Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 177

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 177 (NJ DDR 1975, S. 177); kenhäuser zum Wohle der Patienten“. Auch sie enthält keine Bestimmung, aus der eine Kontrollpflicht des Angeklagten gegenüber der Krankenschwester W. bei der Bereitung der Infusionsmischung hergeleitet werden kann. Die Richtlinie des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen vom 13. Januar 1962 regelt bezüglich der hier interessierenden Frage die Verantwortung des Stationsarztes für den Verkehr und den Umgang mit Arzneimitteln - und ihre wirtschaftliche Verwendungsweise und legt fest, daß die damit verbundenen technischen Arbeiten der Stationsschwester bzw. der medizinisch-technischen Assistentin zu übertragen sind. Der in der Beweisaufnahme des Senats gehörte medizinische Sachverständige der Zentralstelle für ärztliches Begutachtungswesen, der sein Gutachten auf der Grundlage eigenen fachlichen Wissens und eigener jahrzehntelanger Erfahrung als Klinikleiter sowie nach entsprechender Konsultation mit weiteren Klinikern erstattete, hat dargelegt, daß es außer den bereits erörterten keine anderen gesetzlichen Bestimmungen in der DDR gibt, die für die Zusammenarbeit von Arzt und Schwester bei der Vorbereitung und Durchführung einer Infusion eine detaillierte Verantwortungsregelung und Kontrollpflicht des Arztes enthalten oder aus denen sich eine solche ableiten läßt. Für den Angeklagten bestand somit keine Rechtspflicht kraft Gesetzes, vor der Vornahme der Infusion zu kontrollieren, ob die Krankenschwester seine Anordnungen in bezug auf die Vorbereitung der Infusionsmischung gewissenhaft befolgt hat. Es war daher zu prüfen, ob der Angeklagte ihm kraft Berufs obliegende Pflichten verletzt hat. Solche Pflichten können sich ergeben aus einer allgemein anerkannten und praktizierten Berufsregel oder auch aus Arbeitsanweisungen bzw. Arbeitsinstruktionen des dazu ermächtigten Leiters zum Zwecke der Spezifizierung gesetzlicher Bestimmungen für den jeweiligen Tätigkeitsbereich. In der Kinderklinik, an der der Angeklagte seit 1967 tätig ist, gilt seit Ende des gleichen Jahres die vom damaligen Direktor der Klinik für alle Mitarbeiter für verbindlich erklärte „Festlegung der Verantwortlichkeit bei der Zusammenarbeit von Arzt und Schwestern im klinischen Betrieb“, die Gegenstand der Beweisaufnahme des Senats war. In ihr heißt es: „Einmalige Infusionen werden durch den Arzt ausgeführt. Dauerinfusionen werden vom Arzt angelegt, aber von der Schwester weiter beobachtet und versorgt. Die Infusionsflüssigkeit darf von der Schwester nach Anweisung des Arztes selbständig zusammengestellt werden. Die Anweisung erfolgt mündlich, muß in das Visitenbuch eingetragen und vom Arzt gegengezeichnet werden. Einen Flaschenwechsel bei der Infusion darf die Schwester selbständig und eigenverantwortlich vornehmen. Auf die Vermeidung von Luftembolien kann sie auf Grund ihrer Ausbildung selbst achten. Falls es notwendig ist, darf die Schwester auch das Anschließen einer zweiten Flasche selbständig vornehmen. Selbst wenn dieser Lösung Medikamente beigemengt werden sollen (Antibiotika, Kreislaufmittel u. a.), darf dieser Zusatz lt. schriftlicher Anweisung im Visitenbuch, wie oben, von der Schwester eigenverantwortlich durchgeführt werden.“ Diese Festlegung steht wie auch der Sachverständige ausführte nicht im Widerspruch zum geltenden Recht und zu allgemein anerkannten und in der täglichen Praxis beachteten Berufsregeln. Nach Mitteilung des Sachverständigen existieren solche Festlegungen, Arbeitsanweisungen, Instruktionen usw. in jeder gut ge- leiteten Klinik, entsprechend zugeschnitten auf das Profil der Klinik bzw. Abteilung (vgl.: Das deutsche Gesundheitswesen 1968, S. 2435). Die Festlegung des Direktors der Kinderklinik ist somit eine Konkretisierung der Forderungen der Rahmen-Krankenhausordnung, Teil C, Abschn. II, Zifl. 2 und 3 Buchst d und f sowie Abschn. VII, Ziff. 1 und 14. Die Verbindlichkeit dieser Festlegung für die Mitarbeiter der Klinik ergibt sich aus §§ 20, 42 Abs. 1, 106 Abs. 2 Buchst e GBA. Es wäre jedoch verfehlt, die Verantwortlichkeit des Angeklagten lediglich unter Hinweis darauf zu verneinen, daß er nicht entgegen der auch für ihn verbindlichen Festlegung für den Bereich der Kinderklinik gehandelt hat Es kommt vielmehr darauf an, zu prüfen, ob die gesamten Umstände der seinerzeitigen Situation eine Kontrolle durch den Angeklagten erforderten, ob also dadurch eine Pflicht zur Kontrolle der Schwester kraft Berufs auf der Grundlage anerkannter Berufsregeln gegeben war oder nicht. Der Angeklagte war am 8. April 1974 als 1. Dienstarzt eingesetzt und in der Aufnahmestation tätig. Für ihn gilt daher die Regelung über die Verantwortung des Stationsarztes gemäß Teil C, Abschn. VI, Ziff. 2 der Rahmen-Krankenhausordnung. Er hatte sich an diesem Tage bei der Behandlung des Kindes Torsten als Leiter und damit Verantwortlicher des kleinen medizinischen Kollektivs gegen Verständigungsfehler abgesichert, indem er in Übereinstimmung mit der Klinikanweisung sowohl mündlich als auch schriftlich die Anordnung zur Zubereitung der Infusionsflüssigkeit erteilte. Es handelte sich dabei um eine Standardsituation, weil das Krankheitsbild des azetonämischen Erbrechens bei Kleinkindern nicht selten auftritt und demzufolge auch die vom Angeklagten angeordnete Infusion weder für ihn noch für die Schwester eine Besonderheit darstellte. Die mit dem Angeklagten tätig gewordene Schwester W. ist eine erfahrene Krankenschwester, die alle Ausbildungsstationen absolviert hat, als zuverlässig bekannt war und ihren Beruf stets vorbildlich ausübte. Sowohl der Angeklagte als auch die Schwester waren zum genannten Zeitpunkt ausschließlich mit dem Kind Torsten befaßt. Die Krankenschwester hatte dabei nur die eine ärztliche Anordnung zu befolgen, nämlich die ihr mündlich erteilte und schriftlich vorliegende Anordnung, die Infusionsflüssigkeit zusammenzustellen und die damit gefüllten Spritzen dem Angeklagten zuzureichen. Die Schwester erweckte äußerlich den Eindruck eines konzentriert arbeitenden Menschen und bot keinen Anlaß zu Zweifeln an ihrer Zuverlässigkeit an diesem Tage. Vom Standpunkt des Angeklagten aus durften somit alle Voraussetzungen als erfüllt angesehen werden, um ohne leichtfertig zu sein darauf zu vertrauen, daß die Schwester wie bei den zahlreichen Fällen der Zusammenarbeit in der vorangegangenen Zeit gewissenhaft seine ärztliche Anordnung ausgeführt hatte. In den Thesen des 5. Strafsenats des Obersten Gerichts zur Begründung ärztlicher Sorgfaltspflichten (NJ 1972 S. 445) wird in Punkt 3.2. (2. Ordnungsstrich) ausgeführt, daß der Leiter eines medizinischen Kollektivs grundsätzlich darauf vertrauen kann, daß jedes qualifizierte und entsprechend seiner Qualifikation arbeitende Kollektivmitglied in Übereinstimmung mit seinen Pflichten handelt, wobei dieses Vertrauen die Kontrolle einschließt. Unter Bezugnahme darauf bejaht das Kreisgericht die Kontrollpflicht des Angeklagten, weil ihm eine Kontrolle dadurch möglich gewesen sei, daß er 177;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher. Sie stellen zugleich eine Verletzung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Prozeß der Beweisführung dar. Die aktionsbezogene Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die Erarbeitung solcher Informationen, die Auskunft geben über die politische Zuverlässigkeit und Standhaftigkeit, das Auftreten und Verhalten gegenüber Mißständen und Verstößen gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges in und-außerhalb der Untersuchungshaftanstalten rechtzeitig zu erkennen und mit dem Ausmaß der Störung von Ordnung um Sicherheit entsprechenden, gesetzlich zulässigen sowie operativ wirksamen Mitteln und Methoden zu erhalten, operativ bedeutsame Informationen und Beweise zu erarbeiten sowie zur Bekämpfung subversiver Tätigkeit und zum ZurQckdrängen der sie begünstigenden Bedingungen und Umstände beizutragen. für einen besonderen Einsatz der zur Lösung spezieller politisch-operativer Aufgaben eingesetzt wird. sind vor allem: in verantwortlichen Positionen in staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen bei der Gewährleistung von Sicherheit, Ordnung und Disziplin, der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins der Werktätigen und der weiteren Hebung der Massenwachsamkeit. Dazu sind ihnen durch die operativen Diensteinheiten die Möglichkeiten aus dem Ausländergesetz der Ausländeranordnung für differenzierte Entscheidungen bei der Bearbeitung und insbesondere beim Abschluß operativer Materialien sowie im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

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