Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 569

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 569 (NJ DDR 1975, S. 569); gen und dranghaftem Verlangen nach Alkohol, weitgehender Kontroll- und Abstinenzverlust und andere Symptome der Alkoholkrankheit, die z. B. E. W i n te r beschrieben hat./6/ Auch G. B o n i t z hat ein überzeugendes Beispiel dafür angeführt, daß die Steuerungsfähigkeit eines Schwachsinnigen gegenüber dem Alkoholgenuß durchaus erheblich herabgesetzt sein kann: „Dabei sollte nicht vergessen werden, daß ein oder zwei Glas Bier bei einem Schwachsinnigen genügen können, um die im ausreichenden Minimum vorhandene Einsichts- und Handlungsbefähigung so einzuschränken, daß er nicht mehr erkennen kann, daß für ihn bereits die Grenze zum übermäßigen Alkoholgenuß erreicht oder sogar schon überschritten ist. Von einem derart schwachsinnigen Menschen wäre daher zu fordern, daß er keinerlei Alkohol zu sich nimmt. Und hier ergibt sich die entscheidende Frage, ob das von ihm gefordert werden kann oder nicht.“/7/ Das Problem kann noch dadurch verschärft werden, daß der Schwachsinnige z. B. durch Gruppeneinfluß in eine ihn stark bedrängende, zum Alkoholgenuß verleitende Situation kommen kann, in der seine Steuerungsfähigkeit noch mehr abgebaut ist. Zur differenzierten Einschätzung des Schuldgrades bei Rauschtaten Wichtig scheint mir die von E. Winter dargelegte Erkenntnis zu sein, daß z. B. die Diagnose einer Alkoholkrankheit nicht dazu führen darf, den Täter von vornherein als vermindert zurechnungsfähig oder gar als zurechnungsunfähig anzusehen, und daß erst in der chronischen Phase der Alkoholkrankheit, die u. a. auch durch den fortgeschrittenen Persönlichkeitsabbau mit dem Verlust der ethischen Werte und einer Störung der Denkvollzüge charakterisiert ist, die Voraussetzungen einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit nicht mehr gegeben sind./8/ In richtiger Erkenntnis dieser Problematik ist z. B. von G. B o n i t z ausgeführt worden, daß sich der medizinische Sachverständige die Frage zu stellen habe, ob medizinische Gründe vorliegen, die gegen die Annahme sprechen, daß der Proband den Rauschzustand schuldhaft herbeigeführt hat. Soweit jedoch die Auffassung vertreten wurde, daß der Sachverständige nur schuldausschließende Bedingungen und Faktoren aufzudecken und dem Gericht mitzuteilen habe, ist die Rechtspraxis dem nicht gefolgt. Die damals dargelegte Auffassung resultierte aus der Vorstellung, „daß nur die im 1. Absatz des § 15 des Strafgesetzbuchs genannten Zustände zu den medizinischer-seits dem Richter zu nennenden Voraussetzungen gehören, von denen Schuldunfähigkeit hinsichtlich der Herbeiführung eines die Zurechnungsfähigkeit aufhebenden oder vermindernden Rauschzustandes abgeleitet werden kann. Das Gesetz läßt nicht eine Zwischenlösung zu. Hier gibt es nur die Alternative schuld oder nicht schuldig“ ./9/ Das würde zu der Konsequenz, führen, daß die strafrechtliche Schuld bei einer Rauschtat aus psychopathologischen Gesichtspunkten nicht diffe-renzierbar wäre. Anders ausgedrückt: Indem § 15 Abs. 3 StGB die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Tätern festlegt, die sich vorsätzlich oder fahrlässig in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen haben, sei jede Differenzierbarkeit dieser Schuld aus krankhaften bzw. krankheitswertigen Gründen ausgeschlossen. Ein solcher Standpunkt ist aber mit dem Verschuldensprinzip des Strafgesetzbuchs nicht zu vereinbaren. Daraus folgt, daß der medizinische Sachverständige dem Gericht im Ausnahmefall auch diejenigen pathologischen /6/ Vgl. E. Winter, „Zum Alkoholismus als Krankheit, zu Problemen der Untersuchung von Alkoholtätem und der Bedeutung alkoholabhänglger gefährdeter Bürger“, Forum der Kriminalistik 1974, Heft 12, Beilage 5/74. Hl G. Bonitz, „Alkohol und strafrechtliche Verantwortlichkeit“, ln: Kriminalität und Persönlichkeit, Medizinisch-Juristische Grenzfragen, Bd. 13, Jena 1972, S. 79. Kl E. Winter, a. a. O., S. 18. /9/ G. Bonitz, a. a. O., S. 78. Aus dem Alltag des Rechtsstaats der Monopole Wer krank wird Ein Westberliner Unternehmen hat Anfang des Jahres an einen Teil der Arbeiter Briefe verschickt. Die Kapitaleigner lassen darin wie die Westberliner gewerkschaftliche Monatsschrift „Sozialistische Politik" in ihrer Juli-Ausgabe berichtete verlauten: „Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, daß die Fehlzeit aus Krankheits- oder anderen Gründen in unserem Werk B. ständig sehr hoch ist. Wir wollen prüfen, ob diejenigen Werksangehörigen, die in den beiden letzten Jahren besonders häufig gefehlt haben, von ihrer gesundheitlichen Verfassung her für eine weitere Beschäftigung im Werk geeignet sind. Bei Durchsicht Ihrer Fehlkarten ist uns aufgefallen, daß Sie an Tagen aus Krankheits- und anderen Gründen nicht anwesend waren. Bitte lassen Sie das Lohnbüro bis spätestens wissen, worauf diese Fehlzeiten zurückzuführen sind und ob wir davon ausgehen können, daß Sie künftig Ihren Aufgaben und Arbeiten soweit man das voraussehen kann beständiger nachgehen können." Auch in der BRD, in der Bremer Schiffbau- und Maschinenfabrik, in den Klöckner-Werken beispielsweise und in vielen Konzembetrieben anderswo, sind in den letzten Monaten solche Schreiben an Arbeiter und Angestellte versandt worden. Sozusagen eine konzertierte Aktion des Kapitals, um auch bei der gegenwärtigen „Ertragslage" Maximalprofit erzielen zu können. Die Folgen dieser unmißverständlichen Drohungen kann man sich unschwer vorstellen: Wachsende Existenzangst, nicht zuletzt auch der Druck des Arbeitslosenheeres löst selbstzerstörerische Arbeitsintensität aus, oft bis an den Rand der physischen Erschöpfung. Die Zahl derjenigen „Lohnabhängigen" wächst, die selbst schwerkrank in die Fabrik gehen, um nicht ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Nur jetzt nicht als nicht voll leistungsfähig gelten! Denn die Verständigung zwischen den Bossen ist perfekt: Im Falle einer Entlassung wegen längeren Krankseins' sind die Chancen gleich Null, jemals wieder gleichwertige Arbeit zu finden. Und völlig aussichtslos wird die Situation für jene Arbeiter und Angestellten, die die Vierzig überschritten haben. Wie erfolglos in der Regel auch der Versuch ist, mit rechtlichen Mitteln gegen die Gesetze des Kapitals anzugehen, zeigt ein weiteres Mal eine Entscheidung des Westberliner Landesarbeitsgerichts, die wir ebenfalls der Zeitschrift „Sozialistische Politik" entnehmen. Im Falle des am Anfang zitierten Briefes verkündete es nämlich kategorisch, gegen das Vorgehen des Unternehmens sei nichts einzuwenden. Die Begründung spricht für sich: „In Übereinstimmung mit der Auffassung der Antragsgegnerin (des Unternehmens D. Verf.) handelt es sich bei dem Versenden der fraglichen Schreiben weder um eine Anordnung des Arbeitgebers, die zur Regelung des betrieblichen Ablaufs geeignet ist, noch um eine Maßnahme, die der Regelung der äußeren Ordnung des Betriebes dient. Zweck der Maßnahme ist lediglich, von den betroffenen Arbeitnehmern zu erfahren, ob sie die ihnen übertragenen Arbeiten verrichten können. Insoweit handelt es sich, wenn überhaupt, allenfalls um Maßnahmen des Arbeitgebers, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stehen. Es liegt lediglich, wie bereits angedeutet, an sich nicht einmal eine Anordnung oder Regelung vor, weil hinsichtlich etwa zu treffender Maßnahmen des Arbeitgebers in dem fraglichen Schreiben keine Rechtsfolgen angeführt oder auch nur angedeutet(l) worden sind. Es besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, sich darüber Klarheit zu verschaffen, bei welchen Arbeitnehmern in welcher Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mit einer Dienstleistung gerechnet werden kann, um die entsprechenden Dispositionen treffen zu können(l)." Derweilen veröffentlicht die Presse der BRD und Westberlins fast täglich Meldungen, aus denen hervorgeht, daß die Arbeitsproduktivität in den meisten Konzernbetrieben trotz verringerter Beschäftigtenzahl, namentlich auch bei Kurzarbeit, erheblich gestiegen ist und die Tendenz an der Börse freundlich sei! Ha. Lei. 569;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 569 (NJ DDR 1975, S. 569) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 569 (NJ DDR 1975, S. 569)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuche nqshaftvollzuqes fortzusetzen. Die Aktivitäten der Verhafteten gegen den Untersuchungshaftvollzug reflektieren daher nicht nur die Hauptrichtungen der feindlichen Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der vor Angriffen zu gewährleisten. Deshalb ist in unverminderter Schärfe das subversive Wirken des Gegners sozialistischen Staat und seine Machtorgane, gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der oder gegen verbündete Staaten gerichtete Angriffe zu propagieren; dem demonstrativen Ablehnen von gesellschaftlichen Normen und Positionen sowie Maßnahmen des sozialistischen Staates und seiner Organe und der Bekundung einer Solidarisierung mit gesellschaftsschädlichen Verhaltensweisen oder antisozialistischen Aktivitäten bereits vom Gegner zu subversiven Zwecken mißbrauchter Ougendlicher. Die im Rahmen dieser Vorgehensweise angewandten Mittel und Methoden sowie ihrer fortwährenden Modifizierung von den Leitern der Untersuchungshaftanstalten beständig einer kritischen Analyse bezüglich der daraus erwachsenden konkre ten Erfordernisse für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft in der Abteilung der BezirksVerwaltung für Staatssicherheit Berlin eindeutig erkennen, daß feindlich-negative Kräfte versuchen ihre Aktivitäten zur otörunn er Dichemoit.

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