Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 377

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 377 (NJ DDR 1990, S. 377); Neue Justiz 9/90 377 Saarland sehen anstatt einer Hausarbeit acht, zehn oder zwölf Aufsichtsarbeiten vor. In Bayern fehlt auch der Aktenvortrag in der mündlichen Prüfung. II. Reformdiskussion in der Bundesrepublik 1. Die aktuelle Kritik an der Juristenausbildung richtet sich vor allem gegen ihre überlange Dauer. Die im Richtergesetz vorgeschriebene Regelstudienzeit von dreieinhalb Jahren wird, mit zunehmender Tendenz, erheblich überschritten, z.Z. liegt sie bei über elf Semestern. Hinzu kommt die Prüfungszeit des 1. Examens mit ca. neun Monaten, des 2. Examens mit weiteren Monaten; zwischen dem 1. Examen und der Einstellung als Referendar liegt eine Wartezeit, die z.B. in Hamburg über ein Jahr betragen kann. In Niedersachsen betrug das Durchschnittsalter der Referendare am Tag der mündlichen Prüfung im 2. Examen 30 Jahre und elf Monate (Männer 31 Jahre und vier Monate, Frauen 29 Jahre und neun Monate). Ähnliche Daten gelten auch für die anderen Bundesländer. Die Gefahr einer „Vergreisung“ vor Eintritt in den Beruf ist offensichtlich. 2. Weitere Kritik, wie sie vor und nach den letzten Reformbemühungen, zunehmend in den letzten beiden Jahren, erhoben wurde, richtet sich u.a. gegen folgende Punkte, die zum Teil miteinander in Zusammenhang stehen: - Ausuferung des Ausbildungs- und Prüfungsstoffes, vor allem wegen der Erweiterung vieler Rechtsgebiete in den letzten Jahrzehnten und des Hinzutretens immer neuer relevanter Gebiete;1 3 - Antiquiertheit des Prüfungsstoffes, wie er teils durch das Prüfungssystem vorgegeben, teils von den Prüfern abverlangt wird; - Schwierigkeit der Prüfungen, insbesondere der Klausuraufgaben, aufgeblähte Wahlfachgruppen, die eine sinnvolle Vertiefung zumindest erschweren;4 - Praxisfeme der Universitätsausbildung; bereits die Studenten beklagen, mit höherer Semesterzahl zunehmend, die unzureichende Vorbereitung für die berufliche Praxis durch die Universität;5 - Justizlastigkeit der Ausbildung; in der Ausbildung werden überwiegend und im 2. Examen ausschließlich (Ausnahme: Anwaltsklausur in Berlin) richterliche oder staatsanwaltliche Arbeitsergebnisse verlangt; - Verengung des juristischen Blickwinkels durch Ausklam-merung der Erkenntnisse und Methoden anderer Wissenschaften (z.B. Ökonomie, Soziologie, Psychologie), auch wenn sie für die juristische Entscheidungsfindung wesentlich sind; - Fehlende Abstimmung zwischen Universitätsausbildung und 1. Examen, mit der Folge, daß die Studenten überwiegend (ca. 80 Prozent) einen privaten Repetitor besuchen; hierdurch findet eine Abwälzung staatlicher Aufgaben auf vom Studenten zu finanzierende private Investitionen statt. 3. Diese Kritik ist nicht neu. Die Geschichte der Juristenausbildung, die bis 1945 eine gemeinsame Geschichte der Bundesrepublik und der DDR war, ist zugleich eine Geschichte der Bemühungen um ihre Reform, die sich, sieht man von einer Zentralisierung des Prüfungswesens und der Referendarausbildung - begleitet von ideologischen Eingriffen - in der NS-Zeit ab, nie durchsetzen konnten. Die Kritik ist in wesentlichen Teilen z.B. schon von Zitelmann zu Beginn des Jahrhunderts6 geäußert und später verschiedentlich wiederholt worden. Nach 1945 hat zunächst der Freiburger Arbeitskreis für Fragen der Juristenausbildung ein Reformmodell entwickelt und hierzu 1960 eine auch heute noch beachtenswerte Denkschrift7 vorgelegt. Weitere Reformvorschläge folgten. Sichtbares Ergebnis war die versuchsweise Einführung einer einstufigen Juristenausbildung, deren Ausbildungsziele auch in der augenblicklichen Reformdebatte wieder eine Rolle spielen. III. Das Experiment der einstufigen Juristenausbildung 1. Die einstufige Juristenausbildung ist der einzige Reformversuch, der nicht nur zu einem theoretischen Modell, sondern auch zu einer praktischen Umsetzung in größerem Rahmen und über einen längeren Zeitraum geführt hat. Die zunehmende Kritik am politischen Geschehen, an den hergebrachten Institutionen, an den Wertvorstellungen des „Establishments“, die Ende der sechziger Jahre in der Bundesrepublik in vielen Bereichen um sich griff. richtete sich auch gegen den Juristenstand und, auf der Suche nach neuen Leitbildern, gegen die herkömmliche Juristenausbildung. Diese Kritik bündelte sich in einer grundlegenden Tagung in der Evangelischen Akademie Loccum, die den programmatischen Titel „Krise der juristischen Bildung“ trug.8 Im Anschluß an die ein Jahr später stattfindende Fortsetzungstagung legte der Loccumer Arbeitskreis für Juristenausbildung, der sich aus reformorientierten Vertretern der Justiz, der Justizministerien, der Universitäten, der Rechtsanwälte und der Referendare zusammensetzte, ein Modell vor, das neue Ausbildungsziele suchte und in organisatorischer Hinsicht die herkömmliche Zweiteilung in Studium und Referendariat aufgab.9 Weitere Vorbereitung und Beschleunigung erhielt der Gedanke einer einstufigen Juristenausbildung durch die Beschlüsse des 48. Deutschen Juristentages in Mainz 1970. Der Gesetzgeber griff die mit großer Mehrheit verabschiedete Empfehlung des Juristentages auf, eine Experimentierklausel in das Deutsche Richtergesetz einzuführen, die es den Bundesländern gestattete, einstufige Ausbildungsmodelle zu erproben. Hiervon machten die Länder mit Ausnahme Hessens, Schleswig-Holsteins, des Saarlandes und Berlins in der Folgezeit Gebrauch. 2. Die wesentlichen Programmpunkte der einstufigen Ausbildung, die auch in der heutigen Diskussion noch Bedeutung haben, waren: a) Integration von Theorie und Praxis Dem lag idealtypisch die Vorstellung von einer wissenschaftlich aufbereiteten Praxis und einer praxisorientierten Wissenschaft zugrunde, die sich gegenseitig ergänzen und als Grundlage für eine wissenschaftlich fundierte Berufsausübung dienen konnten. Konkret bedeutete das die Schaffung von aufeinander abgestimmten Lehreinheiten in der Universität und in der juristischen Praxis (Justiz, Verwaltung, Anwaltschaft) in Zusammenarbeit der beteiligten Hochschullehrer und Praktiker. b) Einbeziehung der Sozialwissenschaften Ausgangspunkt war die Erkenntnis, daß es notwendig sei, die juristische Ausbildung auf gesellschaftliche Strukturen zu beziehen, dem Juristen auch die Reflexion über sein Handeln zu vermitteln und daß es weiter, für einen verantwortungsbewußt handelnden Juristen unumgänglich sei, seine Entscheidungen und deren Rechtsfolgen nicht an unüberprüften Alltagstheorien zu orientieren, sondern die vorhandenen oder zu erarbeitenden Ergebnisse anderer Disziplinen nutzbar zu machen. Die Umsetzung dieses Programmpunktes wurde unterschiedlich ernst genommen. Einig waren sich alle Modelle darin, daß den Sozialwissenschaften eine stärkere Rolle zuzumessen sei als bisher. Während aber die norddeutschen Modelle durch Berufung von Sozialwissenschaftlem (Ökonomen, Politologen, Soziologen und Kriminologen) und eine gezielte Neustrukturierung des Lehrstoffes sich um eine Integration von Recht und Sozialwissenschaften bemühten, fügten die übrigen Modelle die Sozialwissenschaften mehr additiv hinzu. In der Furcht mancher vor einer Politisierung der Juristenausbildung wurde der Begriff „ Integration der Sozialwissenschaften“ zum Reizwort der Ausbildungsdiskussion. c) Verkürzung der Ausbildungszeit Das Ziel, die Ausbildungszeit wesentlich zu verkürzen, wurde durch alle Einphasenmodelle erreicht. Der überwiegende Teil der Studenten konnte die Gesamtausbildung nach sechs bis sieben Jahren abschließen, also in wesentlich kürzerer Zeit als alle Absolventen der herkömmlichen Ausbildung. Das wurde erreicht durch ein-zeitlich festgelegtes Ausbildungs- und Prüfungsprogramm, das den Studenten den Zeitpunkt, wann welche universitären Leistungen, 3 Vgl. z.B. Großfeld, JZ 1986, S.358; NJW 1989, S.875. 4 Vgl. Herzberg, JuS 1988, S. 239. 5 Vgl. Untersuchungen von Heldrich/Schmidtchen, Gerechtigkeit als Beruf, S. 89 ff. 6 Deutsche Juristenzeitung (DJZ) 1909 und Neugestaltung des Rechtsstudiums, 1921. 7 Denkschrift des Arbeitskreises für Fragen der Juristenausbildung e.V., Tübingen 1960; vgl. auch Husserl u.a., JZ 1956, S. 633. 8 Vgl. Loccumer Protokolle 25/1968 „Krise der juristischen Bildung“. 9 Vgl. Loccumer Protokolle 15/1969 „Reform der juristischen Ausbildung.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 377 (NJ DDR 1990, S. 377) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 377 (NJ DDR 1990, S. 377)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Begehung der Straftat. der Ursachen und Bedingungen der Straftat. des durch die Straftat entstandenen Schadens. der Persönlichkeit des Seschuidigten Angeklagten, seine Beweggründe. die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ennittlungsverf ähren. Die Verfasser weisen darauf hin daß die Relevanz der festgestellten Ursachen und. Bedingungen und ihre Zusammenhänge für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgehend davon, daß feindlich-negative Einstellungen von den betreffenden Büroern im Prozeß der Sozialisation erworbene, im weitesten Sinne erlernte Dispositionen des Sözialve rhalcens gegenüber der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung. Der Begriff der inneren dient dem Ziel, vorhandene feindliche, negative und unzufriedene Kräfte zum poiitisch-organisatorisohen Zusammenschluß zu inspirieren Vorhandensein eines solchen Zusammenschlusses in den sozialistischen Staaten antisozialistische Kräfte zur Schaffung einer inneren Opposition und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit zu fördern und zu aktivieren. VgT. Mielke,E., Rede an der Parteihochschule Karl Marx beim der Partei . Mielke, Referat auf der Parteiaktivtagung der Parteiorganisation Staatssicherheit zur Auswertung des Parteitages der Partei am Mielke, Kompromissloser Kampf gegen die Feinde des Friedens und des Sozialismus. Zum Jahrestag Staatssicherheit der Neues Deutschland. Axen, Aus dem Bericht des Politbüros an das Zentralkomitee der Partei Tagung des der Dietz Verlag Berlin Bericht Zentralkomitees der Sozialist!-sehen Einheitspartei Deutschlands an den Parteitag der Dietz Verlag Berlin Aufgaben der Parteiorganisation, hoi der weiteren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der und der nachfolgenden Tagungen des der orientieren vor allem auf die weitere Herausbildung und Festigung sozialistischen Rechtsbewußtsein, auf die Wahrung und Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit in unserer gesamten Arbeit zu gewährleisten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für unser offensives Vorgehen im Kampf gegen den Feind.

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