Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 525

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 525 (NJ DDR 1990, S. 525); Neue Justiz 12/90 525 Gemeinsame Elternverantwortung sowie Umgangsrecht nach Scheidung15 16 Von eminenter Bedeutung für die Auslegung des Art. 23 IV IPBPR dürften die Entscheidungen des über die Einhaltung des UN-Zi-vilpaktes wachenden zuständigen Gremiums sein. Es liegt eine erste Entscheidung des UN-Menschenrechtsausschusses zu Art. 23 IV vor (Hendriks Case).lh Dort wird festgestellt, daß Art. 23 I und IV drei Regeln von gleicher Bedeutung aufstellt, nämlich: daß die Familie geschützt werden müsse, daß Schritte für die Wahrung gleicher Rechte und Pflichten der Ehegatten bei der Auflösung ihrer Ehe ergriffen werden und daß Vorkehrungen für den nötigen Schutz der Kinder getroffen werden müßten Die Idee der Familie muß notwendigerweise die Beziehungen zwischen Eltern und Kind umfassen. Obwohl die Scheidung eine Ehe rechtmäßig beendet, kann sie nicht die Bindung lösen, die Vater - oder Mutter - und Kind vereinigt; diese Bindung ist nicht abhängig von dem Fortbestehen der Ehe der Eltern. „Es hat den Anschein, daß der Vorrang des Kindeswohls mit dieser Regel vereinbar ist." Daraus folgert der Ausschuß die Notwendigkeit, „daß das Gesetz einige Kriterien festlegen sollte, um den Gerichten die Anwendung der vollständigen Vorschriften des Art. 23 zu ermöglichen. Es erscheint als bedeutsam, außer bei außergewöhnlichen Umständen, daß diese Kriterien die Fortsetzung der persönlichen Beziehungen und des direkten Kontakts zwischen Kind und beiden Eltern einschließen sollten. Der einseitige Widerspruch eines Elternteils kann nach Meinung des Ausschusses nicht als außergewöhnlicher Umstand angesehen werden".17 Die Regelung des § 1634 BGB wird diesen Anforderungen nicht gerecht: wo gern. Art. 23 IV IPBPR „gesetzliche Kriterien" gefordert sind, kann nicht im Rahmen eines unbestimmten Rechtsbegriffs, hier Kindeswohl, nach richterlichem Ermessen entschieden werden. Entscheidend für jeden Eingriff das Staates in das elterliche Sorgerecht müssen die rechtfertigenden Gründe dafür sein. Natürlich hat der Staat das Recht/die Pflicht, bei Kindesmißhandlung, Verwahrlosung oder anderen Mißbrauchstatbeständen im Rahmen seines Wächteramtes auch das Mittel der Rechtsaberkennung einz.usetz.cn. Der bloße einseitige Antrag einer Mutter, ihr das alleinige Sorgerecht zu übertragen und die Elternverantwortung des Vaters im wesentlichen auf eine Zahlungsverpflichtung zu reduzieren, darf aber ohne das Vorliegen bestimmter, gesetzlich vorgegebener Tatbestände nicht zu ähnlich gravierenden Rechtsfolgen führen. Was der UN-Menschenrechtsausschuß im Fall Hendriks für das Umgangsrecht festgestellt hat. muß auch für das Sorgerecht gelten: Jene „Kriterien", die Eingriffe in die elementaren Rechtsbeziehungen zwischen Kindern und ihren Eltern rechtfertigen, müssen gesetzlich fixiert sein. Der deutsche Rückstand im Nichtehelichenrecht Eheliche und nichteheliche Kinder18 und deren Familien bilden keine voneinander zu unterscheidenden Völkerrechtssubjekte. Eine nationale Rechtsordnung, die aufgrund solcher Kriterien Rechte unterschiedlich zuschreibt, verstößt gegen die Menschenrechte. Diese sind „unveräußerlich" und mithin garantiert. Sie können nur - so auch die Rechtsprechung des BVerfG19 20 - bei Mißbrauch, also im gerichtlich geprüften Einzelfall, verwirkt werden. Einschränkungen sind nur jeweils in Abgrenzung zu anderen Grundrechtspositionen zulässig. Das Diskriminierungsverbot für nichtehelich geborene Kinder leitet sich aus den Artikeln 2 I und 24 IPBPR ab.2H Danach müssen alle im Pakt anerkannten Rechte ohne Unterschied der Geburt (oder anderer Kriterien) gewährt werden. Entsprechende Diskriminierungsverbote enthalten u.a. auch die UN-Deklaration (Art. 2) und der UN-Sozial-pakt (Art.2 II). Es liegt inzwischen auch aus jüngster Zeit eine Interpretation (general comment) des UN-Menschenrechtsausschusses zu Art. 24 IPBPR vor. wonach der Schutzumfang dieser Vorschrift auch das Verbot jeder „Diskriminierung von nichtehelichen Kindern" umfaßt.21 Auch im europäischen Rechtskreis (EMRK) hat das dort höchste Menschenrechtsgremium, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, über Nichtehelichengesetze befunden und in zwei Entscheidungen gegenüber Belgien (1979 - Fall Marckx22 23) und gegenüber Irland (1989 - Fall Johnston22) bestimmte nationale Regelungen als für mit der EMRK nicht vereinbar bezeichnet: beide Länder änderten zwischenzeitlich ihr Nichtehelichenrecht. Man sollte meinen, daß der Sinn eines multilateralen Völkerrechtsvertrages darin besteht, zu einheitlichen Rechtsordnungen zu kommen, jedoch haben die obengenannten, zur Auslegung der EMRK ergangenen Entscheidungen den deutschen Gesetzgeber nicht zum Handeln veranlaßt. Wir stehen vor dem Phänomen, daß zwar die Geld- und Güterströme im Europa der EG immer weiter vereinheitlicht und EG-Bürger sich beruflich und privat weitgehend freizügig bewegen können, ihre Menschenrechte in bezug auf ihre Kinder jedoch alles andere als einheitlich geregelt sind.24 Dies, obwohl sämtliche EG-Länder Signatarstaaten der EMRK (wie auch der UN-Menschenrechtskonventionen) sind.25 26 Obwohl Menschenrechte und Verfassungsrecht untrennbar miteinander verwoben sind, können hier verfassungsrechtliche Defizite nicht erörtert werden.25 Zur richterlichen Anwendung der Menschenrechtsnormen Es ist unbestritten, daß sämtliche hier behandelten Konventionen aufgrund des jeweils mit der Ratifizierung ergangenen Zustimmungsgesetzes gern. 59 II GG innerstaatlich unmittelbar geltendes Recht im Range von Bundesrecht enthalten.27 Damit hat der Richter diese Normen auch anzuwenden; Art. 59 II gibt einen Rechtsanwendungsbefehl.28 29 Um diesem Rechtsanwendungsbefehl nachkommen zu können. ist das Gericht verpflichtet, im Rahmen einer Vorfrageprüfung zu klären, ob familienvölkerrechtliche Normen zur Anwendung kommen könnten. Dies scheint aber de facto nicht stattzufinden. Ohne eine solche Vorabklärung ist es im Grunde keinem Bürger zuzumuten, in einem sorge- oder umgangsrechtlichen Verfahren Beteiligter zu 15 Der Verf. bevorzugt es. anstelle „Sorgereeht" von „Eltemverantwortung" zu sprechen. Der BeuritT wird auch in BVerfGE 24. I 19 siebraucht. 16 CCPR/C733/D/2()1/1985; deutsche Übersetzung in: ZfJ 1989. S.487 und 542. 17 Vgl. Ullmann, Die Bedeutung der Entscheidung des UN-Menschenrechtsaus-sehusses zur Communication Nr. 201/1985 für das Familienrecht der Bundesrepublik Deutschland”. ZtJ 1990. S. 509. 18 Das FGB der ehemaligen DDR vermied die - diskriminierende Bezeichnung nichteheliche Kinder“ und sprach von außerhalb der Ehe eborenen Kindern". 19 BVerfGE 24. 119. 20 Nowack: UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll. CCPR-Kommentar. Kehl/Straßburti/Arlington 1989. S. 56. 21 CCPR/C/21/Rev. 1/Add. I; vgl. auch Bartsch. NJW 19X9. S.3061 (3063). 22 ECtllR 13.6.1979; deutsche Übersetzung Stöcker in: Amtsvormund 1980. S. 249, 265: Europäische Grundrechte-Zeitschrift (EuGRZ) 1979. S. 454. Kropholler hielt den „mit der Strenge eines unverbrüchlichen Dogmas" (Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 3. Aull. 1980) durchgeführten Sorgerechtsausschluß des n.e. Vaters schon damals für unvereinbar mit Art. 8 u. 14 EMRK (Archiv f.d. zivilistische Praxis 19X5. S. 249); vel. auch Javme. NJW 1979, S. 2425. 23 ECtHR 18.12.1986 in: EuGRZ 1987. S.3I8. 24 I. Baer (Neue Lösungen im Kindschaftsrecht. Rechtsvergleichende Betrachtungen und Anregungen zu einer Reform: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP) 1989. S.344) kommt nach Untersuchung der sorge- und umgangsrechtlichen gesetzlichen Regelungen des westlichen Auslands zu dem Ergebnis, „daß das bundesdeutsche Recht gewissermaßen in einem Stadium stehengeblieben ist. das die anderen Rechtsordnungen in ihrer Entwicklung bereits überwunden haben". Auch deshalb müssen m.E. dort die endlos bei uns geführten Diskussionen zum Kindeswohl - so auch anläßlich der Beratungen zum Entwurf des Nichtehel-UmgG - unverständlich und sogar verletzend wirken. Denn wir können doch wohl all diesen Ländern nicht unterstellen, daß sie das Wohl ihrer Kinder nicht beachten. Das gleiche gilt für die Schöpfer der Menschenrechtskonventionen. 25 Eine profunde Darstellung zu der sich aus der EMRK ergebenden Nichteheli-chenproblematik mit umfangreichem Fundstellennachweis von Schrifttum und allen Entscheidungen der beiden europäischen Menschenrechtsorgane-Kommis-sion und Gerichtshof-, auf die hier aus Platzgriinden nur verwiesen werden kann, findet sich bei Chr. Engel „Ausstrahlungen der Europäischen Menschenrechtskonvention auf das Kollisionsrecht". Rabels Zeitschriften 1989. S. 3. 26 Siche dazu H. Fleisch. Die verfassungsrechtliche Stellung des leiblichen Vaters. Baden-Baden 1989 27 Vgl. K. Rebmann. „Völkerrechtliche Vorschriften im Bereich des Familienrechts". in: Münchener Kommentar zum BGB. Bd. Familienrecht. München 1978. Einleitung. Rn 79 (unverändert auch in 2. Aull. 1990). 28 BVerfGE 63. 343 (358). 29 Der Bundestag erledigte die Petition Pet 4-10-07-3100-46931 u.a. mit folgendem Bescheid: „Das Prozeßgericht ist bei seiner Entscheidung an das geltende innerstaatliche Recht gebunden. Zum innerstaatlichen Recht gehören auch durch Transformationsgesetzc nach Art. 59 Abs. 2 GG übernommene Normen des Völkervertragsrechts. Ob ein völkerrechtlicher Vertrag Normen enthält und damit einen transforma-tionsfahigen Inhalt, muß das Prozeßgericht. soweit diese Frage entscheidungserheblich ist. somit schon nach geltendem Recht prüfen." (BT-Drucks. 11/528. Sammelübersicht 15. Anl. 3 zu Prot. 11/05); vgl. auch BVerfGE 46. 342 (362).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 525 (NJ DDR 1990, S. 525) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 525 (NJ DDR 1990, S. 525)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

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