Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 171

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 171 (NJ DDR 1990, S. 171); Neue Justiz 4/90 171 Forum zur weiteren Entwicklung des Arbeitsrechts und rechtlich stärker in Gestalt des Gewerkschaftsgesetzes abzusichern. L. W. Pawliczak (SPD/DDR) vertrat im Gegensatz dazu die Auffassung, daß die Gewerkschaftsarbeit bisher nicht basisorientiert gewesen sei und die Gewerkschaftsleitungen in den Betrieben das Vertrauen der Belegschaften verloren hätten. Deshalb gäbe es zur Bildung von Betriebsräten keine Alternative. Zum Entwurf des Gewerkschaftsgesetzes wurde von den Arbeitsrechtswissenschaftlern aus der DDR (Prof. W. Thiel, Humboldt-Universität Berlin, Prof. F. Kunz, Hochschule für Recht und Verwaltung, Potsdam, Prof. M. Premßler/Dr. A. Ondrusch, beide Karl-Marx-Universität Leipzig, Dr. A. Wolf, Gewerkschaftshochschule Bernau) heftige Kritik geäußert. Sie forderten u. a., die gewerkschaftlichen Rechte in der Verfassung zu verankern* und das Augenmerk auf die Ausarbeitung eines Betriebsverfassungsgesetzes zu lenken. Gewerkschaftsvertreter aus der BRD (Dr. H. Wolter, IG Medien; Dr. T. Klebe und Dr. J.Ulber, IG Metall; T. Beck, IG -Bau Holz; Dr. M. H. Bobke von Camen, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut des DGB) verdeutlichten die Vorzüge und Nachteile eines dualistischen Modells der Interessenvertretung (d. h. des Nebeneinanderbestehens von starken unabhängigen Gewerkschaften und Betriebsräten). Dabei zeigten sie Verständnis für Befürchtungen der DDR-Gewerkschaften, daß die Schaffung von Betriebsräten zu einer Spaltung der Interessenvertretung führen könne. Sie legten die Vorteile von Betriebsräten dar, räumten jedoch ein,- daß es vor allem darum gehe, daß die Gewerkschaften über starke Positionen in den Betriebsräten verfügen. Im Ergebnis der Diskussion hierzu konnte Einigkeit darüber erzielt werden, daß starke Gewerkschaften die Voraussetzung aktiver Interessenvertretung sind Und keinesfalls durch Betriebsräte ersetzt werden können. Die Gewerkschaften sollten ihre ablehnende Haltung gegenüber Betriebsräten überdenken und Vorzüge wie Nachteile dieses Interessenvertretungsorgans unter den gegenwärtigen und zukünftigen Bedingungen in der DDR sorgfältig abwägen. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Frage, welche Bestimmungen der Arbeitsrechtsordnung der DDR erhaltenswert bzw. für einen sozialen Mindestschutz unverzichtbar und welche mit Marktwirtschaftsbedingungen unvereinbar sind. Nahezu Einhelligkeit bestand bei den DDR-Vertretern darin, daß der gegenwärtige Kündigungsschutz in Zukunft nicht aufrechterhalten werden kann. Dem ist insoweit zuzustimmen, daß die Regelungen des AGB zur Kündigung in der Tat unter Marktwirtschaftsbedingungen so nicht bestehen bleiben können. Wir geben jedoch zu bedenken, daß der Kündigungsschutz im wesentlichen auf zwei Säulen ruht: auf-der Pflicht des Betriebes, einen Überleitungsvertrag anzubieten, falls eine zumutbare andere Arbeit im Betrieb nicht gefunden werden kann, und-auf dem Zustimmungsrecht der Gewerkschaften. Wenn in Zukunft der Überleitungsvertrag entfällt und die Zustimmung der Gewerkschaften durch den Spruch einer Einigungsstelle oder eines anderen Schlichtungsinstruments ersetzt werden kann, würde der Kündigungsschutz noch weit unter den rechtlichen Standards der BRD liegen, weil tarifvertragliche und betriebsverfassungsrechtliche (z. B. Sozialplanpflicht) Kündigungsschutzregelungen in der DDR noch nicht entwickelt sind. Die diskutierte Abschaffung des Überleitungsvertrages sollte u. E. erst erfolgen, nachdem die Tarifvertragspartner und die betrieblichen Interessenvertretungsorgane Vereinbarungen zur Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen getroffen haben. F. Kunz verwies darauf, daß es zweckmäßig wäre, gesonderte Arbeitsgerichte zu schaffen. Es sei unbestritten, daß die Konfliktkommissionen einen wirksamen Beitrag zur Lösung arbeitsrechtlicher Konflikte geleistet haben. Allerdings erhebe sich die Frage, ob die Konfliktkommissionen ihre Aufgabe auch in Zukunft erfüllen können. Es sei davon auszugehen, daß das Verfahren zur Wahl der Konfliktkommissionen grundlegend geändert werde und die Konfliktparteien (Betriebsleitung Belegschaft) eine paritätische Besetzung der Kommissionen fordern werden. In anderen Ländern wurden mit Institutionen, die den Konfliktkommissionen vergleichbar sind durchaus unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Während die Gewerkschaften der BRD einer Betriebsjustiz eher skeptisch gegenüberstehen, werden in Frankreich individuelle Arbeitskonflikte effektiv von Arbeitsgerichten beigelegt, die mit ehrenamtlichen Richtern paritätisch besetzt sind. Trotz dieser Dr. ARIBERT ONDRUSCH und EVA PÄTZOLD, Institut für internationale Studien der Karl-Marx-Universität Leipzig Die Redaktion der vom Verlag des DGB herausgegebenen Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ (Köln) veranstaltete am 15. Februar 1990 in Berlin (West) ein Forum zu Problemen der weiteren Entwicklung des Arbeitsrechts in der DDR unter den Bedingungen einer Wirtschaftsgemeinschaft und Währungsunion beider deutscher Staaten und die sich daraus für die Zusammenarbeit der' Gewerkschaften ergebenden Konsequenzen. An dem Forum nahmen Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitsrechtswissenschaftler aus der BRD und der DDR sowie des Neuen Forum und der SPD (DDR) teil. Es stand unter Leitung von B. von S e g g e r n , verantwortlicher Redakteur von „Arbeitsrecht im Betrieb“. Die von nahezu allen politischen Kräften ins Auge gefaßte Wirtschaftsgemeinschaft und‘Währungsunion wirft für die zukünftige Gestaltung der Arbeitsbeziehungen in beiden deutschen Staaten eine Fülle von Fragen auf, die dringend der wissenschaftlichen und politischen Diskussion bedürfen: Ist eine Wirtschaftsgemeinschaft unter den gegebenen ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen zwangsläufig mit der Übernahme der Arbeitsrechtsordnung der BRD in der DDR verbunden oder gibt es Räume für eigenständige Regelungen? Bestehen Möglichkeiten, soziale Schutzrechte und demokratische Errungenschaften des DDR-Arbeitsrechts auch unter Bedingungen der Marktwirtschaft weiterhin zu erhalten? Kann darüber hinausgehend durch den Prozeß der Rechtsangleichung Rechtsfortschritt in bezug auf die Erweiterung des demokratischen und sozialen Besitzstandes der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungsorgane insgesamt erzielt werden? Wie ist soziales Dumping zu verhindern? Wie können die notwendigen Prozesse der Rationalisierung und Flexibilisierung sozial verträglich gestaltet werden? Diese und weitere Fragen standen im Mittelpunkt des Ge-dankenaustauschs, in dem aus gewerkschaftlicher Sicht Standpunkte dargelegt und Lösungsansätze diskutiert wurden. Ausgangspunkt der Überlegungen von Prof. Dr. Däub-1 e r (Universität Bremen) war die Fragestellung, ob es prinzipiell denkbar ist, daß in einem Wirtschaftsraum Unterschiede in der arbeitsrechtlichen Regelung bestehen können. Dazu stellte er fest, daß die Arbeitsrechtsordnung der Wirtschaftsordnung adäquat sein müsse. Die Forderung nach einer sozialen Marktwirtschaft sei unter den politischen Gruppierungen in der DDR nahezu unbestritten. Daraus folge zwangsläufig die Notwendigkeit, die arbeitsrechtlichen Regelungen der DDR grundlegend dahingehend zu verändern, daß sie mit marktwirtschaftlichen Bedingungen vereinbar sind. Dies sei jedoch nicht gleichbedeutend mit einer schematischen und vollständigen Übernahme des Arbeitsrechts der BRD. Eine solche Übernahme sei weder möglich, wünschenswert noch notwendig. Sie sei nicht möglich, weil sich die Marktwirtschaftsbedingungen in der DDR erst im Zuge der Wirtschaftsreform entwickeln werden. Sie sei nicht wünschenswert, da sie unweigerlich zu unvertretbaren sozialen Härten für Teile der Bevölkerung führen würde; und daß sie nicht notwendig sei, belegen Beispiele aus anderen Wirtschaftsräumen. W. Däubler verwies in diesem Zusammenhang auf die EG, auf spezifische arbeitsrechtliche Bestimmungen in Elsaß-Lothringen und auf Unterschiede z. B. im Personalvertretungs-recht und in tarifvertraglichen Regelungen innerhalb der BRD. Mit Marktwirtschaftsbedingungen vereinbare Rechtsinstitute könnten demzufolge erhalten bieiben. Es gäbe keinen Grund, im Vergleich zum Betriebsverfassungsgesetz weitergehende Mitbestimmungsregelungen des AGB abzuschaf-fen, wobei eine Übernahme derartiger Regelungen in die Arbeitsrechtsordnung der BRD zumindest für absehbare Zeit illusorisch sei. Kontrovers verlief die Diskussion zu Erfahrungen und Perspektiven der betrieblichen Interessenvertretung und der Gewerkschaftsarbeit insgesamt. S. Langer (FDGB) räumte ein, daß es in der Vergangenheit zwar durchaus Mängel in der gewerkschaftlichen Arbeit gab; dennoch habe sich die gewerkschaftliche Interessenvertretung in vielen Bereichen bewährt, und es gelte nun, sie durch umfassende Reform der Strukturen und Neubestimmung ihrer Aufgaben auszubauen * Am 6. März 1990 hat die Volkskammer eine Änderung des Art. 44 der Verfassung u. a. dahingehend beschlossen, daß das Streikrecht der Gewerkschaften gewährleistet und jegliche Form der Aussperrung verboten ist. In der gleichen Tagung wurde das Gewerkschaftsgesetz beschlossen (vgl. GBl. I Nr. 15 S. 109 f.). D. Red.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

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