Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 284

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 284 (NJ DDR 1975, S. 284); friedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse sein muß. Immer wieder ist so nach dem gesellschaftlichen Nutzen von Handlungen, Einrichtungen. Verfah-rensweisen und Regelungen zu fragen. Deshalb ent-1 spricht es auch dem Wesen sozialistischer staatlicher Leitung, „das achtungsvolle Verhalten gegenüber den Menschen, ihren Bedürfnissen, Sorgen und Wünschen zu fördem“./6/ Selbst scheinbare Kleinigkeiten sprechen dafür. Die Öffnungszeiten der staatlichen Organe so festzulegen, daß die Bürger auch außerhalb der Arbeitszeit Zugang zu ihnen finden, solche Bedingungen zu schaffen, daß sie ihre Anliegen besser Vorbringen können und sachgerecht erledigt erhalten, heben deutlich den Zweck sozialistischer Staatsorgane hervor. Er ruht eben nicht in ihnen selbst, wie sich das in der spontanen bürokratischen Tendenz der bürgerlichen Macht immer wieder ausformt, sondern er wird von den Zielen, Aufgaben, Interessen und Bedürfnissen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen beständig bewußt geprägt Auch die jüngsten Änderungen des StGB und der StPO sind Ausdruck dafür, wie die Mittel stets diesen allgemeinen Zielen und Zwecken entsprechend gestaltet werden müssen. Die präziser und deutlicher gefaßten Rechte und Pflichten der Betriebe bei einer Verurteilung auf Bewährung (§ 32 StGB), die Befugnisse, die das Gericht bei einer Strafaussetzung hat (§ 45 StGB), die möglichen Maßnahmen zur Wiedereingliederung (§§ 47, 48 StGB) demonstrieren, daß der sozialistische Staat sich nicht mit allgemeinen, unbestimmten Forderungen begnügt, daß er nicht bei der produktiven Arbeit- als Besserungsmittel für Straffällige stehenbleibt, wie das Marx an dem Text des Gothaer Programms kritisiert (S. 32). Sein Humanismus ist nicht bloß allgemeiner, abstrakter und damit blutleerer Natur, wie ihn Marx denen vorwarf, „die dem Sozialismus eine ,höhere, ideale’ Wendung geben wollen, d. h. die materialistische Basis (die ernstes, objektives Studium erheischt, wenn man auf ihr operieren will) zu ersetzen durch moderne Mythologie mit ihren Göttinnen der Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und frater-nitd“./7/ Dadurch, daß das Gericht den Verurteilten verpflichten kann, den durch die Straftat angerichteten Schaden wiedergutzumachen, unbezahlte gemeinnützige Arbeit in der Freizeit zu verrichten, daß Arbeitskollektive die dem Verurteilten auferlegten Pflichten kontrollieren, entsprechende Maßnahmen zu deren Erfüllung einleiten oder beantragen können, wird ein tätiger und wirksamer Humanismus geformt. Der sozialistische Staat beschränkt sich infolge seiner gesellschaftlichen Grundlage nicht mehr bloß darauf, Straftätern zu sagen: „Das ist verboten, und deshalb verurteilen wir Dich. Was weiter wird, ist Deine Sache.“ Er entwickelt fortschreitend positive Verhaltensansprüche auch im einzelnen, also Forderungen darauf, wie der einzelne künftig leben soll, und schafft hierfür auch zunehmend die entsprechenden Voraussetzungen. Diese sind abhängig von der materiellen Basis, von den Klassenverhältnissen, von den sich entwickelnden Grundlagen für eine sozialistische Lebensweise. Auch hierfür gilt: „Das Recht kann nie höher sein als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der Gesellschaft“ (S. 21), denn sonst bleiben seine Forderungen mythische Wünsche. Die Dialektik von Staat und Gesellschaft Was in jeder Maßnahme zur wirksameren staatlichen Tätigkeit in Erscheinung tritt, ist die Dialektik von 181 E. Honecker, Aus dem Bericht des Politbüros an die 13. Tagung des Zentralkomitees der SED, Berlin 1974, S. 64 '65. /7/ Marx, Brief an F. A. Sorge vom 19. Oktober 1877, in: Marx/ Engels, Werke, Bd. 34, Berlin 1966, S. 303. 284 Staat und Gesellschaft. Marx macht deutlich, daß es unmöglich ist, vom Staat schlechthin wie auch der Gesellschaft schlechthin zu sprechen. Er wendet sich gegen den wüsten Mißbrauch, „den das Programm mit den Worten ,heutiger Staat“, ,heutige Gesellschaft“ treibt“ (S. 28). Er stellt deshalb unmißverständlich fest: „Die .heutige Gesellschaft' ist die kapitalistische Gesellschaft“, und die „verschiednen Staaten“ stehen „trotz ihrer bunten Formverschiedenheit auf dem Boden der modernen bürgerlichen Gesellschaft“ (S. 28). Das Verhältnis von Staat und Gesellschaft ist deshalb nicht die Beziehung zweier gleichrangiger Pole; „die bestehende Gesellschaft (und das gilt von jeder künftigen)“ ist „als Grundlage des bestehenden Staats“ zu behandeln (S. 28). Nur den Staat mit seinen Äußerungsformen wie Recht, staatliche Organe, Institutionen, Handlungsformen und Funktionen betrachten zu wollen, ohne das darin enthaltene Wesen der jeweiligen Gesellschaft zu erkennen, nimmt die staatliche Form für sich, als etwas Äußerliches, Inhaltloses. Die Verfasser des Programms mußten zu falschen Aussagen kommen, weil sie den Staat verselbständigten, unter ihm nur die „Regierungsmaschine“ verstanden oder den „durch Teilung der Arbeit von der Gesellschaft besonderten, eignen Organismus“ (S. 29). Sie sahen deshalb auch nicht den notwendigen revolutionären Umwandlungsprozeß der Gesellschaft, um „den Staat aus einem der Gesellschaft übergeordneten in ein ihr durchaus untergeordnetes Organ zu verwandeln“ (S. 27). Mit dieser bündigen Bemerkung ist zugleich das demokratische, freiheitliche Problem aufgewiesen, das der Sozialismus löst. Es genügt deshalb auch nicht, wie das verschiedentlich geschieht, das Verhältnis von Staat und Gesellschaft lediglich als Wechselwirkung zweier Seiten oder Pole zu sehen, selbst wenn präzise ihr Klassenwesen dabei bezeichnet würde. Diese findet statt, weil die staatlichen Formen gesellschaftlich bestimmt sind und relativ eigenständig auf die gesellschaftlichen Beziehungen einwirken, ist aber doch nicht alles. Es findet in der Gesellschaft nicht bloß eine Wechselwirkung verschiedener Faktoren statt, wie zwischen Staat und Gesellschaft, Staat und Recht, Staat und Bürger, Recht und Moral. (Hier stehenzubleiben hieße, den bürgerlichen Vertretern des soziologischen Funktionalismus mit ihrer Annahme gleichrangig sich beeinflussender gesellschaftlicher Faktoren Recht geben.) Marx macht deutlich, wie in der Gesellschaft „jedes Gesetzte zugleich Voraussetzung ist“ und wie die Entwicklung der von der Produktionsweise bestimmten organischen gesellschaftlichen Totalität darin besteht, „alle Elemente der Gesellschaft sich unterzuordnen oder die ihm noch fehlenden Organe aus ihr heraus zu schaffen“ ,/8/ Die Erkenntnis der gesellschaftlichen Formation hat fundamentale erkenntnistheoretische und methodologische Bedeutung für die staatliche und rechtliche Entwicklung, für die Zuordnung von Erscheinungen, Widersprüchen und Prozessen. Die Annahme nur einer Wechselwirkung zwischen Staat und Gesellschaft könnte außer zu mechanistischen Vorstellungen auch dazu führen, daß Staat, Recht, Demokratie, Moral, auch rechtliche Erscheinungen in Gestalt von Rechtsverletzungen usw. als Kategorien und Verhältnisse begriffen würden, die isoliert durch die Geschichte hindurch verfolgt werden könnten, als viel-linig nebeneinanderlaufend, ohne daß sie zureichend als durch die jeweilige gesellschaftliche Gesamtheit mit ihrer Produktionsweise, den Klassen- und Eigentumsverhältnissen bestimmt angesehen würden. Dadurch /8/ Marx, Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Berlin 1953, S. 189.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 284 (NJ DDR 1975, S. 284) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 284 (NJ DDR 1975, S. 284)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Absicherung, der Kräfte, Mittel und Methoden, die zur Anwendung kommen, die gewissenhafte Auswertung eigener Erfahrungen und die Nutzung vermittelter operativer Hinweise. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Diensteinhei,ten der Linie und auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit zur Vorbeugung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, den er zunehmend raffinierter zur Verwirklichung seiner Bestrebungen zur Schaffung einer inneren Opposition sowie zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit, aber auch aus dem Vorgehen kapitalistischer Wirtschaftsunternehmen und der Tätigkeit organisierter Schmugglerbanden gegen mehrere sozialistische Staaten ergeben, hat die Linie insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X