Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 593

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 593 (NJ DDR 1976, S. 593); eigenen Masse, der Motorkraft und der höheren Geschwindigkeit bei einer Kollision eine weitaus stärkere Gewalt entwickelt. 3. Ein in seiner Fahrtüchtigkeit erheblich beeinträch-tiger Radfahrer, der, mit mäßiger Geschwindigkeit fahrend, die äußerste rechte Fahrbahnseite benutzt, verursacht in der Regel nicht die reale Möglichkeit eines Personenschadens, wenn ihm auf der Gegenfahrbahn zwei Pkws begegnen, denen er keinen Anlaß bietet, in irgendeiner Weise (z. B. durch Ausweichen) auf seine Fahruntfichtigkeit zu reagieren. OG, Urteil vom 8. April 1976 - 3 OSK 6/76. Am 13. Oktober 1975 hatte der Angeklagte in einer Gaststätte Bier und Schnaps getrunken. Anschließend fuhr er mit seinem Fahrrad die M.-Straße entlang, auf der ihm zwei Pkws begegneten. Nachdem er zwischenzeitig das Fahrrad ein Stück geschoben hatte, fuhr er die T.-Straße entlang. Beim Einbiegen nach rechts in die E.-Straße, als er in etwa 50 m Entfernung einen ihm entgegenkommenden Kradfahrer bemerkte, stürzte er mit dem Fahrrad. Die um 21.30 Uhr von dem Angeklagten entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholwert von 2,1 Promille. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit (Vergehen gemäß § 200 Abs. 1 und 3 StGB) auf Bewährung sowie zusätzlich zu einer Geldstrafe von 200 M. Auf den Protest des Staatsanwalts änderte das Bezirksgericht das Urteil im Strafausspruch ab und verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Die Notwendigkeit des Ausspruchs einer Freiheitsstrafe begründete es damit, daß der Angeklagte mehrfach, zum Teil einschlägig, vorbestraft ist. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation der Urteile der Instanzgerichte mit dem Ziel des Freispruchs beantragt. Der Antrag führte zum Erfolg. Aus den Gründen: Die Gewährleistung der notwendigen Ordnung, Sicherheit und Flüssigkeit im Straßenverkehr erfordert auch unter den Bedingungen der ständig zunehmenden Verkehrsdichte, daß alle Verkehrsteilnehmer bewußte Disziplin üben und die Rechtsvorschriften über das Verhalten im Straßenverkehr strikt einhalten. Dazu gehört die elementare Verkehrsregel, bei Antritt und während der Fahrt nicht unter Einwirkung von Alkohol zu stehen (§ 5 Abs. 1 StVO). Dieses Verbot betrifft alle Fahrzeugführer, also auch Radfahrer. Seine Mißachtung gehört zu den schwerwiegenden Verletzungen der Straßenverkehrsvorschriften und ist mit einem sozialistischen Verkehrsverhalten unvereinbar. Diese Einschätzung gilt nicht nur dann, wenn sich das Fahren unter Alkoholeinfluß als Straftat nach § 200 StGB erweist, sondern auch für die Fälle, in denen diese Verhaltensweise als Ordnungswidrigkeit nach § 47 StVO charakterisiert ist. Der Angeklagte war mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,1 Promille absolut fahruntüchtig. Der Tatbestand des § 200 StGB setzt aber außer der erheblichen Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit voraus, daß dadurch der Fahrzeugführer eine allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit anderer Menschen verursacht hat. Durch diese Gefährdung anderer unterscheidet sich die Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit (§ 200 StGB) von der Ordnungswidrigkeit des Fahrens unter Alkoholeinfluß. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt eine allgemeine Gefahr im Straßenverkehr dann vor, wenn sich aus der wechselseitigen Bedingtheit der konkreten Verkehrsbedingungen die reale Möglichkeit eines Personenschadens ergibt (vgl. OG, Urteil vom 29. Juni 1971 - 3 Zst 13/71 - [NJ 1971 S. 589]; OG, Urteil vom 22. Juni 1972 - 3 Zst 18/72 - [NJ 1973 S. 207]). Anliegen dieser Entscheidungen ist es, jedwedem Schematismus bei der Abgrenzung zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit vorzubeugen. Deshalb wurde darauf orientiert, die reale Möglichkeit des Eintritts eines Personenschadens nicht aus der isolierten Betrachtung einzelner Verkehrsbedingungen herzuleiten, wie z. B. aus der Verkehrssituation (vor allem durch die Verkehrsdichte und dadurch charakterisiert, ob fließender oder ruhender Verkehr vorherrschte, ob eine bestimmte Art von Verkehrsteilnehmern dominierte), aus dem Fahrverhalten, der Straßenart und -läge, der Straßenbeschaffenheit, den Witterungs- und Sichtverhältnissen, der Art des gefahrenen Fahrzeugs, der Zeit der Pflichtverletzung, der Fahrgeschwindigkeit, der Dauer der Fahrt. Vielmehr ist es notwendig, anhand des wechselseitigen Zusammenhangs dieser Bedingungen, wie er sich im konkreten Einzelfall darstellt, festzustellen, ob tatsächlich die Möglichkeit der Schädigung anderer Menschen bestand. Zweifellos kann auch ein Radfahrer, der trotz erheblicher Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit am Straßenverkehr teilnimmt, eine derartige Gefährdung herbeiführen. Entgegen der Auffassung der Instanzgerichte läßt im vorliegenden Fall der wechselseitig bedingte Zusammenhang der konkreten Verkehrsbedingungen eine derartige Schlußfolgerung nicht zu. Die Vordergerichte sind zutreffend davon ausgegangen, daß die Gefahr einer Kollision des Angeklagten mit dem ihm entgegenkommenden Kradfahrer in keiner Weise bestand, so daß der Kradfahrer nicht gefährdet wurde. Die reale Möglichkeit der Schädigung der zwei Pkw-Fahrer, die dem Angeklagten im Gegenverkehr begegneten, haben sie aber bejaht. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist der mit dem Kassationsantrag vorgetragenen Auffassung zuzustimmen, daß eine weitere Sachaufklärung zu Einzelheiten der Begegnung mit den beiden Pkws nicht angebracht ist. Nach den Angaben in der Anzeige herrschte auf den vom Angeklagten befahrenen Nebenstraßen überhaupt kein Verkehr. Die betreffenden Sachverhaltsfeststellungen stützen sich ausschließlich auf die Aussage des zum Zeitpunkt der Wahrnehmung der Fahrzeuge stark angetrunkenen Angeklagten. Somit steht lediglich fest, daß dem Angeklagten, der als Radfahrer, mit mäßiger Geschwindigkeit fahrend, die äußerste rechte Straßenseite benutzte, auf der Gegenfahrbahn zwei Pkws begegneten, denen er keinerlei erkennbaren Anlaß bot, in irgendeiner Weise (z. B. durch Ausweichen) auf seine Fahruntüchtigkeit zu reagieren. Zu beachten ist auch, daß ein Fahrrad im Gegensatz zu einem Kraftfahrzeug einfach zu bedienen ist und insofern geringe Anforderungen an die technische Beherrschung des Fahrzeugs und die Reaktionsfähigkeit des Fahrzeugführers stellt. Außerdem kann es nur mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren werden, so daß die von einem alkoholbeeinflußten Radfahrer ausgehende Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer im Regelfall nicht einen so hohen Grad erreicht wie die von einem erheblich in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen Führer eines Kraftfahrzeugs verursachte Gefahr, weil ein Kraftfahrzeug infolge der eigenen Masse, der Motorkraft und der höheren Geschwindigkeit bei einer Kollision eine weitaus stärkere Gewalt entwickelt. Hiervon ausgehend und unter Berücksichtigung der in dieser Sache getroffenen Feststellungen zur Begegnung mit den beiden Pkws muß zugunsten des Angeklagten geschlußfolgert werden, daß er nicht die reale Möglichkeit des Eintritts eines Personenschadens herbeigeführt hat. Mithin ist der Tatbestand des § 200 StGB wegen Fehlens einer „allgemeinen Gefahr“ nicht verwirklicht, 5 93;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 593 (NJ DDR 1976, S. 593) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 593 (NJ DDR 1976, S. 593)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter zu bestätigen. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren ist dem Leiter der Haupt- selb-ständigen Abteilung Bezirksverwaltung Verwaltung durch die Untersuchungsabteilungen vorzuschlagen und zu begründen. Angeordnet wird die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit der Sicherung des Eigentums von Straftätern stehen, größte Aufmerksamkeit beizumessen. Insoweit besteht das Anliegen dieser Arbeit darin, einige wesentliche Aspekte, die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der Arbeit. tiVät ihnen. Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die erhobene Beschuldigung mitgeteilt worden sein. Die Konsequenz dieser Neufestlegungen in der Beweisrichtlinie ist allerdings, daß für Erklärungen des Verdächtigen, die dieser nach der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat kann gegebenenfalls noch unter Berufung auf Strafgesetzbuch begründet werden und bei Jugendlichen kann in den gesetzlich bestimmten Fällen des gemäß von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

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