Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 521

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 521 (NJ DDR 1975, S. 521); i. d. F. vom 12. Januar 1968 i. V. m. § 81 Abs. 3 StGB angeklagt und eröffnet worden. Das Bezirksgericht hätte bei der rechtlichen Beurteilung berücksichtigen müssen, daß die Handlungen im Jahr 1967, also vor dem Inkrafttreten des StGB vom 12. Januar 1968, ausgeführt wurden, die Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit aber am 18. April 1975, also nach dem Inkrafttreten der Änderungen des StGB vom 19. Dezember 1974 erfolgte. Nach § 81 Abs. 1 StGB ist eine Straftat nach dem Gesetz zu bestrafen, das zur Zeit ihrer Begehung gilt. Das StGB i. d. F. vom 19. Dezember 1974 ist anzuwenden auf alle Straftaten, die ab 1. April 1975 begangen wurden bzw. die vor dem 1. April 1975 begonnen, jedoch erst nach diesem Zeitpunkt beendet wurden. Strafgesetze haben grundsätzlich keine rückwirkende Kraft (§ 81 Abs. 2 StGB). Dieses Verbot der Rückwirkung von Strafgesetzen darf sich jedoch nicht zuungunsten eines Straftäters auswirken. Deshalb ist gemäß § 81 Abs. 3 StGB das StGB i. d. F. vom 19. Dezember 1974 auch auf alle Handlungen anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten begangen wurden, wenn es die strafrechtliche Verantwortlichkeit nachträglich aufhebt oder mildert. Die Frage nach dem milderen Gesetz ist danach zu beantworten, welches Gesetz angewandt auf die zu beurteilenden Handlungen für den Täter das günstigste Ergebnis zuläßt. In diesem Zusammenhang ist als Gesetz immer der jeweilige Straftatbestand zu verstehen. Entgegen dem Berufungsvorbringen und auch den Darlegungen des Bezirksgerichts ist dieser Vergleich immer zwischen dem Gesetz, das zum Zeitpunkt der Tat galt, und der zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden gesetzlichen Bestimmung anzustellen. Vergleiche mit gesetzlichen Bestimmungen, die in dem zwischen diesen beiden Zeitpunkten liegenden Zeitraum zeitweilig Gültigkeit hatten, so hinsichtlich § 165 StGB i. d. F. vom 12. Januar 1968, haben dm Gesetz keine Grundlage. Sowohl das Bezirksgericht als auch die Verteidigung haben, wenn auch mit unterschiedlichem Ergebnis, diesen unzulässigen Vergleich angestellt. Das Bezirksgericht hat in der Folge dieser nicht dem Gesetz entsprechenden Betrachtungsweise die Handlungen des Angeklagten als Vertrauensmißbrauch gemäß § 165 Abs. 1 StGB i. d. F. vom 12. Januar 1968 beurteilt, also einer gesetzlichen Bestimmung, die weder zum Zeitpunkt der Tat noch zur Zeit der Entscheidung Gültigkeit hatte. Die Anwendung dieses Gesetzes war entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts deshalb auch unter den Gesichtspunkten des § 81 Abs. 3 StGB nicht zulässig. Das Bezirksgericht ist zutreffend zu der Auffassung gekommen, daß die Straftat zum Zeitpunkt der Begehung als Untreue gemäß § 266 StGB (alt) rechtlich zu beurteilen war. Da die Untreue zum Nachteil sozialistischen Eigentums begangen wurde, hatte die Bestrafung nach §§ 29, 30 StEG zu erfolgen. Der schwere Fall der Untreue zum Nachteil sozialistischen Eigentums ergab sich gemäß § 30 Abs. 2 StEG bereits aus der schweren Schädigung des sozialistischen Eigentums. In den Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs (§ 165 StGB i. d. F. vom 19. Dezember 1974) haben sowohl der Treuebruchs- als auch der Mißbrauchstatbestand des § 266 StGB (alt) Eingang gefunden, sofern der Täter durch den Mißbrauch seiner Entscheidungs- und Verfügungsbefugnis zumindest einen bedeutenden wirtschaftlichen Schaden verursacht hat und dadurch für sich oder andere keine rechtswidrigen Vermögensvor-teile erlangte. Wird durch den Mißbrauch der Entscheidungs- und Verfügungsbefugnis ein besonders schwerer wirtschaftlicher Schaden verursacht, ist die Handlung als Verbrechen des Vertrauensmißbrauchs gemäß § 165 Abs. 2 StGB zu beurteilen. Der frühere schwere Fall der Untreue nach § 30 StEG (schwere Schädigung) wird jetzt von § 165 Abs. 2 StGB i. d. F. vom 19. Dezember 1974 erfaßt, wenn die Schädigung den Umfang eines besonders schweren wirtschaftlichen Schadens erreicht. § 165 Abs. 2 StGB i. d. F. vom 19. Dezember 1974 ist somit keine gesetzliche Bestimmung, die gegenüber § 266 StGB (alt) i. V. m. §§ 29, 30 StEG die strafrechtliche Verantwortlichkeit grundsätzlich verschärft oder' erst begründet. Die Höhe des durch den Angeklagten verursachten Schadens rechtfertigt bereits allein die Feststellung, daß ein besonders schwerer wirtschaftlicher Schaden verursacht wurde. Für die Handlung war somit sowohl zum Zeitpunkt ihrer Begehung als auch zum Zeitpunkt der Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren angedroht. Entgegen der Auffassung der Verteidigung ist daher gemäß § 81 Abs. 1 Ziff. 4 StGB die Verjährung der Strafverfolgung nicht eingetreten. Es war zu prüfen, ob zugunsten des Angeklagten § 165 Abs. 2 StGB i. d. F. vom 19. Dezember 1974 rückwirkend anzuwenden war. Dabei war davon auszugehen, daß das Gesetz anzuwenden ist, welches im konkreten Fall das für den Täter günstigste Ergebnis herbeizuführen vermag. § 165 Abs. 2 StGB wie auch § 30 StEG haben dieselbe Strafobergrenze. Da aber § 30 StEG die niedrigere Strafuntergrenze hat, ist er das mildere Gesetz. Der Angeklagte hätte daher wegen Untreue zum Nachteil sozialistischen Eigentums im schweren Fall gemäß § 266 StGB (alt), §§ 29, 30 Abs. 2 StEG verurteilt werden müssen. Zivilrecht § 4 Abs. 3 der AO Nr. Pr. 44 über die Preisbildung für gebrauchte Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeuganhänger und Beiwagen vom 9. Januar 1970 (GBl. II S. 62). Für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug darf, auch wenn es nicht mehr der Schätzpflicht unterliegt, nur ein Preis geboten, gewährt, gefordert oder angenommen werden, der dem Zeitwert des Kraftfahrzeugs entspricht. Die Vereinbarung eines höheren sog. Liebhaberpreises ist insoweit nichtig, als er den höchstzulässigen Preis übersteigt. OG, Urteil vom 8. April 1975 - 2 Zz 7/75. Der Verklagte hat dem Kläger im August 1972 einen Pkw „Fiat“, 500 ccm, Baujahr 1958, verkauft. Als Kaufpreis wurden im Kaufvertrag 4 300 M vereinbart, weil es sich um ein „Liebhaberstück“ handele. Der Kläger hat vorgetragen, nach der Übergabe des Pkw habe es bereits auf der Heimfahrt Schwierigkeiten gegeben: Nach dem Tanken sei der Motor nur schwer angesprungen, und auch der Öldruck sei nicht in Ordnung gewesen. Er habe deshalb vom Verklagten Wandlung des Kaufvertrages gefordert; diese habe der Verklagte abgelehnt. Daraufhin habe er das Fahrzeug vor dem Grundstück des Verklagten stehen lassen und den Zündschlüssel sowie die Fahrzeugpapiere in den Briefkasten geworfen. Nach einem Gutachten der Kraftfahrzeugtechnischen Anstalt habe das Fahrzeug einen Wert von 1 300 M. Der Kläger hat beantragt, den Verklagten zur Zahlung von 3 000 M zu verurteilen. Der Verklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, daß er den Pkw selbst als „Liebhaberstück“ zum Preis von 4 300 M gekauft habe. Trotz erheblicher Aufwendungen für den Wagen habe er diesen dem Kläger zum gleichen Preis verkauft. Er sei der Annahme gewesen, daß dieser Preis dem Wert des Wagens entspreche. Der Kläger habe sogar einen noch höheren Preis geboten. Hinsichtlich des Wertgutachtens sei zu 521;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist. Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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