenthalten. Dies dürfte eklatant gegen die völkerrechtliche Verpflichtung in EMRK wie auch IPBPR verstoßen, die dort garantierten Rechte zu gewährleisten bzw. in innerstaatliches Recht umzusetzen. Vollends unglaubwürdig würde die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung im Familienrecht, wenn Informationen zutreffen sollten, wonach die Ratifizierung der UN-Kinderrcchtekonvention nur unter dem Vorbehalt erfolgen soll, daß sie in bezug auf Elternverantwortung und Umgangsrecht für nichtehelichc Kinder nicht gelte. Ein solcher Vorbehalt käme übrigens zu spät, denn die EMRK wie auch die beiden UN-Menschenrechtspakte wurden ohne einen solchen Vorbehalt ratifiziert. Es würde aber auch einen Verstoß gegen den völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben darstellen. Es bleibt nur noch zu hoffen, daß die von dem Vertreter des Bundesjustizministeriums in Bad BolI40 öffentlich gegebene Zusicherung. „daß das Bundesjustizministerium das zu erarbeitende neue deutsche Kindschaftsrecht an den völkerrechtlichen Verpflichtungen, d.h. den Menschenrechtsnonnen der Vereinten Nationen, ausrichten wird", doch bald cingelöst wird. Denn „eine glaubwürdige Mcnschen-rechtspolitik muß sich allen Aspekten zuwenden. Sie darf sich nicht auf einzelne, wie etwa die Freizügigkeit, beschränken“ 41 30 Der Verf. wäre lur jeden Hinweis auf evtl, weitere Entscheidungen, die sich mit den Familienvölkerrechtsnormen des UN-Zivilpaktes auseinandersetzen, dankbar. 31 OLG Bamberg. Beschluß vom 26.1.1988 - 7 UF 135/87 - Amtsvormund 1988. S. 448: FamRZ 1988. S. 752. 32 BVerfGE 74. 358 II (370). 33 Ebenda. 34 R. Geiger. Grundgesetz und Völkerrecht. München 1985. S. 380. 35 BVerfGE 23. 288? 36 Hierzu ein Zitat des Rechtspolitikers Burkhard Hirsch: Das unbedingte Bekenntnis zur Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die Bereitschaft, sich dabei auch internationalen Kontrollen und den Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe zu unterwerfen, sind heute die Voraussetzung dafür, mehr als nur ein formales Mitglied der Völkerrechtsfamilie zu sein." (FDP-Fachinfo Menschenrechte Nr. 3055 vom 31.10.1990). Und II.-J. Vogel: Der Werl der Menschenrechte hängt davon ab. ob und inwieweit der Einzelne sie tatsächlich durchsetzen kann." (Im Vorwort zum I. Staatenbericht an die UNO. 1978). 37 Beide Protokolle enthalten in: Simma/Fastenrath. a.a.O. 38 Eine von dem für Menschenrechtsfragen zuständigen Kabinettsmitglied Malhuret eingebrachte Gesetzänderung schuf 1987 die Möglichkeit gemeinsamen Sorgerechts bei Scheidung und für nichteheliche Kinder: vgl. auch S. Normann Das neue Recht der elterlichen Sorge in Frankreich im Vergleich mit dem deutschen Recht". FamRZ 1988. S. 568. 39 Entwurf eines NEhelUmgG. BT-Drucks. 11/5494. 40 MinRal Slrempel am 29.4.1990 in der Tagung „Kinder im Recht von morgen". Evangelische Akademie Bad Boll: Protokolldienst 28/90. 41 II.-D. Genscher in einer Erklärung der Bundesregierung vor dem Bundestag am 27.6.1985: zitiert nach „Menschenrechte in der Welt“, hrsg. vom Auswärtigen Amt. 6. Aull. 1985.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 526 (NJ DDR 1990, S. 526) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 526 (NJ DDR 1990, S. 526)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer Bestandteil der Grundaufgäbe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der Struktur der für die Bearbeitung des konkreten Problemkreises zuständig ist; Dienstanweisung über das politisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der Deutschen Volkspolizei und den anderen Organen dos MdI, um gegnerische Hirkungsmöglichkeiten zur Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung im untersuchungshaftvoilzug aufzulehn.en. Der gefestigte Klassenstandpunkt, die gründlichen marxistisch-leninistischen Kenntnisse, das Wissen über die Gefährlichkeit und Raffinesse der Methoden der feindlichen Zentren bei ihren. Angriffen, gegen, die Deutsche Demokratische Republik in einer Untersuchungs-Haftanstalt Staatssicherheit inhaftiert war, verstie. auf Grund seiner feindlich-negativen Einstellung ständig gegen die Hausordnung. Neben seinen laufenden Verstößen gegen die Ordnungs- und Verhaltensregeln von Inhaftierten in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Zur Durchsetzung der Gemeinsamen Anweisung psGeh.ffä lstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik, defür Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei vom, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, den allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane und der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen ist vorrangig auf die Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin bei der Durchführung der Strafverfahren zu konzentrieren.

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