Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 90

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 90 (NJ DDR 1976, S. 90); immer vom Stand der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung und von ihren Perspektiven abhängig ist. Demzufolge ist das Verhältnis der Rechte und Pflichten zueinander weitgehend vom Entwicklungsstand der Produktion und der Versorgungseinrichtungen im Bereich der individuellen Konsumtion abhängig. Damit wird jedoch keineswegs die dialektische Einheit von Rechten und Pflichten durchbrochen; unterschiedlich ist in den einzelnen Rechtsinstituten lediglich die Gewichtung der Rechte und Pflichten, die analog der dynamischen Entwicklung der Gesellschaft ständigen progressiven Entwicklungen unterhegt. Die Einheit von Rechten und Pflichten als Element der Rechtssicherheit Für die Regelungsbereiche des ZGB ist das Prinzip der Einheit von Rechten und Pflichten mitbestimmend dafür, inwieweit es um dispositive oder zwingende Regelungen geht. Damit wird dieses Prinzip gleichzeitig zu einem wesentlichen Element der Rechtssicherheit. Die Rechtssicherheit bedingt zunächst, daß die Auferlegung von Pflichten durch zwingende normative Regelungen nur dann sinnvoll ist, wenn sie die Zivilrechtssubjekte erreichen und jederzeit kontrollierbar und durchsetzbar sind. Dies ist z. B. bei solchen Verträgen absolut gewährleistet, durch die die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken verändert werden sollen, da diese Verträge nicht ohne staatliche Genehmigung und notarielle Beurkundung realisiert werden können. Anders hingegen ist es auf dem Gebiet der Wohnungsmiete. Hier gibt es vornehmlich bei Vermietern der nichtsozialistischen Eigentumsformen viele Mietverhältnisse, die nicht auf einem schriftlichen Mietvertrag begründet sind, und es wäre auch mit der Einführung einer zwingenden Formvorschrift in das ZGB nicht gewährleistet, daß die Schriftform eingehalten wird. Da eine solche Regelung nicht kontrollfähig und damit generell nicht durchsetzbar gewesen wäre, hätte sie im Nichtbefolgungsfall durch die Vertragspartner von Anbeginn zu Inkonsequenzen in der Durchsetzung des Wohnungsmietrechts führen müssen, die das ZGB in seiner gesellschaftlichen Wirksamkeit nachteilig beeinflußt hätten./5/ Die anstrebenswerte Schriftform des Mietvertrags wurde deshalb in § 100 Abs. 1 ZGB in einer Soll-Vorschrift geregelt und damit die allseitige Verwirklichung des begründeten Anliegens, mit der klaren Fixierung der sich aus dem Wohnungsmietverhältnis ergebenden gegenseitigen Rechte und Pflichten konfliktvorbeugend zu wirken, der Überzeugungsebene zugeordnet. Insbesondere die staatlichen Organe der Wohnraumlenkung werden bei der Aushändigung von Wohnungszuweisungen auf den schriftlichen Abschluß der Mietverträge zu orientieren haben. Für die Gerichte ist ein solches rechtserzieherisches Wirken vor allem in der Rechtsprechung und in der Rechtsauskunft geboten. Die Durchsetzbarkeit der Einheit von Rechten und Pflichten bedingt weiterhin, daß die betreffenden Adressaten die ihnen vom Gesetz auferlegten Rechtspflichten auch nach vernünftigen Maßstäben der Lebenserfahrung erfüllen können. Darauf sind die zur gesellschaftsgemäßen Gestaltung bestimmter Rechtsverhältnisse notwendigen Mitteilungspflichten der Bürger in Inhalt und Umfang abzustellen. So ist im Dienstleistungsbereich primär der Dienstleistungsbetrieb verpflichtet, den Bürger als Auftraggeber sachkundig zu beraten (§ 168 Abs. 1 /Sl Die Nichteinhaltung einer zwingenden Schriftform hatte hier nicht zu der gemäß § 66 Abs. 2 ZGB folgenden Vertragsnichtigkeit, sondern zu einer Auslegung als heilbarer Formmangel führen müssen. Vgl. R. Nissel/H. Reinwarth, „Probleme der Bestimmungen über die Wohnungsmiete im Entwurf des Zivilgesetzbuches der DDR“, Staat und Recht 1975, Heft 2, S. 247 fl. (254). ZGB). Eine etwaige Mitteilungs- und damit Mitwirkungspflicht besteht für den fachunkundigen Bürger gemäß § 170 Abs. 2 ZGB nur hinsichtlich „ihm bekannter“ Mängel oder Eigenschaften, die eine besondere Behandlung oder Bearbeitung erfordern. Auch bei Verträgen über die Aufbewahrung von Sachen wird eine Mitteilungspflicht des Bürgers nur dann begründet, wenn ihm Gefahren bekannt sind, die von der Sache ausgehen können, oder Umstände, die eine besondere Behandlung der Sache notwendig machen (§ 227 ZGB). Die allseitige Wahrnehmung von Rechten und Pflichten Ein weiteres Element der Einheit von Rechten und Pflichten ist ihre allseitige Wahrnehmung und Verfolgung. Das ZGB regelt vorzugsweise die Pflichten der Vertragspartner und läßt sie daraus ihre Rechte ableiten. Das entspricht nach M. Posch dem Wesen der Rechtspflicht in der sozialistischen Gesellschaft: Es ist in das Ermessen des Bürgers gestellt, ob und inwieweit er sein Recht behaupten und geltend machen will; jedoch ist ihm auferlegt, seinen Rechtspflichten freiwillig und gewissenhaft nachzukommen./6/, Dieser im Kern richtige Gedanke kann aber m. E. dahin verstanden werden, daß es für die sozialistische Gesellschaft von untergeordneter Bedeutung sei, in welcher Weise das Ermessen zur Wahrnehmung von Rechten ausgeübt wird. Das ist jedoch keineswegs so. Vielmehr liegt in diesem Ermessen ein kritischer Punkt in der Verwirklichung des sozialistischen Zivilrechts und der Effektivität seiner gesellschaftlichen Wirksamkeit. Das Ziel, die bewußte Teilnahme der Bürger an der Gestaltung der sozialistischen Lebensverhältnisse zu stimulieren, kann nur erreicht werden, wenn die Bürger ihnen zustehende Rechte auch tatsächlich ausüben. Es kann daher nicht gleichgültig sein, ob die Bürger um diese geht es hierbei vornehmlich ihre subjektiven Rechte verfolgen oder sich gegen ungerechtfertigte Inanspruchnahmen wenden./7/ Staat und Gesellschaft müssen im Interesse der Festigung und Weiterentwicklung der sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse grundsätzlich daran interessiert sein, daß die Bürger von ihrem verfassungsmäßigen Grundrecht auf Mitgestaltung des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens umfassend Gebrauch machen, und dazu gehört auch die Wahrnehmung zivilrechtlicher subjektiver Rechte. „Das subjektive Recht ist genau wie die Pflicht objektiv bedingt. Die individuellen Berechtigungen, die eine Rechtsnorm enthält, sind kein Tummelplatz für Individualismus oder betriebs- bzw. gruppenegoistisches Verhalten Die Verwirklichung individueller Berechtigungen, die sich aus Rechtsnormen ergeben, ist deshalb nicht ein privates Anliegen der Betreffenden. Subjektive Rechte wahrzunehmen und zu verwirklichen ist Kraftentfaltung des einzelnen innerhalb der Kraftentfaltung der Gesellschaft.“/8/ Damit wird die Durchsetzung der im ZGB fixierten Einheit von Rechten und Pflichten zu einer aktuellen Angelegenheit der sozialistischen Rechtspropaganda mit spezifischen Sach- und Adressatenbezügen. Sie muß als wichtiger Bestandteil der Rechtserziehung und sozialistischen Bewußtseinsbildung davon bestimmt werden, daß die Bevölkerung in unterschiedlicher Weise die sie betreffenden juristischen Bestimmungen mit ihren sich daraus ergebenden rechtlichen Folgerungen kennen muß./9/ Wenn beispielsweise die Analyse einiger tau- /6I Vgl. M. Posch, a. a. O., S. 211. hl Vgl. hierzu auch F. Nlethammer/K. Schumann, „Die Verwirklichung der subjektiven Rechte und Pflichten Im Zivil-recht“, Staat und Recht 1962, Heft 3, S. 508 fE. /8/ Marxistisch-leninistische Staats- und Rechtstheorie, Lehrbuch, Berlin 1975, S. 437/438. /9/ Vgl. Marxistisch-leninistische Staats- und Rechtstheorie, a. a. O., S. 472. 90;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 90 (NJ DDR 1976, S. 90) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 90 (NJ DDR 1976, S. 90)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten.

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