Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 69

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 69 (NJ DDR 1974, S. 69); daß solche Vorgänge wie gesellschaftliches Neuerertum, Wettbewerb, Festigung der sozialistischen Beziehungen, Entwicklung der Brigaden usw. juristisch irrelevante Prozesse seien. Das Juristische wird hierbei neben den eigentlichen gesellschaftlichen Prozeß gestellt, lediglich in der Streitentscheidung, der Konfliktlösung, dem sauberen Vertragsabschluß u. ä. gesehen. Damit wird das Juristische von der allgemeinen gesellschaftlichen Praxis getrennt, es wird seines gesellschaftlichen Inhalts beraubt und letztlich nur formell begriffen. Daß hiervon kein demokratisches, sondern nur bürokratisches Denken befördert wird, braucht wohl kaum bewiesen zu werden. Natürlich ist es oft sehr schwer, im einzelnen juristischen Vorgang das allgemeine Gesellschaftliche aufzuspüren. Natürlich hat es der Jurist mit vielfachen Konflikten zu tun, in denen das Zukünftige der sozialistischen Gesellschaft kaum zu entdecken ist, weil es sich um störende, abartige, kriminelle Vorgänge handelt. Jedoch auch hier gilt das, was über die notwendige Aufdeckung der Widersprüche und die realen moralischen Maßstäbe für ihre Überwindung gesagt worden ist. Der gerichtliche Prozeß eignet sich eigentlich wie kaum eine andere Form dazu, die Widersprüchlichkeit eines Vorgangs und Verhaltens hervorzuholen, sichtbar zu machen und Wege der Lösung aufzuzeigen. Weshalb benutzen so viele Dramatiker gerade diese Form? Denken wir nur an Bertolt Brechts „Verurteilung des Lukullus“, an seine Dramatisierung des Prozesses der Jeanne d’Arc, an „Das Verhör von Havanna“ von Peter Weiß, an „Dantons Tod“ von Georg Büchner und anderes. Weshalb finden publizistische Darstellungen und Dramatisierungen in Prozeßform solches Interesse? Diese Form ist also, wenn wir uns ihrer richtig bedienen, außerordentlich geeignet, Widersprüche ans Licht zu bringen. Das verlangt, Gegensätze und kontroverse Standpunkte nicht zu scheuen, heißt sorgfältiges, kenntnisreiches, tief analysierendes Vorgehen. Vielfach sind Veröffentlichungen auf dem Gebiet des prozessualen Rechts gar nicht auf diesen Inhalt gerichtet. Sie begnügen sich mit der Beschreibung der einzelnen Stadien und Formen des gerichtlichen Verfahrens. Die prozessu;Än Formen führen infolgedessen ein gewisses Eigenleben. Was heißt „höhere Wirksamkeit des Strafverfahrens“ aber anders, als die der Straftat zugrunde liegenden Widersprüche aufzudecken und zu ihrer Lösung beizutragen? In diesem Zusammenhang ist jetzt auch mehr von der rationelleren Gestaltung des Verfahrens die Rede, davon, daß man „tatbezogen“ aufklären, ermitteln, aijklagen und verhandeln soll. „Tatbezogenheit“ bedeutet jedoch nicht einzuengen, sondern eher zu vertiefen, bedeutet, Tat und Täter in ihrer Widersprüchlichkeit aufzuhellen und Wege zur Ausräumung dieser Widersprüche zu weisen. Um den Gegensatz zwischen der Verantwortungslosigkeit des Straftäters und der allgemeinen gesellschaftlichen Verantwortung hervortreten zu lassen, genügt es nicht allein, daß die Normen des Rechts bekannt sind und angewandt werden. Dazu ist ein fester theoretischer Standpunkt erforderlich, ein gefestigtes sozialistisches Bewußtsein, denn die Lösung des Widerspruchs kann nur angebahnt werden, wenn nicht bloß die Norm gefunden und der Täter bestraft wird, sondern wenn von den allgemeinen moralischen Maßstäben der sozialistischen Gesellschaft ausgegangen wird, die bereits vielfach Wirklichkeit sind. Das bedeutet, daß jede Institution gleich, ob Betrieb oder Staatsorgan nicht nur Von ihren äußeren, unmittelbaren Arbeitsergebnissen betrachtet werden darf, sondern auch unter dem Gesichtspunkt, wie sie auf die sittliche Entwicklung der Gesellschaft einwirkt./12/ Nehmen wir an, ein größerer Betrieb erfüllt ständig seinen Plan, leistet einen erheblichen Beitrag zum wissenschaftlich-technischen Fortschritt und ist über die Grenzen der DDR wegen seiner guten Arbeit geschätzt; zugleich aber ist bekannt, daß viele Fernsehantennen in einem Neubaugebiet ausschließlich in diesem Betrieb aus volkseigenem Material illegal hergestellt wurden. Der Einfluß auf die moralische Entwicklung, die Persönlichkeitsentwicklung der Werktätigen ist durch diese Handlungen gegen sozialistisches Eigentum eingeschränkt; zugleich werden damit falsche, rückwärtsgerichtete Maßstäbe gesetzt, die die Arbeit des Betriebes in der öffentlichen Meinung insgesamt herabmindern. Ganz ähnlich ist es mit der weltanschaulichen Aussagekraft der rechtspraktischen und rechtswissenschaft-lichen Arbeit. Wenn sich das Auftreten sozialistischer Justitiare vor dem Vertragsgericht nicht wesentlich vom Auftreten der Syndici' von Monopolorganisationen unterscheidet, wenn der Rechtsanwalt im Prozeß den Eindruck erweckt, als betreibe er ein Gewerbe des Handels mit Rechtskenntnissen, wenn das Gericht seine Entscheidung zwar der Rechtsnorm gemäß trifft, aber die Sache insgesamt politisch-moralisch oberflächlich bewertet, dann mangelt es in all diesen Fällen an der weltanschaulichen Aussagekraft der betreffenden juristischen Tätigkeit im positiven Sinne. So etwas ist häufig weniger von den Worten als von den Haltungen her spürbar. Genau so ist es, wenn der Rechtstheoretiker mehr der Form als dem Inhalt huldigt, nicht zu sagen weiß, welche sozialen Beziehungen mit welchen Formen wie gestaltet werden müssen. Gegenwärtig gibt es eine größere Anzahl von Veröffentlichungen zur sozialistischen Rechtskültur. Diese kann nicht nur auf Äußerlichkeiten beschränkt bleiben, sich nicht bloß in einer würdigen Aufmachung, gepflegten Verhandhjngsführung, guten deutschen Sprache und damit in einer äußeren Anreicherung der Prozedur erschöpfen. Kultur des Rechts heißt in erster Linie, Inhalt des Rechts, bedeutet, solche „Verhaltensweisen offen bloßzulegen und geduldig zu bekämpfen, die dem Sozialismus fremd sind und der sozialistischen Moral widersprechen. Das betrifft Spießertum, Egoismus, Selbstherrlichkeit, Subjektivismus, Herzlosigkeit und Ungerechtigkeit“./13/ Ganz ähnlich ist es mit Veröffentlichungen zur Rechtserziehung. Dabei wird stets auf die Notwendigkeit der Vermittlung von Rechtskenntnissen hingewiesen, jedoch mitunter vergessen, daß Rechtskenntnisse noch nicht in jedem Fall entsprechende sittliche Haltungen einschließen, daß Kenntnis nicht gleich Erkenntnis und entsprechendes Verhalten ist, daß sich Erziehung mit Tätigkeit, mit .praktischer Aneignung sozialistischer Verhaltensweisen.verbinden muß. Natürlich soll damit nicht gesagt sein, daß jedes Organ, das sich mit Rechtsfragen befaßt, nun zu einer moralisierenden Anstalt werden solle. In vielen Fällen wird es auch gar nicht möglich sein, direkte Aussagen in moralischer Hinsicht zu treffen. Recht und Moral sind selbst von Widersprüchen erfaßt, die wir nicht übersehen wollen. Nehmen wir einmal die in NJ 1973 Heft 18 veröffentlichten Entscheidungen zum Familienrecht: Dort geht es u. a. um den Widerruf von Schenkungen unter Ehegatten, um die Errechnung des Bruttoeinkommens eines Gewerbetreibenden zum Zwecke /12/ Vgl. Gleserman, Der historische Materialismus urjd die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft, Berlin 1973, S. 328. 1131 Beschluß des Politbüros des Zentralkomitees der SED vom 7. November 1972, ln: Agitation und Propaganda nach dem Vm. Parteitag der SED, Berlin 1972, S. 73. 69;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 69 (NJ DDR 1974, S. 69) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 69 (NJ DDR 1974, S. 69)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der Referate Auswertung der der erreichte Stand bei der Unterstützung der Vorgangsbear-beitung analysiert und auf dieser sowie auf der Grundlage der objektiven Erfordernisse Empfehlungen für die weitere Gestaltung der politisch-operativen Arbeit insgesamt, vor allem für die weitere Erhöhung der Qualität und politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit von entscheidender Bedeutung sind. Für die konsequente Durchsetzung der auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von fester Bestandteil der Organisierung der gesamten politischoperativen Arbeit bleibt in einer Reihe von Diensteinhei ten wieder ird. Das heißt - wie ich bereits an anderer Stelle forderte -,sie darf nicht losgelöst von der politisch-operativen Lage, von den politisch-operativen Schwe?-punktbereichen und politisch-operativen Schwerpunkten, von, der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge und konkret widerspiegeln. Auch die zur Erhöhung der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit notwendigen Erfordernisse der Erziehung und Befähigung der sind mit der Auftragserteilung und Instruierung sowie beim Ansprechen persönlfcHeiÄ Probleme, das Festlegen und Einleiten sich daraus ergebender MaßnälmeS zur weiteren Erziehung. Befähigung und Überprüfung der . Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen für die Realisierung der mit dieser Richtlinie vorgegebenen Ziel- und Aufgabenstellung zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der insbesondere für die darauf ausgerichtete politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung, vor allem hinsichtlich ihrer Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit gegenüber dem Staatssicherheit , die ständige Vervollkommnung und Aufrechterhaltung eines unter allen politisch-operativen Lagebedingungen funktionierenden Verbindungssystems.

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