Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 183

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 183 (NJ DDR 1990, S. 183); Neue Justiz 5/90 183 i Ordnung wegen des eingeleiteten Prozesses der Rechtsangleichung12 besonders wichtig wäre. Denn die gemeinsame Bewältigung der mit dieser großen Aufgabe der deutsch-deutschen Rechtsangleichung verbundenen Probleme setzt rechtswissenschaftliche Analyse und Zusammenarbeit in folgenden Bereichen voraus: a) Staats- und völkerrechtliche Stufen- und Inhaltsplanung zur'Schrittweisen Einführung einer deutschen Föderation ; b) Ermittlung positiver und erhaltenswerter Regelungen, Rechtsinstitute und Erfahrungen im Recht der DDR, aus denen sich Reformanstöße für eine gesamtdeutsche Rechtser-neuerung ergeben können; c) Defizite und Reformbedarf im bisherigen Recht der Bundesrepublik Deutschland; d) Fehlentwicklungen und Deformationen des sozialistischen Rechts der DDR und die Frage nach den Ursachen für das Scheitern des sozialistischen Rechtskreises; e) Folgenbeseitigungsstrategien einschließlich Wiederaufnahme von Strafverfahren, Rehabilitierung, Entschädigung für unrechtmäßig erlittene Haft, Beschlagnahme oder Enteignung; strafrechtliche Verantwortlichkeit ehemaliger Partei-, Staats- oder Justizfunktionäre. In diesem Sinne gibt die Abhandlung von K. A. Moll-n a u Anlaß zur Frage, ob nicht aus der Sicht dieses Autors in Erwägung zu ziehen sei, sich bei der kritischen Auseinandersetzung mit der Rechts- und Verfassungsgeschichte der DDR auch der einschlägigen Vorarbeiten westlicher, insbesondere westdeutscher Autoren zu bedienen: kritische d. h. nicht voreingenommen polemische Rechtsvergleichung wird offenbar als Erkenntnishilfsmittel nicht in Betracht gezogen. Daß derartige Zusammenarbeit zu nutzbringenden Ergebnissen führen kann, belegen jüngst paritätisch mit Teilnehmern aus der Bundesrepublik und der DDR zusammengesetzte Arbeitskreise.13 14 Wege zur gesamtdeutschen Verfassung: stufenweise Verfassungseinheit Die neuere deutsche Geschichte seit dem Ende des Deutschen Reichs mit der Niederlegung der Kaiserkrone durch Franz II. im Jahre 1806 kann als Kette gescheiterter Versuche gesehen werden, eine neue, angemessene Staatsverfassung für Deutschland zu finden.11 Die „verspätete Nation“ (Pless-n e r) im Zentrum Europas hatte im Gegensatz zu den anderen großen europäischen Mächten England und Frankreich einen dauerhaften Gesamtstaat nicht ausbilden können. Die historische Rückschau läßt Schwierigkeiten und Risiken des gegenwärtigen, letzten Einigungsversuchs in diesem Jahrhundert bewußt und übereilte Einigungsbestrebungen fragwürdig werden. 'Während der Verfassungsgeber der DDR mit der Neufassung der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1974 alle Bezugnahmen auf Deutschland, die deutsche Nation und den Dreistufenplan zur Herstellung der deutschen Einheit („auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus“, Art. 8 Abs. 2 DDR-Verf. 1968) gestrichen hat und die Staatsrechtslehre der DDR ebenso wie die politische Führung die „Zwei-Staaten-Theorie“ vertrat, hielten Gesetzgeber, Rechtsprechung (des Bundesverfassungsgerichts) und Rechtslehre in der Bundesrepublik zumeist am Fortbestand bestimmter gesamtdeutscher Elemente fest. Die Präambel des Bonner Grundgesetzes und dessen Art. 23 und 146 sahen und sehen in der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ein verpflichtendes staatspolitisches und verfassungsrechtliches Ziel und eröffnen dafür verschiedene Wege. Nähere Inhalte und rechtliche Verfahren dieser unrichtig „Wiedervereinigung“ genannten deutschen Einheitsbildung sind kontrovers.15 Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, daß der öffentliche, in Medien und politischen Gremien, weniger auf rechtswissenschaftlicher Ebene geführte Meinungsstreit weitgehend gegenstandslos sein dürfte. Den oft zitierten „Königsweg“ zur schnellen, unproblematischen Vereinigung beider deutscher Staaten16 gibt es nicht. Die Schaffung einer einheitlichen deutschen Bundesverfassung als Grundlage späterer deutscher Rechtseinheit ist ein so komplexer, in seinen vorhersehbaren und unvorhersehbaren Folgen historisch singulärer Vorgang, daß er sinnvoll nur als zeitlich und inhaltlich abgestufter Prozeß von längerer Dauer vorstellbar ist. Ein „Leitgesetz“ für eine schnelle, pauschale Rechtsangleichung wäre wegen erheblicher Unsicherheitsfaktoren mit rechtsstaatlichen sowie sozialstaatlichen Grundsätzen kaum vereinbar. Denn diese ent- falten Schutzwirkungen gemäß Art. 20 Abs. 1 GG zugunsten der DDR-Bürger bereits mit der Einleitung des Prozesses der Rechtsangleichung und vor dem Eintritt in föderative Strukturen. Ein wichtiges Argument für die „Beitrittslösung“ gemäß Art. 23 Satz 2 GG besteht neben der Möglichkeit, innen- und gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen um neue Verfassungsinhalte in einer späteren Phase nach der staatsrechtlichen Vereinigungsentscheidung austragen zu können, in der Bereitschaft der EG, im Falle der Eingliederung des Völkerrechtssubjekts DDR in die Bundesrepublik diesen Vorgang ohne langwierige Vorverhandlungen gemäß Art. 227-, 236 EWG-Vertrag zu akzeptieren und sich mit späteren Nachverhandlungen zu begnügen. Die einzelnen „Beitrittsphasen“ lassen sich i. S. eines zeitlich „gestreckten“ und inhaltlich „modifizierten“ Beitritts in folgender Weise aufgliedern: a) Absichtserklärung über den Beitritt durch die parlamentarischen Gremien der DDR und ihrer Länder; b) Beitrittsverhandlungen (Beteiligte: Bundesrepublik und deren Bundesländer, DDR und [neue] Bundesländer der DDR); c) Grundgesetzänderungen, soweit sie vor dem Beitritt unumgänglich sind (Streichung von Teilen der Präambel, Art. 23 und 146 GG); d) Bildung konföderativer Interimsorgane der Regierungen und Parlamente auf Bundes- und Länderebene; e) Zeitstufen für -das vorübergehende Außerkraftsetzen von Teilen des GG und anderer Bundesgesetze auf dem Gebiet der ehemaligen DDR; f) gemeinsame Absichtserklärung über die Erarbeitung einer neuen gesamtdeutschen Verfassung; g) Beitrittserklärung von seiten der DDR und ihrer (neu zu formierenden) Länder, wodurch das Völkerrechtssubjekt DDR als zweiter deutscher Teilstaat erlischt, während die Länder als Gliedstaaten erhalten bleiben, h) Erarbeitung des Entwurfs einer erneuerten gesamtdeutschen Verfassung für eine erweiterte Bundesrepublik Deutschland auf der Basis des GG und deren Annahme durch einen gesamtdeutschen plebiszitären Akt gemäß Art. 146 GG. Dies kann entweder durch Volksabstimmung oder durch Beschluß des neuen gesamtdeutschen Bundestages, Bundesrates und der Länderparlamente geschehen. Auf diese Weise lassen sich die Regelungsvorteile beider Vorschriften sinnvoll verbinden. Die so verabschiedete neue deutsche Verfassung erhält eine angemessene Legitimationsgrundlage.17 Auch bieten sich ausreichende Möglichkeiten für 12 Vgl. dazu näher H. Roggemann, „Von der Interdeutschen Rechtsvergleichung zur innerdeutschen Rechtsangleichung“, Juristenzeitung 1990, Nr. 8, S. 363 ff. 13 Vgl. die Juristen-Tagung „Die Rechtssysteme in der DDR und Bundesrepublik. Probleme und Perspektiven der deutsch-deutschen Rechtsangleichung“ der Evangelischen Akademie Loccum vom 25. bis 27. März 1990 sowie die von der Senatorin für Justiz, J. Limbach, veranstalteten „Berliner rechtspolitischen Gespräche auf dem Wege zur deutschen Einheit“ in Berlin (West) im März 1990. 14 Dazu mit reichem Quellenmaterial E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. I ff., Stuttgart 1957 ff.; ders., Dokumente zur Deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. I ff., Stuttgart 1961 ff. ' 15 Vgl. dazu nur Maunz-Düng-Herzog-Scholz, Art. 23 GG Rdn. 2; 21 bis 27; v. Münch, Art. 23 GG Rdn. 2; 24 bis 27; Hamann-Lenz, Art. 23 GG, Anm. B 4 (lehnen Anwendbarkeit auf DDR ab); G. Ress, Handbuch Staatsrecht, Bd. I, S. 503: R. Schuster, FAZ vom 9. März 1990; F, K. Fromme, FAZ vom 15. Februar 1990; Der Spiegel vom 12. März 1990, S. 24 ff.; aus politisch-soziologischer Sicht gegen die Anwendung von Art. 23 und für Art. 146 GG vgl. J. Habermas, Die Zeit vom 30. März 1990, S. 62; dezidiert gegen einen „mechanischen Anschluß“ nach Art. 23 S. 2 GG hat sich die Sowjetunion ausgesprochen (vgl. Tagesspiegel vom 14. März 1990; Frankfurter Rundschau vom 15. März 1990. Von seiten einzelner westdeutscher Bundesländer dagegen wird ein „konditionierter“ Beitritt über Art. 23 GG befürwortet (für Bremen vgl. Tagesspiegel vom 15. März 1990) unter Hinweis darauf, daß bei einem kombinierten Vorgehen zunächst über Art. 23 die Zahlenparität für die DDR wesentlich günstiger sei als bei einem Vorgehen über Art. 146 GG, da im letztgenannten Fall die DDR grundsätzlich proportional ihren Einwohnerzahlen im Verhältnis zur Bundesrepublik behandelt werde, sich daher in einer Dauerminorität von 1 :4 befinde. 16 In Anlehnung an eine Äußerung von Bundeskanzler Kohl, der den Weg über Art. 23 Satz 2 GG zu einer Koalitionsfrage machte, vgl. Der Spiegel vom 12. März 1990, S. 24 ff. 17 Dazu z. B. E.-w. Böckenförde/D. Grimm, in: Der Spiegel vom 5. März 1990, S. 72 ff., S. 75: „Für einen einheitlichen deutschen Staat erscheint nach 40 Jahren nicht allein getrennter, sondern größtenteils gegensätzlicher Entwicklung die Neukonstituierung angemessener als der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik. Sie trüge auch dem in der friedlichen Revolution begründeten Selbstbewußtsein der DDR-Bevölkerung besser Rechnung und käme ihrem erkennbaren Bestreben entgegen, einzelne Errungenschaften der eigenen Entwicklung zu bewahren und einzelne Fehlentwicklungen der Bundesrepublik zu vermeiden.“ Ähnlich R. Schuster, FAZ vom 9. März 1990, S. 12, 13.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 183 (NJ DDR 1990, S. 183) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 183 (NJ DDR 1990, S. 183)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Aufträge und Instruktionen an die insgesamt gestellt werden. Es ist vor allem neben der allgemeinen Informationsgewinnung darauf ausgerichtet, Einzelheiten über auftretende Mängel und Unzulänglichkeiten im Rahmen des Untersuchungshaftvollzuges in Erfahrung zu brin-gen. Derartige Details versuchen die Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der offensichtlich die Absicht, detailliertere Hinweise als unter den Bedingungen der Konsulargespräche zu erhalten und die Korrektheit und Stichhaltigkeit von Zurückweisungen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten zu prüfen, die in den konkreten Fällen nach Eeschwerdeführungen der Ständigen Vertretung der erfolgten. Neben den Konsulargesprächen mit Strafgefangenen während des Strafvollzuges nutzt die Ständige Vertretung der versuchen deren Mitarbeiter beharrlich, vor allem bei der Besuchsdurchführung, Informationen zu Einzelheiten der Ermittlungsverfahren sowie des Untersuchung haftvollzuges zu erlangen. Das anfangs stark ausgeprägte Informationsverlangen der Mitarbeiter der Ständigen Vertretung der offensichtlich die Absicht, detailliertere Hinweise als unter den Bedingungen der Konsulargespräche zu erhalten und die Korrektheit und Stichhaltigkeit von Zurückweisungen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten zu prüfen, die in den konkreten Fällen nach Beschwerden ührungen der Ständigen Vertretung der erfolgten. Neben den Konsulargesprächen mit Strafgefangenen während des Strafvollzuges nutzt die Ständige Vertretung der an die Erlangung aktueller Informationen über den Un-tersuchungshaftvollzug Staatssicherheit interessiert. Sie unterzieht die Verhafteten der bzw, Westberlins einer zielstrebigen Befragung nach Details ihrer Verwahrung und Betreuung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Seite. Zur Bedeutung der Rechtsstellung inhaftierter Ausländer aus dem nichtsozialistischen Ausland und zu einigen Problemen und Besonderheiten bei der Absicherung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und deren Bezugsbereichen. Zu einigen mobilisierenden und auslösenden Faktoren für feindliche Aktivitäten Verhafteter im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit sowie diese hemmenden Wirkungen.

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