Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1975, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 108 (NJ DDR 1975, S. 108);  während der Arbeitsunfähigkeit übermäßig Alkohol zu sich nimmt oder in geringeren Mengen Alkohol trinkt, obwohl ihm der Arzt dies ausdrücklich verboten hat, weil es den Genesungsprozeß negativ beeinflußt, während der Arbeitsunfähigkeit einer Arbeitstätigkeit nachgeht ULRICH LIPPMANN, Richter am Kr eisgericht Rathenow III Der Auffassung von Rudelt, daß die Verletzung der Bestimmungen über die Gewährung von Leistungen der Sozialversicherung zugleich eine Verletzung der Arbeitsdisziplin darstellt, schließe ich mich voll und ganz an, möchte allerdings noch auf einige zusätzliche Probleme aufmerksam machen. Dem Anliegen des Bezirksgerichts Suhl ist insoweit zuzustimmen, als es sich sicher von dem Bestreben leiten läßt, jede Häufung von erzieherischen Maßnahmen und den damit verbundenen Schematismus bei deren Einleitung zu verhindern. Es besteht völlige Übereinstimmung darüber, daß die anzuwendende Reaktion auf eine Arbeitspflichtverletzung sich immer aus den konkreten Umständen ableitet, insbesondere aus der Art der Pflichtverletzung und aus der Würdigung der Persönlichkeit des Werktätigen, die seine Arbeitsleistungen einschließt. Das Bezirksgericht Suhl geht aber über diese gerechtfertigten Bedenken hinaus, wenn es meint, daß die Nichtgewährung von Krankengeld und der Ausspruch einer Disziplinarstrafe gemäß § 109 GBA „der doppelten disziplinarischen Ahndung für eine Handlung gleichkommt“ (NJ 1974 S. 628). Gegen diese Betrachtungsweise sind prinzipielle Bedenken geltend zu machen. In § 109'GBA sind die zur Anwendung kommenden Disziplinarstrafen vollständig aufgeführt. Andere Maßnahmen disziplinarischen Charakters dürfen nicht angewendet werden bzw. sind bei einer Anwendung nicht als disziplinarische Strafen zu werten. (Die Problematik von Disziplinarstrafen, wie sie in besonderen Ordnungen gemäß § 107 GBA enthalten sind, werden hier ausgeklammert, da sie für den zu behandelnden Sachverhalt ohne Bedeutung sind.) Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 109 GBA, daß die-Nichtgewährung des Krankengeldes die Bezeichnung „Entzug“ ist nicht korrekt keine Disziplinarstrafe darstellt und auch nicht als eine Form der disziplinarischen Ahndung hingestellt werden darf. Die gesetzliche Grundlage für die Nichtgewährung des Krankengeldes und ebenso des Lohnausgleichs ist § 105 GBA. Dort ist ausdrücklich festgelegt, daß mit der Nichtgewährung des Krankengeldes die mißbräuchliche Ausnutzung der Mittel der Sozialversicherung verhindert werden soll. Mit dem Krankengeld (ebenso mit dem Lohnausgleich) soll dem Kranken die materielle Sorge genommen oder doch stark vermindert und so die Wiederherstellung der Gesundheit gefördert werden. Werktätige, die durch ihr Verhalten gegen die Bestimmungen der SVO oder andere Festlegungen zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit verstoßen, haben daher keinen Anspruch auf Leistungen der Sozialversicherung. Daran ändert sich auch nichts durch die Praxis, daß die Feststellung darüber, ob der Anspruch auf Krankengeld bestanden hat, in der Regel erst nach der Auszahlung des Krankengeldes getroffen wird. Neben § 105 GBA ist hier besonders auf § 62 SVO hinzuweisen. Danach kann das Krankengeld nur bei groben oder wiederholten Verstößen ganz oder teilweise versagt werden. Im Kern geht es bei diesen Bestimmungen des Sozial- 108 Versicherungsrechts darum, die der Sozialversicherung zur Verfügung stehenden Fonds so zweckmäßig wie möglich für den vorgesehenen Zweck die Erhaltung bzw. schnelle Wiederherstellung der Gesundheit unserer Bürger einzusetzen. Insoweit dienen die Regelungen in § 105 GBA und §§ 61, 62 SVO dem Schutz des Volkseigentums vor mißbräuchlicher Verwendung. Die Entscheidung darüber ist eine Entscheidung über einen Anspruch, den der Werktätige gegenüber der Sozialversicherung geltend machen kann. Eine negative Entscheidung auf Grund von Umständen, die der Werktätige zu vertreten hat, kann man nicht als eine Maßnahme disziplinarischen Charakters bewerten. Das aber hat das Bezirksgericht Suhl getan. Dabei soll nicht bestritten werden, daß durch die Versagung des Krankengeldes auch eine wichtige erzieherische Nebenwirkung erzielt werden kann und in den meisten Fällen auch erzielt wird. Ihr kann jedoch sowohl aus inhaltlichen als auch aus formalrechtlichen Gründen nicht die Qualität einer Disziplinarstrafe oder einer disziplinarischen Einwirkung auf den Werktätigen zugesprochen werden. Es handelt sich demnach gar nicht um eine Form der „doppelten Bestrafung“, sondern um die Anwendung von zwei Sanktionen mit verschiedener Wirkung. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die gleiche rechtliche Beurteilung gegeben ist, wenn ein Werktätiger unentschuldigt von der Arbeit fembleibt. * Wird ihm für diese Zeit kein Lohn gezahlt, dann handelt es sich ebenfalls nicht um eine Maßnahme disziplinarischen Charakters, sondern um die konsequente Anwendung des Leistungsprinzips. Aus diesen Darlegungen ergibt sich m. E. zwingend, daß bei der Verletzung von Vorschriften über die Leistungs- gewährung der Sozialversicherung die Entscheidung der BGL, das Krankengeld ganz oder teilweise zu versagen, die Anwendung disziplinarischer Maßnahmen auf der Grundlage der dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen (§§ 109 ff. GBA) bzw. die Übergabe an die Konfliktkommission gemäß § 109 Abs. 4 GBA nicht ausschließt. Im Unterschied zu Rudelt vertrete ich darüber hinaus die Ansicht, daß der Betriebsleiter neben der Versagung des Lohnausgleichs zusätzlich noch Maßnahmen disziplinarischen Charakters anwenden kann, da auch die Versagung des Lohnausgleichs keinen disziplinarischen Charakter trägt Dabei gelten zur Versagung des Lohnausgleichs die gleichen Überlegungen wie zum Krankengeld. Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei jedoch hervorgehoben. daß die Anwendung beider Sanktionen durch den Betriebsleiter durchaus nicht in jedem Fall erforderlich ist. Aus den konkreten Umständen ist zu entscheiden, ob beide Maßnahmen oder was in den meisten Fällen sicher ausreichen wird eine von beiden zur Anwendung kommt. Abschließend noch eine Bemerkung zur Berücksichtigung von Disziplinverstößen, die bereits durch Ausspruch einer Disziplinarstrafe geahndet wurden, für die Begründung einer anderen Disziplinarstrafe. Ich stimme auch insoweit mit Rudelt überein, möchte jedoch zusätzlich betonen, daß § 32 GBA ausdrücklich darauf verweist, daß die fristlose Entlassung in der Regel nur nach erfolglos gebliebenen Disziplinarmaßnahmen vorzunehmen ist. Daraus leitet sich m. E. die Pflicht ab, bestehende Disziplinarmaßnahmen unbedingt bei der Entscheidung über die Zulässigkeit einer fristlosen Entlassung zu berücksichtigen. Dozent Dr. SIEGFRIED SEIDEL, Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 108 (NJ DDR 1975, S. 108) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Seite 108 (NJ DDR 1975, S. 108)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 29. Jahrgang 1975, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1975. Die Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1975 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1975 auf Seite 726. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 29. Jahrgang 1975 (NJ DDR 1975, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1975, S. 1-726).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben der Linie Untersuchung sind folgende rechtspolitische Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Feindangriffe und anderer politisch-operativ bedeutsamer Straftaten stehen. Die Änderungen und Ergänzungen des Strafrechts erfolgten nach gründlicher Analyse der erzielten Ergebnisse im Kampf gegen die Feinde auch außerhalb der Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Richtlinie über die Operative Personenkontrolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung über das pol itisch-operative Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit mit der Deutschen Volkspolizei sowie den anderen staatlichen Institv tionen und gesellschaftlichen Organisationen. Die Linie hat unter Berücksichtigung der Interessen der übrigen Linien eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage positiver gesellschaftlicher Überzeugungen ist auf den bei den Kandidaten bereits vorhandenen weltanschaulichen, moralischen und politischen Überzeugungen aufzubauen und daraus die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit resultieren. Diese objektiv gegebenen Besonderheiten, deren Nutzung die vemehmungstaktischen Möglichkeiten des Untersuchungsführers erweitern, gilt es verstärkt zu nutzen. Im Prozeß der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit erwarten lassen. Der Feststellung und .Überprüfung des Charakters eventueller Westverbindungen ist besondere Bedeutung beizumessen und zu prüfen, ob diese Verbindungen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehender Personen mitarbeiten.

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