Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 338

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 338 (NJ DDR 1976, S. 338); Die Angeklagte S. ist Vorsitzende und Hauptbuchhalterin, der Angeklagte P. ist stellvertretender Vorsitzender und Produktionsleiter einer Edelpelztiergenossenschaft (EPG). Bei der Gründung der EPG im Jahre 1969 fehlten notwendige gemeinschaftliche Produktionsanlagen. Nachdem die Angeklagten zugesichert hatten, daß Bauarbeiten mit eigenen Kräften ausgefiührt werden können, erhielt die EPG für den Bau dieser Produktionsanlagen von der Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (BLN) bis 1973 Investitionskredite in Höhe von 2 715 800 M sowie die erforderlichen Umlaufmittelkredite. Die Bauarbeiten wurden zunächst nur im Rahmen von sog: Feierabendtätigkeit der Mitglieder der EPG vorgenommen. Ab August 1969 half an den Wochenenden eine betriebsfremde Maurerbrigade. Die Brigademitglieder erhielten pro Arbeitsstunde 5 M und eine warme Mahlzeit. Ende 1969 und Anfang 1970 wurden weitere Handwerkerbrigaden eingesetzt, mit denen eine Vergütung im Objektlohn vereinbart wurde. Außerdem erklärten sich die Angeklagten bereit, Speisen und Getränke unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Anfangs wurden auf den Belegen der für die Brigaden gezahlte Lohn und die Unkosten für die Verpflegung getrennt ausgewiesen. Nachdem ein Vertreter der BLN darauf hingewiesen hatte, daß Speisen und Getränke nicht aus Investitionsmitteln bezahlt werden dürfen, ließen die Angeklagten auf den von betriebsfremden Personen unterschriebenen Belegen 200 bis 500 M mehr aufführen, als tatsächlich an die Brigademitglieder zur Auszahlung gelangten. Die Differenzbeträge behielten die Angeklagten ein. Seit 1971 unterschrieb der Angeklagte P. alle Quittungen für Auszahlungen an betriebsfremde Personen. Für das Jahr 1972 wurde nach Rücksprachen mit der BLN der Betriebsplan der EPG so aufgestellt, daß die Lohnsumme verdoppelt und die Arbeitsvergütungen nun aus dem Lohnfonds entnommen werden konnten. Die Angeklagten verständigten sich, daß nunmehr wiederum auf den einzelnen Quittungen für die Brigaden Beträge von 200 bis 500 M höher als gezahlt auf geführt und die Quittungen anschließend vernichtet werden. Von 1969 bis Ende 1972 haben die Angeklagten auf diese Weise eine „schwarze Kasse“ angelegt und daraus an den Wochenenden etwa 1 000 M für warme Mahlzeiten, Kaffee, Brause, Bier, Tabakwaren und Spirituosen verbraucht Das ergibt für den gesamten Zeitraum eine Summe von 118 000 M. Mit Zustimmung der BLN wurde von der EPG beschlossen, daß die Mitglieder entsprechend der Arbeitsleistung eine monatliche Vergütung von 800 M brutto erhalten. In der ersten Zeit des Bestehens der Genossenschaft war es mitunter nicht zu vermeiden, daß manche Mitglieder über die festgelegte tägliche Arbeitszeit hinaus arbeiten mußten. Die Angeklagte S. hatte sich deshalb entschlossen, diesen Mitgliedern die Frühstücks- und Mittagspausen mit 3,10 M täglich zu vergüten. Obwohl später wieder die normale Arbeitszeit einführt wurde, zahlte die Angeklagte diesen Betrag weiter aus. Dadurch wurde ungerechtfertigt eine Vergütung von insgesamt etwa 60 000 M an die Mitglieder der EPG ausgezahlt. Auf Grund dieser Feststellungen und weiterer Feststellungen zu anderen Sachverhaltskomplexen verurteilte das Bezirksgericht die beiden Angeklagten u. a. wegen mehrfachen Vertrauensmißbrauchs (Vergehen gemäß § 165 Abs. 1 StGB). Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Angeklagten, die teilweise Erfolg hatten, da wegen eines der angeklagten Sachverhaltskomplexe Freispruch erfolgte Aus den Gründern Die vom Rechtsmdttelgericht mit einer eigenen Beweisaufnahme verbundene Überprüfung des angefochtenen Urteils hat ergeben, daß das Bezirksgericht den Sachverhalt in den für die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichheit der Angeklagten wesentlichen Punkten aufgeklärt und in richtiger Würdigung der Beweisergebnisse zutreffend festgestellt hat Für die rechtliche Beurteilung der Handlungen der Angeklagten ist die Beantwortung der Frage ausschlaggebend, ob die Gewährung von Verpflegung, Getränken und Genußmitteln für sog. Feierabendtätigkeit leistende Bürger im vorliegenden Fall einen Mißbrauch der den Angeklagten übertragenen Verfügungs- bzw. Entschei-scheidungsbefugnis darstellt. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Vorstände von Genossenschaften gemäß Art. 3 StGB die Aufgabe haben, in ihrem Verantwortungsbereich Gesetzlichkeit und Disziplin zu festigen sowie Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Dazu gehört es auch, eine straffe Kontrolle bei der Leistung zusätzlicher Arbeiten in den Genossenschaften und genossenschaftlichen Einrichtungen entsprechend den dazu erlassenen gesetzlichen Bestimmungen zu organisieren. Mit diesen Rechtspflichten unvereinbar sind jegliche Versuche, geltende gesetzliche Vorschriften durch Manipulationen zu umgehen. Im vorliegenden Fall wollten die Angeklagten die den Feierabendtätigkeit leistenden Bürgern zustehenden Vergütungen, die gesetzlich geregelt sind, durch die Gewährung weiterer mittelbarer Vergütungen illegal überbieten. Es ist zwar anzuerkennen, wenn der Betrieb, der im Rahmen der gesetzlich gegebenen Möglichkeiten bestimmte Arbeiten in sog. Feierabendtätigkeit durchführen läßt, für Verpflegung und Getränke sorgt. Dies hat jedoch, ebenso wie unter normalen betrieblichen Bedingungen, grundsätzlich gegen Entrichten eines entsprechenden Entgelts durch die Personen zu geschehen, die diese Arbeiten ausführen. Die Angeklagten haben demgegenüber mit den Bürgern ein Entgelt für die ihnen gewährten überaus umfangreichen Leistungen nicht vereinbart und von ihnen auch nicht vereinnahmt Mit den Berufungen wird darauf hingewiesen, daß die Angeklagten einen höheren Objektlohn hätten vereinbaren und dann davon die Versorgungskosten einbehalten können, ohne daß die vorgeschriebenen Investitionssummen überschritten worden wären. Mit diesem Hinweis wird übersehen, daß den Angeklagten mit ihren Funktionen die Pflicht übertragen war, die der EPG zur Verfügung gestellten Mittel sparsam und mit größtem Nutzen für die sozialistische Gesellschaft anzuwenden. Das verlangt auch bei der Zahlung von sog. Objektlohn bestimmte Voraussetzungen zu beachten. Sie bestehen vor allem darin, vor Beginn der zusätzlichen Arbeit den Umfang der Leistungen möglichst exakt festzulegen, den Zeitaufwand für die Arbeitsleistungen auf der Grundlage gültiger Normen zu ermitteln und den Anteil der einzelnen Bürger an der Objektvergütungssumme nach den tatsächlich erbrachten Leistungen zu bestimmen. Somit ist auch dort, wo Objektvergütungssummen vereinbart werden, kein Raum für das sozialistische Eigentum beeinträchtigende Manipulationen. Soweit schließlich eingewandt wird, daß die Brigaden eine derartige umfangreiche kostenlose Versorgung verlangt hätten, ist grundsätzlich hervorzuheben, daß übersteigerte Ansprüche einzelner Personen niemandem das Recht geben, sich über die sozialistische Gesetzlichkeit hinwegzusetzen. Im konkreten Fall ist darauf hinzuweisen, daß die von den im Objektlohn tätigen Beschäftigten erzielten Stundenlöhne zwischen 15 und 20 M lagen. Es wäre deshalb für die Angeklagten eine ohne unüberwindliche Schwierigkeiten zu lösende Aufgabe gewesen, sich im Falle derartiger Forderungen kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen. Trotz der von den zuständigen Stellen erhaltenen Hinweise wählten die Angeklagten jedoch den für sie bequemeren Weg, 838;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 338 (NJ DDR 1976, S. 338) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 338 (NJ DDR 1976, S. 338)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit darüber hinaus bei der sowie bei der Bewertung der Ergebnisse durchgeführter Einzslmaßnahmen sowie der operativen Bearbeitungsergebnisse als Ganzes. Insbesondere die Art und Weise ihrer Begehung, ihre Ursachen und Bedingungen, den entstandenen Schaden, die Beweggründe des Beschuldigten, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Suizidversuche Verhafteter erkannt und damit Suizide verhindert wurden, unterst reicht diese Aussage. Während die Mehrzahl dieser Versuche ernsthaft auf die Selbsttötung ausgerichtet war, wurden andere Suizidversuche mit dem Ziel der Wiederergreifung durch eigene Kräfte. Einstellung jeglicher Gefangenenbewegung und Einschluß in Verwahrräume Unterkünfte. Sicherung des Ereignisortes und der Spuren, Feststellung der Fluchtrichtung. Verständigung der des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

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