Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 735

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 735 (NJ DDR 1976, S. 735); die die Achtung der Gesetze und die Einhaltung von Ordnung, Disziplin und Sicherheit aus einer gefestigten sozialistischen Grundeinstellung zum eigenen, selbstverständlichen Anliegen werden./2/ Zugleich müssen die Gerichte alle gesellschaftlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Rechtsverletzungen Jugendlicher wirksam zu bekämpfen und zu verhüten sowie die konkreten Ursachen und die begünstigenden Umstände von Straftaten Jugendlicher aufzudecken und- zu überwinden. Bei der Einschätzung von Rechtsverletzungen Jugendlicher ist stets davon auszugehen, daß für die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen eine positive Einstellung zum sozialistischen Staat und zur Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit sowie ein hohes Verantwortungsbewußtsein bei der Erfüllung der ihnen gestellten Aufgaben zur weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft kennzeichnend ist. Um so unduldsamer wird die sozialistische Gesellschaft gegenüber Straftaten Jugendlicher. Die vorbeugende Bekämpfung der Jugendkriminalität wird mit von der Aufgabe bestimmt, an bereits Vorhandene sozialistische Persönlichkeitseigenschaften anzuknüpfen und kommunistische Denk- und Verhaltensweisen zu vermitteln und zu prägen. Dabei sind negative Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich mit geeigneten Methoden zu überwinden. So gesehen beginnt der Kampf gegen die Jugendkriminalität nicht erst damit, daß gegenüber dem jugendlichen Täter die richtige Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgesprochen und verwirklicht wird. Vielmehr besteht das rechtspolitische Anliegen darin, die Vorzüge der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu nutzen, um Straffälligkeit von vornherein zu verhindern. Der Beitrag der forensischen Psychologie zur Verhütung der Jugendkriminalität Wichtig für eine wirksame Bekämpfung und Vorbeugung von Straftaten Jugendlicher ist auch die Zusammenarbeit der Gerichte mit psychologisch erfahrenen Sachverständigen, die im Jugendstrafverfahren mitwir-ken, wenn es begründete Zweifel an der Schuldfähigkeit des Täters gibt./3/ Diese Zusammenarbeit wird in dem Maße wirksam sein, wie es gelingt, über die Prüfung der Schuldfähigkeit (§ 66 StGB) hinausgehende Aussagen zur Überwindung jener Umstände, die sich straftatbegünstigend ausgewirkt haben, und zur weiteren Gestaltung der Erziehungs- und Lebensverhältnisse des Jugendlichen zu machen./4/ Dieses Anliegen entspricht der gesetzlichen Regelung des § 74 StPO. Für sich allein darf es jedoch nicht Anlaß zur Begutachtung sein. Die Beiziehung eines Gutachtens ist nur bei begründeten Zweifeln an der Schuldfähigkeit gerechtfertigt. In diesen Fällen sollte jedoch die Sachkunde der Gutachter noch stärker in dem dargelegten Umfang genutzt werden. Die Erfahrungen, zeigen, daß die Nutzung des Wissens der psychologischen Sachverständigen im Ergebnis einer notwendigen Begutachtung des Straftäters dazu beitra- 121 Vgl. H. Toeplitz, „Erste Schlußfolgerungen für die Rechtsprechung aus dem IX. Parteitag der SED“, NJ 1976 S. 413 f. 131 Vgl. dazu den Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 30. Oktober 1972 über die Voraussetzungen für die Beiziehung forensischer Gutachten zur Prüfung der Zurechnungsfähigkeit (§§15, 16 StGB) und der Schuldfähigkeit (§66 StGB) von Tätern (NJ-Beilage 4/7? zu Heft 22) sowie den Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 7. Februar 1973 zur Arbeitsweise bei der Einholung und Prüfung psychiatrischer und psychologischer Gutachten (NJ-Beilage 2/73 zu Hfeft 6). lil Die Zusammenarbeit mit forensischen Psychiatern soll hier weitgehend außer Betracht bleiben, da im Zusammenhang mit der Prüfung der Schuldfähigkeit eines Jugendlichen in der Regel Fragen zu beurteilen sind, die der psychologischen Bewertung unterliegen. Soweit ein Kollektivgutachten zu erstatten ist, beziehen sich die hier dargelegten Anforderungen ebenfalls darauf. gen kann, die Qualität des Strafurteils und somit seine gesellschaftliche Wirksamkeit zu erhöhen und den Erziehungsprozeß des jugendlichen Rechtsverletzers wirksamer zu gestalten. Es ist Aufgabe des Gerichts, die Gutachter ggf. bereits mit der Gutachtenanforderung zu solchen Aussagen zu veranlassen und diese für die vorbeugende Tätigkeit zu nutzen, d. h. sie in den gesellschaftlichen Erziehungsbereichen des Straftäters umzusetzen. Bei den Straftätern handelt es sich recht häufig um solche Jugendliche, die mit persönlichen Schwierigkeiten, Konflikten und entwicklungsbedingten Problemen nicht immer in einer der sozialistischen Lebensweise entsprechenden Art und Weise fertig wurden und sie im Widerspruch zu den gesellschaftlichen Anforderungen zu lösen versuchten. In bezug auf strafbare Handlungenjugendlicher sind aber auch jene Bedingungen zu beachten, die sich aus schlechten Familien- und sonstigen Erziehungsverhältnissen sowie anderen ungünstigen Einflüssen (z. B. Alkoholmißbrauch, negative jugendliche Gruppierungen und andere negative Einwirkungen von Personen, mit denen der Jugendliche Kontakt hat) oder aus gestörten Entwicklungsprozessen infolge verschiedenartigster psychischer Auffälligkeiten im Persönlichkeitsbereich des Jugendlichen ergeben, die u. U. kriminalitätsbegünstigend wirken. Vor allem im Zusammenhang mit ungünstigen Bedingungen im Lebens-i und Persönlichkeitsbereich des Jugendlichen kann es zu Be- „ einträchtigungen des Prozesses des Hineinwachsens des Jugendlichen in die gesellschaftliche Verantwortung kommen. Dabei- ist auch zu berücksichtigen, daß sich die entwicklungsbedingten Besonderheiten des Jugendalters bei Jugendlichen, die unter ungünstigen Entwicklungsbedingungen aufwachsen, negativ auswirken können. Es kommt deshalb darauf an, den Entwicklungsverlauf der Jugendlichen so störfrei wie möglich zu gestalten. Aus negativen Bedingungen im Lebens- und Persönlichkeitsbereich des Jugendlichen können soziale Fehlhaltungen resultieren. Sie beginnen mitunter schon im Kindesalter (Weglaufen, Schuleschwänzen, kleine Diebereien von Naschwerk, Zigaretten usw.) und können sich zu erheblichen sozialen Fehlentwicklungen verfestigen. Daraus resultieren dann wiederum jene negativen Einstellungen, Motivationen und Verhaltensweisen zu gesellschaftlichen Anforderungen, die letztlich die Entscheidung zur Begehung einer Straftat maßgeblich determinieren können. Untersuchungen der Gerichte zum Problem des Straffälligwerdens Jugendlicher und zu deren Rückfälligkeit haben ergeben, daß negative eine normale Entwicklung hemmende Faktoren zum Teil nicht bzw. nicht frühzeitig genug erkannt und ernst genommen wurden oder daß ihnen nicht mit den geeigneten Methoden entgegengewirkt wurde, so daß sie, im wesentlichen unbeeinflußt, weiteren Entwicklungsschaden anrichten konnten. Deshalb kommt dem frühzeitigen Erkennen derartiger Entwicklungsstörungen audi mit Hilfe der Sachverständigen eine große Bedeutung bei der wirksamen Verhütung der Jugendkriminalität zu. Soweit Jugendliche Straftaten begehen und sich vor einem staatlichen Gericht zu verantworten haben, ergibt sich die kriminalitätsvorbeugende Bedeutung dieser Forderung aus der Aufklärungspflicht gemäß § 69 StPO. Sie dient dazu, die richtigen Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit zu treffen und den gesellschaftlichen Integrationsprozeß des Jugendlichen sinnvoll und wirksam zu unterstützen (individuelle Ausgestaltung von Bewährungsverurteilungen entsprechend den jeweiligen persönlichen und sozialen Gegebenheiten). Bei rückfälligen jugendlichen Straftätern ist insbesondere anhand des Intervalls der Rückfälligkeit zu prüfen, ob und ggf. 735;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen gegebenen Orientierungen auf Personen Personenkreise entsprechend der konkreten politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich durch die Leiter umzusetzen und zu präzisieren. Durch exakte Vorgaben ist zu gewährleisten, daß die erarbeiteten Informationen. Personenhinweise und Kontakte von den sachlich zuständigen Diensteinheiten genutzt werden: die außerhalb der tätigen ihren Möglichkeiten entsprechend für die Lösung von Aufgaben zur Gewährleistung der allseitigen und zuverlässigen Sicherung der und der sozialistischen Staatengemeinschaft und zur konsequenten Bekämpfung des Feindes die gebührende Aufmerksamkeit entgegen zu bringen. Vor allem im Zusammenhang mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Unterweisung wie auch alle anderen Mechanismen der Einstellungsbildung nicht nur beim Entstehen feindlich-negativer Einstellungen, sondern auch beim Umschlagen dieser Einstellungen in feindlich-negative Handlungen Feindlich-negative Einstellungen stellen - wie bereits im Abschnitt dargelegt wurde - mit ihrer Eigenschaft als Handlungstendenz die Bereitschaft der betreffenden Bürger zu einem feindlich-negativen Handeln dar.

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