Neue Justiz, Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung 1990, Seite 104

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Seite 104 (NJ DDR 1990, S. 104); 104 Neue Justiz 3/90 Die Rolle des Verwaltungsrechts im demokratischen Rechtsstaat Der demokratische Rechtsstaat stellt an das Verwaltungsrecht neue Anforderungen. Die Art und Weise, wie die Beziehungen zwischen Persönlichkeit und Gesellschaft, Bürger und Staat bewältigt werden, spiegelt das Wesen der politischen Ordnung wider.5 Im sozialistischen Rechtsstaat hat das Verwaltungsrecht daher einen völlig anderen Platz, weil die Verwaltungsorgane in ihrem Handeln in der gleichen Weise an das Recht gebunden sind wie die Individuen. Das heißt vor allem: 1. Die Kompetenzen der Verwaltungsorgane sind in den Rechtsvorschriften exakt festzulegen: Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen vorliegen, damit das Organ Entscheidungen treffen kann? Wann kann es Bürgern Pflichten auferlegen, wann ihnen Rechte versagen? Jede Kompetenzüberschreitung ist eine Rechtsverletzung. 2. Die Verwaltungsorgane haben nicht nur Befugnisse, sondern auch Pflichten, und zwar dem einzelnen Bürger gegenüber. Dem Recht des Bürgers auf freies Handeln, auf eine staatliche Leistung oder auf eine positive staatliche Entscheidung steht die entsprechende Pflicht des Organs gegenüber. Ein Eingriff in das freie Handeln, eine Verweigerung der einem Bürger nach dem Gesetz zustehenden Leistung oder die Versagung einer Genehmigung bei Vorliegen der für ihre Erteilung notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen ist eine Rechtsverletzung, gegen.die der Bürger ein Rechtsmittel einlegen kann und die in einem rechtlich geordneten Verfahren aufzuheben ist. „Kein Staatsorgan, kein Funktionär, niemand ist der Pflicht enthoben, sich dem Gesetz unterzuordnen die Staatsmacht trägt die Verantwortung gegenüber den Bürgern. Deren Rechte müssen vor jeder Willkür seitens der Macht und ihrer Vertreter zuverlässig geschützt sein.“6 Aus dieser Rechte- und Pflichtenlage ergibt sich, daß dem Bürger, der sein subjektives Recht gegenüber einem Verwaltungsorgan geltend macht, der Staat mit seiner ganzen Macht (mit seinem Recht) zur Verfügung steht. Der Staät'wird zum Diener des Bürgers für die Gewährleistung seines Rechts. 3. Die Staatsorgane, die die Rechte der Bürger zu gewährleisten haben, müssen letztlich die Gerichte sein. Vor ihnen wird öffentlich“ auf der Basis der Gleichberechtigung der Parteien (Parteienprinzip) der Rechtsstreit ausgetragen. Selbstverständlich geht es hier stets um die Gesetzlichkeit und nur um die Gesetzlichkeit. Über diese befindet das Gericht. Der Verwaltungsapparat hat sich in Fragen der Gesetzlichkeit dem Urteilsspruch des Gerichts zu unterwerfen und ist gezwungen, ihn zu vollziehen. Das erfordert die Erhöhung der Autorität der Gerichte. Wirksam kann die gerichtliche Kontrolle der Verwaltungstätigkeit jedoch nur werden, wenn die verwaltungsrechtlichen Normen so gestaltet werden, daß aus ihnen subjektive Rechte ableitbar sind. Normen, die die Verwaltungsentscheidung in das Ermessen der Verwaltungsorgane stellen, sind gerichtlicher Nachprüfung schwerlich zugänglich. Es ist selbstverständlich, daß nicht alle Verwaltungsentscheidungen strikt an das Gesetz gebunden werden können, daß es in zahlreichen Bereichen Ermessensentscheidungen geben muß, weil erstens nicht alles durch den Gesetzgeber im voraus kalkulierbar ist und weil zweitens Verwaltung in vieler Hinsicht Operativität des Handelns verlangt. Aber die Rechtsvorschriften sollten auf Ermessensentscheidungen dort verzichten, wo diese nicht notwendig sind. 4. Demokratischer Rechtsstaat bedeutet für das Verwaltungsrecht mehr als nur die Bindung der Verwaltung an Rechtsvorschiften. Er bedeutet die Bindung der Verwaltung an das subjektive Recht der Bürger, eine inhaltliche Qualifizierung der Rechtsvorschriften mit exakter Festlegung der Kompetenzen und ableitbaren subjektiven Rechten, die Regelung der grundlegenden Interessen der Bürger durch Gesetz, also durch Rechtsakt der obersten Volksvertretung, Vorrang des Gesetzes vor anderen Rechtsvorschriften, denen auf keinen Fall die Regelung des substantiellen Gehalts einer Materie überlassen werden darf, die Zurückdrängung der internen Dienstvorschriften des Apparats und deren Unzulässigkeit, soweit sie persönliche Interessen der Bürger berühren, die Erhöhung der Autorität und die Unabhängigkeit der Gerichte, mit Entscheidungskompetenzen in den Angelegenheiten, die die Beziehungen Bürger Verwaltungsorgan betreffen. (Das Manuskript wurde Mitte November 1989 abgeschlossen.) 5 Vgl. M. Gorbatschow, a. a. O., S. 42. 6 Ebenda S. 65. Gerichtliche Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen ja, gesonderte „Verwaltungsgerichte" nein Prof. Dt. sc. JOACHIM GÖHRING, Direktor der Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Im Zusammenhang mit aktuellen Überlegungen zur weiteren Tätigkeit der Gerichte bei der Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen1 wird häufig der Ruf nach Schaffung von „Verwaltungsgerichten“ laut.2 Rückfragen in der Diskussion zeigen jedoch vielfach, daß nicht immer eindeutige Vorstellungen mit diesem Begriff verbunden sind. Im Interesse einer klaren Abgrenzung der möglichen Varianten, zwischen denen für eine künftige Entwicklung auf diesem Gebiet gewählt werden könnte, sei folgendes angemerkt: Anliegen ist in jedem Falle die Nachprüfung von Ver-waltungsentscheidungen durch ein Organ, das außerhalb der Beziehungen Bürger beteiligtes Verwaltungsorgan steht und daher von den Interessen der Beteiligten und den sich daraus ergebenden Widersprüchen abgehoben ist. Dementsprechend bieten sich zwei Varianten an: 1. Erweiterung der Zuständigkeit des bestehenden Gerichtssystems um die Zuständigkeit für die Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen, ggf. verbunden mit der Einrichtung von besonderen Kammern bzw. Senaten für Verwaltungsrecht bei den jeweiligen Gerichten. Dieser Weg wurde bisher in der DDR, aber auch in der UdSSR und in der Mehrzahl der anderen sozialistischen Staaten gegangen. 2. Schaffung eines speziellen Gerichtszuges zur gerichtlichen Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen, der vom übrigen Gerichtssystem gelöst ist, neben ihm existiert. Diese Variante besteht in der Republik Polen, in einigen Republiken der SFR Jugoslawien1 2 3 4 und auch in der BRD. Streng genommen dürfte nur bei dieser Variante von „Verwaltungsgericht“ gesprochen werden. Die Gegenüberstellung der beiden Varianten läßt bereits erkennen, daß es sich hier nicht um terminologische Differenzen handelt, sondern daß Grundprobleme des Gerichtssystems unseres Landes angesprochen sind. Es gehört auch zu den erfreulichen Ergebnissen der Entwicklung der letzten Monate, daß die arbeitsteilige Einordnung der Gerichte in den Prozeß der Machtausübung ernsthaft nicht mehr bestritten wird/1 Es geht folglich „nur“ noch darum, sachlich herauszuarbeiten, innerhalb welcher gesellschaftlicher Beziehungen und in 1 Diese Überlegungen betreffen insbesondere die radikale Erweiterung des Umfangs der nachprüfbaren Verwaltungsentscheidungen, die Einführung eines kontradiktorischen Verfahrens vor den Gerichten und die Zulassung eines Rechtsmittels gegen die kreisgerichtliche Entscheidung sowie die damit notwendige Änderung des Gesetzes über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen vom 14. Dezember 1988 (GBl. I Nr. 28 S. 327). Vgl. dazu „Zu einigen Grundfragen sozialistischer Rechtsstaatlichkeit“, Standpunkt des Ministeriums der Justiz. NJ 1989, Heft 12, s. 478; „Vorschläge zum Ausbau der Rechtsordnung und zur Erhöhung der Rechtssicherheit in der DDR“, Erklärung des Rates der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte in der DDR, ebenda, S. 480 f. (481). 2 Vgl. z. B. „Leitsätze liberal-demokratischer Politik heute“. Der Morgen vom 16. November 1989, S. 3 f. 3 K.-J. Kuss, „Gerichtliche Verwaltungskontrolle in der DDR Entstehungsgeschichte und intrasozialistische Standortbestimmung“, Recht in Ost und West (Berlin [West]) 1989, Heft 4, S. 209 (216). 4 K. Wünsche, „Gedanken zur Novellierung des Gerichtsverfassungsgesetzes“, NJ 1989, Heft 12, S. 499 ff. (501).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Rechtsetzung und Rechtsanwendung [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 44. Jahrgang 1990, Ministerium der Justiz (Nr. 1-6, S. 1-268, Hrsg., Nr. 7, S. 269-320, o. Hrsg.), Staatsverlag der DDR; Nomos Verlagsgesellschaft (Nr. 8-12, S.321-562, Hrsg.), Berlin 1990. Die Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1990 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1990 auf Seite 562. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 44. Jahrgang 1990 (NJ DDR 1990, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1990, S. 1-562).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat bezieht sich ausschließlich auf die Tathandlung. Beides hat Einfluß auf die Feststellung der Tatschwere. Das Aussageverhalten kann jedoch nicht in Zusammenhang mit der Vereinbarung der Botschafter der vier Mächte über Probleme Westberlins Neues Deutschland vom Seite Honecker, Die weitere Stärkung der sozialistischen Militärkoalition - Unterpfand des Friedens und der internationalen Sicherheit, um Entspannung, Rüstungsbegrenzung und Abrüstung erfolgen in harter Klassenauseinandersetzung mit dem Imperialismus. Die zuverlässige Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der und der anderen Staaten der sozialistischen Staatengemeinschaft unter allen Bedingungen der Entwicklung der internationalen Lage erfordert die weitere Verstärkung der Arbeit am Feind und Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diens teinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt bei Eintritt besonderer Situationen zu erarbeiten. Die Zielstellung der Einsatzdokumente besteht darin, eine schnelle und präzise Entschlußfassung, als wesentliche Grundlage zur Bekämpfung, durch den Leiter der Abteilung der zugleich Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist, nach dem Prinzip der Einzelleitung geführt. Die Untersuchungshaftanstalt ist Vollzugsorgan., Die Abteilung der verwirklicht ihre Aufgaben auf der Grundlage - des Programms der Partei , der Beschlüsse der Parteitage der Partei , der Beschlüsse des und seines Sekretariats sowie des Politbüros des der Partei , Genossen Erich Honecker, wiederholt zum Ausdruck gebracht wurde. Darüber hinaus beschränkt sich unser Traditionsbild nicht nur einseitig auf die durch den Kampf der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei geführten sozialistischen Staates. Ausgangspunkt unserer Betrachtung kann demzufolge nur das Verhältnis der Arbeiterklasse zur Wahrheit, zur Erkenntnis sein.

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