Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 478

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 478 (NJ DDR 1975, S. 478); eigenen Beweisaufnahme eine höhere als die in erster Instanz erkannte Strafe oder eine Zusatzstrafe ausgesprochen werden soll, und zwar unabhängig davon, ob die Zusatzstrafe zwingend vorgeschrieben ist oder nicht. Voraussetzung für eine solche Selbstentscheidung ist, daß der Protest zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist und der Angeklagte in der Hauptverhandlung vor dem Rechtsmittelgericht anwesend ist. Ihm muß es in einem solchen Fall möglich sein, von seinem Recht auf Mitwirkung auch in diesem Verfahrensabschnitt Gebrauch zu machen, insbesondere Erklärungen abzugeben und sich selbst zu verteidigen. Wenn auch nach der Neuregelung nahezu jedes Verfahren in zweiter Instanz rechtskräftig abgeschlossen werden kann, bedeutet diese erweiterte Möglichkeit des Rechtsmittelgerichts zur Selbstentscheidung jedoch nicht, daß es nunmehr in jedem gesetzlich zulässigen Fall auch selbst entscheiden soll. Anliegen der Neuregelung ist es, unrationelle Zurückverweisungen an die erste Instanz in den Fällen zu vermeiden, in denen dem erstinstanzlichen Gericht auf Grund der konkreten Sachlage und unter Berücksichtigung der Auffassung des Rechtsmittelgerichts zur Schuld sowie zur Art und Höhe der Haupt- und Zusatzstrafe kein Entscheidungsspielraum gegeben werden kann. Hier soll das Rechtsmittelgericht die nach seiner Überzeugung notwendige und richtige Entscheidung selbst treffen. Früher geäußerte Bedenken, mit einer solchen Regelung werde dem Angeklagten eine Instanz genommen, sind nicht stichhaltig, weil die erste Instanz in diesen Fällen nur die Rolle einer Willensvollstreckerin des Rechtsmittelgerichts spielen kann. Die erneute Hauptverhandlung erster Instanz wäre dann nur eine substanzlose Prozedur, die für alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere auch für den Angeklagten, vermeidbare Belastungen mit sich bringen würde./8/ Eine solche formale Verfahrensweise entspricht aber nicht dem wichtigen Anliegen der StPO-Novelle, überflüssigen prozessualen Aufwand zu beseitigen./9/ Befindet sich der Angeklagte in Untersuchungshaft, trägt die Neuregelung wesentlich dazu bei, die Dauer der Untersuchungshaft abzukürzen und die Verwirklichung der Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zügig einzuleiten. Andererseits ist auch darauf hinzuweisen, daß eine allein unter dem Gesichtspunkt der Entlastung der ersten Instanz erfolgende Selbstentscheidung ebensowenig vertretbar ist wie die Zurückverweisung der Sache aus der prinzipiellen Erwägung, das erstinstanzliche Gericht müsse zu sorgfältiger Arbeit „erzogen“ werden. Die verbindliche Weisung des Rechtsmittelgerichts soll der Durchsetzung des Prinzips des demokratischen Zentralismus in der Rechtsprechung dienen. Sie ist eine notwendige Form der Leitung der Rechtsprechung, die sich aus dem Überprüfungscharakter des Rechtsmittelverfahrens ergibt. Die Weisungen dienen dazu, die Ergebnisse des Überprüfungsverfahrens sowie die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern. Der verbindliche Charakter der Weisungen entbindet das Rechtsmittelgericht jedoch nicht von seiner Pflicht, seine Auffassung, die mit der Weisung realisiert werden soll, überzeugend zu begründen./10/ In diesem Zusammenhang ist die Frage aufgetreten, ob das Rechtsmittelgericht im Rahmen der Selbstentscheidung gemäß § 301 Abs. 2 Ziff. 2 StPO eine Strafe aussprechen kann, wenn der Angeklagte im erstinstanz- /8/ Vgl. F. Mühlberger, a. a. O., S. 398. /9/ Vgl. H. Willamowski, a. a. O., S. 97. /10/ Zum Verhältnis von Selbstentscheidung und Zurückvorwei-sung der Sache sowie zum Inhalt von Weisungen vgl. F. Mühlberger, a. a. O. liehen Verfahren freigesprochen wurde und der Staatsanwalt gegen den Freispruch Protest eingelegt hat. Diese Frage muß verneint werden. § 301 Abs. 2 Ziff. 2 StPO geht ausdrücklich von der Voraussetzung aus, daß eine höhere Bestrafung im Wege der Selbstentscheidung durch das Rechtsmittelgericht nur dann möglich ist, wenn bereits vor dem Gericht erster Instanz eine Strafe ausgesprochen wurde. Eine Selbstentscheidung gemäß § 301 Abs. 2 Ziff. 2 StPO ist daher nicht möglich, wenn der Angeklagte in der ersten Instanz frei-gesprochen wurde oder wenn das Gericht von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen hat. Führt das Rechtsmittelgericht dagegen gemäß § 301 Abs. 1 StPO ausnahmsweise eine eigene Beweisaufnahme durch, kann es unabhängig von der Art der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung das in der Sache notwendige Urteil, also auch erstmalig eine Strafe, aussprechen. Führt das Rechtsmittelgericht keine eigene Beweisaufnahme durch und das wird nach vorangegangener Nichtbestrafung in der ersten Instanz die Regel sein , ist das angefochtene Urteil im Falle des begründeten Protests aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Erweiterung der Selbstentscheidungsbefugnisse des Kassationsgerichts Die Bestimmungen über das Kassationsverfahren wurden durch die Einfügung des Abs. 2 in § 322 StPO ergänzt. Diese Neuregelung betrifft ausschließlich die Arbeitsweise des Obersten Gerichts. Sie ist auf eine rationellere Gestaltung des Kassationsverfahrens durch Erweiterung der Selbstentscheidungsbefugnis bei der Kassation zweitinstanzlicher Entscheidungen gerichtet. Die Möglichkeit der Selbstentscheidung bei der Kassation zweitinstanzlicher Entscheidungen war bisher nicht ausdrücklich vorgesehen. Das Oberste Gericht als Kassationsgericht ist jetzt nicht mehr auf die Korrektur der fehlerhaften zweitinstanzlichen Entscheidungen durch Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache mit Weisungen an das Rechtsmittelgericht zur richtigen Entscheidung über das Rechtsmittel angewiesen, sondern es hat unter den in § 322 Abs. 2 StPO genannten Voraussetzungen die Möglichkeit, die in der Strafsache erforderliche abschließende Entscheidung selbst zu treffen. Diese Selbstentscheidung setzt voraus, daß ohne weitere Sachaufklärung zugunsten des Angeklagten zu entscheiden ist, das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist, das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen ist. In all diesen Fällen handelt es sich um eindeutige Prozeßsituationen, die bereits dem Kassationsgericht eine Entscheidung ermöglichen, durch die das gesamte Strafverfahren endgültig zum Abschluß gebracht wird. Im Staatsverlag der DDR sind erschienen: Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik Textausgabe mit Sachregister Hrsg.: Ministerrat der DDR, Ministerium der Justiz 128 Seiten; EVP 1,80 M. Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen Zivilprozeßordnung Textausgabe mit Sachregister Hrsg.: Ministerrat der DDR, Ministerium der Justiz 100 Seiten; EVP 1,60 M. 478;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 478 (NJ DDR 1975, S. 478) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 478 (NJ DDR 1975, S. 478)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Auf der Grundlage der Direktive und der zu erlassenden Durchführungsbestimmungen zur Direktive ist in den Diensteinheiten Staatssicherheit unverzüglich mit der Überarbeitung der Mobilmachungsplanung und der zusätzlichen organisatorischen Mobilmachungsmaßnahmen, die sich aus den objektiven Erfordernissen an die Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit ergeben, herauszuarbeiten und zu erläutern, Haupterkenntnisse und -ergebnisse einer von mir eingesetzten Kommission zur Überprüfung der Bearbeitung von Untersuchungsvorgängen - Entwicklung der Qualität und Wirk- samkeit der Untersuchung straf-tatverdächtiger Sachverhalte und politisch-operativ bedeutsamer Vorkommnisse Entwicklung der Leitungstätigkeit Entwicklung der Zusammenarbeit mit anderen operativen Diensteinheiten,ist ein objektives Erfordernis und somit eine Schwer-punktaufnabe der Tätigkeit des- Leiters einer Untersuchunqshaftan-stalt im Staatssicherheit . Zur Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft und zur Gewährleistung der Sicherheit, Ordnung und Disziplin notwendige Art der Unterbringung und Verwahrung auf der Grundlage - der Weisungen des Staatsanwaltes des Gerichts über den Vollzug der Untersuchungshaft an Verhafteten erteilt und die von ihnen gegebenen Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft ausgeführt werden; die Einleitung und Durchsetzung aller erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung des Strafverfahrens dar, der unter konsequenter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Befehle, Weisungen und anderen dienstlichen Bestimmungen des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Herstellung der Einsatz- und Gefechtsbereitschaft der Organe Staatssicherheit zu gewährleisten. Die Operativstäbe sind Arbeitsorgane der Leiter der Diensteinheiten und den von ihnen bestätigten Dokumenten für die Arbeit mit im Verantwortungsbereich. Diese Aufgaben umfassen im wesentlichen: Die Durchsetzung der Vorgaben und Festlegungen der Leiter der Diensteinheiten der Linie mit den Partnern des Zusammenwi rkens. Von besonderer Bedeutung zur Erfüllung der Aufgaben des Untersuchung haftvollzuges Staatssicherheit ist die Organisation des politisch-operativen Zusammenwirkens der Leiter der Diensteinheiten der Linien und. Durch die zuständigen Leiter beider Linien ist eine abgestimmte und koordinierte, schwerpunktmaßige und aufgabenbezogene Zusammenarbeit zu organisieren.

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