Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 255

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 255 (NJ DDR 1990, S. 255); Neue Justiz 6/90 255 gefordert, das soziale Wohnungsmietrecht für eine absehbare Übergangszeit bestehen zu lassen; gleichzeitig müsse die Investitionsbereitschaft juristisch gefördert werden. In der Gerichtsverfassung sollten die Vertragsgerichte in die ordentliche Gerichtsbarkeit eingegliedert werden. Der Zi-vilprozeß müsse rechtsstaatlichen Verfahrensgarantien entsprechen (richterliche Unabhängigkeit; gesetzliche Richter etc.). Insoweit wird eine Anpassung der ZPO der DDR für erforderlich gehalten. ' Im Familienrecht (FGB/DDR) bedürfe es einer schnellen Änderung, die sich vor allem aus dem Wegfall politischer Zielstellungen ergibt (Präambel; Erziehungsziel); gleichzeitig gehe es jedoch darum, gemeinsame Regelungen z. B. im Erziehungsrecht und im Scheidungsrecht zu finden. Übergangsweise sollten auch das BGB- und das ZGB-Erb-recht einheitlich durch köllisionsrechtliche Regelungen praktikabel gemacht werden. Wirtschafts- und Arbeitsrecht (Leitung: Dr. Peter Sander, Humboldt-Universität Berlin) Für das Wirtschaftsrecht wird gefordert, daß sich eine Rechtsvereinheitlichung am Recht der Europäischen Gemeinschaften zu orientieren habe. Das gilt u. a. für eine Ausrichtung des künftigen Kapitalgesellschaftsrechts der DDR. Um in der DDR ein funktionsfähiges Vertragsrecht zu schaffen, wird vorgeschlagen, in der Übergangsphase die Anwendung des Gesetzes über internationale Wirtschaftsverträge (GIW) vom 5. Februar 1976 (GBl. I Nr. 5 S. 61) auf inländische Transaktionen auszudehnen. In der DDR sei für die Ubergangsphase ein Wettbewerbs- und Kartellrecht auf der Grundlage der Art. 85 bis 87 des EWG-Vertrages zu schaffen. Ein Insolvenzrecht sei kurzfristig zu erarbeiten; ebenso sei die Prüfung erforderlich, ob ein DM-Bilanzgesetz zu erlassen ist. Zum Problemkreis „Recht auf Arbeit“ und Arbeitsrecht vertrat der Arbeitskreis folgende Auffassung: Aus dem Sozialstaatsprinzip folge, daß der Staat Kündigungsschutz zu gewährleisten und bei Nichterreichen des Vollbeschäftigungsziels Arbeitsförderungsmaßnahmen vorzusehen sowie ein System der Arbeitslosenversicherung und -Unterstützung zu schaffen hat. Schon in der Übergangsphase sollten in der DDR Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts nach bundesdeutschem Modell eingeführt werden. Tarifautonomie, Betriebsverfassung und Unternehmensbestimmung seien rechtlich zu regeln. Der Kündigungsschutz der DDR sollte dem der BRD juristisch gleichwertig sein. Das vorgeschlagene Kündigungsschutzrecht sollte durch Regelungen entsprechend den Grundgedanken des bundesdeutschen Arbeitsförderungsgesetzes (Förderung der beruflichen Bildung, Arbeitsvermittlung, Berufsberatung usw.) ergänzt werden. In der Übergangsphase sei auf jeden Fall der besondere Kündigungsschutz nach § 58 AGB (DDR) aufrechtzuerhalten. In der DDR sollte eine selbständige Arbeitsgerichtsbarkeit sowie eine Soziälgerichts-barkeit geschaffen werden. Strafrecht und Strafgerichtsbarkeit (Leitung: Prof. Dr. Horst Luther, Humboldt-Universität Berlin) Für den Bereich des materiellen Strafrechts ging die Arbeitsgruppe davon aus, daß auch in einem einheitlichen deutschen Bundesstaat für eine mehr oder weniger lange Zeit verschiedene Strafrechtsordnungen bestehen werden. Für das Strafrecht der DDR sei notwendig: Die sofortige Außerkraftsetzung von Strafrechtsnormen, die den Menschenrechten und den Grundsätzen eines Rechtsstaates widersprechen, sowie solcher Strafrechtsnormen, die den Übergang in eine soziale Marktwirtschaft behindern; die Inkraftsetzung von Strafrechtsnormen, die für die strafrechtliche Sicherung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion unerläßlich sind; die Inkraftsetzung von Rechtsvorschriften, die es ermöglichen, neue oder wesentlich veränderte Formen von Kriminalität wirksam zu verfolgen. Zum Strafverfahrensrecht vertrat die Arbeitsgruppe folgenden Standpunkt: Die geltende StPO der DDR sollte kurzfristig rechtsstaatliche Änderungen auf der Grundlage bisheriger Reformarbeiten erfahren (z. B. gesetzlicher Richter; Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten/Angeklagten; Verteidigung; Abschaffung der Kassation zuungunsten) und der Gerichtsreform auf der Ebene der Länder angepaßt werden. Bis zum Erlaß einer neuen deutschen StPO kann auch nach der Vereinigung eine StPO der DDR fortbestehen. Langfristig ist eine Gesamtreform des Strafverfahrensrechts unter Berücksichtigung der westeuropäischen Rechts-angleichung anzustreben. Bei anderen gelesen Keine kompromißlose Übernahme J£ bundesdeutschen Rechts Das Verhältnis von Rechtsangleichung und Rechtsanpassung ist ein aktuelles Thema, das nicht nur die Juristen und Bürger der DDR derzeit beschäftigt und unmittelbare Konsequenzen für sie haben wirtL Auch zahlreiche BRD-Juristen mahnen an, den gegenwärtigen Prozeß zur partiellen Rechtsemeuerung bundesdeutschen Rechts zu nutzen. „Behutsam die Chance nutzen“ ist auch der Tenor eines Kommentars von Rainer Voss, stellv. Vorsitzender des Deutschen Richter bundes der BRD Bund der Richter und Staatsanwälte, der in der Deutschen Richterzeitung (Köln/Berlin IWestJJBonn/München) 1990, Heft 4, S. 146, veröffentlicht wurde und dem wir folgenden Auszugentnehmen: /■': ; 'S Das Tempo, in dem sich die Vereinigung beider deutscher Staaten zu vollziehen scheint, erscheint nicht wenigen höchst problematisch. So fragen sich die Richterinnen und Richter in der DDR zunehmend: Wie sind unsere beruflichen Aussichten? Müssen wir gehen, wenn uns das bundesdeutsche Gesetzwerk ' „übergestülpt" Wird?'Welche Chancen haben wir, etwas von uns einzubringen? Fragen, die nur Spekulationen zur Antwort haben können, die aber in ihrer Intensität betroffen machen und uns unsere Machtlosigkeit vor allein politisch zu treffenden Entscheidungen vor Augen führen. Ein System ist zusammengebrochen, das darf aber nicht dazu führen, daß auch die Menschen zusammenbrechen müssen. Vielmehr könnte sich jetzt erweisen, wie human unsere Gesellschaft ist, ob bei uns tatsächlich der Mensch noch im Mittelpunkt steht. Die Neugestaltung der Rechtsordnung und der damit verbundene Neuanfang auch in der Justiz, die die entscheidenden Grundlagen für die Zukunft bilden, dürfen nicht der vorgegebenen Hektik verfallen. Nicht lückenlose Aufgabe aller bisher geltenden Rechtssätze und kompromißlose Übernahme bundesdeutschen Rechts -kann die Parole sein. Die Rechtsangleichung hat vielmehr so behutsam zu geschehen, daß nicht der Eindruck entsteht, hier habe doch nur der Mächtigere gesiegt. Die Menschen in der DDR dürfen nicht das Gefühl bekommen, selber nichts eingebracht zu haben, ihre Identität verloren zu haben. Auch kann es nicht angehen, Richterinnen und Richter, die unter den bisher geltenden Bestimmungen ausgebildet und die ihr Amt nach den in der DDR bislang geltenden Gesetzen geführt haben, nur deshalb aus dem Amt zu entfernen und durch neue nach unserem System ausgebildete Juristen zu ersetzen. Hier müssen Übergangs- und Auslaufregelungen geschaffen werden. Man kann nur im Interesse aller hoffen und wünschen, daß die Zeit zum Nachdenken und somit für befriedigende Lösungen vorhanden ist. Juristenausbildung, Fortbildung der Juristen in der DDR (Leitung: Prof. Dr. Ludwig Knemeyer, Universität Würzburg) Dieser Arbeitskreis erreichte angesichts der deutlichen Unterschiede beider Ausbildungsmodelle ein überraschend hohes Maß an Übereinstimmung und vereinbarte ein für beide Seiten wichtiges Reformkonzept. Es wurde eine einheitliche Gliederung der Juristenausbildung an den Hochschulen bei freiem Studienzugang in Ost und West als Ziel herausgearbeitet. Bei den Übergangsregelungen bis zur Vereinheitlichung von Ausbildung und Prüfungen sollten die Abschlußzeugnisse gegenseitig anerkannt werden. Weiterhin wurden Probleme der Fortbildung der im Berufsleben stehenden Juristen detailliert beraten.2 * Im Ergebnis der Beratungen in den Arbeitskreisen wurden im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht Thesen erstellt und gedruckt, am nächsten Vormittag durch die Arbeitskreisleiter referiert und im Plenum diskutiert. Eine Pressekonferenz3 beendete diese überaus konstruktive Tagung, deren Ergebnisse für den Prozeß der deutsch-deutschen Rechtsvereinheitlichung kaum zu überschätzen sind. 2 Vgl. hierzu G. Greve/H. Wagner auf S. 230 ff. dieses Heftes. 3 Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 28. März 1990, Nr. 73, S. 6; Süddeutsche Zeitung vom 7. April 1990, Nr. 82, S. 11; Hannoversche AU-gemeine Zeitung vom 29. März 1990, S. 5.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 255 (NJ DDR 1990, S. 255) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 255 (NJ DDR 1990, S. 255)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und besonders gegen ihre Sicherheitsorgane zu verwerten. Auf Grund der Tatsache, daß auch eine erhebliche Anzahl von. Strafgefangenen die in den der Linie zum Arbeitseinsatz kamen, in den letzten Jahren in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermitt-lungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. ca., die im Zusammenhang mit rechtswidrigen Ersuchen auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland Straftaten begingen. Davon unterhielten Verbindungen zu feindlichen Organisationen. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten erneut im Jahre die Delikte des staatsfeindlichen Menschenhandels und des ungesetzlichen Verlassens über sozialistische Länder. Der Mißbrauch der Möglichkeiten der Ausreise von Bürgern der in sozialistische Länder zur Vorbereitung und Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die gemeinsame Vereinbarung bewährt, daß der Untersuchungsführer Briefe des Verhafteten und Briefe, die an den Verhafteten gerichtet sind, in Bezug auf ihre Inhalt kontrolliert, bevor sie in den Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit Entweichen Am in der Zeit von Uhr bis Uhr entwichen die Verhafteten Hans-Bodo und Klaus-Oürgen aus einer Untersuchungshaftanstalt.

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