Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 407

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 407 (NJ DDR 1990, S. 407); Neue Justiz 9/90 407 Erfahrungen aus der Praxis Der gutgläubige Erwerb von Grundstücken In den §§ 7 bis 9 der Grundstücksdokumentationsordnung (GDO)1 ist ein Prinzip des Grundbuchrechts - das materielle Publizitätsprinzip -geregelt. Es geht von der Annahme der Richtigkeit des Grundbuches aus und schließt den Schutz des gutgläubigen Erwerbers ein.1 2 So enthält § 7 GDO zwei gesetzliche Vermutungen, nämlich: 1. daß derjenige, der im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen steht,’auch rechtmäßiger Grundstückseigentümer ist und 2. daß demjenigen, dessen Eigentumsrecht im Grundbuch gelöscht wurde, das Eigentum an dem Grundstück nicht mehr zusteht. Die sich aus § 7 GDO ergebenden gesetzlichen Vermutungen (Annahmen) sind widerlegbar; d.h. sie gelten so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist.3 Die Vermutung der Richtigkeit von Grundbucheintragungen bezieht sich nicht auf die darin angegebene Grundstücksgröße, jedoch auf die Grenzen des Grundstücks, wie sie sich aus der Flurkarte ergeben. Auch diese Vermutung ist widerlegbar.4 An die Regelung des § 7 GDO anknüpfend, wird durch § 8 GDO bestimmt, daß zugunsten einer Person, die ein Grundstück durch Vertrag erwirbt, der Inhalt des Grundbuches als richtig gilt. Derjenige, der ein Grundstück durch Vertrag erwirbt, wird somit grundsätzlich mit seiner Eintragung im Grundbuch (§§ 297 Abs. 2 Satz 1, 26 Abs. 2 ZGB) auch dann Eigentümer des Grundstücks, wenn der Veräußerer zu Unrecht (z.B. aufgrund eines nichtigen Rechtsgeschäfts) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden war. Der Erwerb des Eigentums tritt in einem solchen Fall allerdings dann nicht ein, wenn 1. ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung des Veräußerers als Eigentümer im Grundbuch eingetragen stand oder 2. dem Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuches zu dem Zeitpunkt bekannt war, in dem der Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels beim Liegenschaftsdienst eingereicht wurde (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 GDO).5 Eine inhaltlich gleiche Regelung enthalten die in der BRD geltenden §§891 und 892 BGB, die bis zum 31. Dezember 1975 auch in der DDR in Kraft waren. Auch gemäß § 892 Abs. 1 BGB gilt zugunsten desjenigen, der ein Recht (z.B. das Eigentumsrecht) an einem Grundstück erwirbt, der Ihhalt des Grundbuches als richtig; es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit im Grundbuch eingetragen steht oder dem Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuches bekannt ist. Jedoch genügen allein Zweifel des Erwerbers an der Richtigkeit oder grobfahrlässige Unkenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuches nicht, um einen rechtswirksamen gutgläubigen Erwerb des Rechts auszuschließen. Der Erwerber ist auch nicht verpflichtet, Erkundigungen über die Richtigkeit des Grundbuches einzuholen. Dagegen ist eine Kenntnis von der Unrichtigkeit zu bejahen, wenn der Erwerber über die Rechtslage so aufgeklärt worden ist, daß sich ein redlich Denkender der Überzeugung, daß das Grundbuch unrichtig ist, nicht verschließen würde. Ein Rechtsirrtum kann jedoch die Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuches hindern.6 Diese Rechtsgrundsätze sind m.E. auch bei der Auslegung des § 8 Abs. 1 GDO anzuwenden, da der Inhalt dieser Rechtsvorschrift dem des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB entspricht. Ein rechtswirksamer Erwerb eines in der DDR gelegenen Grundstücks von einem im Grundbuch widerspruchslos als Grundstückseigentümer eingetragenen Nichtberechtigten tritt somit nur dann nicht ein, wenn der Erwerber zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrages auf Eintragung des Eigentumswechsels beim Liegenschaftsdienst positive Kenntnis davon hatte, daß der Veräußerer nicht Eigentümer des Grundstücks war. Erfährt der Erwerber dies erst nach der Einreichung des Eintragungsantrages, so tritt der gutgläubige Erwerb dennoch ein. Die seit dem 1. Januar 1976 in § 8 Abs. 1 Satz 3 GDO enthalten gewesene Einschränkung, daß die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuches zugunsten eines Grundstückserwerbers nicht bei Grundstücken des sozialistischen Eigentums galt, kam dann zur Anwendung, wenn ein Bürger oder eine juristische Person, die nicht Rechtsträger sozialistischen Eigentums war, ein Grundstück veräußert, hatte, als dessen Eigentümer er - der Veräußerer - fälschlich im Grundbuch eingetragen war, das Grundstück jedoch im sozialistischen Eigentum gestanden hatte. Wurde z.B. ein volkseigenes Grundstück, als dessen Eigentümer im Grundbuch zu Unrecht ein Bürger widerspruchslos eingetragen stand, von diesem an einen anderen Bürger verkauft, so hatte letzterer auch dann nicht das Eigentum an dem Grundstück erworben, wenn ihm die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse nicht bekannt waren und er davon ausgegangen war, daß dem Verkäufer das Eigentumsrecht zugestanden hatte. Das Grundstück ist vielmehr volkseigen geblieben und dessen Rechtsträger steht gemäß § 13 GDO gegen den fälschlich als Eigentümer eingetragenen Käufer ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuches zu. Der §8 Abs. 1 Satz 3 GDO ist mit Wirkung vom 1. Juli 1990 aufgehoben worden,7 so daß seit diesem Zeitpunkt Grundstücke aller Eigentumsformen gutgläubig erworben werden können. Andererseits war stets ein gutgläubiger Erwerb solcher Grundstücke möglich, die zum Zeitpunkt ihrer Veräußerung im Grundbuch fälschlich als sozialistisches Eigentum ausgewiesen waren, an denen jedoch persönliches oder privates Eigentum bestanden hatte. Die vorstehenden Ausführungen über die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuches (§ 7 GDO) und den gutgläubigen Erwerb von Grundstücken (§8 GDO) gelten gemäß §295 Abs. 2 ZGB und § 16 GDO! auch für Gebäude, Gebäudeteile und bauliche Anlagen, die sich nicht im Eigentum des Grundstückseigentümers befinden, sondern einefn anderen Eigentümer gehören und die gemäß den Rechtsvorschriften auf besonderen Grundbuchblättem (Gebäudegmndbüchem) nachgewiesen werden oder für die ein Vermerk im Grundbuch des betreffenden Grundstücks eingetragen steht. Solche „rechtlich selbständigen“ Bauwerke sind insbesondere: - die auf volkseigenen Grundstücken befindlichen Ein- und Zweifamilienhäuser (Eigenheime) oder gewerblich genutzten Gebäude, deren Eigentümer Bürger sind, denen an den volkseigenen Grundstücken im Grundbuch eingetragene Nutzungsrechte zustehen,8 - Eigenheime, die auf zunächst genossenschaftlich genutzten Bodenflächen errichtet wurden, wenn dem Eigentümer des Eigenheims ein von der LPG zugewiesenes und vom Rat der Stadt oder Gemeinde bestätigtes Nutzungsrecht zusteht,9 - die von den volkseigenen Betrieben, staatlichen Organen oder Einrichtungen auf vertraglich genutzten nichtvolkseigenen Grundstücken errichteten Gebäude und baulichen Anlagen, die sich kraft Gesetzes im Volkseigentum befinden.10 1 VO über die staatliche Dokumentation der Grundstücke und Grundstücksrechte in der DDR - Grundstücksdokumentationsordnung - vom 6.11.1975 (GBl. 1 Nr.43 S.697) i.d.F. des 1.Zivilrechtsänderungsgesetzes vom 28.6.1990 (GB1.I Nr. 39 S. 524). 2 Vgl. dazu Bodenrecht, Lehrbuch 1976, S. 232, sowie Autorenkollektiv unter Leitung von G. Rohde, Bodenrecht, Berlin 1989, S. 64. 3 Vgl. dazu auch G. Straub, „Die staatliche Grundstücksdokumentation“, NJ 1976, Heft 14, S. 422 ff. (insbes. S.423, re. Sp.). 4 Vgl. OG, Urteil vom 11.3.1977 - 2 0ZK 31/76 - (NJ 1977, Heft 13, S.424, OGZ Bd. 15 S. 103). 5 Vgl. dazu auch Bodenrecht, Lehrbuch, a.a.O., S. 232, sowie Autorenkollektiv unter Leitung von G. Rohde, Bodenrecht, a.a.O., S. 64. 6 Vgl. dazu Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Beck’scher Kurzkommentar, Band 7), 49. neubearbeitete Auf!., München 1990, Anm. 6b zu § 892 (S. 1057). 7 Vgl. §2 Ziff. 3 des 1. Zivilrechtsänderungsgesetzes vom 28.6.1990 (GB1.I Nr. 39 S. 524). 8 Vgl. dazu §§ 287 ff., insbes. § 288 Abs. 4 ZGB; das Gesetz über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken vom 14.12.1970 (GBl. 1 Nr. 24 S. 372), insbes. dessen § 4; das Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7.3.1990 (GB1.I Nr. 18 S. 157), insbes. dessen §§ 1, 2 und 4; sowie auch das inzwischen aufgehobene Gesetz Uber den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke vom 19.12.1973 (GBl. I Nr. 58 S.578) und das inzwischen ebenfalls aufgehobene Gesetz über den Verkauf volkseigener Eigenheime und Siedlungshäuser vom 15.9.1954 (GBl. Nr. 81 S.784). 9 Vgl. dazu §§291 ff., insbes. §292 Abs. 3 ZGB i.V.m. der VO über die Bereitstellung von genossenschaftlich genutzten Bodenfiächen zur Errichtung von Eigenheimen auf dem Lande vom 9.9.1976 (GBl. 1 Nr. 35 S.426, Ber. Nr. 42, S. 500), insbes. deren §§ 3 und 4. 10 Vgl. dazu §459 Abs. 1 Satz 1 ZGB i.V.m. der VO über die Sicherung des Volkseigentums bei Baumaßnahmen von Betrieben auf vertraglich genutzten nichtvolkseigenen Grundstücken vom 7.4.1983 (GBl. I Nr. 12 S. 129), insbes. deren §§ 8 und 10.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - die Gemeinsamen Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung des Ministeriums für Staats Sicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermittlungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin, der Versicherung von Unterstützung beim ungesetzlichen Verlassen der unter anderem durch Versprechen von Ausschleusungen, sowie in Form von Aufforderungen zur Beteiligung an Widerstandshandlungen, wirksam.

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