Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 326

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 326 (NJ DDR 1990, S. 326); 326 ändern, sondern ihm nur als Feigenblatt dienen sollten. Der im Zuge dieser Entwicklung durch das am 14. Dezember 1988 verabschiedete und am 1. Juli 1989 in Kraft getretene Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen (GBl. I Nr. 28 S. 327) und die dazu ergangenen Anpassungsregelungen12 geschaffene Rechtszustand erweiterte dann zwar auch die gesetzlichen Rechtsschutzgarantien, erwies sich aber nur als ein halbherziger Schritt zu mehr Rechtsstaatlichkeit und erbrachte nur einen geringfügigen Gewinn an Rechtssicherheit. Festgeschrieben wurde das Enumerationsprinzip, das nur für einen sehr begrenzten Teil der Verwaltungsentscheidungen deren Nachprüfung ermöglichte.13 Das Nachprüfungsverfahren wurde -obwohl anfangs anders konzipiert - nicht als kontradiktorisches, sondern nur als einseitiges und einstufiges Verfahren ausgestaltet und beschränkte sich auf eine Gesetzlichkeitsprüfung.14 „Auffallend ist die Vermeidung von Begriffen der Gerichtssprache wie Klage, Kläger, Verklagter, Urteil. Vielmehr wird eine konfrontationslose Terminologie gewählt, die den Eindruck eines Interessengegensatzes nicht erst aufkommen läßt. Der Bürger erhebt keine Klage gegen ein Verwaltungsorgan oder gar die dahinterstehende staatliche Körperschaft, sondern beantragt lediglich eine gerichtliche Nachprüfung; ebenso fällt das Gericht kein streitiges Urteil, sondern entscheidet durch Beschluß. Bestehende ideologische Hürden werden damit geschickt umgangen.“15 Das Gesetz erlangte kaum praktische Wirksamkeit. Im Rahmen der „Leitung der Rechtsprechung“ durch das Oberste Gericht wurde - vor allem in Verfahren wegen ständiger Ausreise - der ohnehin begrenzte Prüfungsrahmen noch mehr eingegrenzt und den Gerichten zum Teil bis ins Detail vorgegeben, was der Prüfung unterliegt und was sich von vornherein ihrer Prüfung zu entziehen hat. An der restriktiven Genehmigungspraxis von Ubersiedlungsanträgen sollte z.B. nicht gerüttelt werden. Da das auch von den Betroffenen weitgehend so gesehen wurde, nahmen sie die Möglichkeit der gerichtlichen Nachprüfung kaum in Anspruch. Im Zeitraum vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1990 waren insgesamt 3 104 Nachprüfungsanträge anhängig. 2 586 davon betrafen Reiseangelegenheiten. In der überwiegenden Zahl der Verfahren bedurfte es keiner Entscheidung mehr, da die Menschen andere Wege fanden, um ihren Drang nach Freiheit zu verwirklichen. Aufbau einer Verwaltungsgerichtsbarkeit Eingedenk der Versäumnisse und Deformationen der Vergangenheit gehörte der Ruf nach Errichtung eines auf dem Prinzip der Trennung der staatlichen Gewalten beruhenden demokratischen Rechtsstaates, der dem einzelnen einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz vor Übergriffen der öffentlichen Gewalt garantiert, zu den im Zuge des revolutionären Umbruchs seit Herbst vergangenen Jahres erhobenen Hauptforderungen. Sich für die revolutionäre Erneuerung der Justiz einsetzende Kräfte forderten schon frühzeitig die „Schaffung einer verfassungsmäßigen Garantie, die dem Bürger einen möglichst lückenlosen gerichtlichen Rechtsschutz gegen jegliche Verletzung seiner Rechte sichert (Rechtswegegarantie)“ und sprachen sich dafür aus, zu diesem Zweck „für die einzelnen Sachgebiete neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit spezielle, eigenständige Gerichtsbarkeiten wie Ver-waltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit“16 zu bilden, wobei die mit einer Erweiterung des gerichtlichen Rechtsschutzes zusätzlich entstehenden Aufgaben zunächst den ordentlichen Gerichten zugewiesen werden sollten. Diese Forderung war auch Bestandteil der Regierungserklärung vom 19. April 1990. Der Aufbau einer rechtsstaatlich verfaßten Ordnung mußte, wenngleich im Rahmen der laufenden Gesetzgebung der Kreis der gerichtlich nachprüfbaren Verwaltungsentscheidungen durch einzelrechtliche Regelungen beständig erweitert wurde, unweigerlich zu der Konsequenz führen, das durch das GNV bisher geregelte Enumerationsprinzip und das durch dieses Gesetz gestaltete Verfahren aufzugeben. Es bedurfte einer Neufassung, um die rechtsstaatliche Entwicklung der DDR im Prozeß der Vereinigung beider deutscher Staaten zu fördern. Diese wurde von der Volkskammer am 29. Juni 1990 beschlossen und trat am 1. Juli 1990 in Kraft (GBl. I Nr. 41 S. 595). Neue Justiz 8/90 Enumerationsprinzip oder Generalklausel Der Entwurf des Gesetzes ging zunächst davon aus, daß für eine sofortige uneingeschränkte Eröffnung des Gerichtsweges in allen öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die dafür erforderlichen materiellen und personellen Voraussetzungen in der DDR fehlen. Auch wenn es kein Streitpunkt sein kann, daß die Ausprägung einer rechtsstaatlich verfaßten Ordnung zu einer Rechtswegegarantie, wie sie durch Art. 19 Abs. 4 GG geregelt ist, führen muß, so bedarf es doch zu ihrer Realisierung eines den Anforderungen einer Generalklausel genügenden Gerichtssystems, das in der DDR derzeit nicht vorhanden ist. Die bestehenden Defizite werden sich auch nicht in kürzester Frist, sondern nur schrittweise beseitigen lassen. Dementsprechend zurückhaltende Formulierungen finden sich auch im Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der DDR und der BRD vom 18. Mai 1990 (GBl. I Nr. 34 S. 332), der in Art. 6 zwar zum Schutz gegenüber der öffentlichen Gewalt den Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet, diese Rechtsschutzgarantie aber auf die durch den Vertrag oder in seiner Ausführung gewährleisteten Rechte einschränkt. Um Fortschritte bei der Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zu erreichen und den im Staatsvertrag diesbezüglich getroffenen Vereinbarungen Rechnung zu tragen, war beabsichtigt, in § 2 der Neufassung des GNV eine Regelung aufzunehmen, die für bestimmte Sachgebiete bzw. Gruppen von Verwaltungsentscheidungen den Gerichtsweg generell eröffnet, ohne daß es noch einer spezialrechtlichen Untersetzung bedürfte. Durch diese „generalisierte“ Enumeration wäre es möglich gewesen, auf allen Gebieten, die im Zusammenhang mit der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion stehen (Gewerbetätigkeit, Berufsausübung, Niederlassung, Bauwesen, Sozialfürsorge, Sozialwesen und Arbeitsförderung, Steuern und Abgaben, verwaltungsrechtliche Zwangsmaßnahmen), gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren. Allein das hätte schon eine Erweiterung des gerichtlichen Tätigkeitsfeldes in großer Breite bewirkt und die Gerichte vor komplizierte Aufgaben gestellt. Dennoch wäre auf diesem Wege derzeit - wegen fehlender Voraussetzungen - auf die Einbeziehung einer Reihe wichtiger Bereiche (u.a. Wohnungswesen, Gesundheitswesen, Umweltschutz, Post- und Femmeldewesen) verzichtet und so ein stufenweises Vorgehen ermöglicht worden. In Abweichung von dieser Konzeption legt das am 17. Juni 1990 verabschiedete und in Kraft getretene Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der DDR - Verfassungsgrundsätze - (GBl. I Nr. 33 S. 289) in Art. 5 Abs. 1 fest: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg“ offen. Damit wurde für die verbleibende Zeit der staatlichen Eigenständigkeit der DDR eine Art. 19 Abs. 4 GG entlehnte Generalklausel eingeführt, die - ohne daß es einer gesetzlichen Ausgestaltung bedürfte - den Rechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten eröffnet. Die in § 2 Buchst, a bis k GNV enthaltene kasuistische Aufzählung einer Reihe von Sachgebieten kann deshalb für die Bestimmung der Zulässigkeit des Gerichtsweges nicht herangezogen werden. Die vor diese Sachkomplexe gestellte Formulierung, daß der Gerichtsweg insbesondere zulässig ist für , macht deutlich, daß die vorgenommene Aufzählung nicht erschöpfend sein kann. Durch die verfassungsrechtliche Einführung der Rechtswegegarantie erübrigt sich die bislang geregelte (und auch noch im Entwurf der Neufassung vorgesehene) Möglichkeit, durch Einzelvorschrift den Gerichtsweg zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen zu eröffnen. Eines Rückgriffs auf die bereits diesbezüglich ergangenen Regelungen bedarf es künftig nicht mehr. 12 Gesetz zur Anpassung von Regelungen über Rechtsmittel der Bürger und zur Festlegung der gerichtlichen Zuständigkeit für die Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen vom 14. Dezember 1988 (GBl. I Nr. 28 S. 329) sowie die gleichlautende VO vom 14. Dezember 1988 (GBl. I Nr. 27 S.330). 13 Vgl. K.-H. Christoph, „Erweiterung des gerichtlichen Rechtsschutzes in Verwaltungsangelegenheiten“, NJ 1989, Heft 1, S. 11 ff. 14 Vgl. G.-A. Lübchen/R. Brachmann, „Zuständigkeit und Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen“, NJ 1989, Heft 1, S. 13 ff. 15 So H.-D. Kittke/G. Rieger, „Zur (Wieder-)Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in der DDR“, Deutschland-Archiv 1989, Heft 2, S. 177. 16 Vgl. hierzu die im Januar 1990 erarbeiteten und u.a. in der NJ 1990, Heft 3, S. 86 ff., veröffentlichten „Thesen zur Justizreform“, Ziff. 2 und 3.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 326 (NJ DDR 1990, S. 326) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 326 (NJ DDR 1990, S. 326)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung. Der Begriff der inneren dient dem Ziel, vorhandene feindliche, negative und unzufriedene Kräfte zum poiitisch-organisatorisohen Zusammenschluß zu inspirieren Vorhandensein eines solchen Zusammenschlusses in den sozialistischen Staaten antisozialistische Kräfte zur Schaffung einer inneren Opposition und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit zu fördern und zu aktivieren. VgT. Mielke,E., Rede an der Parteihochschule Karl Marx beim der Partei . Mielke, Referat auf der Parteiaktivtagung der Parteiorganisation Staatssicherheit zur Auswertung des Parteitages der Partei am Mielke, Kompromissloser Kampf gegen die Feinde des Friedens und des Sozialismus. Zum Jahrestag Staatssicherheit der Neues Deutschland. Axen, Aus dem Bericht des Politbüros an das Zentralkomitee der Partei Tagung des der Dietz Verlag Berlin Auflage Hager, Die entscheidende Kraft ist das Schöpfertum der Arbeiterklasse Diskussionsbeitrag auf dem Plenum der Neues Deutschland Seite Honecker, Die Vorbereitung und Durchführung der Straftat, insbesondere auch zu deren Verschleierung während und nach der Tat, Mittel und Methoden anwenden, die als Beweismittel in Form von Beweisgegenständen und Aufzeichnungen vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ergeben sich sowohl aus den den Staatssicherheit zur Verwirklichung seines Verfassungsauftrages, den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten, übertragenen und in verfassungsrechtliehen und staatsrechtlichen Bestimmungen fixierten Befugnissen als auch aus den dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in seinem vernehmungstaktischen Vorgehen. Insbesondere aus diesen Gründen kann in der Regel auf die schriftliche Fixierung eines Vernehmungsplanes nicht verzichtet werden.

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