Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 474

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 474 (NJ DDR 1990, S. 474); 474 Neue Justiz 11/90 rieht wären imstande, ohne solche Hilfen die Leistung „auf Mark und Pfennig“ zu berechnen. Die Berechnung selbst ist auch nur selten im Streit, meist geht es um den Grund des Anspruchs oder um bestimmte, die Höhe beeinflussende Elemente der Berechnung, etwa die auf die Rente anrechenbaren Versicherungszeiten oder das für die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgebliche Bemessungsentgelt. Grundsätze des Verfahrens Wie in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bedarf es vor Erhebung der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eines Vorverfahrens: Um die Gerichte zu entlasten („Filterfunktion“) und der Verwaltung die Möglichkeit einer Selbstkontrolle zu geben, soll die Behörde, die den angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat, auf Widerspruch des Bürgers hin die Entscheidung erneut auf Recht- und Zweckmäßigkeit prüfen. Hält sie den Widerspruch für begründet, hilft sie ihm ab, entscheidet also positiv; anderenfalls legt sie ihn der Widerspruchsstelle zur Entscheidung vor (§ 85 SGG); im Bereich der Sozialversicherung bestehen dafür eigens Widerspruchsausschüsse mit Vertretern der Selbstverwaltung. Der Widerspruch gegen den Erstbescheid und die Klage gegen diesen in der Fassung des Widerspruchsbescheides muß innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe der Verwaltungsentscheidung eingelegt bzw. erhoben werden. Üblicherweise wird der Bescheid durch die Post übermittelt, dann gilt er am dritten Tag nach Aufgabe als bekanntgegeben (z.B. Absendung am 29.8.1990; Bekanntgabe am 1.9.1990; Klagefrist läuft ab am 1.10.1990). Enthält der Bescheid keine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung, läuft statt der Monats- die Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 SGG). Auch ohne Vorverfahren und sogar ohne Erlaß des Erstbescheides ist die sog. Untätigkeitsklage des § 88 SGG zulässig, wenn über einen Antrag oder Widerspruch nicht innerhalb angemessener Frist entschieden wird. In bestimmten Fällen überließ § 78 Abs. 2 SGG dem Bürger die Wahl zwischen Widerspruch und unmittelbarer Klage. Ab 1.1.1991 (in den fünf neuen Ländern: ab Beitritt) ist das Vorverfahren zwingend. Das gerichtliche Verfahren soll unkompliziert und bürgemah sein. Dem dient nicht zuletzt die Regelung über die örtliche Zuständigkeit. Örtlich zuständig ist das Sozialgericht am Wohnsitz oder Beschäftigungsort des Klägers (§ 57 Abs. 1 SGG). Die Klageschrift bedarf keiner besonderen Förmlichkeiten. Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ist aber an die Fassung des Klageantrags nicht gebunden (§ 123 SGG). Es darf dem Kläger nicht mehr zusprechen, als er verlangt, denn er bestimmt den Streitgegenstand. Hierzu ist es eine der wichtigsten Aufgaben des Richters, das gesamte Vorbringen des regelmäßig rechtlich unerfahrenen Bürgers zu würdigen, die Verwaltungsvorgänge auszuwerten und so durch Auslegung das Klageziel zu ermitteln und auf sachdienliche Klageanträge hinzuwirken. Der Kläger wird verfahrensrechtlich den Weg beschreiten wollen, der ihn am zweckmäßigsten zu seinem Ziel führt. Zwischen notwendiger Ermittlung des Klägerwillens mit Hilfe der Auslegung und unzulässiger Rechtsberatung ist für den Richter oft nur ein schmaler Grat. Die Aufklärung des Sachverhalts nimmt das Gericht von Amts wegen vor, ohne an Vorbringen und Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein (§ 103 SGG). Hier ist es auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen, zumal, wenn es um Tatsachen oder Umstände geht, die nur dem Kläger bekannt sein oder die nur mit seiner Hilfe festgestellt werden können, z.B. ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Auswirkungen von Erkrankungen auf seine Leistungsfähigkeit. Medizinische Gutachten spielen dann auch eine bedeutende Rolle im sozialgerichtlichen Verfahren. Abweichend vom Grundsatz, daß der Richter den Sachverständigen auswählt, erlaubt § 109 SGG dem Kläger den Antrag, einen von ihm benannten Arzt seines Vertrauens als Sachverständigen zu hören. Der Antrag kommt in Betracht, wenn die Ergebnisse der gerichtlichen Ermittlungen nicht den Erwartungen des Klägers entsprechen. Das Gutachten nach § 109 SGG geht freilich zunächst auf seine Kosten, sofern nicht das Gericht im Urteil nach Ermessen von der Kostenbelastung absieht. Die Verfahrensbeendigung erfolgt durch Urteil, durch Rücknahme der Klage, durch Vergleich der Beteiligten (Einigung) oder dadurch, daß der Beklagte den Klageanspruch anerkennt. In solchem Fall bedarf es keines Anerkenntnisurteils. Nimmt der Kläger das Anerkenntnis an, ist der Rechtsstreit ohne weiteres erledigt; das angenommene Anerkenntnis ist Vollstreckungstitel. Eine wesentliche Besonderheit des sozialgerichtlichen Verfahrens ist die Kostenfreiheit. Es entstehen keine Gerichtskosten (§ 183 SGG). Von den beklagten Sozialleistungsträgem werden unabhängig vom Verfahrensausgang pauschale Gebühren erhoben (§ 184 SGG). Die Aufwendungen der beklagten Leistungsträger sind nicht erstattungsfähig (§ 193 Abs. 4 SGG), so daß der einzelne Kläger nur das Risiko seiner eigenen Aufwendungen (z.B. Anwaltskosten) trägt. Auf sie beschränkt sich die Kostenentscheidung des Gerichts. Das Gericht entscheidet nach Ermessen, regelmäßig entsprechend dem Verfahrensausgang (§ 193 SGG). Minderbemittelte können wie in den anderen Gerichtszweigen Prozeßkostenhilfe erhalten (§ 73 a SGG). Rechtsmittel Gegen die Urteile des Sozialgerichts findet die Berufung, gegen seine Beschlüsse die Beschwerde zum Landessozialgericht statt. In Fällen untergeordneter Bedeutung („Bagatellsachen“) ist die Berufung grundsätzlich ausgeschlossen und nur statthaft, wenn ein Verfahrensfehler des Sozialgerichts gerügt wird und ein solcher auch vorliegt oder wenn das Sozialgericht Verfahrensfehler z.B. wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassen hat. Die Revision gegen Urteile des Landessozialgerichts zum Bundessozialgericht bedarf der ausdrücklichen Zulassung durch das LSG oder auf Nichtzulassungsbeschwerde hin durch das BSG. Anders als bei der Berufung ist das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gebunden und prüft nur im Rechtlichen. Mit Zustimmung des Prozeßgegners und entsprechender Zulassung im Urteil kann unter Übergehung der Berufungsinstanz gegen das sozialgerichtliche Urteil unmittelbar Revision zum BSG (Sprungrevision, § 161 SGG) eingelegt werden; von dieser Möglichkeit wird Gebrauch gemacht, wenn allein Rechtsfragen umstritten sind. Vor dem BSG muß sich der Kläger durch einen Rechtsanwalt, den Vertreter einer Gewerkschaft, einer sozialpolitischen Vereinigung oder einer Arbeitgebervereinigung vertreten lassen. Vorläufiger Rechtsschutz Nicht zuletzt wegen der oft schwierigen Aufklärung des umstrittenen Sachverhalts dauern Sozialgerichtsprozesse häufig lange. Damit entsteht ein Bedürfnis nach vorläufigem Rechtsschutz bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache, um zu vermeiden, daß inzwischen unumkehrbare Wirkungen eintreten, die jeden Rechtsschutz am Ende ins Leere gehen lassen.3 Solcher Effektivität des Rechtsschutzes dienen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (Suspensiveffekt) und die einstweilige Anordnung, wenn in der Hauptsache Verpflichtungs- oder Leistungsklage erhoben ist. Die Regelungen des SGG sind lückenhaft. Die Klage hat nur in wenigen Fallgruppen aufschiebende Wirkung (§ 97 SGG); einstweilige Anordnungen sind unbekannt. Weil aber auch das SGG effektiven Rechtsschutz gewährleisten muß, hilft sich die Praxis mit der entsprechenden Anwendung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung, vor allem des § 123. So kann in dringenden Fällen, in denen sonst allein durch Zeitablauf vollendete Tatsachen entständen, eine einstweilige Anordnung erlassen werden. Neben dem Grad der Dringlichkeit sind dafür auch die Erfolgsaussichten der Klage von Bedeutung. Übergangsrecht für das Gebiet der bisherigen DDR Während in Berlin das bestehende Sozial- und das Landessozialgericht nunmehr für die gesamte Stadt zuständig sind, nehmen in den beigetretenen neuen Ländern der bisherigen DDR bis zum 3 Vgl. ebenda, S. 246.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 474 (NJ DDR 1990, S. 474) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 474 (NJ DDR 1990, S. 474)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Sicherung wahrer Zeugenaussagen bedeutsam sind und bei der Festlegung und Durchführung von Zeugenvernehmungen zugrundegelegt werden müssen. Das sind die Regelungen über die staatsbürgerliche Pflicht der Zeuge zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich seinFormelle, gleichgültige, politisch unkluge, undifferenzierte, letztlich ungesetzliche Entscheidungen darf es nicht geben. Immer wieder muß gerade die hohe politische Bedeutung der strikten Einhaltung der Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren, Dissertation, Vertrauliche Verschlußsache AUTORENKOLLEKTIV: Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei VerdächtigenbefTagungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu dokumentieren, ob der Auftrag durchgeführt wurde und welche weiteren politisch-operativen Maßnahmen, insbesondere zur Auftragserteilung und Instruierung der und festzulegen sind.

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