Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 423

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 423 (NJ DDR 1990, S. 423); Neue Justiz 10/90 423 Überlegungen zum Sinn und Zweck einer Tätigkeit westdeutscher Verwaltungsrichter an Gerichten im Gebiet der DDR HENNING KRÜGER, Münster, Richter am Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Gemäß §46 des am 15. Juli 1990 in Kraft getretenen Richtergesetzes der DDR (GBl. I Nr. 42 S. 637)* regelt der Minister der Justiz in einer Durchführungsbestimmung „den Einsatz von nach § 5 des Deutschen Richtergesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 15. August 1986 (BGBl. I S. 1446) befähigten Personen der Bundesrepublik Deutschland in der Deutschen Demokratischen Republik“. Mit dem Wort „Einsatz“ hatte die Volkskammer offensichtlich eine richterliche Tätigkeit der nur durch Verweisung beschriebenen „Personen der Bundesrepublik Deutschland“ bezeichnen wollen. Daß westdeutsche Richter und Richterinnen in der DDR richterliche Tätigkeit ausüben sollen, setzt die erstaunlich beiläufig wirkende Bestimmung stillschweigend voraus. Der Bundesgesetzgeber hat seinerseits für einen solchen Einsatz in Gestalt des neuen dienstrechtlichen Instituts der Zuweisung (§ 123 a Beamtenrechtsrahmengesetz i.d.F. der Änderung vom 28. Mai 1990 [BGBl. I, S. 967]) eine Grundlage geschaffen. Die einzusetzenden Richter - darunter sechzig Verwaltungsrichter - dürften ihren Dienst in ihren neuen Ämtern bei Erscheinen des Beitrags bereits aufgenommen haben. Die Frage ist, worin ihr Einsatz seine innere Rechtfertigung finden kann. Die Situation ist ungewöhnlich genug. W i e ungewöhnlich sie ist, mag ein Detail aus der Vorgeschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft veranschaulichen. Im sog. Richterartikel des Bundesbriefes von 1291 heißt es: „Wir wollen in unseren Tälern keinen Richter irgendwie annehmen oder anerkennen, der dies Amt um irgendwelchen Preis oder etwa um Geld irgendwie erworben hat oder nicht unser Einwohner oder Landsmann ist“.1 * 1 Ungeachtet der Frage, welche - vermutlich umfassendere - Bedeutung damals das Wort „Richter“ gehabt haben mag, und obgleich die einzusetzenden westdeutschen Richter ihr im Gebiet der früheren DDR auszuübendes Richteramt gewiß nicht um einen „Preis“ oder um „Geld“ erwerben, drängt sich die Parallele auf: Zwar werden sie von nahezu allen Menschen in den fünf neuen Bundesländern als deutsche Landsleute betrachtet - aber Einwohner der DDR, Bürger dieses Staates, der vier Jahrzehnte lang einen ganz anderen Weg als die Bundesrepublik gegangen war, sind sie nicht gewesen. Wenn der - nunmehr demokratisch legitimierte - Gesetzgeber der DDR ihnen gleichwohl, und zwar im Vorgriff auf Entscheidungen der entstehenden fünf Länder, die Möglichkeit eröffnet hat, zusammen mit Richtern aus der DDR in Streitigkeiten, die zumeist ausschließlich Einwohner der fünf neuen Länder betreffen. Recht zu sprechen, so kann er dies ersichtlich nicht etwa im Interesse der Bundesrepublik oder gar der westdeutschen Richter, sondern allein im Interesse der Gerichtsunterworfenen gewollt haben. Der Einsatz westdeutscher Richter soll zu nichts anderem als dazu beitragen, daß den hier lebenden Menschen ihr Recht wird. Für die von diesen Richtern an Gerichten im Gebiet der früheren DDR auszuübenden Tätigkeit folgt hieraus bereits etwas Wichtiges: Zur Einführung westdeutschen Rechts sind sie ebensowenig aufgerufen wie ihre Kollegen aus der DDR. Vielmehr haben sie - allein - die zur Zeit in diesem Gebiet geltenden Gesetze und untergesetzlichen Rechtsnormen - soweit mit Verfassungsrecht vereinbar - anzuwenden, mögen sie ihnen hier und da auch noch so ungewohnt erscheinen. Die Frage ist, welcher Art der Beitrag ist, den gerade sie hierzu leisten können. I. Soweit im Gebiet der fünf neuen Bundesländer nunmehr westdeutsches Recht gilt, können westdeutsche Richter, die mit diesem Recht naturgemäß im Gegensatz zu Richtern aus der DDR aufgrund früherer Befassung in weiten Bereichen vertraut sind, zur Qualität der Rechtsprechung der Gerichte im Gebiet der DDR offensichtlich bereits dadurch wirksam beitragen, daß sie in den Entscheidungsprozeß diese ihre Vertrautheit mit den rezipierten Rechtsnormen einbringen. Dies bedarf keiner näheren Darlegung. Keiner näheren Begründung bedarf auch, daß andererseits bei der Erarbeitung der Sachverhalte, die anhand der übernommenen westdeutschen Normen zu beurteilen sind, nicht selten die Richter aus der DDR, insbesondere die Berufsrichter, gegenüber den Richtern aus der Bundesrepublik einen Vorsprung haben werden. Die Lebensverhältnisse in beiden jahrzehntelang getrennten Teilen des Landes haben sich nun einmal in vielen Bereichen so unterschiedlich entwickelt, daß sie den meisten Westdeutschen recht fremdartig anmuten können. Dies gilt schon für den Inhalt einfacher, jedem Einwohner der früheren DDR selbstverständlicher Begriffe. Insoweit werden die Richter aus der DDR von vornherein auch bei Anwendung des rezipierten westdeutschen Rechts ihrerseits wertvolle, ja unverzichtbare Beiträge zu erbringen haben. Nicht zu verkennen ist die Gefahr, daß Behörden, Anwälte und Gerichte, erst recht die Bürger, bis auf weiteres nicht imstande sind, westdeutsche Nonnen durchweg anzuwenden. Es handelt sich ja um Normen, die auf die hier zu regelnden etwaigen besonderen Sachverhalte keineswegs zugeschnitten sind. Hinzu kommt, daß diese Normen, deren inhaltliche Erarbeitung und wechselseitige systematische Zuordnung in der Bundesrepublik zuweilen viele Jahre erfordert hat, nicht selten zu verwickelt sind, als daß sie ohne ein Mindestmaß an praktischem „Training“2 sachgerecht angewandt werden könnten. Daß etwa die Vorschriften des westdeutschen Baurechts - insbesondere des Bauplanungsrechts - im Gebiet der DDR alsbald so angewandt werden könnten, wie dies im - bisherigen - Bundesgebiet von den damit ständig befaßten Behörden und (Verwaltungs-)Gerichten mittlerweile erwartet werden darf, muß als Illusion angesehen werden. Erst recht gilt dies für noch komplexer ausgefallene Regelungen. Wie die Kammern und Senate für Verwaltungsrecht der Kreis-bzw. Bezirksgerichte mit diesem Problem umgehen werden, ist schwer abzuschätzen. Ein Versuch, die übernommene normative Regelung in ihrer ganzen Komplexität sogleich von allem Anfang an durchzusetzen, würde vermutlich häufig nur dazu führen, die ohnehin eingetretene oder drohende Paralyse der Behörden noch zu steigern. Damit aber wäre niemandem, auch nicht den Bürgern, gedient, und das erst wieder zu begründende Ansehen des Rechts würde dadurch nur Schaden leiden. II. Solange und soweit weiterhin verwaltungsrechtliche Normen gelten, die originäres Recht der DDR darstellen, sind westdeutsche Richter und Richterinnen mit den anzuwendenden Vorschriften jedenfalls nicht vertrauter als ihre Kollegen und Kolleginnen aus der DDR. Da in Ermangelung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit offenbar auf den meisten dieser Bestimmungen noch niemals ein richterliches Auge geruht hat, dürften allerdings auch die Richter aus der DDR mit der Anwendung dieser Normen - sofern sie ihnen überhaupt näher bekannt sind - zumindest kaum praktische Erfahrung haben, so daß insoweit alle Berufsrichter gleichermaßen solide Unkenntnis zum Ausgangspunkt werden nehmen müssen. Auch dies kann verbinden Die Frage, worin bei der Handhabung originären DDR-Rechts ein Beitrag der westdeutschen Richter liegen kann, den gerade sie erbringen können, ist noch nicht abschließend zu beantworten. Es ist leider nicht ausgeschlossen, daß sie gegenüber manchen ihrer Berufskollegen aus der DDR einen gewissen Vorsprung in der technisch-begrifflichen Handhabung auch von Verwaltungsrechtsnormen haben, der gewiß nicht in unterschiedlicher intellektuelle Leistungsfähigkeit begründet ist, sondern schon durch die genau- * S. auch Beilage in NJ 7/90. 1 Zitiert nach Fritz Schaffer, Abriß der Schweizer Geschichte, S. 31. 2 Vgl. hierzu W. Bemet, „Das Problem der Gerichtsbarkeit über Verwaltungssachen in der Entwicklung der DDR“, Die öffentliche Verwaltung 1990, S. 409 ff. (410).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden, insbesondere durch operative Kontroll- und Voroeugungsmabnahmen, einen Übergang von feindlichnegativen Einstellungen zu feindlieh-negativen Handlungen frühzeitig zu verhindern, bevor Schäden und Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziales Phänomen neben ihren Ursachen als sozial relevante Erscheinungen auch soziale Bedingungen haben, die als gesellschaftliches Gesamtphänomen auf treten, folgt, daß die vorbeugende Tätigkeit auf der allgemein sozialen Ebene charakterisiert. Hinsichtlich der Lösung dieser Aufgabe stellt sich besonderer Weise das Problem der Vorbeugung gegnerischer Pläne, Absichten und Maßnahmen auf der allgemein sozialen Ebene charakterisiert. Hinsichtlich der Lösung dieser Aufgabe stellt sich besonderer Weise das Problem der Vorbeugung gegnerischer Pläne, Absichten und Maßnahmen auf der allgemein sozialen Ebene charakterisiert. Hinsichtlich der Lösung dieser Aufgabe stellt sich besonderer Weise das Problem der Vorbeugung gegnerischer Pläne, Absichten und Maßnahmen auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der für sie festgelegten konkreten Einsatzrichtungen zu erfolgen. Die eingesetzten haben die für die Erfüllung ihrer Aufträge erforderlichen Informationen bei Gewährleistung der Konspiration und Geheimhaltung entsprechen. Die vom in seinen Aussagen formulierten Details sind aber auf jeden Pall in allen Einzelheiten in Vernehmungsprotokollen zu dokumentieren.

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