Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 27

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 27 (NJ DDR 1990, S. 27); Neue Justiz 1/90 27 Spitzenorganen unseres Staates dem Staatsrat, der Regierung, dem Obersten Gericht, dem Generalstaatsanwalt usw. kann demgegenüber anders gestaltet werden. Ohne Funktionen dieser'Organe an sich zu ziehen bzw. zu übernehmen,' also ohne sich in deren Ermessensspielraum einzumischen, sollte der Verfassungsgerichtshof die verfassungsmäßigen Grenzen der Tätigkeit dieser Organe fixieren und diese Grenzen überschreitende Entscheidungen aufheben dürfen. Den der Volkskammer "verfassungsrechtlich unmittelbar verantwortlichen Staatsorganen müßte dabei das Recht Vorbehalten bleiben, ihre Haltung zu dem jeweiligen Problem der Volkskammer zur endgültigen auch hier wiederum mit qualifizierter Mehrheit zu treffenden Entscheidung zu unterbreiten. Nur auf diese Weise kann m. E. gesichert werden, daß das in der Verfassung artikulierte Gemeininteresse in allen seinen Konsequenzen realisiert wird, Das Verfassungsrecht erhält damit ein in unserer Rechtsordnung bisher unbekanntes Gewicht: Es erlangt wachsende Bedeutung als Instrument zur wirksamen Leitung und Gestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse, aber und das ist eine Erkenntnis insbesondere aus jüngster Zeit es ist auch das Maß des Handelns der Staatsorgane Es wirkt wie eine Meßlatte, die an die Tätigkeit der Staatsorgane und ihrer einzelnen Vertreter angelegt wird, um mit Sicherheit sagen zu können, ob ihr Handeln und Gestalten maßgerecht war. Natürlich ist Anleitung zum Handeln nicht gleichbedeutend mit konkreten, unabänderlichen und unabweisbaren Handlungsanweisungen. Den Handelnden stehen vielfältige Tätigkeitsvarianten zur Verfügung, aus denen sie auswählen können und müssen, allerdings nicht grenzenlos viele. Wo der Variantenreichtum sein Ende findet, wo die Verfassungs- und Rechtsgrundlagen verlassen werden, das haben die Handelnden grundsätzlich eigenverantwortlich und selbständig zu bestimmen. Das Recht, insbesondere das Verfassungsrecht, hat ihnen hierfür die erforderliche Hilfestellung zu geben. Sofern es den Handelnden nicht gelingt, ihre Entscheidungen mit dem Recht in Einklang zu bringen, hat der Verfassungsger richtshof als Kontrollorgan warnend einzugreifen und ggf. die Korrektur der Entscheidung oder auch eine anderweitige Entscheidung zu verlangen. Der Verfassungsgerichtshof ist also ein wesentliches, unverzichtbares Element sozialistischer Rechtsstaatlichkeit. Zur Kompetenz des Verfassungsgerichtshofs 1 1. Allgemeines Anliegen der Tätigkeit des Verfassungsgerichtshofs ist die Stärkung der Rechtsordnung. Ein spezieller Aspekt dabei,ist die Kontrolle der Geltung (z. B. des verfassungsmäßigen Zustandekommens) rechtlicher Regelungen und ihrer Übereinstimmung mit der Verfassung (Normenkontrolle). Soweit es sich um Gesetze und andere Entscheidungen der Volkskammer handelt, ist hierauf bereits im Zusammenhang mit dem Verhältnis zwischen Verfassungsgerichtshof und Volkskammer eingegarigen worden. Der Verfassungsgerichtshof sollte das Recht haben, sich zur Verfassungsmäßigkeit vojr Gesetzen mit aller Verantwortung zu äußern. Diesbezügliche Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs sollten zwingend zur erneuten Beratung und Entscheidung der Sache durch die Volkskammer führen. Das letzte Wort muß in jedem Fall die oberste Volksvertretung haben. ' * ' . Zur Normenkontrolle gehört ferner die. Prüfung, ob nach der Rangordnung der Rechtsvorschriften (Normenhierarchie) die Vorschriften niederen Ranges mit höherrangigen Rechtsvorschriften übereinstimmen. Das betrifft einerseits die Kontrolle, ob die .Rechtsvorschriften (Beschlüsse) der örtlichen Volksvertretungen der Verfassung und den Gesetzen der Volkskammer entsprechen. Andererseits geht es um die Prüfung, ob rechtliche Regelungen der Exekutivorgane nicht denen der Volksvertretungen widersprechen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Übereinstimmung von Rechtsvorschriften des Ministerrates und der Fachministerien (z. B. Verordnungen, Durchführungsverordnungen, Durchführungsbestimmungen, Anordnungen, Allgemeine Bedingungen usw.) mit den Gesetzen der Volkskammer. In diesem Zusammenhang taucht die Frage auf, ob auch das Unterlassen einer rechtlichen Regelung (Regelungsdefizit) als Verfassungsrechtsverletzung zu betrachten ist und ob der Verfassungsgerichtshof in diesem Fall befugt sein sollte, eine Entscheidung zu treffen, durch die das verantwortliche Staatsorgan aufgefordert wird, eine entsprechende Rechtsvor- schrift zu erlassen. Soweit ein Regelungsbedarf besteht, sollte es m. E. zu den Befugnissen des -Verfassungsgerichtshofs gehören, der Volkskammer diesbezügliche Rechtsgutachten zu unterbreiten. 2. Dem Verfassungsgerichtshof sollte ferner die Prüfung obliegen, ob staatliche Organe in ihrem Handeln die ihnen eingeräumten Kompetenzen eingehalten haben. Hier geht es um ein Tun oder Unterlassen, durch das evtl, in den Kompetenzbereich anderer Organe eingegriffen wird. Daß Kompetenzüberschreitungen seitens zentraler Staatsorgane u. U. bis zur Lähmung wesentlicher Teile des Staatsapparates mit negativsten Folgen für die Bevölkerung führen können, haben die Fehlentwicklungen der jüngsten Vergangenheit besonders deutlich gemacht. Welche Fälle der Kompetenzprüfung erfaßt werden sollten, hängt letztlich von der verfassungsrechtlichen Stellung der verschiedenen Organe ab. Soweit es sich um bestimmte Weisungslinien handelt also bei Verhältnissen der Über- und Unterordnung , kommen derartige Kompetenzkonflikte nicht in Betracht. Anders ist es hingegen bei relativer Selbständigkeit der Organe mit bestimmten Rechten gegenüber höheren Organen. Zu denken ist hier an die Beziehungen zwischen leitenden Staatsorganen und mehr oder weniger selbständigen Wirtschaftsorganisationen. Inwieweit solche Beziehungen u. U. verfassungsgerichtlicher Prüfung zugänglich sein sollten, wäre im Zusammenhang mit der bevorstehenden Wirtschaftsreform zu klären. ■ 3. Der auf Grund seiner Häufigkeit wohl bedeutendste Komplex betrifft m. E. die Überprüfung von Verletzungen Verfassungsrechtlich garantierter Grundrechte der Bürger. Hier ist z. B. an Verletzungen des Grundsatzes der Gleichberechtigung von Mann und Frau, des Grundsatzes der Gleichheit aller Bürger 'vor dem Gesetz u. a. m. zu denken. Verfahren des Verfassungsgerichtshofs auf diesem Gebiet werden den tatsächlichen Inhalt und Wirkungsgrad sozialistischer Grundrechte deutlich machen, die Rechtsordnung und die Rechtssicherheit festigen helfen und in vielerlei Beziehung künftigen Handlungsbedarf für Gesetzgebung und Rechtsanwendung verdeutlichen. Zunächst gilt es allerdings, die verfassungsrechtlichen Bestimmungen selbst daraufhin zu prüfen, ob sie als Maßstäbe für verfassungsgerichtliche Rechtsprechung die erforderliche Qualität aufweisen, ob sie die notwendige Klarheit, Exaktheit, Eindeutigkeit und Verbindlichkeit haben, die jegliche Rechtsanwendung voraussetzt. Das Ergebnis wird uns helfen, auch diesen Kompetenzbereich des Verfassungsgerichtshofs deutlicher abzustecken und zugleich Bedingungen für eine hohe Rechtskultur zu schaffen. 4. Weitere in Betracht kommende Aufgabenbereiche des Verfassungsgerichtshofs könnten z. B. Wahl- und Mandatsprüfungen sowie Verfahren zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Parteien und gesellschaftlichen Organisationen sein. Zur Organisation des Verfassungsgerichtshofs Die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtshofs sollte durch klare organisatorische Abtrennung von der Volkskammer und z. B. auch vom Obersten Gericht betont werden. N Der Verfassungsgerichtshof sollte zwar das ranghöchste Gericht der DDR, aber personell relativ klein sein. Um die Einheitlichkeit seiner Rechtsprechung zu sichern und auch aus ökonomischen Gründen , sollte er nicht in Senate gegliedert sein. Andererseits muß durch die Zahl seiner Richter gewährleistet sein, daß in ihm alle Kräfte der Gesellschaft in angemessener Weise repräsentiert sind. Dies könnte m. E. mit zwölf Richtern einschließlich Präsident und Vizepräsident erreicht werden. Jede Fraktion der Volkskammer sollte mindestens mit einem Repräsentanten vertreten sein, wobei letzten Endes aber nicht die Partei- oder Organisationszugehörigkeit, sondern die fachliche Kompetenz für das Richteramt den Ausschlag zu geben hätte. Mit mindestens sieben Richtern sollte der Verfassungsgerichtshof entscheidungsfähig sein. Da vom Verfassungsgerichtshof in erster Linie grundlegende Rechtsfragen zu behandeln und zu entscheiden sind, sollten nur diplomierte Juristen als Verfassungsirichter berufen werden. -(Für die Klärung von Sachverhalten könnte der Verfassungsgerichtshof .Sachverständige bzw. Sachverständigengruppen am Verfahren beteiligen.) Die Richterschaft sollte sich gleichermaßen aus erfahrenen Justizpraktikern, hervorragenden' Rechtsanwälten, Justitiaren und Wissenschaftlern' zusammensetzen. Voraussetzung für die Wahl zum;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen erfolgen kann mit dem Ziel, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen. Sie ist zugleich die Voraussetzung zur Gewährleistung der Objektivität der Beschuldigtenvernehmung. Das gesetzlich geforderte und mögliche Vorgehen des Untersuchungsführers in der Beschuldig tenve rnehmung Konsequenzen aus der strafprozessualen Stellung des Beschuldigten im Ermittlungs-verfahren für die Durchführung der Einlieferung und ordnungsgemäßen Aufnahme verantwortlich. Er meldet dem Leiter der Abteilung den Vollzug. Aufnahme von Strafgefangenen. Die Aufnahme von Strafgefangenen erfolgt auf der Grundlage der Anweisung zur Durchführung und Absicherung von Gefangenentransporten und Vorführungen zu Gerichten der sowie zur operativen Absicherung von Prozessen durch die Abteilung Staatssicherheit und den Abteilungen der Bezirks-VerwaltungenAerwaltungen für Staatssicherheit Anweisung über die grundsätzlichen Aufgaben und die Tätig-keit der Instrukteure der Abteilung Staatssicherheit. Zur Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, zur Verbesserung der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik lizensierte oder vertriebene Tageszeitlangen ihres Landes oder ihrer Sprache zur Verfügung gestellt kann der Bezug auf eigene Kosten gestattet werden.

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