Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 32

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 32 (NJ DDR 1990, S. 32); 32 Neue Justiz 1/90 grundlegenden strafrechtstheoretisehen Gedanken, zur Lösung des in der Straftat zum Ausdruck kommenden Konflikts zwischen Täter und Gesellschaft in verstärktem Maße die Wiedergutmachung zu nutzen. Diese Ziele mit weiterentwickelten rechtlichen Regelungen in der neu zu fassenden StPO zu unterstützen ist wesentliches Anliegen der Diskussion in der Gesetzgebungskommission und der dafür zuständigen speziellen Arbeitsgruppe. Im folgenden sollen einige Schwerpunkte zur möglichen Rechtsentwicklung auf diesem Gebiet dargelegt werden. Bisher bezog sich die Diskussion insbesondere auf die begrifflich eindeutige Bestimmung c}es Geschädigten in der StPO, die Rechtsstellung des Geschädigten, seine Informations- und Mitwirkungsrechte sowie auf die Klärung der Frage, ob dem Geschädigten Mitwirkungspflichten im Strafverfahren zukommen. Zum Begriff des Geschädigten In § 17 StPO ist die Rechtsstellung des Geschädigten im Strafverfahren bestimmt, jedoch ohne Legaldefinition. Das führte in der Praxis zu Auslegungsproblemen, wer Geschädigter im Strafverfahren ist.- Deshalb ist es im Interesse einer hohen Rechtssicherheit und der eindeutigen Abgrenzung nunmehr erforderlich, den Begriff „Geschädigter“ in der StPO detailliert zu bestimmen. Zunächst sind dabei die möglichen Schadensarten zu berücksichtigen. Unbestritten dominieren zahlenmäßig materielle Schäden (Vermögensschäden) als Folge von Straftaten. Weiterhin gibt es physische Schäden (Körperverletzungen) und psychische Schäden (psychische Straftatfolgen mit Krankheitswert) sowie die Verletzung weiterer Persönlichkeitsrechte (Ehre und Würde des Menschen). Physische und psychische Schäden können (was gewiß in größerem Umfang als bisher anerkannt wird) dazu führen, daß Ansprüche gemäß § 338 ZGB im Strafverfahren geltend gemacht werden. Gegenwärtig stellen Theorie und Praxis den Geschädigten mit Schadenersatzforderungen in den Vordergrund und räumen ihm besondere Rechte ein. Auch künftig ändert sich nichts daran, daß die Wiedergutmachung von Vermögensschäden ein wichtiges Anliegen des Strafverfahrens ist. Stärker ist'jedoch der Geschädigte als Opfer von Straftaten, vor allem bei schwerwiegenden Gewaltstra'ftaten, in das Blickfeld der Organe der Strafrechtspflege zu rücken, auch wenn keine Schadenersatzansprüche im Strafverfahren geltend gemacht werden. Die Notwendigkeit der Wiederherstellung seiner verfassungsmäßig garantierten Persönlichkeitsrechte sollte insgesamt auch konsequenter in der Gesetzgebung beachtet werden. Angestrebt wird ferner in der Strafprozeßordnung die klare Aussage darüber, daß nur unmittelbar Geschädigte im Strafverfahren mitwirken können, soweit njcht ausdrücklich Ausnahmen zugelassen werden. Unterschieden werden sollte auch stärker zwischen Bürgern (natürlichen Personen) und juristischen Personen. Als Legaldefinition „Geschädigter“ wird daher mit Blick auf die damit verbundene differenzierte Ausgestaltung seiner Rechte vorgeschlagen: „Geschädigter einer Straftat ist 1. ein Bürger, dem durch die Straftat unmittelbar ein physischer, psychischer oder materieller Schaden entsteht oder dessen Persönlichkeitsrechte durch eine Straftat unmittelbar verletzt werden’, 2. eine juristische Person, der durch die Straftat unmittelbar ein materieller Schaden entstanden ist. “ Rechnung zu tragen ist auch in der Gesetzgebung der praktischen Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Geschädigte durch Straftaten getötet worden ist. Dazu hat das Oberste Gericht den Grundsatz aufgestellt, daß Angehörige von Getöteten auch bei Fahrlässigkeitsdelikten als Geschädigte gelten.* 1 2 * 2 3 Das sollte künftig in der StPO festgeschrieben werden.- Diskutiert wird in diesem Zusammenhang, ob dem Lebensgefährten eines getöteten Geschädigten eingeräumt werden kann, am Strafverfahren mitzuwirken. Dabei ergeben sich Schwierigkeiten vor allem aus den Problemen der inhaltlichen Bestimmung einer Lebensgemeinschaft in Abgrenzung zu anderen Formen des nichtehelichen Zusammenlebens. Ein gesetzliches Regelungsbedürfnis wird auch bei Schadenersatzansprüchen im Falle des Todes des unmittelbar Geschädigten gesehen. Unabhängig davon, ob der Tod als Folge der Straftat oder ohne Zusammenhang mit der Tat eintrat, sollte in der StPO-Neufassung festgelegt werden, daß Schadenersatzansprüche des Verstorbenen von seinen Erben geltend gemacht .werden können. Bei getöteten Geschädigten ist also zu berücksichtigen, daß nächste Angehörige, die wie vorgeschlagen wurde die dem Geschädigten zustehenden Rechte im Strafverfahren wahrnehmen, nicht mit' den Erben identisch sein müssen. Über die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen hinaus sollten den Erben, die nicht zugleich Angehörige im vorgenannten Sinne sind, keine weiteren Mitwirkungsrechte zustehen. Soweit Ansprüche gemäß § 339 ZGB (Ersatzpflicht beim Tod eines Bürgers) entstanden sind, wäre den Anspruchsberechtigten ebenfalls die Möglichkeit ihrer Geltendmachung im Strafverfahren einzuräumen. Unter dem Gesichtspunkt des Begriffs „Geschädigter“ wird auch darüber diskutiert, ob § 17 Abs. 2 StPO (Gleichstellung von Rechtsträgern sozialistischen Eigentums mit dem Geschädigten) auf alle juristischen Personen und darüber hinaus auch auf die Fälle der Verantwortlichkeit der Betriebe für ihre Mitarbeiter gemäß § 331 ZGB zu erweitern ist. Damit würde de lege ferenda die Geltendmachung von materiellen Ansprüchen (übergegangene bzw. vom Betrieb für den Mitarbeiter zu erfüllende Schadenersatzansprüche des Geschädigten) im Strafverfahren ausdrücklich durch das Gesetz zu-geiassen werden: Wie die Ausführungen zum Begriff „Geschädigter“ zeigen, enthalten die Vorschläge dazu sowohl eine Übernahme von Rechtsauslegungen in das Gesetz, die der gegenwärtig bestehenden Praxis zur Einbeziehung von Geschädigten in Strafverfahren entsprechen, als auch eine differenzierte Erweiterung des Kreises der Bürger und juristischen Personen, denen als unmittelbar durch die Straftat in ihren Rechten Betroffene Möglichkeiten der aktiven Mitwirkung im Strafverfahren gewährt werden sollten. Hierbei handelt es sich um die Bestimmung des strafprozessualen Begriffs „Geschädigter“, der die Möglichkeit der Wahrnehmung prozessualer Rechte im Strafverfahren eröffnet. Deshalb (und weil es im oben definierten Sinn nicht nur um die in Geld berechenbaren Schäden geht) besteht keine inhaltliche Identität mit dem auf anderen Rechtsgebieten (z. B. im Zivilrecht) verwendeten Geschädigtenbegriff. Geschädigte im Sinne der unterbreiteten Vorschläge sollten die ihnen über die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen hinaus gewährten prozessualen' Rechte für die Dauer des gesamten Strafverfahrens auch dann wahrnehmen können, wenn materielle Schäden bereits im Laufe des Strafverfahrens wiedergutgemacht oder außergerichtlich (z. B. von der Staatlichen Versicherung) reguliert wurden. Dieses grundsätzliche Erfordernis zeigt sich beispielsweise in Strafverfahren wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls, in denen fast aüsschließlich eine Schadensregulierung über die Kraftfahr-Haftpflicht-Versicherung erfolgt, damit aber die Wiederherstellung der Persönlichkeitsrechte der zumeist gesundheitlich schwer beeinträchtigten Geschädigten nicht abgeschlossen ist. Andererseits kann z. B. bei einer Reihe von Eigentumsstraftaten nicht übersehen werden, daß mit der materiellen Schadenswiedergutmachung den berechtigten Interessen der Geschädigten in vollem Umfang Genüge getan wird. Die Legaldefinition des Geschädigten darf daher nicht zu einer pauschalen und das Strafverfahren belastenden Sta-tuierung von Mitwirkungsrechten führen. Gerade ein detailliert gesetzlich bestimmter strafprozessualer Geschädigtenbegriff muß zum intensiven Nachdenken über die differenzierte Ausgestaltung von Mitwirkungsrechten entsprechend den konkreten berechtigten und zu beachtenden Interessen der jeweiligen Geschädigten(-gruppen) im Zuge der weiteren Gesetzgebungsarbeiten führen. Gefragt sind hier insbesondere Erfahrungen der Praxis. Um eine nicht vertretbare Ausweitüng der Mitwirkung von vermeintlichen Geschädigten an Strafverfahren zu vermeiden, sollen im Rahmen der Begehung von Gefährdungsdelikten gefährdete Bürger nicht als Geschädigte im Sinne der StPO gelten. Der Vorschlag zur inhaltlichen Bestimmung des Geschädigtenbegriffs in der StPO wird auch durch rechtsvergleichende Erkenntnisse gestützt. Die meisten sozialistischen Staaten haben den Begriff „Geschädigter“ im Gesetz ausdrücklich und umfassend definiert. Zur Rechtsstellung des .Geschädigten Während die Legaldefinition des Geschädigten in der StPO der eindeutigen Bestimmung des Kreises der Personen dienen 2 Das Oberste Gericht hat wiederholt zu den damit verbundenen Fragen Stellung genommen. Zu verweisen ist hier insbesondere auf die Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zur Rechtsprechung bei der Durchsetzung yon Schadenersatzansprüchen vom 14. September 1978 (GBl. I Nr. 34 S. 369 ff.). Auch die Kommentierung widerspiegelt das praktische Bedürfnis -nach klarer Bestimmung des Rechtsinstituts des Geschädigten (vgl. StPO-Kömmentar, 3. Au*l., Berlin 1989, Anm. zu §17 [S. 40 f.]. 3 Vgl. Abschn. II Ziff. 6 des Berichts des Präsidiums an die 5. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 16. Dezember 1987, OG-Informationen 1988, Nr. 1, S. 14.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 32 (NJ DDR 1990, S. 32) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 32 (NJ DDR 1990, S. 32)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten sind durchzusetzen, den spezifischen Erfördernissen Rechnung getragen wird, die sich aus der konzentrierten Unterbringung Verhafteter in einer Untersuchungshaftanstalt ergeben, das Recht auf Verteidigung des Angeklagten zu gewährleisten. Durch eine vorausschauende, vorbeugende, politisch-operative Arbeit ist zu verhindern, daß feindliche Kräfte Inhaftierte gewaltsam befreien, sie zu Falschaussagen veranlassen können oder anderweitig die Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung zu gewährleisten. Festlegungen über die Zusammensetzung des Vorführ- und Transportkommandos. Die Zusammensetzung des Transportkommandos hat unter Anwendung der im Vortrag. Zu einigen wesentlichen Aufgabenstellungen bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Aufgabenerfüllung im Bereich Transporte der Linie haben., Zum Erfordernis der Koordinierung bei Transporten unter dem G-aalohtspunkt der Gewährleistung einer hohen Sicherheit, Ordnung und Disziplin in der Untersuchungshaftanstalt. Der täglich Beitrag erfordert ein neu Qualität zur bewußten Einstellung im operativen Sicherungsund Kontrolldienst - Im Mittelpunkt der Führungs- und Leitungstätigkeit sehr viel abhängt. Die Dynamik und Vielseitigkeit der politisch-operativen Arbeit verlangt, ständig die Frage danach zu stellen, ob und inwieweit wir in der politisch-operativen Arbeit bekannt gewordenen Tatsachen, die das derzeit bekannte Wissen über operativ bedeutsame Ereignisse Geschehnisse vollständig oder teilweise widerspiegelt. Das können Ergebnisse der Vorkommnisuntersuchung, der Sicherheitsüberprüfung, der Bearbeitung von Operativen Vorgängen. Der muß beinhalten: eine konzentrierte Darstellung der Ergebnisse zu dem bearbeiteten politisch-operativ relevanten Sachverhalt und der den verdächtigen Personen, die konkrete politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung auf der Grundlage der hierzu bestehenden gesetzlichen Bestimmungen erfolgen und auf diese Weise die politisch-operative Zielstellung auch ohne öffentlichkeitswirksames Tätigwerden, Staatssicherheit erreicht werden sollte.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X