Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 415

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 415 (NJ DDR 1990, S. 415); Neue Justiz 9/90 415 und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Bezirksgericht zurückzuverweisen. Prozeßrecht ln den letzten Monaten haben Angeklagte in mehreren Strafverfahren bei den Gerichten die Ablehnung des Richters wegen Besorgnis der Befangenheit geltend gemacht. Wir veröffentlichen nachstehend dazu zwei Beschlüsse, in denen die Kreisgerichte zu unterschiedlichen Entscheidungen über diese Anträge gelangt sind. § 159 StPO. Zu den Voraussetzungen für die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit (hier: im Strafverfahren wegen Wahlfälschung bejaht). KrG Potsdam-Stadt, Beschluß vom 18. Juni 1990 - 32 S 26/90. Mit der Anklage wird den Angeklagten S., N., H. und B. vorgeworfen, gemeinschaftlich handelnd Wahlfälschung begangen zu haben. In der Hauptverhandlung lehnten die Angeklagten den Vorsitzenden, Richter W., wegen ihrer Besorgnis der Befangenheit des Richters ab. In der Begründung dazu trugen sie vor, daß bei dem Nachweis der Wahlfälschung die Legitimation der Stadtverordnetenversammlung und damit auch die Gültigkeit der Richterwahl in Frage gestellt wurde. Damit wären die persönlichen Interessen des Vorsitzenden Richters in erheblicher Weise berührt. Es sei zu befürchten, daß der Richter dieses politisch brisante Strafverfahren mißbrauchen könne, um sich zu profilieren bzw. sich der herrschenden Meinung genehm zu machen. Damit sei eine unbefangene Verfahrensdurchführung nicht gewährleistet. Der Staatsanwalt des Kreises hat in seiner Stellungnahme dazu ausgeführt, daß eine derartige Besorgnis aus den vorgetragenen Gründen nicht hergeleitet werden könne. Dabei hat er darauf hingewiesen, daß eine Ungültigkeitserklärung zu den Kommunalwahlen nicht vorliege. Die strafrechtliche Wertung des angeklagten Verhaltens würde in keiner Weise eine Aufhebung der Legitimation bedeuten. Der Vorsitzende, Richter W., hat in seiner persönlichen Stellungnahme die Ablehnungsgründe für sich nicht anerkannt. Insbesondere verwies er darauf, daß keine Entscheidung getroffen worden sei, die ihn aus seinem Amt und damit seiner Verantwortung als Richter genommen habe. Der Ablehnung des Richters durch die Angeklagten war im Ergebnis der Prüfung der Sache stattzugeben. Aus der Begründung: Zunächst war festzustellen, daß die Behauptung der Profilierungssucht des Richters bzw. der Annahme, der Richter könne sich mit seiner Entscheidung der herrschenden politischen Meinung genehm machen wollen, nicht berechtigt ist. Eine solche spekulative Unterstellung ist durch nichts begründet. Insofern ist der Richter nicht als persönlich befangen anzusehen. Es muß aber ausgeschlossen sein, daß bei den Ablehnungsberechtigten oder in der Öffentlichkeit begründet der Anschein einer Voreingenommenheit des Richters entsteht. Dies kann in dem vorliegenden Verfahren nicht mit der notwendigen Konsequenz angenommen werden. Mit der Anklage wird den Angeklagten vorgeworfen, die Ergebnisse zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung Potsdam vom 7. Mai 1989 gefälscht zu haben. Sollte sich im Ergebnis des Strafverfahrens dieser Vorwurf als begründet erweisen, könnte damit deren Legitimität in Frage gestellt werden, ebenso die von dieser Stadtverordnetenversammlung gemäß § 46 GVG erfolgte Wahl der Richter des Kreisgerichts Potsdam-Stadt. Es muß jedoch darauf verwiesen werden, daß der Nachweis der Wahlfälschung nicht zwangsläufig zur Feststellung der Nichtigkeit der Wahl und damit der durch die Stadtverordnetenversammlung gefaßten Beschlüsse führen muß. Dies bedürfte einer gesonderten verwaltungsrechtlichen Entscheidung, die bisher nicht getroffen wurde. Somit kann dieser Einwand die Legitimation des Vorsitzenden Richters nicht grundsätzlich in Frage stellen. Wegen der Besonderheit des Verfahrensgegenstandes ist unabhängig davon anzuerkennen, daß für die Angeklagten oder die Öffentlichkeit der Anschein der Befangenheit des Richters entstehen kann. Aus diesen Gründen war dem Antrag stattzugeben. § 159 StPO. Zu den Voraussetzungen für die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit (hier: im Strafverfahren wegen Wahlfälschung verneint). KrG Leipzig-Stadt, Beschluß vom 19. Juni 1990 - 33 S 122/90. In der Hauptverhandlung gegen Sch., Dr. S.und P. wegen Wahlfälschung haben die Angeklagten übereinstimmend erklärt, daß sie gemäß § 159 StPO den Vorsitzenden Richter wegen Befangenheit ablehnen, weil die Kommunalwahl vom 7. Mai 1989 ungültig ist und dem Richter damit die Legitimation fehle. Das Kreisgericht hat diesen Antrag der Angeklagten als unbegründet abgewiesen. Aus der Begründung: Eine Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn Tatsachen vorgebracht werden, die den Schluß rechtfertigen, daß ein Richter voreingenommen verhandeln und entscheiden könnte. Befangenheit ist eine auf persönlichen Empfindungen beruhende einseitige Einstellung eines Richters zur Strafsache, die ihn unfähig machen kann, bei ihrer Verhandlung und Entscheidung Objektivität zu wahren (vgl. StPO-Kommentar, 3. Auf!., Berlin 1989, Anm. 1.1. zu § 159 [S. 206]). Demzufolge bezieht sich die Besorgnis der Befangenheit immer auf die Einstellung des mit der Sache befaßten Richters zu dieser konkreten Sache und kann sich nicht auf allgemeine gesellschaftliche Verhältnisse beziehen. Tatsachen, die auf eine voreingenommene Einstellung des abgelehnten Richters zur vorliegenden Strafsache schließen lassen, wurden nicht vorgebracht. Die vorgetragenen Bedenken der Angeklagten über eine nicht ordnungsgemäße Wahl des abgelehnten Richters lassen ggf. die mit einer Berufung vorzutragende Rüge der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts gemäß § 300 Ziff. 1 StPO zu. Es sei in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, daß das am 18. 3.1990 frei gewählte Parlament der DDR in seiner Tagung am 8. 6.1990 die Legislaturperiode der Richter ausdrücklich verlängert hat, nachdem es zuvor eine derartige Entscheidung für die Schöffen getroffen hatte. Diese Entscheidung der Volkskammer betrachtet die Strafkammer als ausdrückliche Legitimation für die Richter und Schöffen für ihre Tätigkeit ab dem 8.5. 1989. Entscheidungen aus der BRD § 138 StPO. Zur Ausübung der Verteidigertätigkeit eines in der DDR zugelassenen Rechtsanwalts in einem in der Bundesrepublik geführten Ermittlungsverfahrens. BGH, Ermittlungsrichter, Beschluß vom 20.7. 1990 - I BGs 200/90. Die Beschuldigte, der Mord, versuchter Mord u.a. zur Last gelegt wird, wurde am 6. 6. 1990 in Berlin (Ost) festgenommen und am 5. 7. 1990 in die BRD überstellt. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat Rechtsanwalt S. aus Berlin (Ost), den die Beschuldigte noch während ihrer Inhaftierung in der DDR zu ihrem Verteidiger bestellt hatte, die Erlaubnis zu einem unüberwachten Verteidigergespräch erteilt. Dagegen wendet sich der Generalbundesanwalt mit dem Hinweis, die in der DDR zugelassenen Rechtsanwälte könnten in der BRD nur unter den Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 StPO zu Verteidigern gewählt und hier tätig werden. Inzwischen hat die Beschuldigte auch einen in der Bundesrepublik zugelassenen Rechtsanwalt zu ihrem Verteidiger bestellt.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Der Leiter der Hauptabteilung wird von mir persönlich dafür verantwortlich gemacht, daß die gründliche Einarbeitung der neu eingesetzten leitenden und mittleren leitenden Kader in kürzester Frist und in der erforderlichen Qualität erfolgt, sowie dafür, daß die gewissenhafte Auswahl und kontinuierliche Förderung weiterer geeigneter Kader für die Besetzung von Funktionen auf der Ebene der mittleren leitenden Kader einen Fachschulabschluß besitzen oder sich in einer Fachschulausbildung befinden. Wir gehen davon aus, daß auch künftig die Fachschulausbildung die Hauptform der Qualifizierung unserer mittleren leitenden Kader in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen Rostock, Schwerin und Heubrandenburg wurde festgestellt, daß die gesamte politisch-ideologische und fach-lich-tschekistische Erziehungsarbeit und Befähigung der Mitarbeiter auf die konsequente Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteirungen die Durchführung jeder Vernehnung eines Beschuldigten. Die Gesetzlichkeit des Vorgehens des Untersuchungsführers beinhaltet die Ausrichtung der Beschuldigtenvernehmung auf die Feststellung der Wahrheit und schließt die Gewährleistung und Wahrung der Rechte des Beschuldigten ein. Keine dieser Faktoren dürfen voneinander isoliert und vom Prinzip der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit auch deshalb von besonderer Bedeutung weil die Feststellung wahrer Untersuchungsergebnisse zur Straftat zu ihren Ursachen und Bedingungen sowie der Persönlichkeit des schuldigten in den von der Linie Untersuchung bearbeiteten Ermitt iungsverfa nren - dem Hauptfeld der Tätigkeit der Linie - als Voraussetzung für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit. Die Beweisführung zur Begründung der gerichtlichen Entscheidung muß unwiderlegbar sein. In Zweifel ist zugunsten des Beschuldigten Angeklagten zu entscheiden.

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