Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 314

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 314 (NJ DDR 1990, S. 314); 314 Neue Justiz 7/90 sehe Vergangnheitsbewältigung für die DDR vor allem bedeuten würde, mittels harter Strafen auf derartige Handlungen junger Menschen, die zum Teil nicht als einfache Rowdys, sondern als Faschisten angesehen wurden, zu reagieren. Es ist in diesem Zusammenhang der Hinweis notwendig, daß die Herangehensweise der Gerichte durch eine Theorie begünstigt wurde, die viele Jahre in der Strafrechtswissenschaft herrschend war und auch Mitte der achtziger Jahre trotz der schon vorhandenen Kritik noch nachdrücklich vertreten und von der Justiz, vor allem den zentralen Organen, bewußt oder aus Routine ihrer Praxis zugrunde gelegt wurde: Eine Theorie, die die Ursachen der Kriminalität in der DDR in äußeren, d. h. westlichen Einflüssen und in Relikten sah mit der Konsequenz, daß die Gesellschaftsordnung in der DDR gezwungen sei, sich rein zu halten, und es deshalb berechtigt sei, die Täter auszugrenzen. Die „konsequente Ahndung“ der Straftaten dieser Jugendlichen war die vereinfachte Umsetzung einer solchen „Theorie“. Die Verhaltensweisen dieser fünf jugendlichen Angeklagten und ihre Ursachen wurden nicht umfassend untersucht. Es stimmt eben nicht, was im Zusammenhang mit diesem Strafprozeß zumeist in den Medien geschrieben wurde: „Gründlich Ursachen der Untaten untersucht“ (Junge Welt vom 7. Juli 1988); „Was man bei uns nie und nimmer lernen kann“ (Berliner Zeitung vom 7. Juli 1988); „Außerhalb unserer Gesellschaft“ (Nationalzeitung vom 5. Juli 1988). Das Kassationsgericht unterläßt eine Auseinandersetzung mit den Fehlern, die den Entscheidungen der Instanzgerichte zugrunde lagen. Plakative Äußerungen in den Urteilen über die Jugenderziehung in der DDR läßt das Oberste Gericht unwidersprochen. Die Begründung für die neu festgesetzen Strafen durch das Kassationsgericht weist keine prinzipiellen Unterschiede zu den Urteilen der Instanzgerichte auf. Es bleibt im Grunde bei einer etwas zurückgenommenen Repression. Das Kassationsurteil läßt jegliche Auseinandersetzung mit den auf Generalprävention konzentrierten Auffassungen der Instanzgerichte vermissen. Damit werden strafentheoretische Auffassungen negiert, die seit Jahren darauf hinweisen, daß die in Art. 2 StGB genannten Ziele der Strafe keine Strafzumessungskriterien darstellen. Entscheidende Grundlage für die Strafzumessung ist die Schwere der Tat (die objektive Schädlichkeit und der Grad der Schuld). Dabei sind auch die Persönlichkeit des Täters, sein gesellschaftliches Verhalten vor und nach der Tat zu berücksichtigen (§61 Abs. 2 StGB). Eine auf diesen Kriterien beruhende Strafe wird zugleich auch spezial- und generalpräventiven Gesichtspunkten gerecht. Es sei in diesem Zusammenhang an die Worte von F. Schor-lemmer erinnert, der auf die Frage, wie wir uns gegenüber Menschen verhalten sollen, die mit faschistischen Parolen daherkommen, u. a. geantwortet hat: „Wer waren ihre politischen Lehrmeister, wer hat sie geführt oder verführt? Bevor wir die Leute einsperren und sie noch härter machen, sollten wir alle Möglichkeiten nutzen, die außerhalb des Gefängnisses liegen“ (Neues Deutschland von 8. Mai 1990, S. 7). Das Oberste Gericht hätte aber auch Fragen der rechtlichen Beurteilung der Straftaten durch die Vordergerichte nicht übergehen dürfen. So erfolgte die Verurteilung wegen Rowdytums gemäß § 215 Abs. 1 StGB offensichtlich allein deshalb, um die strafrechtliche Diskriminierung der Jugendlichen besonders hervorzuheben. Das Motiv, aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung gehandelt zu haben, wurde lediglich unterstellt. Hinsichtlich der Anwendung des § 216 Abs. 1 Ziff. 1 StGB war die Verteidigung zutreffend davon ausgegangen, daß vom Tatbestand der exakte Nachweis der Verbreitung von Unruhe unter der Bevölkerung gefordert wird. Dieser Nachweis ist nicht erbracht worden. Die Grabschändungen der Angeklagten wären eher wohl als vorsätzliche Sachbeschädigung (§ 183 Abs. 1 StGB), u. U. als verbrecherische Sachbeschädigung (§ 184 Ziff. 1 StGB), dabei ggf. aber unter Anwendung der außergewöhnlichen Strafmilderung einzuschätzen gewesen. Soweit der Angeklagte W. auch wegen Beeinträchtigung gesellschaftlicher Tätigkeit gemäß §214 Abs. 2 StGB bestraft wurde, stellten die lnstanzgerichte lediglich fest, daß der Zeuge L., den der Angeklagte geschlagen hatte, einen Streit schlichten wollte. Sachaufklärungen zum Vorgehen des Angeklagten gegen den Zeugen wegen dessen Eintretens für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sind unterblieben, ein sich darauf beziehender Beweisantrag des Angeklagten wurde in der Rechtsmittelverhandlung abgelehnt. Die Heranziehung des § 220 Abs. 3 StGB ist gewiß beden-kenfrei. Die Urteile enthalten allerdings keine klare Aussage darüber, welche Handlungen den Tatbestand einer rassistischen Äußerung erfüllten. Es können nicht nur die verbalen Äußerungen gemeint sein. Unseres Erachtens erfüllen alle Verhaltensweisen auf dem jüdischen Friedhof, vor allem die Zerstörungen, den Tatbestand des § 220 Abs. 3 StGB. Für die rechtliche Qualifizerung aber hat sicherlich die Tatsache Bedeutung, daß die Jugendlichen keineswegs aus Antisemitismus handelten. Das Stadtgericht änderte in der Rechtsmittelverhandlung den Schuldausspruch gegenüber den Angeklagten ab, indem auf gemeinschaftlich begangene öffentliche Herabwürdigung erkannt wurde. Damit hat sich das Rechtsmittelgericht in Widerspruch zum Rechtsstandpunkt des Obersten Gerichts gesetzt, wonach sich das Verbot der reformatio in peius (§285 StPO) auch auf die Abänderung des Schuldausspruchs zu Ungunsten beziehen muß. Das Kassationsurteil des Obersten Gerichts hat diesen veränderten Schuldausspruch aufrechterhalten. Selbst wenn das Oberste Gericht der Argumentation des Stadtgerichts gefolgt wäre, daß damit keine Schlechterstellung der Angeklagten eingetreten sei, hätte darauf eingegangen werden müssen, daß der veränderte Schuldausspruch ausdrücklich deshalb erfolgte, um die Schwere der Straftaten zu charakterisieren. Das Kassationsverfahren wirft erneut die Frage danach auf, wie die Justiz mit ihrer Vergangenheit umgehen soll und überhaupt umgehen kann. Unrecht, das durch die Justiz begangen wurde, muß auch mit den Mitteln der Justiz wieder beseitigt werden. Ein solches Mittel ist die Kassation von fehlerhaften Urteilen. Dabei kommt es u. E. aber darauf an, daß in Kassationsurteilen diese Fehler aufgedeckt werden und sichtbar gemacht wird, wie es dazu kommen konnte, um derartiges Unrecht ein- für allemal zu verhindern. Bereits in den Kassationsverfahren, in denen Walter Janka, Wolf gang Harich und andere freigesprochen wurden, ist von der Verteidigung gefordert worden, die Ursachen für begangenes Unrecht sichtbar zu machen (die Verfahren sind in NJ 1990, Heft 2, S. 50 ff., und NJ 1990, Heft 5, S. 206 ff. dokumentiert). Diese Forderung wurde vom Obersten Gericht nicht realisiert. Auch die Begründungen der Kassationsentscheidungen des Stadtgerichts Berlin vom 27. Februar 1990 BSK 32/90 - und vom 7. März 1990 - BSK 14/90 - zur Rehabilitierung von Teilnehmern an Demonstrationen am 7. Oktober 1989 (vgl. NJ 1990, Heft 4, S. 179) bleiben im Formalen stecken, bei Beibehaltung diskriminierender Formulierungen gegenüber den Freigesprochenen, z. B. Mißachtung der Würde, Zusammenrottung, Mißachtung der öffentlichen Ordnung, grobe Belästigung gegen Personen u. a. ln dem hier besprochenen Kassationsurteil wird ebenfalls nicht deutlich, daß der Prozeß der Aufarbeitung der Justizgeschichte in kritischer und selbstkritischer Weise erfolgt und somit aus der Vergangenheit die notwendigen Schlußfolgerungen gezogen werden. Angesichts der Vielzahl noch bevorstehender Kassationsverfahren zur Beseitigung von Fehlurteilen sollte u. E. noch einmal grundsätzlich überlegt werden, in welcher Weise solche Verfahren durchgeführt werden müssen. Dr. sc JÖRG ARNOLD und Prof. Dr. sc. HORST LUTHER, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 314 (NJ DDR 1990, S. 314) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 314 (NJ DDR 1990, S. 314)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung oder dessen Stellvertreter, in den Bezirken mit Genehmigung des Leiters der Bezirks-verwaltungen Verwaltungen zulässig. Diese Einschränkung gilt nicht für Erstvernehmungen. Bei Vernehmungen in den Zeiten von Uhr bis Uhr bei Notwendigkeit durch Kontrollpassierposten besetzt. Die Zuund Ausfahrt im Bereich der Magdalenenstraße wird ständig durch einen Kontrollpassierposten gesichert. Darüber hinaus wird dieser Posten in der Zeit von Uhr bis Uhr bei Notwendigkeit durch Kontrollpassierposten besetzt. Die Zuund Ausfahrt im Bereich der Magdalenenstraße wird ständig durch einen Kontrollpassierposten gesichert. Darüber hinaus wird dieser Posten in der Zeit von Uhr bis Uhr bei Notwendigkeit durch Kontrollpassierposten besetzt. Die Zuund Ausfahrt im Bereich der Magdalenenstraße wird ständig durch einen Kontrollpassierposten gesichert. Darüber hinaus wird dieser Posten in der Zeit von Uhr bis Uhr die . finden, wohin die Untersuchungsgefangen den, welcher zum Wachpersonal der anderweitige Arbeiten zu ver- gab ich an, daß täglich von daß in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu dokumentieren, ob der Auftrag durchgeführt wurde und welche weiteren politisch-operativen Maßnahmen, insbesondere zur Auftragserteilung und Instruierung der und festzulegen sind.

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