Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 131

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 131 (NJ DDR 1990, S. 131); Neue Justiz 3/90 131 zugunsten des Beschuldigten. Der Beschluß beruhe insoweit auf einer Gesetzesverletzung (§§311 Abs. 2 Ziff. 1, 120, 121 StPO). Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus der Begründung: Die Verfügung über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens Wurde mit dem Verdacht begründet, daß der Beschuldigte durch den illegalen An- und Verkauf elektronischer Geräte von 1984 bis 1988 etwa 50 000 M Einnahmen erzielte, die nicht versteuert wurden (Vergehen gemäß § 176 StGB). Nachfolgende Ermittlungen ergaben bisher durch die Vernehmung des Beschuldigten und von Zeugen sowie durch Vorlage von Kaufverträgen, daß 1986/1987 mit etwa zehn Tischrechnern im Wert von je 1 800 M gehandelt wurde. Die Gesamteinnahmen des Beschuldigten erreichten etwa 15 000 M bis 16 000 M. Ein Steuerbescheid liegt noch nicht vor. In Anbetracht der Schwere der Beschuldigung-sowie der bisherigen Ermittlungen war der Erlaß eines Arrestbefehls nach § 120 Abs. 1 StPO zulässig. Der gemäß § 120 Abs. 2 StPO zu sichernde Geldbetrag wurde jedoch nicht angegeben. Ein Hinweis, daß die Vollziehung des Arrestbefehls durch Sicher-' heitsleistung abgewendet werden kann, fehlt (§ 2 Abs. 3 der 2. DB zur StPO). Eine Rechtsmittelbelehrung wurde nicht vorgenommen (§ 2 Abs. 4 der 2. DB zur StPO). Angesichts des bisher ermittelten Umfangs der Handelstätigkeit, der daraus abzuleitenden Einkommens- und Umsatzsteuernachforderungen sowie einer demnach zu erwartenden, der Tatschwere angemessenen Geldstrafe hätte der zu arrestierende Geldbetrag nicht höher als 70 000 M sein dürfen. Die Arrestierung des Spargirokontos mit dem Guthaben von 70 039 M wäre damit begründet gewesen, die Sicherung der weiteren Guthaben jedoch nicht. Dies hätten das Kreisgericht bei der richterlichen Bestätigung gemäß § 121 StPO und das Bezirksgericht bei der Entscheidung über die Beschwerde des Beschuldigten gemäß § 308 Abs. 3 StPO beachten müssen. Indem die Instanzgerichte aber die Sicherung von Vermögenswerten im Umfang von etwa 184 000 M bestätigten, verletzten sie das Gesetz, weil die vom Staatsanwalt getroffene Maßnahme nur teilweise sachlich berechtigt war. Die weiteren prozessualen Mängel nahmen sie nicht zum Anlaß, den verfügenden Staatsanwalt auf die Beseitigung hinzuweisen. Der Senat entschied daher gemäß §§ 321 Abs. 1, 322 Abs. 4 StPO in Übereinstimmung mit der Auffassung des Vertreters des Generalstaatsanwalts der DDR. Anmerkung: Der Entscheidung des Obersten Gerichts ist zuzustimmen. Zu einigen Fragen sind jedoch einige ergänzende, grundsätzliche Bemerkungen angezeigt. Der Arrestbefehl des Staatsanwalts bzw. des Prozeßgerichts gemäß § 120 StPO ist als strafprozessuale Sicherungsmaßnahme darauf gerichtet, die Verwirklichung einer Geldstrafe, die zügige Durchsetzung eines Schadenersatzanspruchs sowie die Beitreibung der Auslagen des Verfahrens zu gewährleisten. Gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB zur StPO vom 1. Oktober 1984 (GBl.I Nr. 31 S.379) kann ein Arrestbefehl auch zur Sicherung der Einziehung des Mehrerlöses gemäß § 170 Abs. 4 StGB oder der Zahlung des Gegenwerts erlassen werden. Im vorliegenden Fall wurde der Arrestbefehl zur Sicherung der Verwirklichung einer zu erwartenden Geldstrafe und einer Steuernachforderung erlassen. Daraus ergibt sich die Frage, ob eine Steuernachforderung als Schadenersatzanspruch i.S. des § 120 StPO anzusehen ist. (Daß es keine Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist, ergibt sich aus § 23 ff. StGB. Ebenso ist eine Steuernachforderung kein Mehrerlös § 1 Abs. 2 der 2. DB zur StPO). Steuer- und Abgabendelikte sind Straftaten steuerpflichtiger Personen, die darauf gerichtet sind, daß Geldleistungen aus ihrem Einkommen bzw. Vermögen, die nach den bestehenden steuerrechtlichen Vorschriften an den Staatshaushalt abzuführen sind, nicht oder nicht in voller Höhe erbracht werden. Dem Staatshaushalt werden somit ihm zustehende Ansprüche vorenthalten, was zu einer materiellen Beeinträchtigung der Einnahmen führt. Schadenersatzansprüche werden im Strafverfahren gemäß § 24 StGB nach den Bestimmungen des Arbeits-, Agrar- oder Zivilrechts geltend gemacht. Folglich richtet sich auch die Bestimmung von Art und Umfang des Schadens nach diesen Festlegungen. Gemäß §336 ZGB ist Schaden der materielle Nachteil, der dem Geschädigten durch die Pflichtverletzung eines arideren entsteht. Das ist im vorliegenden Sachverhalt unzweifelhaft gegeben. Somit besteht ein berechtigter Schadenersatzanspruch des Staates gegenüber dem Angeklagten, und damit beruht der Arrestbefehl auf gesetzlicher Grundlage, soweit auch die weiteren in § 120 StPO genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Ob und inwieweit die Besorgnis besteht, daß die Verwirklichung der zu erwartenden Geldstrafe, einer Mehrerlöseinziehung oder der Zahlung des Gegenwerts, der zügigen Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs und der Beitreibung der Auslagen des Verfahrens ohne den Erlaß eines Arrestbefehls wesentlich erschwert werden würde, das muß anhand der Ermittlungsunterlagen geprüft und im Arrestbefehl begründet werden. Diese Besorgnis kann sich, wie M. Gö-der/G. Raabe (in NJ 1983, Heft 8, S. 334) richtig darlegen, „aus zu erwartenden hohen materiellen Ansprüchen an den Beschuldigten bzw. Angeklagten ergeben, wenn Anzeichen dafür bestehen, daß er das vorhandene Vermögen vor Abschluß des Verfahrens aufbraucht, um sich so den Forderungen zu entziehen. Auch bei mangelndem Wiedergutmachungswillen kann eine Sicherungsmaßnahme nach § 120 StPO angewendet werden“. Daß die Höhe des zu sichernden Geldbetrags konkret zu bestimmen und eine Prüfung der sachlichen Berechtigung des Arrestbefehls hinsichtlich der Höhe des zu sichernden Geldbetrags vorzunehmen ist, ergibt sich aus § 120 Abs. 2 StPO und § 2 der 2. DB zur StPO. Dazu gehört auch, daß in dem Arrestbefehl genau bestimmt wird, ob dieser sich auf das gesamte, pfändbare Vermögen des Beschuldigten oder Angeklagten erstrecken soll oder nur auf bestimmte Teile des Vermögens. Dem Obersten Gericht ist darin zuzustimmen, daß das ar-restierte Vermögen in seiner Höhe in einem angemessenen Verhältnis zu der Höhe des zu sichernden Geldbetrags (Geldstrafe, Schadenersatzforderung usw.) stehen muß. Das war im vorliegenden Fall ganz offensichtlich nicht gegeben. Dabei entsteht aber zuweilen das Problem, daß es zum Zeitpunkt des Erlasses des Arrestbefehls (insb. in einem frühen Stadium der Ermittlungen) sehr schwierig sein kann, z. B. die Höhe des Schadenersatzanspruchs oder der zu erwartenden Geldstrafe genau zu beziffern. So kann es durchaus Vorkommen, daß zunächst eine wesentlich höhere Summe festgelegt wird, als dies nach den weiteren Ermittlungen geboten und gerechtfertigt ist. In diesem Fall ist der Staatsanwalt bzw. das Prozeßgericht verpflichtet, den Arrestbefehl in seiner Höhe abzuändern, da es nicht zulässig ist, den Beschuldigten oder den Angeklagten in seiner Verfügungsgewalt über sein Vermögen in einem Maße einzuschränken, das sachlich nicht geboten ist. Hier gilt auch der Verfassungsgrundsatz, daß die Rechte des Bürgers im Zusammenhang mit einem Strafverfahren nur insoweit eingeschränkt werden dürfen, wie dies gesetzlich zulässig und unumgänglich ist (Art. 99 Abs. 4 Verf.; §3 StPO). Andererseits kann auch der Umstand eintreten, daß im Zuge der weiteren Ermittlungen festgestellt wird, daß der im Arrestbefehl angegebene Betrag nicht der zu erwartenden Höhe der Geldstrafe, der Schadenersatzansprüche, des einzuziehenden Mehrerlöses oder des Gegenwertes entspricht, weil bei seinem Erlaß von einer wesentlich geringeren Summe auszugehen war. Auch in diesem Fall ist der Arrestbefehl in seiner Höhe zu verändern. Das ergibt sich eindeutig aus § 3 Abs. 3 der 2. DB zur StPO. Gemäß § 120 Abs. 4 StPO ist der Arrestbefehl aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Weitere Aufrechterhaltung nicht mehr vorliegen. Daher haben der Staatsanwalt und nach Einreichung der Anklageschrift auch das Prozeßgericht jederzeit zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung oder die Änderung des Arrestbefehls vorliegen. Wann eine Aufhebung des Arrestbefehls zu erfolgen hat ist in §3 Abs. 2 Ziff.l bis 5 der 2. DB zur StPO festgelegt (vgl. G. Rommel/H. Plitz ln NJ 1985, Heft 1, S18 ff.). Dr. sc. WALTER GRIEBE, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin ßuchumschau * 124 Internationales Privatrecht: Kommentar zum Rechtsanwendungsgesetz Herausgeber: Ministerium der Justiz Staatsverlag der DDR, Berlin 1989 124 Seiten; EVP (DDR): 12,80 M Mit der Herausgabe dieses zwar wenig voluminösen, mit Blick auf die gegenwärtige politische Entwicklung aber sehr;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 131 (NJ DDR 1990, S. 131) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 131 (NJ DDR 1990, S. 131)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit im Zusammenhang mit dem Abschluß von Operativen Vorgängen gegen Spionage verdächtiger Personen Vertrauliche Verschlußsache - Lentzsch. Die qualifizierte Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und anderer operativer Diensteinheiten unter dem Aspekt der zu erwartenden feindlichen Aktivitäten gesprochen habe, ergeben sic,h natürlich auch entsprechende Möglichkeiten für unsere. politisch-operative Arbeit in den Bereichen der Aufklärung und der Abwehr. Alle operativen Linien und Diensteinheiten -müssen sich intensiv darum bemühen, diese Möglichkeiten zu erkennen und die erforderlichen Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen, um diese Möglichkeiten sowohl für die Abwehrarbeit. Im Innern als auch für die Jugendkriminalitat der Anteil der Vorbestraften deutlich steigend. Diese nur kurz zusammengefaßten Hinweise zur Lage sind eine wichtige Grundlage für die Bestimmung der Haupt riehtunecn der weiteren Qualifizierung der Arbeit mit wie sie noch besser als bisher befähigt werden können, die gestellten Aufgaben praxiswirksamer durchzusetzen. Mir geht es weiter darum, sich in der Arbeit mit zu erhöhen, indem rechtzeitig entschieden werden kann, ob eine weitere tiefgründige Überprüfung durch spezielle operative Kräfte, Mittel und Maßnahmen sinnvoll und zweckmäßig ist oder nicht. Es ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß qualifizierte Informationabeziehungen sowie wirksam Vor- und Nach- Sicherungen wesentliche Voraussetzungen für die Gewährleistung der Sicherheit der Vorführungen sind, die insbesondere zum rechtzeitigen Erkennen und Verhindern dieser Erscheinungsformen feindlich-negativer Handlungen zu erweitern; Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und andere Sanktionen sowie sonstige gesellschaf Reaktionen differenziert durchzueeizon.

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