Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 430

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 430 (NJ DDR 1975, S. 430); StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Auf die Berufung hob das Bezirksgericht dieses Urteil auf und sprach den Angeklagten frei. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts zuungunsten des Angeklagten. Mit dem Antrag wird dargelegt, daß der Angeklagte mit seiner Handlungsweise gegen Udo M. die Grenzen der Notwehr überschritten und somit eine schwere Körperverletzung (§ 116 Abs. 1 StGB) begangen habe. Der Generalstaatsanwalt der DDR stimmte dieser Auffassung zu. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Entscheidung des Bezirksgerichts verletzt das Gesetz durch Nichtanwendung des § 116 Abs. 1 StGB. Das Bezirksgericht hat richtig erkannt, daß die Beantwortung der Frage, ob das Verhalten des Angeklagten strafrechtlich relevant gewesen ist, von der Beurteilung abhängt, ob er aus einer Notwehrlage gehandelt hat und das Verteidigungsverhalten dem Angriff angemessen gewesen ist. Dem Kassationantrag ist darin zuzustimmen, daß das Bezirksgericht in dem richtigen Bemühen, die Grenzen der Notwehr nicht zu eng zu ziehen und ein konsequentes Einschreiten gegen rechtswidrige Angriffe zuzulassen, bei der Beurteilung dieses Falles jedoch zu weit gegangen ist. Es steht nach den Feststellungen des Bezirksgerichts, die mit dem Kassationsantrag nicht beanstandet werden, außer Zweifel, daß der Angeklagte in beiden Fällen aus einer Notwehrlage heraus gehandelt hat. Das Oberste Gericht hat wiederholt den Hinweis gegeben, daß sich die Angemessenheit einer Verteidigungshandlung nach der Gefährlichkeit des Angriffs richten muß und nicht allein nach den beim Angreifer letztlich eingetretenen Folgen beurteilt werden kann (vgl. OG, Urteil vom 13. Februar 1973 - 5 Zst 1/73 - NJ 1973 S. 579 mit Anmerkung von U. R o e h 1). So kann eine Abwehrhandlung auch dann noch dem Angriff angemessen sein, wenn der sich Verteidigende keine, der Angreifer aber schwere Verletzungen erleidet. Nur darf kein krasses Mißverhältnis zwischen der konkreten Gefährlichkeit des Angriffs sowie der Art und Intensität der Verteidigung bestehen. Das Bezirksgericht hat bei der Beurteilung der Handlung des Angeklagten gegen Udo M. fehlerhafte Ausgangspunkte gesetzt. So hat es ausgeführt, es sei unerheblich, ob die Schläge gegen den Angreifer schwer waren oder nicht, da ein rechtswidriger und gegenwärtiger Angriff vorlag. Auch die körperliche Überlegenheit des Angeklagten sei für die Einschätzung, ob die Notwehrhandlung angemessen war, unerheblich. Entscheidend ist zunächst die Beurteilung, wie gefährlich der Angriff des Udo M. gewesen ist. Dazu ist festgestellt worden, daß dieser den Angeklagten an die Hose in Nähe der Gesäßtasche faßte und ihm leichte Schläge versetzte, nachdem der Angeklagte aufgesprungen war und sich ihm zugewandt hatte. Es ist durch-' aus richtig, daß die Umstände auf einen versuchten Diebstahl hindeuten, den der Angeklagte abwehren durfte. Es gibt jedoch keinen Hinweis darauf, daß der Zeuge nach seiner Entdeckung irgendeine weitere Handlung mit dem Ziel einer Wegnahme, möglicherweise mit Gewaltanwendung, beging. Nach dem für ihn überraschenden Aufspringen des Angeklagten gab er diesem leichte Schläge, aus denen ein schwerer körperlicher Angriff nicht hervorgeht. Dieses Verhalten des Zeugen war nicht geeignet, den Angeklagten körperlich ernsthaft zu gefährden. Der dem Zeugen kräftemäßig überlegene Angeklagte versetzte ihm nun sechs wuchtige Faustschläge in das Ge- sicht und in die Magengegend. Die schweren Verletzungen des Zeugen Udo M. lassen sichere Schlüsse auf die Härte und Gefährlichkeit der Faustschläge zu. Somit zeigt sich deutlich, daß der Angeklagte nicht wie das Bezirksgericht meint den Angriff energisch und konsequent abgewehrt hat, sondern unbeherrscht und wütend über das erforderliche Maß einer Abwehr hinausgegangen ist. Weder so harte Schläge in das Gesicht noch so viele Schläge waren erforderlich, um sofort und auch konsequent auf das Verhalten des Zeugen zu reagieren. Eine hochgradige Erregung, durch die der Angeklagte zur Überschreitung der gebotenen Abwehr gekommen sein könnte (§ 17 Abs. 2 StGB), lag mit Sicherheit nicht vor. Somit hat der Angeklagte den Zeugen vorsätzlich gesundheitlich geschädigt. Durch den Unterkieferbruch lag eine nachhaltige Störung einer wichtigen körperlichen Funktion des Geschädigten i. S. des § 116 Abs. 1 StGB vor, die der Angeklagte zwar nicht angestrebt, jedoch fahrlässig (§ 8 Abs. 1 StGB) verursacht hat. Aus der ärztlichen Stellungnahme geht hervor, daß dem Geschädigten zum Heilungsverlauf ein Drahtschienenverband angelegt wurde und er mit flüssiger Nahrung versorgt werden mußte, so daß seine Kau- und Sprechfunktion für längere Zeit aufgehoben war. Der Angeklagte ist daher wegen schwerer Körperverletzung gemäß § 116 Abs. 1 StGB verantwortlich. Der dem Geschädigten zugefügte Gesundheitsschaden war beträchtlich. Für die Strafzumessung auch darin ist dem Kassationsantrag zuzustimmen ist in diesem Fall jedoch insbesondere zu beachten, daß der Angeklagte aus berechtigter Abwehr handelte, über diese aber hinausging. Aus seiner Vorstrafe wegen Rowdytums ist ersichtlich, daß es ihm noch an der festen inneren Grundeinstellung gegenüber den Mitbürgern mangelt. In der erneuten Hauptverhandlung ist zu prüfen, welche Einstellung der Angeklagte zu seinen gesellschaftlichen Pflichten, insbesondere im Arbeitsbereich, erreicht hat, um dann entscheiden zu können, ob eine Verurteilung auf Bewährung, für die die bisherigen Feststellungen sprechen, ausgesprochen werden kann. Um eine nachhaltige erzieherische Wirkung auf den Angeklagten zu sichern, wären dann weitere Maßnahmen, wie die Verpflichtung zur Bewährung am Arbeitsplatz, festzulegen. Mit Recht wird im Kassationsantrag darauf hingewiesen, daß das Urteil des Bezirksgerichts insoweit nicht zu beanstanden ist, als es das Handeln des Angeklagten gegen den Zeugen Günter M. als angemessene Notwehrhandlung betrachtet und ihn insoweit freigesprochen hat. Nach den Feststellungen ist bereits der Ausgangspunkt in diesem Fall ein anderer und auch das weitere Verhalten des Zeugen intensiver. Zwar ist auch er verletzt worden, jedoch lassen die Kopfplatzwunden im Zusammenhang mit dem Ablauf des tätlichen Angriffs und den wechselseitigen Schlägen eine unangemessene Abwehr nicht erkennen. Zivilrecht §§269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB (künftig §§72, 75 ZGB); § 29 ZPO (künftig § 20 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO). Ist ein Ort für die Leistung einer Geldschuld weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, dann ist Leistungsort (Erfüllungsort) derjenige, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat. OG, Urteil vom 23. April 1975 2 Zz 8/75. Der Kläger hat beim Kreisgericht Z. einen Zahlungsbefehl gegen die Verklagte beantragt. Das Kreisgericht hat den Zahlungsbefehl erlassen urd für vorläufig 430;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 430 (NJ DDR 1975, S. 430) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 430 (NJ DDR 1975, S. 430)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des gegnerischen Vorgehens ist das politischoperative Einschätzungsvermögen der zu erhöhen und sind sie in die Lage zu versetzen, alle Probleme und Situationen vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung ist es erforderlich, daß von seiten des un-tersuchungsorgans verstärkt solche Vor- beziehungsweise Rückflußinformationen der Linie zukommen und erarbeitet werden, die Aufschluß über die Persönlichkeit des Beschuldigten motiviert. Daraus folgt, daß jede Vernehmungstaktik, die eine Einflußnahme auf das Aussageverhalten des Beschuldigten bewirken soll, eine Einflußnahme auf die Persönlichkeit des Beschuldigten mit seiner spezifischen Strukturiertheit aller psychischen Erscheinungen in einem historischen Prozeß der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt entwickelte und diese Erscheinungen auch noch in der Zeit der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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