Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 258

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 258 (NJ DDR 1975, S. 258); eher faschistischer Verbrechen und zur Überführung der Täter leisten können. Auch damals gab es in der Arbeit der Staatsanwaltschaft Alltägliches und Außerordentliches. Es gab auf dem Lande Fahrrad- und Karnickeldiebe, Pferdeschieber und Milchpanscher, aber auch zahlreiche Gewalttaten und schon im Herbst 1945 Großbauern, die ihr Getreide versteckten, nicht ablieferten und ungesetzlichen Viehhandel trieben. In der Stadt gab es beinahe nichts, was nicht gestohlen oder womit nicht geschoben oder schwarz gehandelt wurde: von Medikamenten bis zu Lebensmitteln, von der Preßkohle bis zum Alkohol. In jener Zeit hatten viele Menschen jeglichen Halt verloren hatten sie doch das Stehlen unter Hitlers Herrschaft als Lebensmaxime betrieben. Es ist bezeichnend, daß das harmlose Wort „organisieren“ bereits ein unmißverständliches Synonym für „stehlen“ geworden war. Die Voraussetzungen für die Durchsetzung von Ordnung, Sicherheit und Gesetzlichkeit beim Aufbau neuer, antifaschistisch-demokratischer Verhältnisse mußten gleichzeitig mit der Bekämpfung auch schwerster Verbrechen geschaffen werden. Der Krieg hatte Millionen Menschen vernichtet was galt da gleichgültigen, brutal gewordenen und jahrelang durch die barbarische faschistische Ideologie verseuchten Menschen schon ein Menschenleben, wenn es darum ging, sich in den Besitz von Lebensmittelkarten oder Tauschwaren zu setzen, mit denen man satt oder reich werden konnte. Man mußte auch daran denken, daß sich noch zahllose Waffen in der Hand undurchsichtiger Existenzen befanden. Die schlechten Nachrichtenverbindungen hatten zur Folge, daß viele Personen nicht gründlich überprüft werden konnten: Kriegsverbrecher und Nazis mit gefälschten Papieren, aber auch Gauner und skrupellose Konjunkturritter, die sich bereichern oder einen einträglichen Posten erschwindeln wollten. Wenn ich nur daran denke, wie viele „Doktoren“ es damals gab, die alle in Breslau oder Königsberg promoviert haben wollten In diese Zeit fällt auch die Entlarvung einiger Richter, die faschistische Sonderrichter oder Vorsitzende von Ausnahmegerichten gewesen waren und auf der Flucht aus ihren „Einsatzorten“ auf polnischem oder sowjetischem Territorium nun wieder in unserer Justiz Fuß fassen wollten. Es war erstaunlich, wer sich, damals alles „wieder zur Verfügung stellte“ erstaunlich weniger wegen der Anzahl als wegen der Frechheit, mit der diese Hitlerjuristen darüber hinwegtäuschen wollten, welche Tätigkeit sie früher ausgeübt hatten. Auch frühere Jutizbeamte, die nicht durch eine faschistische Vergangenheit belastet oder von den Nazis gemaßregelt worden waren, bewarben sich bei uns um Einstellung. Einige wurden nach einer politischen Überprüfung angenommen, denn ihre Verwaltungskenntnisse konnten uns teilweise nützlich sein. Aber wir strebten an, den neuen Justizapparat nicht mit konservativen Kräften zu belasten, mit Menschen, die bereit waren, jeder beliebigen Regierung zu „dienen“. Ende 1945 wurde ich beauftragt, die Kriminalpolizei neu aufbauen zu helfen. In Frankfurt gab es bis dahin in der Polizeidirektion nur eine sog. Sonderabteilung, die die Funktionen der Kriminalpolizei so gut wie möglich wahrnahm; viele Ermittlungsverfahren wurden damals von der Staatsanwaltschaft selbst geführt. Keiner wußte eigentlich genau, „wie es gemacht wird“, und ich wurde mit meinen neu bei der Staatsanwaltschaft erworbenen Kenntnissen sozusagen als Experte angesehen. Die großen Ereignisse und Umwälzungen jener Tage vermittelten grundsätzliche Lehren und Erfahrungen; das Merkwürdige ist, daß kleine Episoden oft zu detaillierteren Erkenntnissen führten. Eine solche Episode sei hier geschildert: Als ich das Amt des stellvertretenden Leiters der Kriminalpolizei antrat, wurden mir die Mitarbeiter vorgestellt. Ein wie mir gesagt wurde „erfahrener Kriminalkommissar“ eröffnete mir: „Herr Heilbom, wir beide“ dabei deutete er auf sich und einen jungen Kollegen „machen nur Beschlagnahmen und Durchsuchungen“. Ich überlegte, welcher Sinn wohl darin bestehen könnte, immer dann, wenn in einem Ermittlungsverfahren besonders wirksame Maßnahmen zur Feststellung des Täters oder des Diebes- oder Schiebergutes zu treffen waren, das Verfahren an andere Mitarbeiter abzugeben. Zunächst versuchte ich mir einzureden, daß es wohl eine Zuverlässigkeitserwägung sei, die zu diesem umständlichen Verfahren führte. Aber gerade auf diesem „Ressort“ hatte man den Bock zum Gärtner gemacht: Der angebliche Kriminalkommissar erwies sich nach drei Tagen als korrupt, und nach weiteren 14 Tagen gelang es, ihn als ehemals aktiven Nazi zu überführen. Die Tragik des Falles bestand darin, daß sein junger Mitarbeiter, der von der faschistischen Vergangenheit seines Vorgesetzten nichts wußte, systematisch in die Veruntreuung beschlagnahmter Waren einbezogen worden war. Dieser Vorfall verhalf mir zu der Erkenntnis, daß man sich bei der Suche nach der zweckmäßigsten Kompetenz und Struktur unabhängig von der bisher geübten Praxis und von theoretischen Erklärungen selbst eine Überzeugung bilden soll, die auf einer gründlichen Überprüfung der Praxis beruhen muß. Das Wesentliche jener Monate der Jahre 1945/46 war, daß es uns unter Führung der Partei der Arbeiterklasse und mit wirksamer Unterstützung durch die Ordnungskräfte der sowjetischen Armee in Frankfurt gelang, Ordnung und Sicherheit spürbar zu festigen. Das brachte uns die Anerkennung der Bevölkerung ein. In den Offizieren der sowjetischen Kommandantur hatten wir erfahrene Berater, die uns zielbewußt dahin lenkten, diejenigen Organe zu bilden, die wir brauchten, um den Schutz unserer neuen Ordnung wirksam gewährleisten zu können. Die antifaschistischen Richter, Staatsanwälte und Mitarbeiter der Kriminalpolizei, die damals ohne jegliche juristische Ausbildung im Soforteinsatz tätig wurden, haben sich mit großem Enthusiasmus um die Lösung der wichtigsten Aufgaben an der Basis bemüht. Dabei konnten sie auf die Hilfe ihrer Genossen und auf den Rat und die tatkräftige Unterstützung durch die sowjetischen Freunde zählen. Und die sowjetischen Freunde erwiesen sich in jeder Hinsicht als unsere Klassenbrüder. Wie das konkret aussah, läßt sich anhand der Vorgänge verdeutlichen, die wir im Frühjahr 1947 bei der Hochwasserkatastrophe im Oderbruch erlebten: Die notdürftig reparierten, im Krieg schwer beschädigten Deiche hielten dem Frühjahrshochwasser der Oder nicht stand und brachen. Das Oderbruch wurde überschwemmt; viele Menschen, die gerade erst wieder mühsam Fuß gefaßt und sich in den Oderbruch-Dörfern angesiedelt hatten, standen erneut vor dem Nichts, selbst ihre Rettung bereitete Schwierigkeiten. Angehörige der Sowjetarmee beteiligten sich aktiv und selbstlos sowohl an der Rettung von Menschenleben als auch an der Bergung von Hab und Gut der von den Naturgewalten heimgesuchten Menschen. Sie waren mit ihren organisatorischen Maßnahmen in jeder Hinsicht der Situation gewachsen, Tag und Nacht mit Flößen und Booten im Einsatz, um Menschen, die in den Oderbruch-Dörfern auf den Dächern ihrer Häuser oder anderen erhöhten Punkten saßen, zu bergen und in eine schnell eingerichtete Sammelstelle nach Seelow zu schaffen. Die Organe der sowjetischen Militäradministration rechneten auch damit, daß gewissenlose Menschen diese Situation ausnutzen würden, um sich an dem wenigen 258;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 258 (NJ DDR 1975, S. 258) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 258 (NJ DDR 1975, S. 258)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen zum Erreichen wahrer Aussagen durch den Beschuldigten und damit für die Erarbeitung politisch-operativ bedeutsamer Informationen kann nur durch die Verwirklichung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Aus den gewachsenen Anforderungen der Untersuchungsarbeit in Staatssicherheit in Durchsetzung der Beschlüsse des Parteitages der Dietz Verlag Berlin Honecker, Die Aufgaben der Partei bei der weite ren Verwirklichung der Beschlüsse des Parteitages der. Aus dem Referat auf der Beratung mit den Sekretären der Kreisleitungen am Manuskript - Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Referat zur Auswertung der Rede des Genossen Erich Honecker vor den Kreissekretären am auf der Sitzung der Kreisleitung am Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - da das Wirken solcher Gruppierungen vom Gegner leicht zur Vortäuschung von Widerstandskräften benutzt werden kann. Vorkommnisse in einigen Großstädten der in der letzten Zeit ist eine Häufung von Eingaben durch Bürger an zentrale staatliche Stellen der sowie von Hilfeersuchen an Organe der der festzustellen.

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