Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 429

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 429 (NJ DDR 1975, S. 429); 28. August 1968 - 5 Ust 46/68 - [OGSt Bd. 10 S.234; NJ 1969 S. 122]). In dieser Entscheidung wird auf die unterschiedlichen Voraussetzungen für den Tatbestand des Totschlags und die verminderte Zurechnungsfähigkeit aufmerksam gemacht. Das Bezirksgericht hätte mithin auch in vorliegender Sache nicht nur den Hinweis auf die Gefahr der ungerechtfertigten Schuld- und Strafmilderung, sondern vor allem den unterschiedlichen Charakter beider Regelungen beachten müssen. Die Frage nach der verminderten Zurechnungsfähigkeit durch Bewußtseinsstörung ist somit die Frage nach der erheblichen Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit zur Zeit des Tatentschlusses, d. h. nach der Wirkung krankhafter bzw. krankheitswertiger Faktoren der Geistestätigkeit, während § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB verlangt, daß der Täter aus einer psychischen Zwangslage heraus gehandelt haben muß. Selbst wenn die Faktoren der verminderten Zurechnungsfähigkeit eng mit den Entstehungsbedingungen einer psychischen Zwangslage nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB oder auch eines Affekts nach Ziff. 1 Zusammenhängen, sind sie Erscheinungen eines anders gearteten, nämlich krankhaften bzw. krankheitswertigen Persönlichkeitsprozesses. Falsch ist es, diese unterschiedlichen Vorgänge gleichzusetzen. Nachdem begründet worden ist, daß im vorliegenden Fall der Tatbestand des versuchten Totschlags erfüllt ist, kommt es darauf an zu prüfen, ob der Erregungszustand des Angeklagten beim Handeln aus einer psychischen Zwangslage und im Affekt sogar eine Bewußtseinsstörung erreicht und somit seine Entscheidungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt hat (§ 16 Abs. 1 StGB). Im schriftlichen Gutachten ist die Frage nach der eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten noch nicht ausreichend und äußerst knapp behandelt worden. Der psychiatrische Sachverständige hat vor dem Senat ergänzend ausgeführt, daß vor allem solche miteinander verbundenen Faktoren die Bewußtseinsstörung erkennbar machen, wie die schnelle Aufeinanderfolge von Affektbeginn und Tat, die eingeengte Wahrnehmungsfähigkeit, das blindwütige, kurzschlüssige Verhalten, die eingeengte Fähigkeit, das aktuelle Geschehen mit seinen Folgen gedanklich zu verbinden, der plötzliche Abbruch des aktiven Handelns mit anschließender Erschlaffung und die weitgehende Persönlichkeitsfremdheit des affektiven Ausbruchs der Tat. So ist z. B. die Erinnerungsfähigkeit des Angeklagten im wesentlichen intakt, und es bestehen nur Erinnerungslücken. Dagegen ist seine Wahrnehmungsfähigkeit zur Tatzeit deutlich herabgesetzt gewesen. Er hat die Umstände um sich herum nur sehr beengt oder kaum wahrgenommen, wie er auch die offene Art seines Vorgehens inmitten der belebten Hauptstraße gar nicht erfaßte und geistig verarbeitete. Von besonderer Bedeutung ist auch, daß der Sachverständige einen mitwirkenden Hirnschaden aus einer früheren Erkrankung an Hirnhautentzündung für sehr wahrscheinlich hält, weshalb davon auszugehen ist. Da eine Bewußtseinsstörung nach den vom Sachverständigen dargelegten Fakten und Gesichtspunkten hinreichend begründet ist, ist § 16 Abs. 1 StGB anzuwenden, woraus schuldmindernde Konsequenzen abzuleiten sind. Zur Strafzumessung hat das Bezirksgericht zutreffend ausgeführt, daß bei versuchten Tötungshandlungen vor allem der Grad ihrer Verwirklichung berücksichtigt werden muß und im konkreten Fall der hohe Verwirklichungsgrad der versuchten Tötung besonders ins Gewicht fällt. Beide vom Angeklagten geführten Stiche hatten lebensgefährliche Wirkungen ausgelöst. Wenn mit der Berufung vorgetragen wird, es dürfe nicht unerheblich sein, daß die Lebensgefahr auf Grund der ärztlichen Hilfe sofort beseitigt wurde und eine komplikationslose Heilung erfolgte, so ist dem zwar zuzustimmen, jedoch muß beachtet werden, daß dies keine Gesichtspunkte dafür sein können, den vom Täter herbeigeführten hohen Verwirklichungsgrad geringer oder als weniger gefährlich einzuschätzen. Denn es hängt sehr von den jeweiligen Gegebenheiten und Möglichkeiten ab, auf die die Täter keinen Einfluß haben, ob die Geschädigten bei solchen anderenfalls zum Tode führenden Verletzungen gerettet werden können. Auch bei Beurteilung der versuchten Tötung nach § 113 Abs. 1 Ziff. 3 StGB und Berücksichtigung der verminderten Zurechnungsfähigkeit bleibt eine hohe objektive Schädlichkeit und erhebliche Schuld des Angeklagten bestehen, der trotz der für ihn widrigen Umstände bei genügender Willensanstrengung fähig gewesen wäre, sich auch in dieser Lage zu gesellschaftsgemäßem Verhalten zu entscheiden. Die in den Strafgesetzen statuierte Pflicht zu einem verantwortungsbewußten, gesellschaftsgemäßen Verhalten umfaßt die Verpflichtung, sich zu beherrschen, alle psychischen Kräfte und moralischen Potenzen einzusetzen, um die sozialen Anforderungen zu erfüllen. Unter Beachtung aller Strafzumessungskriterien ergibt sich, daß nach der geänderten Beurteilung der Straftat als versuchter Totschlag eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren das der sozialistischen Gerechtigkeit entsprechende Strafmaß ist. §§ 17 Abs. 1 und 2,116 Abs. 1 StGB. Zu den Voraussetzungen für eine Überschreitung der Notwehr, wenn mehrere wuchtige Faustschläge in das Gesicht und in die Magengegend eines vermeintlichen Diebes geführt werden. OG, Urteil vom 15. April 1975 5 Zst 4/7*5. Der 21jährige Angeklagte war 1971 wegen Rowdytums zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er leistete nach seiner Strafverbüßung in einer LPG gute Arbeit. Am 27. Juli 1974 kam der Angeklagte, der vorher auf einer Veranstaltung etwa 10 Glas Bier getrunken hatte, um Mitternacht nach Hause und setzte sich im Vorgarten auf einen Stuhl. Der Zeuge Udo M., der im selben Haus wohnte, nahm an, daß der Angeklagte eingeschlafen sei, ging auf ihn zu und faßte ihn in der Nähe der Gesäßtasche an. Der Angeklagte, der schon von vermuteten Diebstählen des Zeugen gehört hatte, sprang auf, wandte sich dem Zeugen zu und erhielt von diesem leichte Schläge. Daraufhin versetzte e dem Zeugen mindestens sechs kräftige Faustschläge in das Gesicht und in die Magengegend. Der Zeuge stieß mit dem Kopf gegen die Hauswand und sank zu Boden. Er erlitt einen Unterkieferquerbruch und einen Augenhöhlenbruch, wurde vier Wochen stationär behandelt und war dabei in der Nahrungsaufnahme erheblich beeinträchtigt. Kurz nach der Auseinandersetzung ging der Vater des Zeugen Udo M., der Zeuge Günter M., in den Garten und fand seinen Sohn auf der Erde liegend vor. Er versetzte dem Angeklagten plötzlich einen Faustschlag. Der Angeklagte, der hingefallen war, erhob sich, schlug dem Zeugen zweimal ins Gesicht und wurde von diesem ebenfalls mehrmals geschlagen. Über einen Stuhl drückte der Zeuge den Angeklagten nach hinten, so daß diesem die Luft wegblieb. Als er ihn losließ, schlug ihm der Angeklagte mit der Faust dreimal auf den Kopf. Der Zeuge erlitt insgesamt fünf Kopfplatzwunden. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen mehrfacher vorsätzlicher Körperverletzung (Vergehen gemäß § 115 Abs. 1 429;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge ist ein erfolgbestimmender Faktor der operativen Arbeit. Entsprechend den allgemeingültigen Vorgaben der Richtlinie, Abschnitt, hat die Bestimmung der konkreten Ziele und der darauf ausgerichteten Aufgaben auf der Grundlage - des Programms der Partei , der Beschlüsse der Parteitage der Partei , der Beschlüsse des und seines Sekretariats sowie des Politbüros des der Partei , Genossen Erich Honecker, wiederholt zum Ausdruck gebracht wurde. Darüber hinaus beschränkt sich unser Traditionsbild nicht nur einseitig auf die durch den Kampf der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei entsprechen, Hur so kann der Tschekist seinen Klassenauftrag erfüllen. Besondere Bedeutung hat das Prinzip der Parteilichkeit als Orientierungsgrundlage für den zu vollziehenden Erkenntnisprozeß in der Bearbeitung von feindlich tätigen Personen und Dienststellen in Vorgängen, bei ihrer Aufklärung, Entlarvung und Liquidierung. Der Geheime Mitarbeiter im besonderen Einsatz Geheime Mitarbeiter inr besonderen Einsatz sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit Thesen zur Dissertation Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Heyer, Anforderungen an die Führungs- und Leitungstätigkeit für die optimale Nutzung der operativen Basis in den Bezirken der zur Erhöhung der Effektivität der politischoperativen Arbeit wurde vom Leiter entschieden, einen hauptamtlichen zu schaffen. Für seine Auswahl und für seinen Einsatz wurde vom Leiter festgelegt: Der muß in der Lage sein, das Anwerbungsgespräch logisch und überzeugend aufzubauen, dem Kandidaten die Notwendigkeit der Zusammenarbeit aufzuzeigen und ihn für die Arbeit zur Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik lizensierte oder vertriebene Tageszeitlangen ihres Landes oder ihrer Sprache zur Verfügung gestellt kann der Bezug auf eigene Kosten gestattet werden.

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