Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 123

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 123 (NJ DDR 1990, S. 123); Neue Justiz 3/90 123 Eine analoge Anwendung von Rechtsvorschriften auf rechtlich nicht geregelte gesellschaftliche Verhältnisse, die jenen gesellschaftlichen Verhältnissen ähnlich sind, für die die betreffenden Rechtsvorschriften eigentlich geschaffen wurden, ist im Zivilrecht möglich.2 Zwar sind sowohl Pflichtteilsansprüche als auch Vermächtnisse als Nachlaßverbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. §§ 396 Abs. 3 Satz 1, 410 Abs. 1 Ziff. 5 und 6 ZGB); im übrigen handelt es sich jedoch um dem Wesen nach verschiedenartige Ansprüche. Pflichtteilsansprüche stehen nahen Angehörigen dem Ehegatten sowie Kindern, Enkeln und Eltern des Erblassers zu, die von diesem aus den verschiedensten Gründen meist wegen persönlicher Zerwürfnisse von der Erbfolge ausgeschlossen worden sind. Diese nahen Angehörigen haben aber auf Grund ihrer ehelichen Bindung (Ehegatte) oder wegen ihrer verwandtschaftlichen und unterhaltsrechtlichen Beziehungen (Kinder, Enkel und Eltern) zum Erblasser einen Geldanspruch in Höhe von zwei Dritteln ihres gesetzlichen Erbteils gegenüber den testamentarischen Erben (§ 396 Abs. 1 und 2 ZGB). Der Pflichtteilsanspruch erfüllt somit eine soziale Funktion: Der durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossene Ehegatte erhält durch die Realisierung des Pflichtteilsanspruchs Geldmittel, die er dazu verwenden kann, sich Ersatz für solche Nachlaßgegenstände anzuschaffen, die er bisher benutzen oder mitbenutzen konnte und die er nun an die Erben herauszugeben hat. Dem überlebenden Ehegatten wird es somit durch den Pflichtteilsanspruch erleichtert, seine bisherige Lebensführung weitgeh.end beizubehalten. Für die von der Erbfolge ausgeschlossenen unterhaltsberechtigten Kinder, Enkel und Eltern stellt der Pflichtteilsanspruch ein gewisses Äquivalent für ihren durch den Tod des Erblassers weggefallenen Unterhaltsanspruch dar. Der Pflichtteilsanspruch entsteht mit dem Erbfall (§ 396 Abs. 3 Satz 2 ZGB). Als Ehegatte öder naher Verwandter erhält-der Pflichtteilsberechtigte in der Regel unverzüglich Nachricht vom Tode des Erblassers und meist auch vom Inhalt des Testaments, durch das er von der Erbfolge ausgeschlossen worden ist Damit hat der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall3 und ist nun in der Lage, den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Wegen der vorwiegend sozialen Funktion, die der Pflichtteilsanspruch zu erfüllen hat, ist der Erblasser nicht berechtigt, die Fälligkeit dieses Anspruchs auf einen späteren Zeitpunkt festzulegen oder von einer Bedingung abhängig zu machen. Derartige Festlegungen können nicht rechtswirksamer Inhalt eines Testaments sein (vgl. §§ 371, 389 ZGB), sondern sind gemäß § 373 Abs. 1 ZGB nichtig. Wird im Einzelfall das Testament, das den Ehegatten oder unterhaltsberechtigte Kinder, Enkel oder Eltern des Erblassers vom Erbrecht ausschließt, zunächst nicht aufgefunden, nimmt in der Regel der Pflichtteilsberechtigte als vermeintlicher Erbe den Nachlaß in Besitz, oder er erhält bei der Aufteilung des Nachlasses einen Anteil davon. Wird das Testament erst nach Ablauf der in § 396 Abs. 3 Satz 3 ZGB geregelten zehnjährigen Verjährungsfrist entdeckt und muß der Pflichtteilsberechtigte den empfangenen Nachlaß bzw. Nachlaßanteil an die testamentarischen Erben herausgeben, besteht die Möglichkeit, ihm den nunmehr geltend gemachten Pflichtteilsanspruch noch zuzusprechen, wenn dafür die in § 472 Abs. 2 ZGB genannten Voraussetzungen vorliegen. Anders ist die Stellung des Vermächtnisnehmers. Er braucht kein naher Angehöriger des Erblassers zu sein; im Unterschied zu den Pflichtteilsberechtigten hat der Vermächtnisnehmer jedoch in der Regel das Vertrauen des Erblassers genossen. Die Bestimmung eines Vermächtnisses resultiert überwiegend aus einer persönlichen Wertschätzung, die der Erblasser für den Vermächtnisnehmer empfunden hatte. Der Anspruch des Vermächtnisnehmers gegenüber den Erben besteht nicht deshalb, weil er wie der Pflichtteilsberechtigte durch ein Testament „enterbt“ worden ist, sondern weil der Erblasser ihm in einem Testament ausdrücklich etwas zugewendet hat. In der Regel ist der Vermächtnisnehmer nicht auch gleichzeitig Erbe (dies ist gemäß § 381 Abs. 2 ZGB aber durchaus möglich), so daß ihm aus dem Nachlaß meist nur der vermachte Gegenstand zusteht. Eine soziale Funktion erfüllt das Rechtsinstitut „Vermächtnis“ nicht. Daraus folgt auch, daß der Erblasser über die Fälligkeit eines Vermächtnisses Dispositionen treffen kann. Wie im Hinblick auf die grundsätzlich bestehende Vertragsfreiheit (vgl. §§ 6 Abs. 2, 45 Abs. 3 ZGB) die Fälligkeit einer vertraglichen Leistung auf einen bestimmten Zeitpunkt festgelegt oder vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht werden kann, ist es auch möglich, in einem Testa- ment festzulegen, daß ein Vermächtnis erst zu einem bestimmten Zeitpunkt oder beim Eintritt einer Bedingung fällig wird/1 So kann z. B. der Erblasser im Testament bestimmen, daß ein zur Zeit der Testamentserrichtung erst drei Jahre altes Kind ein Geldvermächtnis erhalten soll, das. erst bei Vollendung des 18. Lebensjahres (oder bei Eheschließung) des Vermächtnisnehmers auszuzahlen ist. Stirbt in einem solchen Fall der Erblasser vor Vollendung des achten Lebensjahres des Kindes, so würde folgte man der im ZGB-Kom-mentar vertretenen Auffassung, daß der Anspruch auf das Vermächtnis spätestens zehn Jahre nach dem Eintritt des Erbfalls verjährt der Anspruch auf die Auszahlung des vermachten Geldes verjähren, ohne daß er überhaupt fällig war. Ebenso wäre die Rechtslage, wenn ein Testament, das ein Vermächtnis enthält, später als zehn Jahre nach dem Eintritt des Erbfalls aufgefunden wird. Auch in einem solchen Fall könnte der Vermächtnisnehmer seinen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses grundsätzlich nicht mehr gerichtlich durchsetzen, wenn man der im ZGB-Kommentar vertretenen Auffassung folgen würde. Die bereits verjährten Vermächtnisse könnten nur dann gerichtlich durchgesetzt werden, wenn im Einzelfall die in § 472 Abs. 2 ZGB genannten Voraussetzungen zur Gewährung von Rechtsschutz nach eingetretener Verjährung bestehen. Das wäre m. E. äußerst unbefriedigend. ' Im übrigen enthält das ZGB auch keine Bestimmungen, nach denen etwa Ansprüche auf durch Vertrag begründete Leistungen ohne Rücksicht auf deren Fälligkeit innerhalb einer gewissen Frist verjähren würden. Haben z. B. die Vertragspartner in einem Darlehnsvertrag vereinbart, daß das Darlehn erst nach Kündigung des Darlehnsgebers zurückzuzahlen ist, so beginnt die zweijährige Verjährungsfrist für die Rückzahlung des Geldbetrages erst mit dem ersten Tag des Monats zu laufen, der auf den Tag nach Ablauf der Kündigungsfrist folgt. Solange der Darlehnsgeber das Darlehn nicht gekündigt hat, tritt auch keine Verjährung seines Anspruchs auf Rückzahlung des Geldes ein.5 Dieser für die Verjährung von vertraglichen Leistungen bestehende Grundsatz, der aus den Veriährungsbestimmungen des ZGB folgt, muß wegen der in § 380 Abs. 1 Satz 3 ZGB enthaltenen Verweisung m. E. auch auf die Verjährung von Vermächtnissen angewandt werden. Aus den dargelegten Gründen halte ich eine analoge (sinngemäße) Anwendung des für die Verjährung von Pflichtteilsansprüchen geltenden § 396 Abs. 3 Satz 3 ZGB auf Vermächtnisse nicht für möglich. Meines Erachtens verjährt daher der Anspruch auf die Erfüllung eines Vermächtnisses in keinem Fall spätestens zehn Jahre nach dem Erbfall, sondern stets mit dem Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist. Diese Verjährungsfrist kann auch noch später als zehn Jahre nach dem Erbfall beginnen und enden. GERD JANKE, wiss. Mitarbeiter im Ministerium der Justiz 2 Zur analogen Anwendung von - Rechtsvorschriften vgl. Marxistisch-leninistische Staats- und Rechtstheorie, Lehrbuch, 3. Aufl., Berlin 1980, S. 581, sowie Rechtslexikon, Berlin 1988, S. 18. 3 Vgl. dazu auch OG, Urteil vom 8. November 1988 2 OZK 21/88 (NJ 1989, Heft 6, S. 256). 4 Vgl. Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 2, a. a. O., S. 258; ZGB-Kommentar, a. a. O., Anm. 1.3. zu § 380 (S. 427). 5 Vgl. OG, urteil vom 25. Mai 1984 - 2 OZK 12/84 - (NJ 1984, Heft 9, S. 379). Schadenbemessung bei Totalschäden an Grundmitteln Die Rechtsträger volkseigener Grundmittel haben zum Schutz des sozialistischen Eigentums die Verpflichtung, Schadenersatzforderungen entweder nach § 330 ff. ZGB oder nach § 260 ff. AGB gegen den Schadenverursacher geltend zu machen (vgl. §§ 8, 31 und 32 KombinatsVO). Im Hinblick auf die Rechtssicherheit sind an die Exaktheit des errech-neten Schadenbetrages hohe Anforderungen zu stellen.1 Die Bemessung der konkreten Höhe des Schadens bereitet vielfach Schwierigkeiten. Ursächlich hierfür sind Unsicherheiten auch bei der Anwendung der geltenden Rechtsvorschriften für die Wertermittlung von Grundmitteln, wenn ein Totalschaden vorliegt. 1 Vgl. auch M. Schmidt, „Umfang des Schadenersatzantrags bei Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft“, NJ 1987, Heft 5, S. 200 ff.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten der Verhafteten sowie die nach gleichen Maßstäben anzuwendenden Anerkennungs- und Disziplinarpraxis gegenüber Verhafteten. Deshalb sind die Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin gegenüber den Abteilungen der Bezirksver Haltungen bei der wirksasje und einheitlichen Durchsetzung des üntersuchungshafivollzuges ein. besonderes Genieho, Die Fixierung der Aufgaben und Befugnisse des Leiters der Abteilung zur Lösung der politisch-operativen Wach- und Sicherungsauf-gaben sowie zur Erziehung, Qualifizierung und Entwicklung der unterstellten Angehörigen vorzunehmen - Er hat im Aufträge des Leiters die Maßnahmen zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten? - die operative Basis zu stärken? Selbstverständlich muß sich eine solche Fragestellung begründet aus den vorliegenden Informationen ergeben.

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