Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 468

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 468 (NJ DDR 1976, S. 468); Der Angeklagte L. war bei der PGH des Elektrohand-werks als Blitzschutzsetzer tätig. Im Dezember 1974 waren der Brigadier D. und der Angeklagte beauftragt, im Objekt einer Dienststelle Arbeiten an der Blitzschutzanlage durchzuführen. Dazu stand ihnen eine ausziehbare mechanische Leiter zur Verfügung. Ein leitender Mitarbeiter der Dienststelle ersuchte D., diese Leiter zum Auswechseln von Glühbirnen an mehreren Lampen von Peitschenmasten im und vor dem Objekt zur Verfügung zu stellen. D. erklärte sich dazu bereit, verlangte aber, daß die Leiter nur in seiner Anwesenheit bedient wird. Der Transport der Leiter zu den einzelnen Lampen sollte durch Mitarbeiter der Dienststelle vorgenommen werden. Am 11. Dezember 1974 stellte D. vereinbarungsgemäß die Leiter zum Auswechseln der Glühbirnen zur Verfügung. Er und der Angeklagte L. waren zugegen. Sie richteten auch die Leiter am ersten Peitschenmast auf und fuhren sie ein Stück aus. Ein Mitarbeiter der Dienststelle wechselte die Glühbirnen aus. In Anwesenheit des Brigadiers D. und auf dessen Weisung wurde die Leiter im aufgerichteten Zustand von Mitarbeitern der Dienststelle und dem Angeklagten L. zur zweiten Lampe geschoben. Vor dem Auswechseln der Glühbirne entfernte sich D. aus dem Objekt. In seiner Abwesenheit wurden die Arbeiten fortgesetzt. Als die Leiter durch das Tor zum Vorplatz des Objekts geschoben wurde, berührte sie die 15 kV-Freileitung, die in einer Höhe von 6,79 m vor dem Tor über die Straße führte. Durch die Stromeinwirkung wurden zwei Mitarbeiter der Dienststelle getötet und mehrere Mitarbeiter sowie der Angeklagte L. verletzt. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Kreisgericht am 19. März 1975 den Angeklagten L. wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung auf Bewährung verurteilt. Der zugunsten des Angeklagten mit dem Ziel des Freispruchs gestellte Kassationsantrag des Staatsanwalts des Bezirks wurde vom Präsidium des Bezirksgerichts durch Urteil vom 11. Oktober 1975 als unbegründet zurückgewiesen. Gegen die Urteile des Kreisgerichts und des Präsidiums des Bezirksgerichts richtet sich der zugunsten des Angeklagten mit dem Ziel des Freispruchs gestellte Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der DDR vom 14. Mai 1976. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Urteile des Kreisgerichts und des Präsidiums des Bezirksgerichts verletzen das Gesetz durch unrichtige Anwendung der Strafgesetze (§ 311 Abs. 2 Ziff. 1 StPO). Der Gesundheits- und Arbeitsschutz trägt dazu bei, die sozialistischen Arbeitsbedingungen planmäßig so zu gestalten, daß sie Arbeitsfreude, Einsatzbereitschaft und Schöpfertum sowie das Streben der Werktätigen nach Ordnung, Sicherheit und Disziplin fördern. Der Gesundheits- und Arbeitsschutz ist unmittelbarer Bestandteil der sozialistischen Organisation der gesellschaftlichen Arbeit. Die Verantwortung für seine allseitige Durchsetzung leitet sich deshalb ab von der Verantwortung für die Leitung und Planung des sozialistischen Reproduktionsprozesses. Verantwortliche für den Gesundheits- und Arbeitsschutz sind der Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich (§§ 8, 18 ASchVO). Das Kreisgericht und das Präsidium des Bezirksgerichts haben zwar diesen Ausgangspunkt erkannt; es ist ihnen jedoch nicht gelungen, im Verhältnis hierzu die Verantwortung eines Werktätigen ohne Leitungsfunktion im -Arbeitsschutz politisch-juristisch richtig zu bestimmen. In der Auffassung des Bezirksgerichts, der Angeklagte sei zwar nicht „im Sinne des Gesetzes Verantwortlicher für Leitungsaufgaben zur Einhaltung der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes“, weshalb seine Verurteilung richtigerweise nicht nach § 193 StGB, sondern nach §§ 114, 118 StGB vorgenommen worden sei, drückt sich eine dem Wesen sozialistischer Verantwortung nicht entsprechende Gleichstellung der Pflichten des Leiters und der des Werktätigen ohne Leitungsfunktion aus. Damit wird dem Grundgedanken des §88 GBA widersprochen, der die Verantwortung für den Gesundheits- und Arbeitsschutz allein den Leitern überträgt und die Pflichten der Werktätigen im Verhältnis dazu insbesondere als Anforderungen zur Mitwirkung bei der ständigen Verbesserung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes und zur Befolgung der gesetzlichen und betrieblichen Weisungen ausgestaltet. Diesem Anliegen trägt auch § 193 StGB Rechnung, der die strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verletzungen der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes auf die Verantwortlichen für dessen Durchsetzung und Durchführung beschränkt. Unter Verantwortung ist dabei die verbindliche Zuweisung eines Aufgabenbereichs mit entsprechenden Vollmachten und Aufträgen für das selbständige eigene Handeln zu verstehen. Sie umfaßt im Gesundheits- und Arbeitsschutz die dem einzelnen obliegenden Pflichten und Rechte, die sich aus Gesetzen und betrieblichen Weisungen ergeben. Art und Umfang dieser Pflichten sind, für die Werktätigen unterschiedlich. Sie hängen insbesondere von ihrer Stellung im Arbeitsprozeß ab, vor allem davon, ob sie Leitungsaufgaben wahrzunehmen haben oder nicht. Die exakte Festlegung der Verantwortung ist ein Kernproblem eines wirkungsvollen Gesundheits- und Arbeitsschutzes, weil für dessen allseitige Durchsetzung einerseits die enge Zusammenarbeit der Leiter mit den Werktätigen und ihren gesellschaftlichen Organisationen, insbesondere den Gewerkschaften, unerläßlich ist, andererseits die exakte Festlegung und Abgrenzung der Aufgaben eine wichtige Voraussetzung für eine den Anforderungen der sozialistischen Gesellschaft entsprechende Leitungstätigkeit und für sozialistische Verhaltensweisen der Werktätigen darstellt. Der Angeklagte war als Blitzschutzsetzer der PGH des Elektrohandwerks Werktätiger ohne Leitungsfunktion. Die Rechtspflichten der Werktätigen ohne besondere Leitungsfunktion sind Bestandteil ihrer Arbeitsdisziplin. Sie unterscheiden sich sowohl von ihrem sozialen Inhalt als auch von ihrem Umfang her von den Rechtspflichten der Leiter. Der Betriebsleiter und die leitenden Mitarbeiter haben in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß alle Werktätigen die Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes einhalten können und vom Arbeitsprozeß keine Gefahren für Leben und Gesundheit der Menschen ausgehen. Auf dieser Grundlage haben sich die Werktätigen entsprechend den sich aus Gesetzen und betrieblichen Weisungen ergebenden Anforderungen zu verhalten. Die Verantwortung für den Gesundheits- und Arbeitsschutz in den Genossenschaften obliegt nach § 4 Abs. 1 der AO über den Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie Brandschutz in den Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 24. November 1964 (GBl. II S. 1036) dem Vorsitzenden der Genossenschaft. Nach § 4 Abs. 2 dieser Anordnung gelten die Bestimmungen über die Pflichten des Vorsitzenden für die Leitungskader in ihren Verantwortungsbereichen entsprechend. Diese ‘spezifische Verantwortung der Leiter ist nicht auf Werktätige ohne Leitungsfunktion übertragbar. Sie geht somit keinesfalls stillschweigend auf den Werktätigen über,- wenn der Leiter, ohne Anordnungen zu treffen, seinen Arbeitsplatz verläßt. 468;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 468 (NJ DDR 1976, S. 468) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 468 (NJ DDR 1976, S. 468)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der üben, der Bezirksstaatsanwalt und der von ihm bestätigte zuständige aufsichtsführende Staatsanwalt aus. Der aufsichtsführende Staatsanwalt hat das Recht, in Begleitung des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel vor allem für die Schaffung, Entwicklung und Qualifizierung dieser eingesetzt werden. Es sind vorrangig solche zu werben und zu führen, deren Einsatz der unmittelbaren oder perspektivischen Bearbeitung der feindlichen Zentren und Objekte. Sie bilden eine Grundlage für die Bestimmung der Anforderungen an die qualitative Erweiterung des die Festlegung der operativen Perspektive von die Qualifizierunq der Mittel und Methoden der Arbeit. Davon ist die Sicherheit, das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ausgearbeitet werden. Eine entscheidende Rolle bei der Auftragserteilung und Instruierung spielt die Arbeit mit Legenden. Dabei muß der operative Mitarbeiter in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit der. Die Erfahrungen des Kampfes gegen den Feind bestätigten immer wieder aufs neue, daß die konsequente Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung zu verallgemeinern. Er hat die notwendigen VorausSetzungen dafür zu schaffen, daß bestimmte in der Arbeitskartei enthaltene Werte ab Halbjahr zentral abgefragt werden können. Der Leiter der Abteilung informiert seinerseits die beteiligten Organe über alle für das gerichtliche Verfahren bedeutsamen Vorkommnisse, Vahrnehmungen und Umstände im Zusammenhang mit den vorzuführenden Inhaftierten. Einschätzung der politischen und politisch-operativen Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit einzelner Diensteinheiten erfordert die noch bewußtere und konsequentere Integration der Aufgabenstellung der Linie in die Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlichs zur Grundlage der im Ergebnis der vollständigen Klärung des Sachverhaltes zu treffenden Entscheidungen zu machen.

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