Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 397

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 397 (NJ DDR 1990, S. 397); Neue Justiz 9/90 397 Schuldner wird nach einem Gesamtvollstreckungsverfahren eine angemessene wirtschaftliche Existenz gewährleistet. Stellung des Gerichts Für das Gesamtvollstreckungsverfahren ist das Kreisgericht sachlich und örtlich zuständig, in dessen Bereich der Schuldner seinen Wohnsitz oder Sitz hat (§ 1 Abs. 2 GesVVO). Es wird erwogen, die Zuständigkeit auf die Kreisgerichte am Sitz der jeweiligen Bezirksstädte zu konzentrieren. Die wichtigste Aufgabe im Verfahren obliegt dem Verwalter. Das Gericht hat vor allem überwachende Funktionen. Seine Aufgaben umfassen die Eröffnung des Verfahrens (§§ 2, 4), die Einberufung und Leitung des Prüfungstermins (§ 11 Abs. 2) und anderer Gläubigerversammlungen (§ 15), die Bestätigung eines Vergleichs (§ 16 Abs. 5), die Bestätigung des Verteilungsvorschlags (§ 18 Abs. 2) und die Einstellung des Verfahrens (§ 19 Abs. I).8 Die dem Gericht obliegenden Aufgaben werden grundsätzlich - im Unterschied zum bisherigen Rechtszustand - vom Richter wahrgenommen. Er kann einzelne Aufgaben dem Sekretär übertragen, aber auch das Verfahren wieder an sich ziehen, wenn er es für erforderlich hält. Eine gesetzliche Regelung der Abgrenzung der Aufgaben von Richter und Sekretär ist geplant. Die für die Durchführung des Verfahrens maßgeblichen Grundsätze und Regelungen enthält die GesVVO selbst. Wo solche Regelungen fehlen, sind gemäß § 1 Abs. 3 die Vorschriften der ZPO entsprechend anzuwenden. Abweichend vom Zivilprozeßrecht gilt für die Gesamtvollstreckung der Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht ist danach verpflichtet, von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für die Gesamtvollstreckung von Bedeutung sind. Es kann Zeugen und Sachverständige vernehmen, auch ohne daß diese von den Beteiligten benannt worden sind, und den Schuldner befragen. Die Entscheidungen des Gerichts können ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 bis 4). Zur Beschwerde gegen die Entscheidungen sind alle Betroffenen berechtigt (§20 Abs. 1); die Beschwerde ist gemäß § 158 Abs. 2 Satz 2 ZPO binnen zwei Wochen einzulegen, ist also der sofortigen Beschwerde nach bundesdeutschem Konkurs- und Zivilprozeßrecht vergleichbar. Im übrigen können der Schuldner, der Verwalter, der Gläubigerausschuß und die Gläubigerversammlung gegen alle Maßnahmen, die der Richter oder der Sekretär im Rahmen des Verfahrens treffen, Einwendungen gemäß § 135 Abs. 3 ZPO erheben (§ 20 Abs. 3), über die dann durch beschwerdefähigen Beschluß zu entscheiden ist. Für die Gesamtvollstreckung wird eine volle Gerichtsgebühr nach dem Wett des zu verwertenden Vermögens erhoben; für den Vergleich entsteht eine halbe Gebühr.9 Wird die Eröffnung des Verfahrens abgelehnt, ist keine Gebühr zu entrichten (§ 21). Als weitere Bestimmungen der ZPO der DDR, die auf die Gesamtvollstreckung entsprechende Anwendung finden, sind zu nennen die Vorschriften über die Partei- und Prozeßfähigkeit und die Vertretung (§9)10 11, die Beweiserhebung (§§52 bis 54), die Befreiung vorr den Folgen einer Fristversäumnis (§ 70), die Ausschließung von Richtern (§§73 bis 76) und die Kostenbestimmungen (§§ 164 bis 180). Keine Anwendung auf den Schuldner finden die Vorschriften über die Befreiung von der Vorauszahlungspflicht für die Gerichtskosten und die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 170). Da die Gesamtvollstreckung einen Teil der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit bildet, sind auch die Vorschriften des GVG der DDR zu beachten. Eröffnung des Verfahrens Die Eröffnung des Verfahrens erfolgt nur auf Antrag, der vom Gericht zu prüfen ist (§ 2). Da die Prüfung der Voraussetzungen eine gewisse Zeit dauern kann, ist das Gericht berechtigt, bereits nach Eingang des Antrags durch gesonderten Beschluß vorläufige Maßnahmen zur Sicherang einzelner Vermögenswerte, Guthaben oder Forderungen des Schuldners anzuordnen sowie die Verfügungsbefugnis des Schuldners von der Zustimmung des Gerichts abhängig zu machen oder sonst einzuschränken (§ 2 Abs. 3). Der Beschluß trägt den Charakter einer einstweiligen Anordnung gemäß §§ 16 bis 18 ZPO. Die Eröffnung des Verfahrens, die Ablehnung der Eröffnung sowie auch die Anordnung von Sicherangsmaßnahmen sind im Wege der Beschwerde anfechtbar (vgl. § 20). Der Antrag auf Verfahrenseröffnung ist an keine Form gebunden. Er kann schriftlich oder auch zu Protokoll des Gerichts erklärt werden. Eine Rücknahme des Antrags ist bis zur Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses zulässig. Antragsberechtigt sind der Schuldner und jeder Gläubiger (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Der Schuldner hat seinem Antrag ein vollständiges Verzeichnis seines Vermögens beizufügen (§ 3), aus dem seine Gläubiger und Schuldner ersichtlich sind. Die Gläubiger haben in ihrem Antrag die Zahlungsunfähigkeit oder - bei juristischen Personen -die Überschuldung des Schuldners glaubhaft zu machen (§ 2 Abs. 1 Satz 3).11 Der Antrag setzt in jedem Fall ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis voraus. Zwischen der Höhe der geltend gemachten Forderung und der Gesamtvollstreckung muß ein gerechtfertigtes Verhältnis bestehen. Bei geringfügigen Forderungen kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Eine Pflicht zur Antragstellung besteht im allgemeinen weder für den Schuldner noch für den Gläubiger. Beim Schuldner liegt es letztlich in seinem eigenen Interesse, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, weil ansonsten kaum noch eine Möglichkeit für einen Vergleich besteht und weil die Beschränkung des Nachforderangsrechts der Gläubiger in § 18 Abs. 2 Satz 3 davon abhängig gemacht wird, daß der Schuldner nicht vor oder während des Verfahrens vorsätzlich oder grob fahrlässig zum Nachteil seiner Gläubiger gehandelt hat. Eine Antragspflicht haben bei Überschuldung die Vorstandsmitglieder einer Vereinigung.12 Bei einer Aktiengesellschaft, einer GmbH oder einer eingetragenen Genossenschaft haben die Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder Liquidatoren im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den Antrag zu stellen.13 Bei einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien besteht eine solche Pflicht, wenn kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.14 Ein Verstoß gegen die gesetzlich festgelegte Antragspflicht kann für die Verantwortlichen nach den einschlägigen gesellschaftlichen Bestimmungen zur materiellen Verantwortlichkeit (Haftung) führen. Auch eine Strafbarkeit ist in bestimmten Fällen vorgesehen, da die entsprechenden Straftatbestände ebenfalls übertragen worden sind. Nach der Antragstellung hat das Gericht die formellen und materiellen Voraussetzungen der Eröffnung zu prüfen. Vor einer Entscheidung über die Eröffnung ist in jedem Fall der Schuldner zu hören. Betreibt er ein Unternehmen, so kann das Gericht auch die zuständige Wirtschafts- oder Finanzbehörde sowie Banken, mit denen der Schuldner in Verbindung steht, anhören. Die Eröffnung der Gesamtvollstreckung unterbleibt, wenn durch Erklärungen dieser Stellen die Gewähr für die Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit (oder der Überschuldung) gegeben ist (§ 4 Abs. 2, zweite Alternative).15 Dem Schuldner bleiben also nach der Antragstellung noch gewisse Möglichkeiten für außergerichtliche Vergleichsverhandlungen oder für eine Bitte um Unterstützung des Unternehmens durch öffentliche Zuschüsse. Die Eröffnung des Verfahrens ist ebenfalls abzulehnen, wenn das Vermögen des Schuldners so gering ist, daß die Kosten des Verfahrens nicht gedeckt werden können (§ 4 Abs. 2, erste Alternative). Diese Bestimmung wird - entsprechend der herrschenden Auslegung von § 107 Abs. 1 KO16 - so zu verstehen sein, daß nicht nur die Gerichtskosten und die Verwaltervergütung, sondern auch die mit Vorrang vor diesen zu begleichenden Verwaltungsausgaben (vgl. § 13) gedeckt sein müssen, wenn die Eröffnung erfolgen soll. Der Beschluß, durch den die Eröffnung der Gesamtvollstreckung abgelehnt wird, ist dem 8 Die Unterscheidung der Konkursordnung zwischen der „Einstellung“ und der „Aufhebung“ des Verfahrens hat in der Verordnung kein Gegenstück. 9 Zur Höhe der Gebühr vgl. § 165 ZPO. 10 Vgl. aber § 1 Abs. 1 GesVVO, wonach auch über das Vermögen einer nicht rechtsfähigen Personengesellschaft - etwa einer Offenen Handelsgesellschaft oder einer BGB-Gesellschaft - das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet werden kann. Die bundesdeutschen Vorschriften über diese Gesellschaftsformen sind von der DDR gemäß Anl. II zum Staats vertrag vom 18. Mai 1990 durch die §§16 und 17 des Gesetzes vom 21. Juni 1990 (GBl. I Nr. 34 S. 357) übernommen worden. 11 Zur Glaubhaftmachung vgl. § 53 Abs. 2 ZPO. 12 Vgl. § 10 Abs. 2 des Gesetzes über Vereinigungen vom 21. Februar 1990 (GBl. I Nr. 10 S. 75). 13 Vgl. §§ 92 Abs. 2, 268 Abs. 2 AktG; §§ 64, 71 Abs. 4 GmbHG; § 99 GenG. 14 §§ 130 a, 177 a HGB, §278 Abs. 2 AktG. Obwohl nach dem Wortlaut der allgemeinen Vorschrift des § 1 Abs. 1 GesVVO die Überschuldung nur bei juristischen Personen Eröffnungsgrund ist, wird man aus den Bestimmungen des HGB zur Antragspflicht entnehmen müssen, daß die Überschuldung auch bei nichtrechtsfähigen Personengesellschaften nach dem Muster der GmbH und Co. KG zur Eröffnung der Gesamtvollstreckung führen kann. 15 Bei den Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die durch die Umwandlung volkseigener Kombinate und Betriebe entstanden sind, liegt es nahe, daß die Treuhandanstalt oder eine der vorgesehenen Treuhand-Aktiengesellschaften während der Umstellungsphase zeitweilig die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft garantiert. Auch Banken oder andere natürliche oder juristische Personen können als Garantiegeber eintreten. 16 Vgl. Kilger, KO, 15. Aufl., § 107 Anm. 2 m.w.N.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

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