Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 702

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 702 (NJ DDR 1976, S. 702); I Erhöhung der erzieherischen Wirksamkeit der Strafaussetzung auf Bewährung, durch Maßnahmen zur Wiedereingliederung gemäß §§ 47, 48 StGB und durch die Androhung des Vollzugs des Restes der Freiheitsstrafe ausgestaltet. Mit der Entlassung aus der Strafvollzugseinrichtung beginnt die Wiedereingliederung des Verurteilten in das gesellschaftliche Leben, die durch die örtlichen Räte geleitet und unterstützt wird (§ 59 Abs. 1 SVWG). Insoweit trägt die festgesetzte Bewährungszeit Doppelcharakter, denn zum einen bedeutet sie die weitere Verwirklichung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und zum anderen Wiedereingliederung in das Leben unserer Gesellschaft. Obwohl die Strafaussetzung auf Bewährung Ähnlichkeiten mit der Verurteilung auf Bewährung gemäß § 33 StGB aufweist, ist ihr Rechtscharakter unterschiedlich. Die Verurteilung auf Bewährung ist eine Kriminalstrafe, ist staatliche Reaktion auf eine Straftat. Sie fordert vom Verurteilten in rechtlich verbindlicher Weise und unter Androhung von Sanktionen ein bestimmtes Verhalten. Es Wird ihm die generelle Pflicht zur Bewährung und Wiedergutmachung auferlegt, die verstärkt durch spezifische Pflichten und durch staatliche Kontrollmaßnahmen ausgestaltet werden kann. Damit kann sie ihren Zweck als Strafe besser erfüllen, „und ihr Charakter als Kriminalstrafe wird sowohl für den Verurteilten als auch für die Bevölkerung deutlich erkennbar“./!/ Die Strafaussetzung auf Bewährung ist dagegen nicht den Strafarten zuzuordnen. Sie ist die Reaktion auf ein positives, mit der Freiheitsstrafe angestrebtes Verhalten des Verurteilten. „Sie ist also das Ergebnis der erzieherischen Wirkung der Freiheitsstrafe.“/ Damit wird positives, gesellschaftlich nützliches Verhalten bei der Verwirklichung der Strafe anerkannt. Noch nicht völlig überwunden ist die Auffassung, die Strafaussetzung auf Bewährung trage Ausnahmecharakter, weil sie das Urteil angreife. Damit wird verkannt, daß das konkrete Strafmaß im Urteil eine Individualmaßnahme ist und die Strafaussetzung auf Bewährung eine weitere Individualisierung’dieser Maßnahme im Interesse einer effektiven Strafenverwirklichung darstellt. Ihre Anwendung beweist den erfolgreichen Verlauf der Verwirklichung der festgesetzten Freiheitsstrafe. Das Urteil wird also damit nicht korrigiert, sondern es wird gerade von der Richtigkeit der Entscheidung des Gerichts ausgegangen. Funktionen der Strafaussetzung auf Bewährung Die Strafaussetzung auf Bewährung ist sowohl ein wesentliches Erziehungsinstrument für die Arbeit im Strafvollzug als auch nach Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug eine wirksame Maßnahme für die Durchführung des Erziehungsprozesses in der Bewährungszeit und bei der Wiedereingliederung. Bedingt durch das gesellschaftliche Interesse an einer schnellen und wirksamen Erziehung des Straftäters, ist die Erziehung im Strafvollzug von Anfang an so ausgestaltet, jlaß der Verurteilte auf seine Pflichterfüllung in der Gesellschaft vorbereitet wird. Diesem Anliegen entspricht es, jeden Verurteilten zu dem Zeitpunkt zu entlassen, zu dem gemäß § 45 StGB die Voraussetzungen für eine gesellschaftliche Erziehung vorhanden sind. Die Strafaussetzung auf Bewährung fördert und erleichtert auch den für jeden Strafgefangenen komplizierten Übergang vom Leben in der Strafvollzugseinrichtung zum gesellschaftlichen Leben. tV H. Duft/H. Weber, „Höhere Wirksamkeit der Verurteilung auf Bewährung und der Strafaussetzung auf Bewährung“, NJ 1975 S. 34 fl. (35). 121 Ebenda, S. 39. Dabei ist dem Zeitpunkt und der Ausgestaltung der Strafaussetzung, insbesondere der Dauer der Bewährungszeit, sowie der inhaltlichen Vorbereitung der Wiedereingliederung große Aufmerksamkeit zu schenken. Das Gericht trägt dafür mit seiner Entscheidung über die Strafaussetzung die Verantwortung. Es beschließt die Strafaussetzung auf Bewährung auf der Grundlage aller im Verlauf des Strafverfahrens und der bisherigen Strafenverwirklichung gesammelten wesentlichen Faktoren und kontrolliert den Bewährungsprozeß (§ 350 Abs. 1 StPO). Von diesen Maßnahmen hängt es mit ab, ob der im Strafvollzug begonnene positive Erziehungsprozeß des Strafgefangenen erfolgreich weitergeführt wird. Die Strafaussetzung auf Bewährung muß deshalb so angewendet und ausgestaltet werden, daß der Verurteilte sie als Anerkennung seiner Anstrengungen und Leistungen ansehen und als Vertrauensbeweis empfinden kann. Insbesondere die ihm auferlegten Maßnahmen sollen ihm die Schwerpunkte aufzeigen, auf die , es in seinem Verhalten zukünftig ankommt, d. h., sie müssen für die Erziehung des Verurteilten notwendig und auch realisierbar sein. Ein unerläßliches Element zur effektiven Realisierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist das organisierte Wirken der sozialistischen Gesellschaft, ihrer Leitungskräfte und Kollektive, um die notwendigen Bedingungen für den Bewährungs- und Erziehungsprozeß des Verurteilten zu gewährleisten. Diese im Prozeß der Erziehung von Straftätern entfalteten Aktivitäten tragen mit dazu bei, den Kampf gegen die Kriminalität immer bewußter und wirksamer zu führen. Die Strafaussetzung auf Bewährung kann nur dann effektiv realisiert werden, wenn sie in den Wiedereingliederungsprozeß integriert ist. Die Maßnahmen zur Erhöhung der erzieherischen Wirksamkeit der Strafaussetzung auf Bewährung und die Kontrolle durch das Gericht erleichtern dem Strafgefangenen die Wiedereingliederung und tragen dazu bei, auftretende Schwie- rigkeiten rechtzeitig zu erkennen und den Verurteilten bei der Überwindung dieser Schwierigkeiten zu unterstützen. Zu den Voraussetzungen für die Anwendung der Strafaussetzung auf Bewährung Die Strafaussetzung auf Bewährung wird beschlossen, wenn gemäß § 45 StGB der Zweck der Freiheitsstrafe erreicht ist. Dabei ist zu beachten, daß der Zweck der Freiheitsstrafe nicht dem Zweck der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß Art. 2 StGB gleichzusetzen ist. Der Zweck der Freiheitsstrafe ist erreicht, wenn die im Urteil festgesetzte Freiheitsstrafe so erfolgreich angewendet wurde, daß es ihres weiteren Vollzugs nicht mehr bedarf. Damit wird es also möglich, den Zweck der strafrechtlichen Verantwortlichkeit unter den Bedingungen der Freiheit weiter zu realisieren. Aus der Anforderung des § 45 Abs. 1 StGB, den Vollzug einer Freiheitsstrafe mit dem Ziel des Straferlasses auf Bewährung auszusetzen, folgt, daß erst mit dem tatsächlichen Straferlaß also nach Ablauf der Bewährungszeit der Zweck der strafrechtlichen Verantwortlichkeit erfüllt ist. Demnach wird die Strafaussetzung auf Bewährung ihrem Wesen und ihrem Anliegen gemäß nicht nach, sondern i n Erfüllung der einheitlichen Strafzwecke angewendet. Es muß geprüft werden, inwieweit die Persönlichkeitsentwicklung des Verurteilten im Strafvollzug positiv verlaufen ist und ob seine weitere Erziehung unter staatlicher Kontrolle außerhalb des Strafvollzugs möglich ist. Die gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen für die Gewährung der Strafaussetzung auf Bewährung sind gemäß § 45 Abs. 1 StGB die Umstände der Straftat, die Persönlichkeit des Verurteilten und seine positive Ent- 7 02;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 702 (NJ DDR 1976, S. 702) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 702 (NJ DDR 1976, S. 702)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht die beiveismäßigen Erfordernisse für die Begründung des Verdachts des dringenden Verdachts, einer Straftat und die daraus resultierenden Zusammenhänge, aus denen sich die Verantwortung des Untersuchungsorgans Staatssicherheit ür die Sicherung des persönli-. ohen Eigentums inhaftierter Personen ahleitet. Bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Qualifikation der operativen Mitarbeiter stellt. Darin liegt ein Schlüsselproblem. Mit allem Nachdruck ist daher die Forderung des Genossen Ministen auf dem Führungsseminar zu unterstreichen, daß die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie des Verhaltens vor und nach der Tat.

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