Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 492

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 492 (NJ DDR 1975, S. 492); Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 StGB (letzte Alternative) ausgesprochen werden muß und so die Handlung als Verbrechen charakterisiert ist. Im Unterschied zu anderen Fällen, bei denen z. B. wegen des Vorliegens straferschwerender Tatbestandsaltemativen oder anderer als im Eröffnungsbeschluß genannter Strafrechtsnormen immer ein Hinweis auf veränderte Rechtslage gemäß § 236 StPO zu geben ist, wird hier der Angeklagte nicht in seiner prozessualen Stellung bzw. in seinem Grundrecht auf Verteidigung behindert, weil das Gericht bereits rechtzeitig mit dem im Eröffnungsbeschluß angeführten Strafgesetz auf den darin enthaltenen Strafrahmen hingewiesen hat (vgl. H. Neumann, „Wann bedarf es eines Hinweises auf veränderte Rechtslage nach § 236 StPO?“, NJ 1969 S. 644 ff.). Zum Zeitpunkt der Überprüfung des Urteils im Rechtsmittelverfahren war zu berücksichtigen, daß mit Inkrafttreten der Neufassung des Strafgesetzbuchs (Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Anpassungsgesetzes und des Gesetzes zur Bekämpfung von Ordnungswidrigkeiten vom 19. Dezember 1974 (GBl. I S. 591) andere Voraussetzungen an die Erfüllung des Tatbestands des Vertrauensmißbrauchs nach § 165 Abs. 1 StGB gestellt sind. Dies mußte insbesondere wegen der in § 81 Abs. 1 und 3 StGB enthaltenen Grundsätze beachtet werden, wonach eine Straftat nach dem Gesetz bestraft wird, das zur Zeit ihrer Begehung galt, und Gesetze, welche die strafrechtliche Verantwortlichkeit nachträglich mildem, auch für Handlungen vor ihrem Inkrafttreten gelten. Im konkreten Fall hatten diese Grundsätze folgende Konsequenzen: Die bei Vertrauensmißbrauch nach § 165 Abs. 1 in der bis zum 1. April 1975 gültigen Fassung des StGB enthaltenen Variante durch die Handlung „erhebliche persönliche Vorteile für sich oder andere erlangt“ ist in der geänderten Fassung nicht mehr enthalten. Bei Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen wäre eine Strafverfolgung insbesondere wegen Untreue zum Nachteil sozialistischen Eigentums nach § 161 a StGB möglich, wobei das Gericht zugunsten des Angeklagten die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen der jeweiligen Tatbestände auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen und festzustellen hat, welches Gesetz als milder i. S. des § 81 Abs. 3 StGB anzusehen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist dasjenige Gesetz als das mildere anzuwenden, das im konkreten Fall das für den Täter günstigste Ergebnis herbeizuführen vermag (vgl. u. a. OG, Urteil vom 1. Juli 1968 - 2 Ust 9/68 - [NJ 1968 S. 506]; OG, Urteil vom 13. September 1968 - 2 Ust 26/68 - [NJ 1968 S.729]). Dazu ist zunächst festzustellen, daß Anklage und Eröffnungsbeschluß einen strafrechtlich relevanten Vermögensvorteil der Angeklagten für sich und andere in Form ungerechtfertigt veranlaßter Prämienzuführung in Höhe von 33 000 M erfaßt haben. Unter den Tatbestandsvoraussetzungen des § 161 a StGB wäre die Handlungsweise als Verbrechen zum Nachteil sozialistischen Eigentums gemäß § 162 Abs. 1 Ziff. 1 StGB zu beurteilen gewesen. Da der in diesem Straftatbestand enthaltene Strafrahmen die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten verschärfen würde, durfte er nicht angewendet werden (§ 81 Abs. 2 StGB). Es mußte aus diesem Grunde der zur Tatzeit geltende Tatbestand des Vertrauensmißbrauchs nach § 165 Abs. 1 StGB angewendet werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, nach den gleichen Grundsätzen auch die Anwendbarkeit von § 165 Abs. 1 StGB i. d. F. vom 12. Januar 1968 im Verhältnis zu der seit 1. April 1975 in Kraft befindlichen Bestimmung zu prüfen. Die weiteren Tatbestandsmerkmale vorausgesetzt, unterlag und unterliegt in beiden Fällen die Verursachung eines bedeutenden wirtschaftlichen Schadens der strafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß § 165 Abs. 1 StGB. Durch den jetzt geltenden § 165 Abs. 2 StGB ist aber eine Strafverschärfung u. a. für die Fälle eingetreten, bei denen durch die Tat ein besonders schwerer wirtschaftlicher Schaden verursacht wurde. Angesichts aller im konkreten Verfahren zu beurteilenden Tatumstände wären diese Voraussetzungen auch erfüllt. Dazu gehören insbesondere als Folge der über längere Zeit durchgeführten Manipulationen, in die mehrere verantwortliche Mitarbeiter des Betriebes einbezogen waren die Höhe der insgesamt unrechtmäßig aus dem Staatshaushalt dem Betrieb zugeflossenen Beträge sowie die sich nachteilig auf die Wirtschaftstätigkeit auswirkenden weiteren Folgen wie die Aufgaben für die Werktätigen, die Planrückstände aufzuholen. Diese erschwerenden Umstände erfordern ebenfalls zugunsten der Angeklagten die Anwendung von § 165 Abs. 1 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung mit der möglichen Konsequenz, unter den hier begründeten Voraussetzungen auch eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren auszusprechen, wie sie in dieser Bestimmung vorgesehen war und unter Berücksichtigung der Subsumtion nach den jetzt geltenden strafrechtlichen Bestimmungen ebenfalls zulässig ist. Unter Berücksichtigung der Tatschwere und der auf sie bezogenen Einschätzung der Persönlichkeit der Angeklagten führten die Rechtsmittel zur Abänderung des Strafausspruchs (§§299 Abs. 2 Ziff. 2, 301 Abs. 2 Ziff. 1 StPO). § 6 Abs. 3 StVO; §§ 61,196 StGB. 1. Aus § 6 Abs. 3 StVO ergibt sich für den Linkseinbie-ger die Pflicht, sich in Einbahnstraßen unmittelbar an der äußersten linken Straßenseite einzuordnen, damit der nachfolgende Geradeausverkehr nicht behindert wird. Dieses Einordnen hat im Interesse klarer Verkehrsverhältnisse so zu erfolgen, daß für den Nachfolgeverkehr die beabsichtigte Richtungsänderung rechtzeitig erkennbar wird. 2. Zur Anwendung des schweren Falles des § 196 StGB und zur Strafzumessung bei einem durch leichtfertiges Überholen herbeigeführten schweren Verkehrsunfall. OG, Urteil vom 8. Mai 1975 - 3 Zst 15/75. Das Kreisgericht verurteilte dein Angeklagten wegen Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls im schweren Fall in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung im schweren Fall (Vergehen gemäß §§ 196 Abs. 1, 2 und 3 Ziff. 2, 118 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Außerdem ordnete es den Entzug der Fahrerlaubnis des Angeklagten für die Dauer von einem Jahr und sechs Monaten an. Dem Urteil liegt im wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der 19jährige Angeklagte hat seit April 1974 die Fahrerlaubnis Klasse I und ist seitdem mit seinem Motorrad etwa 800 km gefahren. Am 21. Juni 1974 befuhr der Angeklagte mit einem Soziusfahrer zwischen 17 und 18 Uhr die W.-Straße. In gleicher Fahrtrichtung fuhren vor ihm zwei Pkws mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h. Der unmittelbar vor dem Angeklagten fahrende erste Pkw benutzte die äußerste rechte Straßenseite und der vor diesem f ahrende zweite Pkw hielt sich auf der Mitte der Fahrbahn. Der Angeklagte überholte zunächst den ersten Pkw und stellte danach fest, daß sich der zweite Pkw von der Straßenmitte etwa 40 m vor der von links einmündenden Z.-Straße noch weiter nach links einordnete. Dieser Pkw näherte sich dabei bis auf etwa 2 m der linken Bordsteinkante und kündigte den beabsichtigten Einbiegevorgang mit der linken Blinklichtanlage an. Der Angeklagte hatte das Vorhaben des Pkw-Fahrers an dessen Fahrverhalten erkannt, ent- 492;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 492 (NJ DDR 1975, S. 492) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 492 (NJ DDR 1975, S. 492)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens alle Beweisgegenstände und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat hervorgebracht worden sind, im Rahmen der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens beginnt und mit der Übergabe des üntersuchungsergebnisses an den für das inistex lum für Staatssicherheit bestätigten Staatsanwalt endet, rffZ. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, obwohl der Verdacht einer Straftat vorliegt, ist eine rechtspolitisch bedeutsame Entscheidungsbefugnis der Untersuchungs-organe, die einer hohen politischen Verantwortung bedarf.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X