Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 530

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 530 (NJ DDR 1976, S. 530); Vorschlag des Referats Jugendhilfe übereinstimmte, wurde wie folgt begründet: Die Tochter, die vor einigen Jahren einen schweren Verkehrsunfall gehabt habe, bedürfe besonderer Fürsorge, die ihr bisher durch die Klägerin zuteil geworden sei. Diese habe sich zielstrebig um die schulischen Leistungen des Kindes gekümmert, einen Leistungabfall verhindert und zur Klassenleiterin einen engen Kontakt gehalten. Der Verklagte habe sich dagegen vor allem um den Sohn bemüht, der inzwischen so weitgehend unter seinem Einfluß stehe, daß seine Erziehung für die Klägerin problematisch sei. Deshalb könne ihr nicht das Erziehungsrecht für beide Kinder übertragen werden. Da auch dem Verklagten mit Rücksicht auf seinen angegriffenen Gesundheitszustand nicht für beide Künder das Erziehungsrecht übertragen werden könne, sei eine Trennung der Geschwister erforderlich. Auf die Berufung des Verklagten hat das Bezirksgericht das kreisgerichtliche Urteil zum Erziehungsrecht antragsgemäß abgeändert und dem Verklagten das Erziehungsrecht auch für die Tochter übertragen, die Unterhaltsleistungen der Klägerin ’ bestimmt und die Kostenentscheidung des Kreisgerichts dahingehend geändert, daß die Klägerin ein Drittel und der Verklagte zwei Drittel der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen haben. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden den Parteien je zur Hälfte auferlegt. Zur Entscheidung über das Erziehungsrecht führte das Bezirksgericht aus: Der Verklagte habe die besseren Voraussetzungen für die Erziehung der Kinder, weil er sie auf Grund seines höheren Ausbildungsstandes auch in künftigen schulischen Belangen gut unterstützen könne. Die Klägerin habe sich zwar nach dem Unfall besonders um die Tochter bemüht. Insbesondere seit Februar 1975 habe jedoch auch der Verklagte, der auf Grund seiner Arbeitsunfähigkeit genügend Zeit hatte, die Tochter unterstützt, wodurch ihre Leistungen besser geworden seien. Beide Kinder hätten zum Vater einen engen Kontakt. Entgegen der Auffassung des Referats Jugendhilfe werde der Verklagte mit der Erziehung von zwei Kindern nicht überlastet sein, zumal er sich auch auf die gelegentliche Unterstützung seiner Mutter verlassen könne. Der Grundsatz, eine Trennung von Geschwistern zu vermeiden, erfordere, das Erziehungsrecht für beide Kinder dem Verklagten zu übertragen. Zwischen den Kindern bestünde eine normale Geschwisterbindung. Die Folgen des Unfalls seien inzwischen überwunden und erforderten keine besondere Beachtung. Bei der Abänderung der Kostenentscheidung des Kreisgerichts ging das Bezirksgericht davon aus, daß der Verklagte ein doppelt so hohes Einkommen habe wie die Klägerin, so daß es unter Beachtung dessen, daß die Ehezerrüttung durch beide Parteien herbeigeführt wurde, gerechtfertigt sei, ihm einen höheren Kostenanteil aufzuerlegen. Bei der Kostenentscheidung über das Rechtsmittelverfahren sei allerdings zu berücksichtigen gewesen, daß die Berufung Erfolg gehabt habe. Gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts über das Erziehungsrecht und die Kostenverteilung im Berufungsverfahren richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, der Erfolg hatte. Aus den Gründen: (Es folgen zunächst Ausführungen zur Geschwistertrennung [vgl. hierzu OG, Urteil vom 1. September 1966 1 ZzF 12/66 - (NJ 1966 S. 734); OG, Urteil vom 15. April 1975 - 1 ZzF 8/75 - {NJ 1975 S. 555) J, zur besonderen Fürsorge der Klägerin anläßlich des Unfalls der Tochter und zur Bindung dieses Kindes an die Eltern.) Das Bezirksgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen darauf gestützt, daß der Verklagte bessere erzieherische Fähigkeiten habe als die Klägerin. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß für die Entscheidung über das Erziehungsrecht vor allem zu prüfen ist, welchen erzieherischen Einfluß die Eltern bei bestehender Ehe tatsächlich ausgeübt haben. Dazu ist im vorliegenden Verfahren festgestellt worden, daß beide Eltemteile um die Erziehung der Kinder bemüht waren und die Klägerin für die Tochter in der Zeit nach dem Unfall sogar in einem stärkeren Maße engagiert war. Im Hinblick auf die künftigen erzieherischen Aufgaben der Eltern, die mit zunehmendem Alter der Kinder auch eine inhaltliche Wandlung erfahren (vgl. Ziff. 7 der Richtlinie Nr. 25 des Plenums des Obersten Gerichts zu Erziehungsrechtsentscheidungen vom 25. September 1968 [GBl. II S. 847; NJ 1968 S.651]; OG, Urteil vom 30. Januar 1969 - 1 ZzF 28/68 - [NJ 1969 S. 574]), kann es erforderlich sein, auch zu überprüfen, welche Rückschlüsse insoweit aus dem bisherigen Verhalten der Eltern in der Familie und im Arbeitskollektiv gezogen werden können. Nachdem das Kreisgericht in der Verhandlung vom 19. März 1975 einen Vertreter des Arbeitskollektivs des Verklagten zum persönlichen Verhalten im Betrieb vernommen hatte, wäre es, um eine gleichermaßen fundierte Einschätzung der Klägerin zu ermöglichen, geboten gewesen, auch einen Vertreter ihres Arbeitskollebtivs zu vernehmen. Dazu bestand nicht zuletzt deshalb Veranlassung, weil der Verklagte insbesondere im erstinstanzlichen Verfahren gegenüber der Klägerin schwerwiegende Vorwürfe erhoben hatte, deren Klärung für die Klägerin selbst und für die Entscheidung von Bedeutung war. Das wird nachzuholen sein. Das Bezirksgericht hat die besseren erzieherischen Fähigkeiten des Verklagten insbesondere mit seinem Ausbildungsstand begründet und in seinen Möglichkeiten zur Unterstützung der Kinder in schulischen Belangen gesehen. Diese Betrachtungsweise berücksichtigt nicht im erforderlichen Maße die spezifischen Aufgaben der Familienerziehung. Sie liegen bei Schulkindern vor allem darin, durch die Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit der Erziehungsberechtigten die Zusammenarbeit mit der Schule, die Lebensordnung in der Familie und die gesamte Atmosphäre des Zusammenlebens, die Lemhaltungen und die Lemmotive der Kinder zu fördern (vgl. R. Walther, „Die Rolle der Familie im Bildungs- und Erziehungsprozeß der Jugend“, NJ 1972 S. 473 ff). Wie diese Aufgaben in der einzelnen Familie erfüllt werden, ist vor allem von der persönlichen Grundhaltung der Eltern und weniger von einem bestimmten eigenen Ausbildungsstand abhängig. Dem Bezirksgericht ist auch insoweit nicht zu folgen, als es die Bemühungen des Verklagten um die schulischen Leistungen der Tochter während seiner Krankheit besonders hervorgehoben hat. Dieser Einsatz kann nicht höher bewertet werden als die Unterstützung, die die Klägerin neben der Erfüllung ihrer beruflichen und familiären Verpflichtungen gegeben hat. Die bisherigen erzieherischen Leistungen der Eltern sind in ihrem gesamten Zusammenhang und nicht bezogen auf einzelne Zeitabschnitte zu beachten (vgl. OG, Urteile vom 6. März 1973 - 1 ZzF 2/73 - [NJ 1973 S. 298] und vom 7. Mai 1974 - 1 ZzF 5/74 [NJ 1975 S. 23]). Das Bezirksgericht hat die Kostenentscheidung des Kreisgerichts unter Beachtung der Gründe der Ehescheidung und des wesentlich höheren Einkommens des Verklagten zutreffend abgeändert. Unter denselben Gesichtspunkten wären jedoch auch die Kosten des Berufungsverfahrens, das sich auf Erziehungsrecht und Unterhalt erstreckte, zu verteilen gewesen. Zutreffend wird im Kassationsantrag darauf hingewiesen, daß sich bei diesen Entscheidungen aus dem Ausgang des Rechtsmittelverfahrens keine besonderen Gesichtspunkte für die Kostenentscheidung ergeben. Aus den angeführten Gründen war das Urteil des Bezirksgerichts wegen Verletzung von §25 FGB und der OG-Richtlinie Nr. 25 aufzuheben und die Sache an das Bezirksgericht zurückzuverweisen. 530;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit führten zur Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Personen. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr, wo auf dieser Grundlage gegen Personen Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden, eine Steigerung um, Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen egen der Begehung straftatverdächtiger Handlungen in Erscheinung tretenden Personen zum großen Teil Jugendliche sind, ist es erforderlich, daß die Unter-euchungsabteilungen nach gewissenhafter Prüfung der Umstände des konkreten Verfahrens alles tun, damit die Öffentlichkeit zuerst von uns informiert wird. Deshalb sind schon während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen von feindlich-negativen Einstellungen und ihres Umschlagens in staatsfeindliche Handlungen nicht vorgegriffen werden soll. Ausgehend vom Ziel der Forschung, zur weiteren Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung Staatssicherheit bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen als soziale Erscheinung zurückgedrängt bzv. zersetzt werden. Bei der allgemein sozialen Vorbeugung handelt es sich dem Grunde nach um die Planung und Leitung der komplexen Prozesse der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Systemcharakter verleiht. Unter Führung der Partei der Arbeiterklasse leitet, plant und organisiert der sozialistische Staat auch mittels des Rechts die Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen und hierin eingeordnet auch eines wesentlichen Teiles solcher Handlungen, die in Form von Staatsverbrechen und anderen vom Gegner inspirierten Straftaten der allgemeinen Kriminalität in Erscheinung treten. Sie weisen eine hohe Gesellschaftsgefährlichkeit auf, wobei die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder von zu beachten ist.

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