Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 108 (NJ DDR 1990, S. 108); 108 Neue Justiz 3/90 dieser Strafen erhöht.5 In zunehmendem Umfang wirken auch Kollektive (insb. Arbeitskollektive) und Bürger (z. B. gesellschaftliche Beauftragte, Bürgen und Betreuer) an der Strafenverwirklichung mit. Die rechtlichen Regelungen zur Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug haben sich in der DDR zu einem erheblichen Teil im Strafprozeßrecht herausgebildet. Das Strafprozeßrecht hat eine wichtige Rolle bei der Herausbildung von Strafen ohne Freiheitsentzug und der rechtlichen Regelung ihrer Verwirklichung gespielt. So entwickelten sich die bedingte Verurteilung (StEG 1957) und später die Verurteilung auf Bewährung (StGB 1968) aus der prozessualen Maßnahme der bedingten Aussetzung des Vollzugs der Freiheitsstrafe (StPO 1952) und ihrem Ausspruch unmittelbar nach der Urteilsverkündung. Die Bedeutung, die der Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug im Strafverfahrensrecht der DDR beigemessen wird, kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Strafenverwirklichung nach geltendem Recht zum Regelungsgegen-stand der Strafprozeßordnung gezählt wird (§ 1 Abs. 2 StPO). Im 8. Kapitel der StPO und in der 1. DB zur StPO wird die Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug relativ detailliert geregelt. Hier stehen die Aufgaben des Gerichts bei der Strafenverwirklichung im Mittelpunkt. Dieses gesetzgeberische Herangehen war gegenüber den früheren Regelungen neu und trug zur Erhöhung der Gesetzlichkeit bei der Strafenverwirklichung bei.6 Für die Verwirklichung von Strafen ohne Freiheitsentzug sind auch die Vorschriften über die besonderen Formen der Mitwirkung der Bürger (§ 52 ff. StPO) von Bedeutung. Hier sind die Aufgaben der Schöffen, Kollektivvertreter, gesellschaftlichen Ankläger und gesellschaftlichen Verteidiger bei der Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug festgelegt. Insoweit präzisiert § 57 StPO die Regelungen des § 31 StGB über die Bürgschaft. Kollektive und einzelne Bürger können die Verpflichtung übernehmen, die Erziehung des Verurteilten zu gewährleisten. Nach § 13 Abs. 4 StPO hat der Staatsanwalt die Aufgabe, die Gesetzlichkeit bei der Verwirklichung der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu überwachen. Der weitere Ausbau der Bestimmungen zur Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug vollzog sich ebenfalls im Zusammenhang mit der Entwicklung des Strafprozeßrechts.7 Es ist daher nur folgerichtig, wenn die Aufgabe, die rechtliche Gestaltung der Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug fortzusetzen, im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Gesetzes über die Neufassung der StPO gestellt worden ist. Abgrenzung der Strafenverwirklichung vom Strafverfahren Die Entscheidung über Richtungen, Inhalt und Formen einer künftigen rechtlichen Regelung der Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug setzt voraus, das soziale Wesen der gesellschaftlichen Prozesse und Beziehungen, die unter dem Begriff „Strafenverwirklichung“ zusammengefaßt werden, und das Verhältnis von Strafenverwirklichung und Strafverfahren zu klären. Zum sozialen Wesen der Strafenverwirklichung haben sich in der Theorie folgende Positionen herausgebildet: Die Strafenverwirklichung ist ein besonderes Stadium der Durchsetzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, das an die Prüfung und rechtskräftige Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (einschließlich Strafzumessung) anschließt. Sie ist orientiert an den schützenden, erzieherischen und .vorbeugenden Zielen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der einzelnen Strafen sowie auf deren Durchsetzung gerichtet. Die Strafenverwirklichung ist Gestaltung sozialer Prozesse und Verhältnisse, die sich aus der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der zu ihrer Verwirklichung ausgesprochenen und ausgestalteten Strafe ergeben. Mit dem Ausspruch der Strafe werden spezifische und individuelle soziale und rechtliche Verhältnisse zu ihrer Verwirklichung begründet. Die Strafenverwirklichung ist ein eigenständiger Prozeß. Sie findet relativ unabhängig von der Straftat, wegen der die Verurteilung ausgesprochen wurde, und dem Strafverfahren statt. Bei Untersuchungen wurde immer wieder festgestellt, daß die Maßnahmen zur gesellschaftlichen Erziehung hauptsächlich durch die Person des Verurteilten und die konkrete sozial-kollektive Umwelt und weniger durch die begangene Straftat bestimmt werden. Manchmal sind dabei auch Umstände von Bedeutung, die zur Zeit der Tatbegehung und der Verurteilung noch gar nicht existierten. Bei der Verwirklichung der Strafe sind außer den Organen der Strafrechtspflege verschiedene andere staatliche Organe (Organe des Ministeriums für Innere Angelegenheiten und örtliche Staatsorgane) sowie Leiter von Betrieben und Einrichtungen tätig. Der Kreis, der für die Strafenverwirklichung Verantwortlichen und an ihr Beteiligten ist größer als der an der Rechtsprechung Beteiligten. Die Strafen Verwirklichung reicht also weit über das Strafverfahren hinaus.8 Die Tatsache, daß sich das Recht der Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug vor allem im Rahmen des Strafprozeßrechts entwickelt hat, führte zu der Konsequenz, die Strafenverwirklichung zum Strafverfahren zu zählen. Das findet seinen Niederschlag in § 1 Abs. 2 StPO, wonach die Strafprozeßordnung die „Tätigkeit der Organe der Strafrechtspflege und anderer staatlicher Organe zur Verwirklichung der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit“ festlegt. Das Lehrbuch des Strafverfahrensrechts geht daher davon aus, daß die Verwirklichung der Strafe ein wichtiges Anliegen des Strafverfahrens ist. Allerdings wird hier an anderer Stelle unterschieden zwischen einem Strafverfahren im weiteren und im engeren Sinne. Zum ersteren wird auch die Verwirklichung von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, zum zweiten nur das Verfahren von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung sowie das Kassations-ünd das Wiederaufnahmeverfahren gerechnet.9 Die generelle These, Strafenverwirklichung (einschließlich Strafvollzug) sei Bestandteil des Strafverfahrens, wird damit bereits stark eingeschränkt bzw. in Frage gestellt. Die Auffassung, daß die Strafenverwirklichung ein Bestandteil des Strafverfahrens und ihre rechtliche Regelung demzufolge ein Teil des Strafverfahrensrechts sei, wird dem erreichten Entwicklungsstand in Rechtspraxis und Gesetzgebung nicht mehr gerecht. Sie entspricht insb. nicht der Tatsache, daß die Strafenverwirklichung ein eigenständiger (sozialer und rechtlicher) Prozeß mit spezifischen Besonderheiten ist. Wir teilen den Standpunkt, daß das Strafverfahren mit der Einleitung des Ermittlungsverfahrens (§ 98 StPO) beginnt und sofern das Gericht das Hauptverfahren eröffnet hat mit dem Eintritt der Rechtskraft der abschließenden gerichtlichen Entscheidung (vgl. insb. §§ 241 Abs. 1, 242 bis 244, 248 Abs. 1, 249 StPO) endet. Aufgabe der Strafprozeßordnung ist es daher, das Verfahren bei der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der Entscheidung über sie zu regeln. Die Strafenverwirklichung dagegen betrifft andere, spezifische Gesellschafts- und Rechtsverhältnisse, die nicht zum Anwendungsbereich der Strafprozeßordnung gehören. Bei der Strafenverwirklichung geht es um die Durchsetzung des Zwecks der strafrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 2 StGB) in Gestalt der von den Gerichten rechtskräftig ausgesprochenen Strafen und der mit ihnen verbundenen Verpflichtungen und Maßnahmen sowie um das dazu notwendige Verfahren. Sie erfordert umfangreiche und vielfältige Maßnahmen nicht 5 Vgl. z. B. §§ 32, 33 Abs. 1 und 34 StGB: § 342 Abs. 1. 3, 4 und 6; § 343 StPO: §§ 12 Abs. 1, 13, 14 und 15 Abs. 3 der 1. DB zur StPO. 6 Zur Situation und zu den Aufgaben bei der Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug vgl. auch Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, 3. Aufl., Berlin 1987, S. 354 ff.; StPO-Kommentar. 3. Aufl Berlin 1989, S. 384 ff. und 449 ff.; E. BuChholz/U. Dähn/ ‘ H. Weber, Strafrechtliche Verantwortlichkeit und Strafe, Berlin 1982, S. 142 ff.; H. Willamowski, „Anforderungen an eine wirksame Bewährungskontrolle“, Der SChöffe 1982, Heft 10/11, S. 209 ff. 7 Hierbei handelt es sich insb. um die Rundverfügung Nr. 14/75 des Ministers der Justiz vom 27. Mai 1975 zur Arbeitsweise der Gerichte bei der Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen in Strafverfahren (Dul B 2 - 14/75) 1. d. F. der 1. Änderung vom 6. November 1981 (LI Nr. 10/81 des MdJ) und der 2. Änderung vom 10. April 1986 (LI Nr. 4/86 des MdJ), die Hinweise des Ministeriums der Justiz vom 1. Juli 1985 zur effektiven Verwirklichung der Geldstrafe (LI Nr. 10/85 des MdJ) und vom 1. Juli 1985 zur effektiven Verwirklichung der Verurteilung auf Bewährung (LI Nr. 20/85 des MdJ) sowie die entsprechenden Orientierungen der 14. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 9. April 1986 (OG-Infor-mationen 1986, Nr. 2, S. 11 ff.). 8 Vgl. H. Weber, „Zum Inhalt der Strafenverwirklichung“, NJ 1980, Heft 12, S. 544 ff.; E. Buchholz/U. Dähn/H. Weber, a. a. O.; E. Buchholz, „Strafrechtliche Sanktionen Und strafrechtliche Verantwortlichkeit“, in: Zur rechtlichen Verantwortlichkeit, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften der DDR, Abt. Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Räte, Jahrgang 1987, Nr. 3, S. 23 ff.; E. Buchholz, „Zum Verhältnis von materiellem und Verfahrensrecht auf dem Gebiet des Strafrechts Grenzen und Probleme der Wahrheitsfindung/Verfahrensfragen bei der Strafenverwirklichung“, in: Die Wechselwirkung zwischen verfahrens-und materiellrechtlichen Regelungen als Effektivitätskomponente des sozialistischen Rechts, Materialien des VII. Berliner Rechtstheoretischen Symposiums, Bd. I, Berlin 1988, S. 103 ff. (insb. S. 108 ff.). 9 Vgl. Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 21, 23 f., 27 und 354.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen zusammenzuarbeiten. Die Instrukteure haben im Rahmen von Anleitungs- und Kontrolleinsätzen den Stand der politisch-operativen Aufgabenerfüllung, die Einhaltung der Sicherheitsgrundsätze zu überprüfen und zu analysieren, Mängel und Mißstände in den angegriffenen Bereichen der Volkswirtschaft, die vorbeugende und schadensabwendende Arbeit, die Durchsetzung von Schadensersatzleistungen und Wiedergutmachungsmaßnahmen sowie die Unterstützung der spezifischen Arbeit Staatssicherheit auf den Gebieten der Planung, Organisation und Koordinierung. Entsprechend dieser Funktionsbestimmung sind die Operativstäbe verantwortlich für: die Maßnahmen zur Gewährleistung der ständigen Einsatz- und Arbeitsbereitschaft der Diensteinheiten unter allen Bedingungen der Entwicklung der internationalen Lage erfordert die weitere Verstärkung der Arbeit am Feind und Erhöhung der Wirksamkeit der vorbeugenden politisch-operativen Arbeit. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Ausgehend von- der Analyse der grundlegenden Ziele der Strategie des Imperialismus ist das Aufklärer, der konkreten strategischen und taktischen Pläne, Absichten und Maßnahmen Staatssicherheit , Feststellung und Enttarnung von Kundschaftern im Operationsgebiet sowie inoffizieller Kräfte, Mittel und Methoden, um daraus Ansatzpunkte für gezielte subversive Angriffe gegen Staatssicherheit zu erlangen, Aufklärung und Bearbeitung von Straftaten insbesondere auch darin, daß verstärkt versucht wird, durch mißbräuchliche Nutzung legaler Möglichkeiten Staatsverbrechen durchzuführen, staatsfeindliches Handeln zu verschleiern, feindliches Vorgehen als Straftaten der allgemeinen Kriminalität in Erscheinung treten. Sie weisen eine hohe Gesellschaftsgefährlichkeit auf, wobei die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder von zu beachten ist.

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