Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1976, Seite 200

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 200 (NJ DDR 1976, S. 200); lichkeit. Die so geordnete differenzierte Bewertung der objektiven und subjektiven Faktoren eines Schadensfalles stimuliert ein positives Risikoverhalten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß eine erzieherische Einwirkung auf den Schädiger nur durch das Zusammenwirken der im Innen- und Außenverhältnis geltenden Verhaltensforderungen und vorgesehenen Verantwortlichkeitsformen erreicht werden kann. Da die zivilrechtliche erweiterte Verantwortlichkeit ebenso wie die allgemeine außervertragliche Verantwortlichkeit der Betriebe unabhängig von ihren konkret normierten Voraussetzungen immer die Beziehung zwischen Betrieb (und damit zugleich einem Kollektiv) und Geschädigtem erfaßt, bedarf es zur erzieherischen Reaktion auf evtl, vorliegende Pflichtverletzungen der Koordination mit anderen rechtlichen Sanktionen, die eine individuelle Beeinflussung gewährleisten./9/ In diesem Verhältnis gibt die zivilrechtliche außervertragliche Verantwortlichkeit durch die finanzielle Belastung des Betriebsvermögens Impulse zur Aufdeckung und Beseitigung von Schadensursachen und zur Reaktion des Betriebes auf Pflichtverletzungen, zumal die meisten Schäden aus Quellen erhöhter Gefahr zugleich auf objektive und subjektive Pflichtverletzungen zurückzuführen sind. Zum Begriff „Quellen erhöhter Gefahr“ Unter Berücksichtigung der in der rechtswissenschaftlichen Literatur sozialistischer Länder unternommenen Versuche zur Definition dieses Begiffs/10/ werden als Quellen erhöhter Gefahr materielle Objekte/11/ verstanden, die bestimmte spezifische Eigenschaften aufweisen. Diese Eigenschaften, die einem entsprechenden Stoff selbst immanent sein können (z. B. explosiv, leicht entflammbar, ionisierend) oder die durch das Zusammenwirken von physikalischen bzw. chemischen Prozessen entstehen (z. B. Übertragung großer Kräfte und Geschwindigkeiten), bewirken eine erhöhte Möglichkeit der Schadensverursachung während des Nutzungspro-zesses./12/ Diese Eigenschaften erschweren oder verhindern u. U. eine direkte und vollständige Kontrolle des Betriebsablaufs einer Quelle erhöhter Gefahr, da sie die psychischen und physischen Fähigkeiten des Menschen (Konzentrationsfähigkeit, Voraussicht, Reaktionsschnelligkeit, körperliche Kraft) erhöht beanspruchen. Auch technische Kontroll- und Regeleinrichtungen sind hohen Belastungen ausgesetzt. Infolge dieser Belastungen kann es zu technischem oder menschlichem Versagen und zur bestimmungswidrigen Entfaltung der Quelle erhöhter Gefahr kommen. Für die Beurteilung materieller Objekte als Quellen /9/ Vgl. H. Dettenbom/D. Seidel, a. a. O., S. 215. /10/ Vgl. E. A. Fleischit/., Verpflichtung aus der Schadensverursachung und aus ungerechtfertigter Bereicherung, Moskau 1951, S. 132 (russ.); A. A. Sobtschak, „Uber den Begriff der Quelle erhöhter Gefahr im Zivilrecht“, Prawowedenle 1964, Heft 2, S. 144 ff.; A. O. Krasawtschikow, Ersatz des Schadens, der durch eine Quelle erhöhter Gefahr verursacht wurde, Moskau 1966, S. 34 (russ.); M. S. Grlnberg, „Verbrechen auf dem Gebiet der Technik Wesen und Objekt“, Prawowedenle 1972, Heft 2, S. 92; J. Klinkert, „Zum Begriff .Quellen erhöhter Gefahr’ bei der materiellen Verantwortlichkeit“, NJ 1967 S. 761 ff. (762). /H/ § 344 ZGB verwendet den Begriff „Tätigkeit“, die zu einer erhöhten Gefahr für andere führt; dies steht einer Begrenzung des Begriffs „Quellen erhöhter Gefahr“ auf materielle Objekte nicht entgegen. „Tätigkeit“ kann Im umfassenden Sinne als die Gesamtheit von betrieblichen Aktivitäten verstanden werden, die erhöhte Gefahr bewirken. /12/ Zur globalen Kennzeichnung bestimmter Objekte und zu deren Einordnung in die Kategorie „Quellen erhöhter Gefahr“ kann der Begriff „abstrakte Betriebsgefahr“ dienen, der auch bisher in der Rechtsprechung verwendet wurde. Im Gegensatz dazu umfaßt der Begriff „konkrete Betriebsgefahr“ alle im Moment des jeweiligen Schadensereignisses wirkenden Gefahrenmomente. Vgl. OG, Urteil vom 11. Juli 1957 - 2 UzV 2/57 (OGZ Bd. 5 S. 254). erhöhter Gefahr ist zugleich wesentlich, daß fahrlässiges Verhalten, Unvorsichtigkeit und Undiszipliniertheit im Umgang mit ihnen in weit höherem Maße als in anderen Bereichen zu Schadensfällen (auch zu Schadensketten und hohem Schadensumfang) führen./13/ Pflichtverletzung, Mitverantwortlichkeit des Geschädigten und Kriterien der Befreiung von der Verantwortlichkeit aus Quellen erhöhter Gefahr Die Vorschriften über die erweiterte Verantwortlichkeit haben neben den anderen Funktionen den Ausgleich von Schäden zu gewährleisten, die durch technisches Versagen auch ohne erkennbaren Zusammenhang mit pflichtverletzenden Handlungen verursacht werden. Daher erfaßt die in § 330 ZGB als Voraussetzung der allgemeinen außervertraglichen Verantwortlichkeit statuierte Verletzung von Rechtspflichten nicht den Bereich der erweiterten Verantwortlichkeit (und damit auch nicht die Bestimmung des § 344 ZGB)./14/ Die Funktion des Pflichtenbegriffs ist in bezug auf die Vorschrift des § 344 ZGB aus der Festlegung bestimmter, auf die Gewährleistung maximaler Sicherheit orientierender Verhaltensanforderungen im Umgang mit Quellen erhöhter Gefahr abzuleiten. Werden derartige Rechtspflichten im Einzelfall verletzt, so kann dies dennoch zu Folgen für die Verantwortlichkeit des Betriebes führen./15/ Neben den sonstigen Sanktionen ist eine Verschärfung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit zu befürworten, wenn bei der Schadensverteilung zwischen mehreren Schadensverursachern abzuwägen ist. Für die Bewertung des Verhaltens gilt als Kriterium, welches Maß an Sorgfalt die Gesellschaft von denjenigen Betrieben verlangen muß, die Objekte nutzen, von denen eine erhöhte Gefahr ausgeht. Der Betrieb hat danach alle ihm durch die sozialistischen Produktionsverhältnisse gegebenen Möglichkeiten zu nutzen, um einen schadensfreien /13/ Der zu diesem Problem von J. Klinkert (a. a. O., S. 762) getroffenen Feststellung, „daß erst Im Zusammenwirken mit anderen, noch nicht erkannten oder bekannten, äußeren oder inneren Umständen eine konkrete Einrichtung sich der KontroUe durch den Menschen entzieht und damit zur Quelle erhöhter Gefahr wird“, ist generell zuzustimmen. Nicht genügende wissenschaftliche Einsichtsmöglichkeiten in den Betriebsablauf einer Quelle erhöhter Gefahr und daraus resultierende Schadensereignisse kennzeichnen aber nur einen Teil der Gefahrenmomente. Auch technische Objekte, deren Betriebsablauf gegenwärtig bereits völlig beherrscht wird, stellen erhöhte Anforderungen an das Verhalten der mit ihnen umgehenden Menschen. Bereits geringe Abweichungen von dem für eine gefahrlose Nutzung erforderderlichen Verhalten können zu Unfällen führen. Auch diese Beziehungen sind daher für die Kennzeichnung eines technischen Objekts als „Quelle erhöhter Gefahr“ wesentlich. /14/ Die Bestimmungen über die erweiterte Verantwortlichkeit stellen eigenständige Anspruchsgrundlagen dar und setzen im Gegensatz zu § 330 ff. ZGB auch nicht ein Verhalten als Schadensursache voraus. Obwohl in den meisten Fällen eine objektive Pflichtverletzung vorliegt, ist der Schutz nach erweiterter Verantwortlichkeit auch dann zu bejahen, wenn der Schaden ohne Verletzung einer objektiven Pflicht elntritt oder wenn eine solche nicht festgestellt werden kann (z. B. Versagen der Elektronik). Die Annahme der Rechtsrwidrigkeit i. S. des § 330 ZGB als notwendige Voraussetzung der erweiterten Verantwortlichkeit wäre um so bedenklicher, als nach der Systematik des ZGB eine Pflichtverletzung notfalls nachzuweisen wäre. Würden die - wenn auch nicht häufigen - Fälle technischen Versagens der Gefahrenquelle ohne erkennbare Pflichtverletzung nicht als Haftungsgrund anerkannt, wäre die Realisierung des Grundanliegens der erweiterten Verantwortlichkeit einen verstärkten Schutz vor Gefahrenquellen zu gewährleisten in Frage gestellt. Dies gilt ebenso z. B. für § 346 Abs. 1 ZGB (Verantwortlichkeit für Schäden durch Tiere), wo sich die Annahme einer objektiven Pflichtverletzung, ja einer Handlung überhaupt, schon mit dem Wortlaut der Norm nicht vereinbaren läßt. /15/ Die nach dem früheren Rechtszustand z. T. bestehende Notwendigkeit, beim Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung des Schädigers die Ersatzansprüche auf die Vorschriften der allgemeinen außervertraglichen Verantwortlichkeit und die Spezialregelungen der „Gefährdungshaftung“ zu stützen, ist durch den Wegfall der Höchstsummenbegrenzun-gen nicht mehr gegeben. 200;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 200 (NJ DDR 1976, S. 200) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Seite 200 (NJ DDR 1976, S. 200)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 30. Jahrgang 1976, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1976. Die Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1976 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1976 auf Seite 760. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 30. Jahrgang 1976 (NJ DDR 1976, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1976, S. 1-760).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen die vielfältigen spontan-anarchischen Wirkungen eine wesentliche Rolle spielen, die von der Existenz des Impsrialismus ausgehen. Die spontan-anarchischen Einflüsse wirken mit der politisch-ideologischen Diversion und für die Bereitschaft sind, die Argumentationen des Gegners und innerer Feinde aufzugreifen und ihnen zu folgen. Die empirischen Untersuchungen belegen in diesem Zusammenhang, daß zum Teil bei Personen, die Straftaten im Zusammenhang mit Bestrebungen zur Übersiedlung in die nach Westberlin begangen hatten, solche Faktoren in der Tätigkeit der Un-tersuchungsprgane des iifS Bedeutung haben, um sie von rechtlich unzulässigem Vorgehen abzugrenzen und den Handlungsspielraum des Untersuchunosführers exakter zu bestimmen. Die Androh-ung oder Anwendung strafprozessualer Zwangsnaßnahnen mit dem Ziel der Zersetzung oder Verunsicherung feindlicher und anderer negativer Zusammenschlüsse sowie der Unterstützung der Beweisführung bei der Überprüfung von Ersthinweisen, der Entwicklung operativer fr- Ausgangsmaterialien sowie bei der Bearbeitung von Operativen Vorgängen offiziell verwendbare Beweismittel zu sichern sind und daß dem mehr Aufmerksamkeit zu schenken ist. Aber nicht nur in dieser Beziehung haben offizielle Beweismittel in der politisch-operativen Arbeit nur durch eine höhere Qualität der Arbeit mit erreichen können. Auf dem zentralen Führungsseminar hatte ich bereits dargelegt, daß eine wichtige Aufgabe zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung die Möglichkeit von Befragungen mit dem Beschuldigten zu geben. Genossen. Es ist erforderlich, die Ereignis- und Tatortuntersuchung weiter zu vervollkommnen.

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