Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 713

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 713 (NJ DDR 1976, S. 713); halten von der strafwürdigen Schwere nazistischer Gewaltverbrechen abzulenken. Der mit der angezeigten Diskriminierung des Nebenklagevertreters erfolgte bewußte Angriff gegen den von dem Schwurgericht hinsichtlich der Durchführung des fraglichen Verfahrens zu sichernden Rechtsfrieden wird in seinem vollen Umfang erst durch die Tatsache offenbar, daß der Beschuldigte seinerzeit als Anwalt des Staates, der sowohl in der höchstrichterliehen Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland wie der aller anderen Kulturstaaten seinem Charakter nach als Verbrecherstaat bezeichnet wird, in dessen Terroratmosphäre dienstlich tätig war. Zum Beweis hierfür werden die Fotokopien amtlicher Protokolle über die Vollstreckung ,von Todesurteilen überreicht, an denen der Beschuldigte als Leiter der Vollstreckung dienstlich teilnahm Schließlich ist das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung noch jedoch nicht zuletzt! aus folgendem Grunde zu bejahen: Der Beschuldigte beschimpfte öffentlich die Deutsche Demokratische Republik durch die Inverbindungsetzung mit der Staatsangehörigkeit der Anzeigenden als „Sowjetische Besatzungszone und verbrecherisches System“. Er hat dadurch in einer dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen den beiden Staaten vom 21. Dezember 1972 zuwiderlaufenden Weise den durch diesen Vertrag geschaffenen Rechtsfrieden zu stören versucht. Auszug aus dem Bescheid des Leiters der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt/Main vom 7. Oktober 1976: .wird die Beschwerde der Rechtsanwälte Prof. Dr. Kaul und Dr. Matthäus verworfen. Die beanstandete Äußerung (des Rechtsanwalts Stolting II) sollte der Unterstützung des gegen die Nebenklagevertreter gerichteten Ausschließungsantrags dienen. Sie wurde vor der begrenzten Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung, also im Berufskreis der Beteiligten abgegeben Die Rechtsanwaltskammer Frankfurt/Main, um ihre Stellungnahme in standesrechtlicher Hinsicht gebeten, hat sich wie folgt geäußert: Mangel an „rechtem Geist" Er wird seines Lebens nicht mehr froh sein können: Dr. Werner Holtfort, Präsident der Notarkammer in Celle/BRD, Mitglied der SPD, 56 Jahre alt. Brandanschläge auf das Haus in der hannoverschen Innenstadt, in dem er wohnt, nächtliche anonyme Anrufe mit wüsten Beschimpfungen, offene Drohungen „Wir machen Werner Holtfort nieder“, die als Flugblätter die Runde machen, und viele andere Schikanen zeugen von einem stabsmäßig organisierten Kesseltreiben gegen diesen Juristen. Der Grund: Er hatte die Stirn, sich auf Prinzipien zu besinnen, die dem Bonner Grundgesetz seinerzeit das Geleit geben sollten. Es begann damit, daß Holtfort bei einem Empfang im Galeriegebäude des einstigen Weifenschlosses Herrenhausen anläßlich des „Deutschen Notartages“ der BRD im Jahre 1973 in seiner Eigenschaft als Gastgeber der Veranstaltung Bemerkungen machte, die mißfielen. Prominente Teilnehmer hielten es für höchst despektierlich und skandalös, daß der Kammerpräsident nicht anerkennende und dankbare Worte für die Familie derer fand, die bis 1866 als fürstliches Geschlecht die Steuern der Bürger von Hannover und Celle kassiert und es sich auf dem Rücken des „gemeinen Volkes“ hatten Wohlergehen lassen. Der frühere Celler Oberbürgermei- ' ster Blanke, Freund des Fürstenhauses in ungebrochener Treue und Verehrung, beklagte die redlichen Äußerungen Holtforts jedenfalls als Mangel an „rechtem Geist“ und nannte es ungeheuerlich, durch freimütigen Umgang mit der Geschichte „das eigene Nest zu beschmutzen“ . Wem die „Welfen“ nicht paßten, der möge gefälligst in „ein anderes Land umziehen“, meinte Monokelträger Blanke. Zu blankem Haß und massiver Hetze steigerten sich die „Nach Auffassung des Vorstandes ist ein standeswidriges Verhalten des RA Stolting II nicht festzustellen. Dieser hat mit seiner Äußerung über das Regierungssystem der DDR seine persönliche Meinung zum Ausdruck gebracht. Dies kann einem Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland nicht verwehrt werden. Da der Nebenklägervertreter RA Prof. Dr. Kaul sich mit der von RA Stolting II kritisierten Regierung der DDR identifiziert und Maßnahmen dieses Regierungssystems billigt, muß sich zwangsläufig eine Kritik am Regierungssystem der DDR auch auf den Nebenklagevertreter auswirken.“ Auch diese Stellungnahme eines berufenen Organs der Anwaltschaft spricht dafür, daß kein Anlaß besteht, gegen den Beschuldigten wegen der beanstandeten Äußerung im Offizialverfahren einzuschreiten. Auszug aus dem Empfangsbestätigungs-Schreiben von Prof. Dr. Kaul vom 22. Oktober 1976 an den Leiter der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt/ Main: In der Angelegenheit des ehemaligen, in der Zeit der Nazibesetzung Polens als Aufsichtsorgan bei der Er-hängung polnischer Bürger diensttuenden Staatsanwalts und jetzigen beim Landgericht Frankfurt/Main zugelassenen Rechtsanwalts Dr. Stolting II habe ich zwei beglaubigte Abschriften Ihrer Entscheidung vom 7. Oktober 1976 erhalten. Die in Ihrem Schreiben enthaltene Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer / Frankfurt/Main, mit der Sie sich offenbar identifizieren, da Sie sie ja sonst nicht zitiert hätten, ist rechtlich irrelevant. Ganz abgesehen davon, daß die fragliche Institution keinerlei Kompetenz für die Entscheidung über die Strafverfolgung des von mir angezeigten Delikts des in der Nazizeit als Staatsanwalt tätig gewesenen jetzigen Rechtsanwalts Stolting II besitzt, sind mir derartige Gesinnungsdiskriminierungen bereits aus der Zeit bekannt, in der die Justiz der Weimarer Republik ihren Beitrag für die Errichtung der Nazidiktatur leistete. Auch steht die Ansicht, daß die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik schrankenlos gilt, dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 2 des Grundgesetzes der BRD vom 23. Mai 1949 entgegen. Attacken der Weifenanhänger und ihresgleichen, als Holtfort dem die „Deutsche Richterzeitung“ der BRD inzwischen ein „marxistisches Rollenverständnis“ zuordnete später gegen die Zulassung eines ehemaligen Reichsamtsleiters als Rechtsanwalt auftrat. Dieser Mann hatte lange Zeit verschwiegen, daß er unter Hitler-Intimus Bormann in der Nazi-Parteikanzlei gedient und dort nach Bormanns Bekundungen als besonders zuverlässig gegolten hatte. Als es wegen der Zulassung zur Anwaltschaft in der Rechtsanwaltskammer zur Abstimmung kam, bewirkte eine starke Gruppe im Kammervorstand ein Patt-Ergebnis. Die in einem solchen Falle ausschlaggebende Stimme des Vorsitzenden Behrens, Rechtsanwalt und Notar in Celle, entschied zugunsten des Nazi-Würdenträgers Behrens war einst selbst Ortsgruppenleiter der Nazipartei! Es spricht für sich, daß der treue Gehilfe des „Führers“ nun den Spieß umdrehen und gegen den inzwischen aus dem Kammervorstand ausgeschiedenen Holtfort in einem ehrengerichtlichen Verfahren zu Felde ziehen konnte. Holtforts Auffassung, das „Korps der Politischen Leiter der NSDAP sei eine vom Nürnberger Gerichtshof für verbrecherisch erklärte Organisation“, beurteilte die erzkonservative Mehrheit des Kammervorstandes als einen standesehrenwidrigen Verstoß gegen das Gebot der „Kollegialität“. Damit schlug’s im BRD-Land Niedersachsen nun freilich noch immer nicht den Boden aus. Nachdem sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hatte und gegen Holtfort ermittelt worden war, kam die Sache auf den Tisch des Justizministeriums. Der zuständige Abteilungsleiter Schulz prüfte lange. Und er war dafür nach Auffassung der Ministerialhierarchie auch der „rechte Mann“. Denn 713;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 713 (NJ DDR 1976, S. 713) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 713 (NJ DDR 1976, S. 713)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichteten Handlungen zu initiieren und mobilisieren. Gerichtlich vorbestrafte Personen, darunter insbesondere solche, die wegen Staatsverbrechen und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten der allgemeinen Kriminalität durch die zuständige Diensteinheit Staatssicherheit erforderlichenfalls übernommen werden. Das erfordert auf der Grundlage dienstlicher Bestimmungen ein entsprechendes Zusammenwirken mit den Diensteinheiten der Deutschen Volkspolizei und den anderen Organen des in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den Aufgaben Yerantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften ist zu welchem Zweck zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken? Welche weiteren Informationsquellen und -Speicher sind für die weitere Bearbeitung an den zuständigen Leiter; die Führung der Übersicht über die Ergebnisse der weiteren politischoperativen Arbeit zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien und die ständige Information des Leiters der Diensteinheit über die durchgeführte überprüfung. Während des Aufenthaltes im Dienstcbjskt sind diese Personen ständig durch den benannten Angehörigen der Diensteinheit zu begleiten. Dieser hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der konzeptionellen Vorgaben des Leiters und ihrer eigenen operativen Aufgabenstellung unter Anleitung und Kontrolle der mittleren leitenden Kader die Ziele und Aufgaben der sowie die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren. Der inoffizielle vermittelt - wie der offizielle - Gewißheit darüber, daß die im Prozeß der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet ist die Aufklärung und Bearbeilrung solcher eine Hauptaufgabe, in denen geheime Informationen über Pläne und Absichten, über Mittel und Methoden des Gegners in seinem feindlichen Vorgehen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der werden öffentlichkeitswirksam und mit angestrebter internationaler Wirkung entlarvt.

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