Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 428

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 428 (NJ DDR 1990, S. 428); 428 Neue Justiz 10/90 Überprüfung mehrerer aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge (sog. Kettenarbeitsverträge) aus. Hierzu befürwortete das BAG ursprünglich eine umfassende Befristungskontrolle, die nicht nur den zuletzt abgeschlossenen, sondern auch alle vorherigen befristeten Arbeitsverträge einbezog. Erwies sich ein Vertrag als unwirksam, so sollte, ungeachtet der eventuellen Rechtmäßigkeit der zuletzt vereinbarten Befristung, zwischen den Vertragsparteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehen.43 Mit dem Urteil vom 8.5.1985 hat das BAG diese Konzeption aufgegeben. Nunmehr unterliegt nur noch der zuletzt abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag einer Befristungskontrolle.44 Der konzeptionelle Wandel der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist untrennbar mit dem gerichtlichen Rechtsschutz des Arbeitnehmers gegenüber einer unzulässigen Befristung des Arbeitsvertrages verbunden. Hält der Arbeitnehmer die Befristung für unwirksam, so muß er im Streitfall durch Erhebung einer Feststellungsklage gerichtlich klären lassen, daß ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Nach der in der Bundesrepublik geltenden Rechtslage ist er hierfür an keine Frist gebunden. Eine analoge Anwendung von § 4 KSchG, die dazu führen würde, daß der Arbeitnehmer sein Begehren 3 Wochen nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages geltend machen müßte,45 hat das BAG abgelehnt.46 Allerdings kann die Klagebefugnis verwirkt sein, wobei der Zeitspanne, in der der notwendige Vertrauenstatbestand geschaffen wird, zeitlich enge Grenzen zu setzen sind.47 Gegenüber dieser Rechtslage in der Bundesrepublik sah § 60 Abs. 1 AGB die Einhaltung der 3-Wochen-Frist weitergehend auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer geltend machen will, daß ein Änderungsvertrag unwirksam ist. Da dies ebenfalls für befristete Änderungsverträge galt und die Regelung in § 60 Abs. 1 AGB der Rechtssicherheit diente, wäre es methodologisch gestattet gewesen, die 3-Wochen-Frist per argumentum a minore ad maius im Wege der Analogie auf die Fälle auszudehnen, daß der Arbeitnehmer die fehlende sachliche Rechtfertigung einer Befristung des Arbeitsvertrages geltend machen will. Im Rahmen eines vom gesamtdeutschen Gesetzgeber zu schaffenden einheitlichen Arbeitsvertragsrechts sollte die in § 60 Abs. 1 AGB getroffene Regelung und damit eine sachlich -gegenständliche Erweiterung von § 4 KSchG zumindest erwogen werden. Etablierung abweichender Vorschriften durch Tarifvertrag Im Unterschied zu der bisherigen Rechtslage wird die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge nicht mehr vornehmlich durch die gesetzlichen Rahmenbedingungen fixiert. Allerdings übernahm auch das novellierte AGB die Ermächtigung zum Erlaß staatlicher Rechtsvorschriften (§ 47 Abs. 3 AGB). Dadurch galten die bisherigen Rechtsvorschriften fort und waren trotz geänderter gesetzlicher Rahmenbedingungen auch beim Abschluß befristeter Arbeitsverträge zu beachten. Nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages ist diese exekutive Regelungsbefugnis jedoch entfallen. Die Voraussetzungen für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge sind nunmehr aber vor allem ein Betätigungsfeld der Tarifvertragsparteien, wobei dieser Sachkomplex ein anschauliches Paradigma liefert, um das Verhältnis zwischen staatlichem Arbeitnehmerschutzrecht und Tarifautonomie auszuloten. Die Tarifvertragsparteien können nach § 1 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) autonom Inhalt, Abschluß und Beendigung der Arbeitsverhältnisse normativ strukturieren, wobei ihnen auch die Kompetenz zusteht, die Voraussetzungen für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge festzulegen. Diese Rechtsnormen entfalten ihre Wirkungen jedoch im Unterschied zu den bisherigen Rahmenkollektivverträgen nicht für alle vom Anwendungsbereich des Tarifvertrages umfaßten Arbeitsverhältnisse. Solange der Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde (§ 5 TVG), gelten sie nur zwischen den beiderseits Tarifgebundenen (§ 4 Abs. 1 TVG), also wenn sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer der jeweils vertragschließenden Koalition angehört. Wenngleich die grundsätzliche Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien unbestritten ist, bedarf ihr Verhältnis zu den gesetzlichen Regularien einer genauen Untersuchung, da zwischen staatlicher und tariflicher Normsetzungsbefugnis ein latentes Konkurrenzverhältnis besteht. Dieses ist durch die Leitsätze zum Staatsvertrag (A.III.3) nicht einseitig zu Lasten der staatlichen Gesetzgebung aufgelöst worden, da sie lediglich zur Einräumung einer Normsetzungsprärogative zugunsten der Tarifvertragsparteien zwingen. Analog dem Verhältnis zwischen Gesetz und Individualabrede ist auch für die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien die jeweilige Gesetzesvorschrift daraufhin zu untersuchen, ob sie dispositives oder zwingendes Recht enthält. Im Bereich des Arbeitnehmerschutzes spricht dabei eine Vermutung dafür, daß es sich bei den gesetzlichen Vorschriften um zwingendes Recht handelt. Wegen der Funktion staatlichen Arbeitnehmerschutzrechts, die Defizite gestörter Vertragsparität zu kompensieren,48 darf ihr zwingender Charakter aber nicht weiter reichen, als dies zur Herstellung der Vertragsparität erforderlich ist. Nicht die Entmündigung des Arbeitnehmers, sondern die Herstellung realer Vertragsfreiheit ist Ziel und Aufgabe staatlicher Arbeitnehmerschutzgesetzgebung. Deshalb etablieren die jeweiligen gesetzlichen Vorschriften lediglich Mindestarbeitsbedingungen. Sie besitzen nur einseitig zwingenden Charakter - sie verbieten eine verschlechternde, gestatten jedoch eine für den Arbeitnehmer günstigere Vereinbarung. Zweiseitig zwingende Gesetze, die auch den Abschluß günstigerer Individualabreden untersagen, sind zwar denkbar, im Bereich der Arbeitnehmerschutzgesetzgebung bedarf es hierfür jedoch einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers.49 Diese Grundsätze gelten auch für das Verhältnis zwischen Gesetz und Tarifvertrag.50 Durch Auslegung der gesetzlichen Vorschriften ist zu ermitteln, ob sie dispositiver oder zwingender Natur sind.51 Da die Beschränkungen für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge traditionell dem Arbeitnehmerschutzrecht zuzuordnen sind, begründeten die §§ 47 f. AGB allenfalls einen Mindeststandard für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge. Den Tarifvertragsparteien stand und steht es frei, vom Gesetz abzuweichen und Vorschriften zu vereinbaren, die für den Arbeitnehmer günstiger sind. So können die Tarifvertragsparteien insbesondere die Voraussetzung eines „sachlichen Grundes“ (§ 47 Abs. 1 Buchst, b, Abs. 2 AGB) konkretisieren und z.B. festlegen, daß bestimmte Umstände (z.B. Vertretung, Probe) ein sachlicher Grund im Sinne der gesetzlichen Vorschriften sind. Bei dieser Regelungstechnik spricht indessen keine Vermutung dafür, daß sie die Voraussetzungen für den Abschluß befristeter Arbeitsverträge abschließend umschreiben, vielmehr muß ein entsprechender Wille der Tarifvertragsparteien aus Gründen der Rechtssicherheit in dem Tarifvertrag eindeutig zum Ausdruck gelangen.52 Ferner ist auch denkbar, daß die Tarifvertragsparteien die Befristungsdauer oder die Zulässigkeit wiederholter Befristungen beschränken. Ob die Tarifvertragsparteien darüber hinaus die Befugnis besaßen, den gesetzlichen Mindeststandard zu unterschreiten und die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge an geringere als die im AGB festgelegten Voraussetzungen zu binden,53 ließ sich dem AGB nicht eindeutig entnehmen. Zwar legte § 16a AGB fest, daß Abweichungen vom Gesetz zuungunsten der Arbeitnehmer nur zulässig sind, wenn dies im AGB ausdrücklich vorgesehen war, jedoch bereiteten die entsprechenden Vorschriften, die sich 43 So noch BAG, AP Nm. 54, 60, 62 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag. 44 BAG, AP Nr. 97 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; sowie BAG, AP Nm. 100, 103, 124, 125 zu §620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; BAG, AP Nr. 4 zu § 620 BGB - Hochschule. Zu den dogmatischen Kontroversen siehe etwa Kreutz, Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen (SAE) 1987, 311 ff.; Colneric, Arbeit und Recht (ArbuR) 1986, 317 f.; Kleveman/Ziemann, DB 1989, 2608 ff.; Oetker, Anm. zu BAG, EzA § 620 BGB Nr. 102, unter III. 45 So z.B. Bötticher, Betriebsberater (BB) 1955, 673 (675); Biomeyer, RdA 1967, 406 ff. 46 BAG, AP Nr. 54 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag. 47 BAG, AP Nr. 54 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; sowie Sacker, RdA 1976, 91 (95 f.). 48 Vgl. die Nachweise oben Fn. 8. 49 Siehe zum vorstehenden etwa Zöllner, Arbeitsrecht, 3. Aufl. 1983, S. 63. 50 Stellvertretend BAG, AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985; BAG, AP Nr. 53 zu §99 BetrVG 1972. 51 BAG, AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985. 52 BAG, AP Nr. 96 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; BAG, AP Nr. 5 zu § 1 BeschFG 1985; sowie näher Oetker, Anm. zu BAG, EzA § 1 BeschFG 1985 Nr. 5. 53 Die dogmatische Kontroverse in der Bundesrepublik über die Tarifdispositivi-tät der höchstrichterlich herausgebildeten Grundsätze zur Befristungskontrolle (hierzu BAG, AP Nr. 32 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; BAG, AP Nr. 9 zu § 620 BGB - Bedingung; sowie jüngst Gitter/Boemer, RdA 1990, 129 [132], m.w.N.) besaß angesichts der gesetzlichen Regelung im AGB daher keine Bedeutung.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

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