Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 450

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 450 (NJ DDR 1976, S. 450); Oberrichter Dt. JOACHIM SCHLEGEL, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts Dr. ROLF SCHRÖDER, Richter am Obersten Gericht Zur Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen (Schluß)! / ZunvJTatbestand der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls Die im 1. Teil des Beitrags genannten hauptsächlichen Unfallursachen liegen im wesentlichen auch den Vergehen nach § 196 StGB zugrunde. Zum überwiegenden Teil handelt es sich um Vergehen nach § 196 Abs. 1 und 2 StGB, bei denen die verkehrsrechtlichen Pflichten meist unbewußt verletzt wurden. Soweit ein schwerer Fall i. S. des § 196 Abs. 3 StGB vorlag, stand die Herbeiführung des Unfalls infolge Fahrens unter Alkoholeinfluß (Rücksichtslosigkeit nach § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB) im Vordergrund. Die meisten Täter wurden auf Grund ihrer Einstellung zur Arbeit und ihres Verhaltens im Arbeitskollektiv positiv bewertet. Noch ungenügend sind dagegen die Angaben über das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten im Verkehr und die Einstellung zur Verkehrssicherheit. Bei Berufskraftfahrern wird lediglich zusätzlich die Pflege ihrer Kraftfahrzeuge eingeschätzt. Da das bisherige Verkehrsverhalten oftmals aufschlußreiche Hinweise für die Strafzumessung gibt, müssen die Kollektivvertreter in Vorbereitung der Hauptverhandlung darauf orientiert werden, auch hierüber Auskunft zu erteilen. Entsprechend dem Charakter dieser Verkehrsdelikte und der überwiegend positiven Persönlichkeit der Täter werden vorwiegend Strafen ohne Freiheitsentzug, vor allem Verurteilungen auf Bewährung, ausgesprochen. Eine wesentliche Voraussetzung für die richtige Einschätzung dieser Delikte besteht u. a. auch darin, daß die einzelnen Tatbestandsmerkmale genau beachtet und einheitlich angewendet werden. So sind in der Praxis Fragen zu den Begriffen „Straßenverkehr“ und „bedeutende Sachwerte“ i. S. des § 196 Abs. 1 StGB aufgetreten. Zum Begriff „Straßenverkehr“ Für die Abgrenzung der Vergehen nach § 196 StGB zu Fällen der fahrlässigen Tötung odef fahrlässigen Körperverletzung oder zu Verletzungen der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes (Straftaten nach §§ 114, 118, 193 StGB) ist das Tatbestandsmerkmal „Straßenverkehr“ bedeutsam. Dieser Begriff erfaßt zunächst einmal alle öffentlichen Straßen. Nach § 3 der VO über die öffentlichen Straßen StraßenVO vom 22. August 1974 (GBl. I S. 515) gehören dazu alle Straßen, Wege und Plätze einschließlich Parkplätze, die der öffentlichen Nutzung durch den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr dienen, öffentlich sind auch Straßen, die überwiegend den Interessen ihrer Rechtsträger oder Eigentümer und daneben der öffentlichen Nutzung dienen. Sie werden als betrieblichöffentliche Straßen bezeichnet. Straßen, die ausschließlich der öffentlichen Nutzung dienen, werden eingeteilt in Autobahnen und Fernverkehrsstraßen, Bezirksstraßen, Kreisstraßen sowie Stadt- und Gemeindestraßen. Zu den öffentlichen Straßen gehören ferner die Flächen, auf die gemäß § 53 Abs. 2 StVO der räumliche Geltungsbereich der StVO erweitert wurde. Darüber hinaus trifft der Begriff „Straßenverkehr“ auch zu, wenn sich ein Unfall auf solchen Straßen, Wegen oder Plätzen ereignet hat, die unabhängig von den Eigentumsverhältnissen jedermann zur Benutzung offenstehen und auf denen ein fließender Verkehr allge- /*/ Der erste Teil des Beitrags ist in NJ 1976 S. 418 fE. veröffentlicht. D. Red. mein erkennbar ist. Nicht erforderlich ist, daß zur Zeit des Unfalls eine typische Verkehrssituation vorlag. Ist beispielsweise die fragliche Strecke zu dieser Zeit ohne jeden Verkehr gewesen, kommt es darauf an, ob dort im allgemeinen fließender Verkehr ist, von dem erhöhte Gefahren für das Leben und die Gesundheit anderer Menschen ausgehen und der deshalb zu besonderer Vorsicht und Rücksichtnahme verpflichtet. Hiervon ausgehend liegt beispielsweise ein Vergehen nach § 196 StGB vor, wenn ein Kind unter Verletzung des § 9 Abs. 4 der ABAO 361/2 Straßenfahrzeuge sowie Instandhaltungsanlagen für Kraftfahrzeuge vom 2. Februar 1970 (GBl.-Sdr. 657) auf einem Traktor mitgenommen wird, infolge ungenügender Sicherung beim Befahren einer Landstraße herunterfällt und dabei verletzt wird. Ein Vergehen nach § 193 StGB bzw. § 118 StGB läge dagegen vor, wenn sich dieser Unfall auf dem Feld ereignet hätte. Der Tatbestand des § 196 StGB wäre z. B. auch dann anzuwenden, wenn ein Fahrzeug, das in einer Straße hält, infolge ungenügender Sicherung wegrollt und einen entgegenkommenden Bürger verletzt. Dagegen wäre das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt, wenn auf einem Grundstück ein Anhänger gekoppelt wird und dabei ein Bürger, der sich zwischen dem Anhänger und dem Maschinenwagen aufhält, verletzt wird. Zum Begriff „bedeutende Sachwerte“ Der Anteil der Unfälle nur mit Sachschaden ist gering. Noch geringer ist die Anzahl von Vergehen nach § 196 StGB in der Alternative der Vernichtung oder Beschädigung bedeutender Sachwerte. Ausgehend von der Orientierung in Ziff. 1.1.3. des Beschlusses des Plenums des Obersten Gerichts zu einigen Fragen der Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen vom 2. Juli 1969 (NJ-Bei-lage 4/70 zu Heft 15), werden strafrechtlich nur solche Sachschäden erfaßt, die gesellschaftlich bedeutsam sind. Mitunter taucht aber das Problem auf, ob diese Bedeutung sich ausschließlich aus den Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, die Landesverteidigung, die kulturelle Entwicklung und das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger ergibt oder ob sie auch allein aus dem Umfang des Schadens abgeleitet werden kann. Beide Aspekte sind bedeutsam, können aber nicht einander gegenübergestellt werden, weil sehr hohe Schadenssummen zwangsläufig volkswirtschaftliche Auswirkungen implizieren. Das wurde z. B. bei der Vernichtung eines Güterwaggons im Werte von 180 000 M deutlich, der sofort ersetzt werden konnte, ohne daß weitere Auswirkungen eintraten. Das Tatbestandsmerkmal „bedeutender Sachwert“ kann auch dann erfüllt sein, wenn z. B. ein Spezialfahrzeug im Werte von 60 000 M vernichtet wird und dadurch wichtige Bauvorhaben erheblich verzögert werden. Andererseits liegt das Merkmal „bedeutender Sachwert“ nicht vor, wenn beispielsweise eine Lokomotive beschädigt wurde, die Reparaturkosten 4 000 M betragen und weitere Auswirkungen nicht eingetreten sind. Es sind folglich sowohl die finanzielle Schadenshöhe als auch die weitergehenden Auswirkungen zu berücksichtigen. Zu den Tatbestandsmerkmalen „Rücksichtslosigkeit“ und „Verletzung von Sorgfaltspflichten in besonders verantwortungsloser Weise“ i. S. des § 196 Abs. 3 StGB Diese beiden subjektiven Tatbestandsmerkmale sind jeweils alternativ im schweren Fall gemäß § 196 Abs. 3 450;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich neaativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Mitarbeiter eine Vielzahl von Aufgaben, deren Lösung in der erforderlichen Qualität nur durch die konsequente Anwendung des Schwerpunktprinzips möglich ist.

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