Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 341

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 341 (NJ DDR 1990, S. 341); Neue Justiz 8/90 341 GVG-Novelle und weitere Rechtsangleichung Mit dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des GVG hat die DDR ihre Verpflichtung aus dem Staatsvertrag erfüllt und die Grundlage für rechtsstaatliche Strukturen und Arbeitsweisen in der Gerichtstätigkeit geschaffen. Im engen Zusammenhang damit steht auch die Novellierung des Staatsanwaltschaftsgesetzes,6 die die übermächtige Stellung des Staatsanwalts in der Gesellschaft beseitigt, seine Tätigkeit im wesentlichen auf Strafverfolgung und Anklageerhebung reduziert und die den Generalstaatsanwalt der Dienstaufsicht des Ministers der Justiz unterstellt. Damit wird dem Justizminister - vor allem auch gegenüber dem Parlament -die politische Verantwortung für die Tätigkeit der Generalstaatsanwaltschaft übertragen und der erste Schritt getan, die Staatsanwaltschaft in die Gerichtsorganisation einzugliedem. Dies wird zu den nächsten Aufgaben gehören, die in Durchsetzung der Rechtsund Justizreform angegangen werden. Auch weitere Aufgaben, die mittelbar oder unmittelbar gerichtsverfassungsrechtliche Konsequenzen auslösen, wie z. B. die Rücküberführung der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in die Kompetenz der Gerichte7 oder auch die Unterstellung des Strafvollzugs unter die Justizverwaltung gehören dazu. So zeigt sich, daß mit der Novellierung des GVG nur eine Zwischenlösung erreicht ist. In der weiteren Entwicklung wird die Frage zu entscheiden sein, ob es zweckmäßig ist, noch ein neues DDR-GVG zu erarbeiten, um in Anbetracht der in der DDR bestehenden personellen und materiellen Ressourcen und der in 40 Jahren gewachsenen Vorstellungen vom Gerichtssystem Überlegungen in den Prozeß der Rechtsangleichung einzubringen, die inhaltlich voll rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Und sei es nur, um im Interesse einer geordneten Rechtspflege in den Ländern auf dem Territorium der dann ehemaligen DDR für eine Übergangszeit eine praktikable Gerichtsverfassung solange anwenden zu können, bis alle Voraussetzungen vorliegen, andere - und in der Regel personell, materiell und organisatorisch aufwendigere - Formen der Gerichtsorganisation zu praktizieren. Die Antwort auf diese Frage wird sicher auch davon abhängen, ob politisch zweckmäßigere oder rechtlich praktischere Erwägungen Platz greifen. 6 Verfassungsgesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Staatsanwaltschaft der DDR vom 5. Juli 1990 (GBl. I Nr. 42 S.635). 7 Vgl. dazu R. Krone/K. Schüler in diesem Heft, S. 353 f. Die Errichtung und das Verfahren der Schiedsstellen für Arbeitsrecht Justizrat Dr. HEINZ MATTHIAS, Ministerium der Justiz ELKE SCHROEDER, Ministerium für Arbeit und Soziales Mit dem Gesetz über die Errichtung und das Verfahren der Schiedsstellen für Arbeitsrecht vom 29. Juni 1990 (GBl. I Nr. 38 S. 505)1 wurde Art. 6 Abs. 3 des Staatsvertrages vom 18. Mai 1990 Rechnung getragen, wonach bis zum Aufbau einer besonderen Arbeitsgerichtsbarkeit Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus dem Arbeitsverhältnis von neutralen Schiedsstellen für Arbeitsrecht zu entscheiden sind. Die Schiedsstellen haben die Aufgabe, möglichst schon auf dieser Ebene den Rechtsstreit zu bereinigen. Damit soll auch eine Entlastung der Gerichte herbeigeführt werden, da zu erwarten ist, daß die Zahl der Arbeitsstreitigkeiten sich in nächster Zeit wesentlich erhöhen wird. Die Schiedsstellen für Arbeitsrecht sind keine Weiterentwicklung der alten Konfliktkommissionen, wobei aber nicht übersehen werden soll, daß auf bestimmte positive Erfahrungen ihrer Arbeit zurückgegriffen wurde. Im Mittelpunkt des Gesetzes steht der Schutz der Rechte der Beteiligten und die Möglichkeit, auf schnelle, einfache und unkomplizierte Art zu einer Beilegung der Streitigkeiten zu kommen. Die Schiedsstellen sind paritätisch zusammengesetzt aus je einem von der Arbeitgeberseite und einem vom Betriebsrat bzrw. von der Betriebsversammlung bestellten Beisitzer sowie einem neutralen Vorsitzenden. Sie unterscheiden sich somit in Zusammensetzung und Besetzung wesentlich von den bisher tätigen Konfliktkommissionen. Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. Betriebsversammlung sind gut beraten, wenn sie aus dem Kreis der bisher langjährig und erfolgreich tätigen Mitglieder der Konfliktkommissionen und der Schöffen für Arbeitsrecht geeignete Personen auswählen, die als Beisitzer der Schiedsstellen bestellt bzw. gewählt werden könnten. Die Bildung von Schiedsstellen für Arbeitsrecht in den Betrieben ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen vorteilhaft. Ohne großen Aufwand und ohne finanzielle Belastungen können arbeitsrechtliche Streitfälle unmittelbar und wesentlich schneller als bei Inanspruchnahme des Gerichts im Betrieb gelöst werden. Die Gerichte haben bei der Bildung der Schiedsstellen keine unmittelbare Mitwirkungspflicht. Sie sollten aber in den erforderlichen Fällen unverzüglich die ihnen übertragenen Aufgaben wahmehmen, um die Arbeitsfähigkeit dieser Einrichtungen zu gewährleisten (§ 6 Abs. 5 und 7). Das Gesetz schafft den erforderlichen Rahmen für die Gewährleistung der Rechtsstaatlichkeit des Wirkens der Mitglieder der Schiedsstellen. Sie sind wie die Richter in ihren Entscheidungen unabhängig und nur an das Gesetz gebunden. Ihre Tätigkeit unterliegt in Übereinstimmung mit dem Staatsvertrag weder der Einflußnahme der Gewerkschaften noch der Kontrolle durch den Staatsanwalt. Auch der für sie geregelte Kündigungsschutz, der dem der Mitglieder der Betriebsräte entspricht, stärkt ihre Unabhängigkeit. Das Antragsprinzip, das Prinzip der Öffentlichkeit der Verhandlung sowie der geheimen Beratung der Entscheidung kennzeichnen ebenfalls die Rechtsstaatlichkeit des Wirkens der Schiedsstellen. Im Interesse des Rechtsschutzes von Antragsteller und Antragsgegner können sich die Beteiligten durch Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen der Arbeitgeber vertreten lassen, wenn diese Personen kraft Satzung oder Vollmacht dazu befugt sind. Auch Rechtsanwälte können die Vertretung vor der Schiedsstelle übernehmen. Das entspricht der im Staatsvertrag bekräftigten uneingeschränkten Beratungs- und Vertretungsbefugnis der Rechtsanwälte wie auch dem dort gleichfalls bekräftigten Recht der Gewerkschaften zur Beratung und Prozeßvertretung in Arbeitsstreitigkeiten. Nicht zuletzt wird der Stellenwert der Schiedsstellen für Arbeitsrecht und ihrer Mitglieder durch die im Gesetz enthaltenen Ordnungsstrafbestimmungen charakterisiert. Mit Ordnungsstrafe kann z.B. belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Bildung einer Schiedsstelle behindert, die Mitglieder in ihrer Tätigkeit stört oder behindert oder sie wegen dieser Tätigkeit benachteiligt oder behindert. Ein Mitglied einer Schiedsstelle kann ebenso zur Verantwortung gezogen werden, wenn es seine Schweigepflicht verletzt. Zum Vorrang des Schiedsstellenverfahrens Bestehen im Betrieb Schiedsstellen für Arbeitsrecht, sind diese zur Klärung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten anzurufen. Aus den schon eingangs erwähnten Gründen ergibt sich, daß der Antragsteller kein Wahlrecht hat, sondern daß er zuerst die Schiedsstelle anrufen muß. Eine andere Regelung würde nicht dem Anliegen des Gesetzes entsprechen. Wenn die Schiedsstelle innerhalb von 2 Monaten nach Antragstellung keine Entscheidung herbeigeführt hat, kann das Kreisgericht angerufen werden. Diese Regelung geht davon aus, daß Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer, die eine möglichst schnelle Klärung 1 Alle nachfolgenden Paragraphenangaben ohne nähere Bezeichnung beziehen sich auf dieses Gesetz.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit, der Lösung der Aufgaben und der Geheimhaltung, die nicht unbedingt in schriftlicher Form erfolgen muß. Die politisch-operative Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister wurden aus den in der Hauptabteilung vorhandenen Archivdokumenten bisher über antifaschistische Widerstandskämpfer erfaßt, davon etwa über Personen eindeutig identifiziert und in der Abteilung Staatssicherheit überprüft. Im Ergebnis der Überprüfungen konnte festgestellt werden, daß die Mehrzahl der bisher erfaßten antifaschistischen Widerstandskämpfer, welche die Zeit des Faschismus überlebt haben, aufgrund ihrer inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit hinsichtlich ihrer Eignung zu prüfen und zu entwickeln. Bei der Übernahme von in den aktiven Dienst Staatssicherheit ist zu gewährleisten daß keine Gefährdung der Konspiration und Geheimhaltung die Möglichkeit von Befragungen mit dem Beschuldigten zu geben. Genossen. Es ist erforderlich, die Ereignis- und Tatortuntersuchung weiter zu vervollkommnen.

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