Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 562

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 562 (NJ DDR 1976, S. 562); läßt, di nur selten im Gebiet dieses Gerichts wohnen. Da die Praxis beweist, daß in diesen Fällen durch den oft stoßweisen Eingang der Vollstreckungsanträge meistens auf Grund von gerichtlichen Zahlungsaufforderungen eine zügige Erledigung nicht gewährleistet ist, liegt eine Verweisung an das für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Kreisgericht in diesen Fällen im Interesse der schnellen und sachgemäßen Durchführung der Vollstreckung. PETER WALLIS, wiss. Mitarbeiter im Ministerium der Justiz Rechtsprechung Strafrecht §§244 Abs. 1, 299 Abs. 2 Ziff.l, 301 Abs. 3 StPO; §§160, 161 StGB; § 1 Abs. 2 VerfehlungsVO. 1. Eine Unterscheidung zwischen Freispruch mangels Schuld und Freispruch mangels Beweises ist unzulässig. Im Rechtsmittelverfahren darf daher ein freisprechendes Urteil nicht aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen werden, wenn sich ohne weitere tatsächliche Erörterungen aus anderen rechtlichen Gründen ergibt, daß eine solche Aufhebung und Zurückverweisung im Ergebnis zu einer freisprechenden Ent Scheidung führt. 2. Eine mehrfache Begehung von Gesetzesverletzungen weist in der Regel darauf hin, daß keine Verfehlung, sondern eine Straftat vorliegt. Hat der Täter aber durch eine relativ einfache Begehungsweisc in kurzer Zeit in mehreren Fällen wenige Gegenstände von geringem Wert entwendet, ist nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer Straftat zu schließen. BG Halle, Urteil vom 17. November 1975 - 2 BSB 174/75. Die Angeklagte wurde in der Anklage beschuldigt, 1. in einer HO-Verkaufsstelle im Februar 1975 eine Flasche Wein im Wert von 8,50 M und im März 1975 2 Flaschen Kindernahrung und 1 Päckchen Tee im Wert von insgesamt 3,80 M entwendet und damit einen Diebstahl von sozialistischem Eigentum (Vergehen nach §§ 158 Abs. 1, 161 und 63 Abs. 2 StGB) begangen zu haben sowie 2. sozialistisches Eigentum durch Betrug geschädigt zu haben (Vergehen nach §§ 159 Abs. 1, 161 und 63 Abs. 2 StGB), indem sie der Zeugin W. gegen eine von dieser unterschriebene Blankoquittung 25 M übergab, jedoch bei der Ortsgewerkschaftsorganisation vortäuschte, einen Betrag von 50 M bezahlt zu haben, den sie nachträglich in die Quittung eingesetzt und in dieser Höhe abgerechnet hat. Das Kreisgericht hat die Angeklagte von dieser Anklage freigesprochen und dazu ausgeführt, daß sich im Hinblick darauf, daß die Angeklagte die Tat bestreite, sowie unter Würdigung des gesamten Beweisergebnisses, des Handlungsablaufs und der einander widersprechenden Aussagen die Anklage als nicht begründet erwiesen habe. Gegen dieses Urteil legte der Staatsanwalt zuungunsten der Angeklagten Protest ein, soweit es sich auf die Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts zum ersten Handlungskomplex bezieht. Er beantragte die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Kreisgericht. Der Protest hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Die Begründung der freisprechenden Entscheidung zum ersten Handlungskomplex vermag zwar nicht zu überzeugen, weil sie die widersprüchlichen Ergebnisse der im einzelnen erhobenen Beweise nur darstellt und sich entgegen den an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen gemäß § 244 Abs. 1 StPO damit nicht auseinandersetzt. Das Kreisgericht hätte insbesondere darlegen müssen, aus welchen Gründen den die Angeklagte belastenden Aussagen der vernommenen Zeuginnen nicht zu folgen war und daß alle Beweismöglichkeiten ausgeschöpft wurden. Gleichwohl vermochte sich der Senat aus anderen rechtlichen Gründen dem Protest nicht anzujehließen. Als Konsequenz sozialistischer Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit, insbesondere als Ausdruck des Grundsatzes der Präsumtion der Nichtschuld, kennt das sozialistische Strafverfahrensrecht der DDR nur einen einheitlichen Freispruch. Daher ist im Rechtsmittelverfahren die Aufhebung eines durch Protest angefochtenen freisprechenden Urteils und die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz unzulässig, wenn sich ohne weitere tatsächliche Erörterungen ergibt, daß eine solche Aufhebung und Zurückverweisung im Ergebnis wenn auch aus anderen als der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen wiederum zu einer freisprechenden Entscheidung führt. Da sich der Protest auf den ersten Handlungskomplex, das Vergehen des Diebstahls von sozialistischem Eigentum, beschränkt, ergibt sich die Frage, inwieweit diese der Angeklagten zur Last gelegten Handlungen ihrem Charakter nach als Straftaten i. S. des § 1 Abs. 2 StGB zu bewerten sind und ob sie die in § 161 StGB bezeich-neten Voraussetzungen nämlich die Herbeiführung eines höheren Schadens, die Ausführung der Tat mit großer Intensität oder unter grober Mißachtung der Vertrauensstellung oder andere erschwerende Umstände erfüllen. Andererseits liegt eine Eigentumsverfehlung vor, wenn die Tat unter Berücksichtigung ciller Umstände, wie des Schadens, der Schuld des Täters und seiner Persönlichkeit, geringfügig ist und der verursachte oder beabsichtigte Schaden den Betrag von 50 M nicht wesentlich übersteigt. Dabei darf es sich in der Regel nur um eine erstmalige Tat handeln (§ 1 Abs. 2 VerfehlungsVO). Bei der Prüfung der Frage, ob die der Angeklagten zur Last gelegten beiden Handlungen insgesamt noch als geringfügig im vorgenannten Sinne anzusehen sind, war von dem Grundsatz auszugehen, daß eine mehrfache Begehung von Gesetzesverletzungen in der Regel infolge der damit verbundenen höheren Intensität auf das Vorliegen einer Straftat hinweist. Daraus folgt jedoch nicht ohne weiteres, daß eine Straftat schon immer dann vorliegt, wenn der Täter durch eine relativ einfache Begehungsweise innerhalb eines kurzen Zeitraums in zwei Fällen wenige Gegenstände mit einem geringen Wert entwendet (vgl. G. Rommel, „Kriterien für die Abgrenzung der Eigentumsverfehlungen von Straftaten“, NJ 1969 S. 142). Ob in einem solchen Fall eine Straftat vorliegt, ist vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände, wie der Persönlichkeit des Täters, seines sonstigen Verhaltens urtd des Grades der Schuld, zu entscheiden. Nach den hierzu durch das Kreisgericht getroffenen Feststellungen handelt es sich bei den Waren, deren Entwendung der Angeklagten zur Last gelegt wird, um Gegenstände von geringem Wert (8,50 M und 3,80 M). Es liegt auch eine relativ einfache Begehungsweise vor. Nach den Feststellungen des Kreisgerichts hat die Angeklagte bisher regelmäßig gearbeitet und wurde wegen ihrer aktiven gesellschaftlichen Tätigkeit mehrmals ausgezeichnet. Weder im Persönlichkeitsbild der Angeklagten noch in der Art und Weise der Tatbegehung gibt es erschwerende Umstände i. S. des § 161 Abs. 1 StGB, die;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft nach dem Parteitag der Akademie-Verlag Lenin und die Partei über sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtsordnung Progress Verlag Moskau und Berlin Grundrechte des Bürgers in der sozialistischen Gesellschaft auftreten? Woran sind feindlich-negative Einstellungen bei Bürgern der in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß Jugendliche durch eine unzureichende Rechtsanwendung erst in Konfrontation zur sozialistischen Staatsmacht gebracht werden. Darauf hat der Genosse Minister erst vor kurzem erneut orientiert und speziell im Zusammenhang mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens deutlich zu machen. Diesen Forschungsergebnissen werden anschließend einige im Forschungsprozeß deutlich gewordene grundsätzliche Erfordernisse zu solchehPrüfungsverfahren angefügt, die von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit durchgeführten strafprozessualen Verdachtshinweisprüfungsn im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat zustande. Dabei beziehen sich dieser Anteil und die folgenden Darlegungen nicht auf Festnahmen, die im Rahmen der zulässigen strafprozessualen Tätigkeit zustande kamen. Damit im Zusammenhang stehen Probleme des Hinüberleitens von Sachverhaltsklärungen nach dem Gesetz in strafprozessuale Maßnahmen.

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