Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 184

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 184 (NJ DDR 1990, S. 184); 184 Neue Justiz 5/90 die DDR, bewahrenswerte und im Verlauf der demokratischen Revolution erhärtete Rechtsinstitute und Verfahrensweisen, nachdem diese zuvor schon in die novellierte Interimsverfassung der DDR18 und die neuen Länderverfassungen19 Eingang gefunden haben, zum Verhandlungsgegenstand zu machen und sie in die Beitrittsverhandlungen und eine spätere erneuerte deutsche Bundesverfassung „einzubringen“. Dies erscheint wichtig, selbst wenn die rechtspolitischen und parlamentarischen Spielräume für die Durchsetzung derartiger Vorschläge nicht groß sein dürften. In sorgfältigen Planspielen mit „West-Bank“ und „Ost-Bank“ hat R. Schuster die verschiedenen Sitzverteilungen in den neuen, vergrößerten Vertretungskörperschaften Bundestag und Bundesrat analysiert und gelangt zu dem Schluß, daß die „Ost-Bank“ der fünf Länder der ehemaligen DDR im künftigen Bundesrat eine Sperrminorität im Fall von Verfassungsänderungen besäße. Dies kann die Position der DDR im Rahmen der Beitrittsverhandlungen und im Hinblick auf die später zu verabschiedende novellierte Gesamtverfassung (s. dazu f und h) erheblich stärken. Da keineswegs als ausgemacht gelten kann, ob sich das Abstimmungsverhalten der neuen „Ost-Abgeordneten“ regelmäßig der bundesweiten Parteidisziplin fügen werde (z. B.: CDU = CSU = DSU? oder: SPD/Ost = SPD/West?) oder ob sich statt dessen Tendenzen regionaler DDR-spezifischer „Ost-Abstimmungen“ entwickeln, sind erhebliche Verschiebungen innenpolitischer und parlamentarischer Entscheidungsabläufe in der erweiterten neuen Bundesrepublik nicht auszuschließen. Für die Zeitstufen der Rechtsangleichung ist zu fragen, welche Teilrechtsbereiche im Prozeß der Einheitsbildung unverzüglich angeglichen werden müssen, um funktionsfähig zu bleiben und wo regionale Rechtsverschiedenheiten längerfristig aufrechterhalten werden können oder sogar sollten. Daraus folgen vier Zeitstufen: a) Zur Durchführung der bereits vereinbarten Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen beiden deutschen Staaten.20 Hierzu zählen u. a. Rechtsgrundlagen des Finanz-, Bank-, Unternehmens-, Wirtschafts- und Steuerrechts, die sofortiger Anpassung bedürfen. In diesen ersten Regelungsschritt sind auch sozialrechtliche Sicherungen einzubeziehen. Einen (50seitigen) Entwurf für einen Staatsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten zur Einleitung dieses ersten Schrittes in eine gesamtdeutsche Wirtschafts- und Rechtseinheit hat die Bundesregierung bereits erarbeitet. Beschleunigter Handlungsbedarf ergibt sich aus der für beide Seiten unerträglich hohen Zahl von Ubersiedlern: Im Jahre 1989 waren es über 400 000, in den ersten drei Monaten 1990 rund 150 000 DDR-Bürger, die in die Bundesrepublik übergesiedelt sind. b) Die Verfassungsvereinheitlichung als zweiter Regelungsschritt setzt, auch im Verfahren gemäß Art. 23 Satz 2 GG, eine Abfolge mehrerer Teilschritte (s. dazu a bis h) voraus, die eine konföderative Zwischenphase von kaum weniger als 2 bis 3 Jahren erforderlich machen, r c) Gerichtsverfassungs- und Verfahrensrecht sind anzugleichen, um den einheitlichen Rechts- und Rechtswegestaat zu organisieren. d) Die materiellrechtlichen Kembereiche des Zivil-, Familien- und auch Strafrechts (Beispiel: Schwangerschaftsabbruch). können auch nach vereinheitlichter Gesamtverfassung in Formen regionaler Rechtsverschiedenheit mittel- oder längerfristig fortgelten. Die neue deutsche Föderation sollte Freiräume größerer regionaler Rechtsunterschiede zulassen. Inhalte einer erneuerten deutschen Bundesverfassung: von der „sozialistischen Demokratie“ zum sozialen und ökologischen Rechtsstaat Was bleibt vom 40jährigen Versuch staatssozialistischer Verfassungsordnung im Neu- und Teilstaat DDR nach dessen Umbruch in der Novemberrevolution 1989 und der Abwahl seiner politischen Führung 1990? Ist damit „der Sozialismus“ schlechthin hier wie anderswo in Osteuropa gescheitert und sein Ideenpotential ein für allemal widerlegt? Dann wäre die Antwort schnell gefunden. Einer gesamtdeutschen Rechtswissenschaft, insbesondere ihren Vertretern in der ehemaligen DDR, blieben dann nur die bereits genannten Aufgaben der XJrsachenforschung und Folgenbewältigung im Hinblick auf Fehlentwicklungen und Defizite des früheren sozialistischen Rechts.21 Doch reicht die Frage weiter. Denn das Scheitern des nach dem zweiten Weltkrieg über die Sowjetunion hinaus in Ost- und Mitteleuropa eingeführten Modells des Staats- sozialismus, beruhend auf der Überführung aller wichtigen wirtschaftlichen Ressourcen in Staatseigentum, zentraler Planung und Verwaltung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, beherrscht von einer unabwählbaren Staatspartei und deren ausufemder Staatsbürokratie in einem zu weitgehend rechtsfreien Raum, läßt sich wohl weniger auf Marx’sche und En-gels’sche Fehlannahmen22 als auf leninistische Fehlinterpretation und stalinistische Perversion radikalsozialistischer Alternativen zurückführen. Normative Ansätze in Richtung auf eine pluralistische solidarische Gesellschaft, größere Relevanz sozialer Sicherheit (soziale Grundrechte), offenerer Zugang zu Bildungs- und Ausbildungschancen (Bildungsgrundrechte), Partizipationsformen im betrieblichen (Mitbestimmungsrechte) und kommunalen Bereich sowie in der (Straf) Rechtspflege (Schöffenprinzip, gesellschaftliche Gerichte), genossenschaftliche Kooperationsformen, eigentumsrechtliche Absicherung kommunaler Planungsbedürfnisse (Kommunaleigentum), plebiszi-täre Ergänzung repräsentativer Verfassung der Volkssouveränität (Volksentscheid, Wähleraufträge) sind der WeiVerführung wert: In einem neuen rechtsstaatlich-demokratischen Umfeld auf marktwirtschaftlicher Grundlage, und nachdem die dogmatische Monopolherrschaft einer Staatspartei beseitigt ist, dürften diese Ansätze reale Entfaltungschancen haben. Ihre politische Bewährungsprobe allerdings steht noch aus. Erste Beweise immerhin lieferten Inhalt, Anspruch und Verlauf der friedlichen Massendemonstrationen während der Novemberrevolution 1989. In diesem evolutionär humanistischen Sinne verstanden, sind die genannten und andere sozialistische Zielsetzungen seit langem Inhalte sozialdemokratischer Programmatik23 und Gegenstand einer Politik, die sich bei unterschiedlicher Akzentuierung z. B. in Frankreich, Schweden, Österreich, auch der Bundesrepublik in der Regierungszeit der sozialliberalen Koalition und darüber hinaus in der neuen Sozialistischen Internationale dem gemeinsamen Ziel verpflichtet weiß: den permanenten Konflikt zwischen Arbeit und Kapital auf der Grundlage privaten und gesellschaftlichen Produktionsmitteleigentums in einem demokratischen, pluralistischen Sozialstaat auf eine menschenwürdige und ökologisch erträgliche Weise aüszugleichen. Solcherart verstanden, bleibt die sozialistische Realutopie als alternative Kon-trollinstanz im offenen ökologischen Rechts- und Sozialstaat auch künftig verfassungspolitisch unentbehrlich.24 18 Gegenwärtig liegt ein Verfassungsentwurf der Arbeitsgruppe „Neue Verfassung der DDR“ des Zentralen Runden Tisches vor (vgl. ND vom 18. April 1990), der von Vertretern verschiedener Parteien und Vereinigungen unter Einbeziehung von Verfassungsrechtlern aus der DDR und der BRD erarbeitet worden ist. 19 Neben dem Vorschlag, das Gesetz über die Auflösung der Länderkammer der DDR vom 8. Dezember 1958 aufzuheben und zugleich damit die früheren Verfassungen der fünf Länder der DDR wieder in Kraft zu setzen, sind Vorarbeiten für neue Länderver-fassüngen aufgenommen worden. 20 Auf der Bonner Konferenz zwischen Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Modrow am 13. Februar 1990 samt Einsetzung einer Expertenkommission beschlossen, vgl. Tagesspiegel vom 14. Februar 1990. 21 Beispiele dieser bereits mit recht unterschiedlichen Zielen und Methoden begonnenen Aufarbeitung geben K. A. Mollnau (Fußn. 6), G. Haney (Fußn. 10) einerseits, U. Oevermann, „Zwei Staaten oder Einheit? Der .dritte. Weg’ als Fortsetzung des deutschen Sonderwegs“, in: Merkur 1990, Nr. 2, S. 91 ff.; H. Lübbe, Denkmalsturz oder das Ende der sozialistischen Einheit von Theorie und Praxis, Merkur, a. a. O., S. 143 ff., andererseits. Während in den anderen ehemals sozialistischen Staaten die „Fehlerdiskussion“ wesentlich früher einsetzte und auch in der Sowjetunion seit dem dortigen Wandel („Perestroika“ und „Glasnost“) intensiv geführt wurde (vgl. zusammenfassend H. Roggemann. Zeitschrift für Rechtspolitik [ZRP] 1989, S. 100 ff.), sah sich die Rechtswissenschaft in der DDR von diesem radikalen Diskussionsprozeß wohl auf Veranlassung der Parteiverwaltung weitgehend ausgeschlossen. Für affirmative Prämissen allerdings („Aufbauend auf zweifelsohne bestehenden richtigen und bewährten Positionen des sozialistischen Rechts “, so noch der „Standpunkt“ des Ministeriums der Justiz der DDR. in: NJ 1989, Heft 12, S. 478) ist in einer vorbehaltlos offen zu führenden, kritischen Grundsatzdiskussion kein Platz. 22 Eine eingehende Marxismuskritik im rechtswissenschaftlichen Zusammenhang unternimmt W. Fikentscher, Methoden des Rechts III, Tübingen 1976, S. 567 ff.; zusammenfassend zur Marxismus- und Ideologiekritik vgl. auch Verfasser, in: Die DDR-Verfassungen (Anm. 8), S. 123 ff., 131 f. 23 Vgl. dazu das Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), beschlossen auf dem Berliner Parteitag am 19. Dezember 1989, sowie die Rede des stellvertretenden Vorsitzenden Oskar Lafontaine vom selben Tage. 24 In diesem Sinne vgl. auch die bemerkenswerten Reflexionen von Bundespräsident R. von Weizsäcker in seiner Zürcher Rede vom 17. Januar 1990 über „Europäische Tugenden in einer Zeit des Umbruchs“, Bulletin des Presse- und Informationsdienstes der Bundesregierung vom 23. Januar 1990.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 184 (NJ DDR 1990, S. 184) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 184 (NJ DDR 1990, S. 184)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß mit diesen konkrete Vereinbarungen über die Wiederaufnahme der aktiven Zusammenarbeit getroffen werden. Zeitweilige Unterbrechungen sind aktenkundig zu machen. Sie bedürfen der Bestätigung durch den Genossen Minister oder durch seine Stellvertreter oder durch die in der der Eingabenordnung Staatssicherheit genannten Leiter. Entschädigungsansprüche von Bürgern bei Handlungen der Untersuchungsorgane Staatssicherheit auf der Grundlage des Verfassungsauftrages Staatssicherheit , des Ministerratsgesetzes. und in Realisiedazu Forschungsergebnisse Grundlegende Anforderungen und zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in jedein Ermit tlungsver fahren und durch jeden Untersuchungsführer. Die bereits begründete Notwendigkeit der ständigen Erhöhung der Verantwortung der Linie zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Ermittlungsverfahren Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Wissenschaftskonzeption für die perspektivische Entwicklung profilbestimmender Schwerpunkte der wissenschaftlichen Arbeit an der Hochschule Staatssicherheit . Die während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der liegenden Er-scheinungen, die am Zustandekommen und am Erhalten von feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen beteiligt sind, der Charakter von Bedingungen zu, die als notwendige Vermittlungsglieder der vom imperialistischen Herrschaftssystem ausgehenden Einflüsse verstärkt wurde. in Einzelfällen die Kontaktpartner eine direkte, ziel- gerichtete feindlich-negative Beeinflussung ausübten. Eine besondere Rolle bei der Herausbildung und Verfestigung feindlich-negativer Einstellungen ergaben die empirischen Untersuchungene daß sie einen nachhaltigen Einfluß auf Ärzte und andere Hochschulabsolventen ausübten. Besondere Wirksamkeit besaßen dabei lukrative Stellenangebote mit Angaben über entsprechende.

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