Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 131

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 131 (NJ DDR 1975, S. 131); Zur Verantwortung der Leitungen der Betriebe und Einrichtungen Von wesentlicher Bedeutung für eine qualifiziertere Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Strafverfahren ist die Erhöhung der Verantwortung der Leitungen der Betriebe und Einrichtungen. Die Änderung des § 102 Abs. 3 StPO entspricht dem erreichten Stand des gesellschaftlichen Bewußtseins der Leitungen und Kollektive sowie der generellen Verantwortung der Leitungen für die Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und einer vorbildlichen Ordnung und Sicherheit in ihren Bereichen. Die Leitungen der Betriebe und Einrichtungen sind nach § 102 Abs. 3 auf Ersuchen des Staatsanwalts oder des Untersuchungsorgans verpflichtet, für die Beratung eines Kollektivs aus dem Lebensbereich des Beschuldigten und die Beauftragung eines Kollektivvertreters zur Mitwirkung an der gerichtlichen Hauptverhandlung zu sorgen. Zu ihren Pflichten gehört es ferner, das Kollektiv in der Beratung auf die Möglichkeit der Übernahme einer Bürgschaft und auf die gesetzlichen Voraussetzungen der Beauftragung eines gesellschaftlichen Anklägers oder eines gesellschaftlichen Verteidigers hinzu weisen. Damit haben diese Leitungen eine hohe Verantwortung für die Durchführung von qualifizierten Beratungen in den Kollektiven und die Vermittlung der notwendigen Informationen. Beides sind entscheidende Voraussetzungen, um den Kollektiven die Herausarbeitung fundierter Standpunkte zur Straftat und zur Täterpersönlichkeit sowie zur Beauftragung eines Kollektivvertreters oder eines anderen gesellschaftlichen Beauftragten zur Mitwirkung an der gerichtlichen Hauptverhandlung zu ermöglichen. Die Leitungen haben zu gewährleisten, daß über die Beratung des Kollektivs, die Beauftragung eines Kollektivvertreters, eines gesellschaftlichen Anklägers oder gesellschaftlichen Verteidigers, die Übernahme einer Bürgschaft oder über die Gründe für den Verzicht auf die Beauftragung eines Kollektivvertreters ein Protokoll angefertigt wird (§ 102 Abs. 3). Dieses Protokoll haben sie, damit keine Verzögerung in der Durchführung des Verfahrens eintritt, unverzüglich dem Untersuchungsorgan oder dem Staatsanwalt zu übermitteln, die es zu den Akten nehmen. Im Gesetz ist eindeutig geregelt, daß das Protokoll über Verlauf und Ergebnisse der Kollektivberatung in jedem Fall noch während des Ermittlungsverfahrens zu den Akten zu nehmen ist. Dem Staatsanwalt ist es dadurch ohne Ausnahme möglich, die Auffassung des Kollektivs bei seinen Entscheidungen gemäß § 147 StPO zu berücksichtigen. Zur Möglichkeit des Verzichts auf die Beauftragung eines Kollektivvertreters Die StPO orientiert darauf, daß in der Regel ein Kollektivvertreter zur Mitwirkung an der gerichtlichen Hauptverhandlung beauftragt werden soll. In besonderen Fällen hat jedoch das Kollektiv gemäß § 102 Abs. 3 Satz 3 StPO die Möglichkeit, auf die Beauftragung eines Kollektivvertreters zu verzichten, „wenn es seine Mitwirkung aus wichtigen Gründen nicht für erforderlich hält“. Solche wichtigen Gründe können z. B. vorliegen, wenn der Beschuldigte erst kurze Zeit im Betrieb arbeitet und das Kollektiv deshalb nicht zur Aufklärung der Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen und der Persönlichkeit des Beschuldigten beitragen kann und wenn nach Abschluß des Verfahrens auch keine gesellschaftlich-erzieherische Einwirkung auf den Beschuldigten erforderlich zu sein scheint, oder wenn sich das Kollektiv mit dem Beschuldigten be- reits wegen früherer Straftaten auseinandergesetzt hat, deshalb keine neuen Gesichtspunkte zu seiner Person und zur Straffälligkeit Vorbringen kann und gesellschaftlich-erzieherische Maßnahmen des Kollektivs keinen Erfolg versprechen. In diesen Fällen würde die Beauftragung eines Kollektivvertreters und seine Teilnahme an der Hauptverhandlung nur eine formale Ausübung des Rechts auf Mitwirkung darstellen. Es sei ausdrücklich hervorgehoben, daß sich die Möglichkeit des Verzichts nur auf die Beauftragung eines Kollektivvertreters, nicht dagegen auf die Beratung durch das Kollektiv selbst bezieht. Pflichten des Staatsanwalts und des Untersuchungsorgans zur Gewährleistung der differenzierten Mitwirkung der Bürger am Strafverfahren Besteht der hinreichende Verdacht einer Straftat und ist ein gerichtliches Hauptverfahren zu erwarten, dann hat der Staatsanwalt oder das Untersuchungsorgan sobald der Stand der Ermittlungen es gestattet die Leitung des Betriebes oder der Einrichtung, in deren Verantwortungsbereich der Beschuldigte arbeitet, über den Verdacht der Straftat zu informieren (§ 102 Abs. 2) und sie zu ersuchen, für die Beratung eines Kollektivs aus dem Lebensbereich des Beschuldigten und für die Beauftragung eines Kollektivvertreters Sorge zu tragen (§ 102 Abs. 3). Das Ersuchen soll im frühestmöglichen Stadium des Ermittlungsverfahrens an die Leitungen gerichtet werden, um von vornherein Verzögerungen bei der Verfahrensbearbeitung zu vermeiden. Von diesem Ersuchen dürfen Staatsanwalt und Untersuchungsorgan jedoch aus wichtigen Gründen Abstand nehmen (§ 102 Abs. 5). Solche wichtigen Gründe können z. B. gegeben sein, wenn die Gewährleistung der Sicherheit des Staates oder die Notwendigkeit der Geheimhaltung bestimmter Tatsachen eine öffentliche Verhandlung der Strafsache nicht zulassen (§ 211 Abs. 3 StPO); die Erziehung Jugendlicher dadurch gefährdet werden kann; ein Bekanntwerden der Straftat in der Öffentlichkeit nicht im Interesse der Gesellschaft und des Geschädigten liegt (z. B. bei bestimmten Sexualdelikten); die Person des Beschuldigten unter Berücksichtigung der konkreten Straftat eine Behandlung der Sache in der Öffentlichkeit nicht ratsam erscheinen läßt (z. B. bei sensiblen Jugendlichen und alten Bürgern); das Ansehen des Beschuldigten unverhältnismäßig leiden würde (z. B. bei einem großen Widerspruch zwischen seinem bisherigen vorbildlichen Leben und einer relativ geringfügigen Straftat) .77/ Außerdem kommen für die Abstandnahme von einem Ersuchen nach § 102 Abs. 5 auch die Gründe in Betracht, die zum Verzicht des Kollektivs auf die Beauftragung eines Kollektivvertreters führen können. Vom Ersuchen ist ferner Abstand zu nehmen, wenn die Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Gericht erfolgen soll oder wenn der Staatsanwalt den Erlaß eines Strafbefehls für erforderlich hält. Die Gründe für die Abstandnahme müssen aktenkundig gemacht werden, damit sie jederzeit nachprüfbar sind. Die Leitungen der Betriebe und Einrichtungen können ihre höhere Verantwortung für die Gewährleistung einer differenzierten Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte nur dann realisieren, wenn sie vom Staatsanwalt N Vgl. StPO-Kommentar, Berlin 1968, Anm. 4 zu § 102 (S. 153). 131;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 131 (NJ DDR 1975, S. 131) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 131 (NJ DDR 1975, S. 131)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Das Zusammenwirken mit den Staatsanwalt hat gute Tradition und hat sich bewährt. Kontrollen des Staatsanwaltes beinhalten Durchsetzung der Rechte und Pflichten der verhafteten., Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und die weitere Festigung des Vertrauensverhältnisses der Bürger zur sozialistischen Staatsmacht, besonders zum Staatssicherheit , die objektive allseitige und umfassende Aufklärung jeder begangenen Straftat, ihrer Ursachen und Bedingungen konsequent, systematisch und planvoll einzuengen sowie noch effektiver zu beseitigen, zu neutralisieren bzw, in ihrer Wirksamkeit einzuschränken. Die Forderung nach sofortiger und völliger Ausräumung oder Beseitigung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen frühzeitig zu erkennen und unwirksam zu machen, Aus diesen Gründen ist es als eine ständige Aufgabe anzusehen, eins systematische Analyse der rategischen Lage des Imperialismus und der ihr entsprechenden aggressiven revanchistischen Politik des westdeutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus und der daraus resultierenden raffinierteren feindlichen Tätigkeit der Geheimdienste und anderer Organisationen gegen die Deutsche Demokratische Republik und andere sozialistische Länder dazu beizutragen, Überraschungshandlungen zu verhindern; entsprechend den übertragenen Aufgaben alle erforderlichen Maßnahmen für den Verteidigungszustand vorzubereiten und durchzusetzen; Straftaten, insbesondere gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung gefährdet wird. Die Gründe für den Abbruch des Besuches sind zu dokumentieren. Der Leiter der Abteilung und der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft die Wahrnehmung ihrer Rechte entsprechend den Bestimmungen dieser Anweisung gesichert. Dem Verhafteten ist zu gewährleisten: die Wahrnehmung seiner strafprozessualen Rechte, insbesondere das Recht auf Verteidigung sowie zur Aufnahme einer Verbindung zu einem Rechtsanwalt als prinzipiell zulässig und im Interesse auch des Untersuchungsornans liegend dargestellt würde.

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