Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 605

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 605 (NJ DDR 1975, S. 605); folgten Zielstellung, wollte man z. B. einen sich ablehnend verhaltenden Werktätigen mit disziplinarischen Maßnahmen veranlassen, diejenigen Wettbewerbsverpflichtungen seines Kollektivs mit erfüllen zu helfen, die die Förderung und Entwicklung des geistig-kulturellen Lebens in der Brigade zum Inhalt haben (gemeinsamer Theaterbesuch u. ä.). Zur Anwendung der disziplinarischen Verantwortlichkeit bei Pflichtverletzungen, die zivilrechtliche Verantwortlichkeit nach sich ziehen Es gibt Verhaltensweisen von Werktätigen, die dem äußeren Anschein nach zwar in einer gewissen Beziehung zum Arbeitsrechtsverhältnis stehen, die aber, wenn sie zu Schäden für Dritte führen, dennoch nicht nach arbeitsrechtlichen, sondern nach zivilrechtlichen Bestimmungen eine persönliche Verantwortlichkeit dieses Werktätigen begründen. Hierzu gehören z. B. die Fälle, in denen ein Werktätiger während der Arbeitszeit einen anderen bestiehlt, obwohl der Betrieb seiner Verpflichtung nach § 119 Abs. 2 Buchst, d GBA, ordentliche und sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten für die im Zusammenhang mit der Arbeit mitgebrachten Gegenstände zu schaffen, nachgekommen ist. Besonders aktuell ist der unbefugte Gebrauch betriebseigener Kraftfahrzeuge, bei dem schuldhaft ein Verkehrsunfall verursacht wird. In diesen Fällen, in denen a) entweder die materielle Verantwortlichkeit des Betriebes gegenüber Betriebsangehörigen nach §§ 98, 116 GBA bzw. gegenüber außenstehenden Dritten vom 1. Januar 1976 an nach § 331 ZGB ausgeschlossen ist, weil die Schadensverursachung durch den Werktätigen nicht in Erfüllung ihm obliegender betrieblicher Aufgaben erfolgte, oder b) der Werktätige nicht nach den Bestimmungen der arbeitsrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit gemäß §§ 112 ff. GBA einzustehen hat, neigen manche Gerichte dazu, überhaupt das Vor liegen von Arbeitspflichten bzw. deren Verletzung und somit die Voraussetzungen der disziplinarischen Verantwortlichkeit zu verneinen. Zu welchen Konsequenzen dies führt, soll eine Sache belegen, die kürzlich durch das Bezirksgericht Halle entschieden worden ist: Ein Werktätiger hatte ein ihm als Selbstfahrer überlassenes Kraftfahrzeug des Betriebes auf der Heimfahrt zu seinem Wohnsitz dazu benutzt, um unterwegs entwendetes Diebesgut zu transportieren. Ein vom Betrieb wegen schuldhafter Verletzung von Arbeitspflichten (zweckwidrige Verwendung des Pkw) ausgesprochener Verweis wurde durch das Bezirksgericht für unwirksam erklärt, „weil die Benutzung eines Selbstfahrer-Pkw außerhalb der Arbeitszeit nur dann eine disziplinarische Verantwortlichkeit nach § 109 GBA begründet, wenn der Pkw als notwendige Bedingung zur Realisierung eines rechtswidrigen Tuns benutzt wird“. Diese Rechtsäuffassung läuft darauf hinaus, daß eine Schwarzfahrt keine disziplinarische Verantwortlichkeit nach sich ziehen kann, denn unter „notwendiger Bedingung zur Realisierung eines rechtswidrigen Tuns“ wollte das Bezirksgericht lediglich verstanden wissen, daß der Abtransport des Diebesguts mit Rücksicht auf dessen Ausmaße nicht notwendigerweise die Benutzung eines Kraftfahrzeugs erforderlich gemacht hätte. Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit hierbei noch Relikte einer Rechtsauffassung nachwirken, die in der nicht mehr geltenden Richtlinie Nr. 14 des Plenums des Obersten Gerichts zur Anwendung der §§ 112 ff. GBA vom 19. September 1962 (NJ 1962 S. 607) vertreten wurde. Nicht unerwähnt bleiben soll aber, daß in Ziff. 1 dieser Richtlinie im Hinblick auf die materielle Verantwortlichkeit ausdrücklich die Orientierung gegeben wurde, daß sich „der unbefugte Gebrauch eines betriebseigenen Kraftfahrzeugs durch einen Betriebsangehörigen außerhalb seiner Arbeitsaufgaben und der Arbeitszeit“ als „eine unerlaubte Handlung im Sinne des Zivilrechts“ und nicht „als eine Verletzung der Arbeitsdisziplin“ darstelle. Eine ähnliche auf den Gebrauch betriebseigener Kraftfahrzeuge bezogene Aussage ist bewußt nicht in die Richtlinie Nr. 29 des Plenums des Obersten Gerichts zur Anwendung der §§ 112 ff. GBA vom 25. März 1970 (GBl. II S. 267; NJ-Beilage 2/70 zu Heft 9) aufgenommen worden, mit der die Richtlinie Nr. 14 außer Kraft gesetzt wurde. Aus heutiger Sicht besteht auch gar keine Veranlassung, den Begriff der Arbeitspflicht und deren Verletzung unter disziplinarischen Gesichtspunkten nur deshalb in Zweifel zu ziehen, weil z. B. die Voraussetzungen der arbeitsrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit des Werktätigen nach den §§ 112 ff. GBA nicht gegeben sind. Die Bestimmungen des GBA gehen von einem einheitlichen Begriff der sozialistischen Arbeitsdisziplin aus und unterscheiden demzufolge insoweit auch nicht zwischen einer Arbeitspflichtverletzung als Grundlage für die disziplinarische und einer solchen für die materielle Verantwortlichkeit. Differenziert wird vielmehr ausschließlich nach den Folgen. Deshalb kann beim Eintritt bestimmter Folgen die Arbeitspflicht für die disziplinarische Verantwortlichkeit weiterhin existent bleiben, während sie für den Eintritt des Schadens wegfällt. Am Beispiel der unbefugten Benutzung eines betriebseigenen Kraftfahrzeugs, also außerhalb der Arbeitsaufgabe und der Arbeitszeit, läßt sich dieser Standpunkt m. E. ohne weiteres belegen: Wer ein betriebseigenes Fahrzeug zu einer Schwarzfahrt benutzt, begeht immer eine Arbeitspflichtverletzung, denn er handelt seiner Arbeitspflicht zuwider, das sozialistische Eigentum zu schützen bzw. als Berufskraftfahrer oder Selbstfahrer das Fahrzeug nur im Rahmen der ihm obliegenden Aufgaben zu benutzen. Infolgedessen rechtfertigt ein solches Verhalten auch die Anwendung disziplinarischer Maßnahmen,' selbst wenn sich während der Schwarzfahrt kein Schadensfall ereignete. Damit können zugleich die Bemühungen der Betriebe um Einsparung von Kraftstoff unterstützt werden. Tritt aber während des unberechtigten Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs ein Schaden auf und beruht dieser auf Fahrlässigkeit, so widerspräche eine Beschränkung der Verantwortlichkeit des Schadensverursachers nach § 113 GBA auf maximal einen monatlichen Tariflohn vor allem bei besonders hohen Schäden in der Tat den dieser Rechtsnorm innewohnenden sozialpolitischen Erwägungen und dem Erfordernis, das sozialistische Eigentum ausreichend zu schützen. Dieses mit dem Anliegen des § 113 GBA unvereinbare Ergebnis läßt sich jedoch nicht dadurch vermeiden, daß man bei einer solchen Sachlage generell das Vorliegen von Arbeitspflichtverletzungen verneint, sondern nur dadurch, daß man solche Arbeitspflichtverletzungen ausschließt, die als Ursache für den Schadenseintritt nicht in Frage kommen. Insoweit steht aber fest, daß die unbefugte Benutzung eines Kraftfahrzeugs als Arbeitspflichtverletzung wohl Bedingung, nicht aber Ursache für den Schadenseintritt (Verkehrsunfall) ist, denn nicht der unerlaubte Gebrauch des Fahrzeugs als solcher führt mit zwingender Notwendigkeit zu einem Unfall, sondern ein Verhalten, das in einem schuldhaften Außerachtlassen von Verkehrsvorschriften besteht. Diese Pflichtverletzungen können jedoch, da sie ihrerseits mit der Ausführung und Erfüllung betrieblicher Aufgaben nicht im Zusammenhang stehen, nicht den Arbeitspflichten zugeordnet werden. Es gibt also in der Praxis eine Reihe von Verhaltensweisen von Werktätigen, die sich durchaus als Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin darstellen z. B. unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Prinzipien der kameradschaftlichen Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe oder des Schutzes des sozialistischen Eigentums und die deshalb eine disziplinarische Verantwortlichkeit begründen, auch wenn hinsichtlich der dadurch verursachten Folgen zivilrechtliche Verantwortlichkeitsmaßstäbe gegen den Werktätigen angewendet werden. 605;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 605 (NJ DDR 1975, S. 605) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 605 (NJ DDR 1975, S. 605)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes sowie zur Erarbeitung anderer politisch-operativ bedeutsamer Informationen genutzt wurden, ob die Leitungstätigkeit aufgabenbezogen entsprechend wirksam geworden ist ob und welche Schlußfolgerungen sich für die Qualifizierung der Arbeit mit Anforderungs bildern zu geiben. Bei der Erarbeitung: von Anforderungsbildern für im muß grundsätzlich ausgegangen werden von der sinnvollen Vereinigung von - allgemeingültigen Anforderungen auf der Grundlage der exakten Einschätzung der erreichten Ergebnisse der Bearbeitung des jeweiligen Operativen Vorganges, insbesondere der erarbeiteten Ansatzpunkte sowie der Individualität der bearbeiteten Personen und in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlen. Das sind eng und exakt begrenzte gesetzliche Festlegungen; das Nichtvorliegen des Verdachts einer Straftat kann gegebenenfalls noch unter Berufung auf Strafgesetzbuch begründet werden und bei Jugendlichen kann in den gesetzlich bestimmten Fällen des gemäß von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Strafverfolgung besteht darin, optimal zu sichern, daß der betreffende Jugendliche eine unmittelbare staatliche Reaktion auf seine gesellschaftsschädliche Handlungsweise erlebt, um daraus die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen.

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